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5. Diskussion

5.2. Limitationen der Studie

Die vorliegende Studie ist eine retrospektive Datenanalyse einer nicht randomisierten, kontrollierten Patientenkohorte. Demzufolge sind die einzelnen Gruppen nur schwer miteinander vergleichbar. Aufgrund der geringeren Aussagekraft im Vergleich zu prospektiv, interventionell durchgeführten Studien und der fehlenden Randomisierung gilt unsere Studie nicht als „Goldstandard zur Gewinnung wissenschaftlicher Evidenz über Kausalzusammenhänge“ (120).

Ein wichtiger Limitationsfaktor dieser Studie ist weiterhin die Tatsache, dass die primären knie- und hüftendoprothetischen Implantationen von verschiedenen Operateuren durchgeführt wurden, die über einen unterschiedlichen Erfahrungsschatz verfügten. Hierdurch können sich trotz Standardisierung Differenzen hinsichtlich der Operationsdauer, der Operationstechnik, der Zugangswege und letztlich der intraoperativen Blutstillung ergeben. Die erwähnten Differenzen entsprechen jedoch der klinischen Realität, denn trotz des gleichen Zugangsweges, der gleichen Prothesenwahl und der gleichen postoperativen Behandlung bestehen erwartungsgemäß immanente, nicht zu verhindernde Einflüsse.

Aber auch Patientenfaktoren führen zur Limitation der Studie, da sich die Operationszeit auch bei gleichem Operateur durch erhöhten Schwierigkeitsgrad z.B. durch Adipositas oder anatomische Besonderheiten, prinzipiell verlängern kann.

Des Weiteren stellt die Wahl des Narkoseverfahrens und deren intraoperative Steuerung durch den Anästhesisten eine Limitation dieser Arbeit dar. So verlieren Patienten, die bei hüftendoprothetischer Versorgung eine Intubationsnarkose erhalten signifikant mehr Blut als Patienten unter Spinalanästhesie (121, 122).

Auch die Wahl des postoperativen Antithrombotikums (in unserer Studie wurde immer niedermolekulares Heparin eingesetzt) hat einen nicht unwesentlichen Einfluß auf den effektiven Blutverlust.

Auch die Indikationsstellung zur maschinellen Aufbereitung des Blutes (MAT) und

Blutverlust müssen genauso berücksichtigt werden wie die individuellen Besonderheiten und die Laborwerte des Patienten (z.B. Nebendiagnosen und aktuelle Klinik) (123). Hebert et al. konstatierten eine niedrigere Mortalität bei Intensivpatienten, die erst bei einem unteren Grenzwert der Hb-Konzentration von 7 g/dl (vor Transfusion) retransfundiert wurden als bei Patienten, die schon bei einem unteren Grenzwert der Hb-Konzentration von 10 g/dl (vor Transfusion) Blut erhielten (124).

Dennoch werden viele Patienten aus verschiedenen Gründen häufig schon bei Hb-Werten von 9-10 g/dl transfundiert. Dabei tolerieren Patienten mit normaler Herz-Kreislauf-Funktion problemlos einen Hb-Abfall auf 7,0-6,0 g/dl (125). Neben den Hb-Werten spielen jedoch die Begleiterkrankungen sowie die Kompensationsmechanismen des Patienten eine wesentliche Rolle. Die Indikation zur Transfusion homologer Erythrozytenkonzentrate bei einer Blutungsanämie ist ab einem Hb-Wert < 6g/dl gegeben (16). Bei Hb-Werten zwischen 6-8 g/dl wird bei Patienten mit adäquaten Kompensationsmechanismen und fehlenden Risikofaktoren keine Transfusionsempfehlung ausgesprochen. Bei Patienten mit eingeschränkter Kompensation und zusätzlichen Begleiterkrankungen wie z.B.

KHK oder Herzinsuffizienz sowie Patienten mit Hinweisen auf anämische Hypoxie wie z.B. Tachykardie oder EKG-Veränderungen hingegen wird eine Transfusion empfohlen (16). Die richtige Entscheidung für oder gegen eine Transfusion ist einerseits abhängig von der Erfahrung des Anästhesisten, anderseits fehlt ein einheitlicher Algorhythmus, der speziell die Effizienz der maschinellen Autotransfusion schon präoperativ aufzeigt und den individuellen Einsatz der MAT rechtfertigt.

Bei normalgewichtigen, nicht anämischen Patienten mit einem Gesamtblutverlust von 1000 ml ist laut Lorentz et al. der Einsatz autologer Verfahren nicht notwendig, obwohl die Autoren das Problem der Differenz des geschätzten und tatsächlichen intraoperativen Blutverlustes zu bedenken geben. Besonders in der chirurgischen Orthopädie liegt der tatsächliche Blutverlust nicht selten doppelt so hoch wie der geschätzte Blutverlust (64)

Es lässt sich zusammenfassend festhalten, dass bedingt durch die Vielzahl der oben genannten möglichen Einflussfaktoren weitere vorzugsweise prospektive Studien mit standardisierten Verfahren notwendig sind, um die Effektivität der

maschinellen Autotransfusion noch exakter bestimmen zu können. Gegebenenfalls sind hier Kombinationen mit anderen möglichen fremdblutsparenden Maßnahmen wie z.B. rekombinantem humanem Erythropoetin bei den von uns untersuchten primären Hüft- und Knie-TEP-Implantationen möglich, um die Einsparung allogener Blutprodukte zu erreichen. Daraus könnte sich dann auch ein definierter Algorhythmus zum optimalen Einsatz der MAT innerhalb der primären Hüft- und Knieendoprothetik ergeben.

6. Zusammenfassung

Die Wahrscheinlichkeit postoperativer Bluttransfusionen ist auch bei orthopädischen Patienten mit primärem Hüft- oder Kniegelenkersatz aufgrund des häufig erhöhten Blutverlustes hoch. In Anbetracht der bereits dargestellten Risiken allogener Bluttransfusionen und aufgrund des steigenden Mangels an Spenderblut (126, 127) und des sich daraus ergebenen Kostenanstiegs für Erythrozytenkonzentrate (128) werden Alternativen zu allogenen Bluttransfusionen immer notwendiger.

Als ein mögliches fremdblutsparendes Verfahren kommt in unserer Klinik seit längerer Zeit die maschinelle Autotransfusion zum Einsatz. Es ist bei Operationen mit einem Blutverlust von mehr als 20% des Blutvolumens oder bei Eingriffen mit einer zehnprozentigen Transfusionswahrscheinlichkeit von mindestens zwei Erythrozytenkonzentraten indiziert und wird alleine in Deutschland circa 160.000 mal pro Jahr angewendet. Durchschnittlich liefert die MAT in der Erythrozytentransfusion 7 bis 9 Prozent aller Transfusionseinheiten und stellt das wichtigste autologe Hämotherapieverfahren in Deutschland dar (54).

Ziel dieser Studie war es, die Effektivität der maschinellen Autotransfusion bei elektiven primären Hüft- und Knieendoprothesenimplantationen zu untersuchen.

Außerdem sollte die exakte Evaluation der einfliessenden Patientenparameter wie z.B. Alter, Geschlecht, Gewicht und präoperativer Hb-Wert, einen Algorhythmus zum optimalen Einsatz der MAT individuell für den einzelnen Patienten in unserer Klinik definieren.

Für die vorliegende Studie wurden die Daten von 389 Patienten, die sich einer primären hüft- oder knieendoprothetischen Implantation unterzogen, ausgewertet.

Neben der Berechnung des effektiven Blutverlustes evaluierten wir zudem die Patientendaten bezüglich verschiedener möglicher Einflussfaktoren auf den Blutverlust und die Hb-Differenz wie Geschlecht, Alter, BMI und ASA-Score und brachten sie entsprechend in Korrelation. Desweiteren wurden geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich des Blutverlustes, der Hb-Differenz und der retransfundierten MAT-Menge herausgearbeitet und die Anzahl

der transfundierten Blutkonserven in der Gruppe mit und in der Gruppe ohne MAT bestimmt.

Interessanterweise zeigten unsere Ergebnisse, dass durch den Einsatz der maschinellen Autotransfusion keine Reduktion der transfundierten Fremdblutmenge erreicht wurde, sondern sogar tendenziell die Gabe von Fremdblut in der Gruppe der MAT-Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe leicht höher, allerdings ohne Signifikanz, war. Demnach führte das Verfahren der maschinellen Autotransfusion zu keiner effekiven Senkung der Inzidenz allogener Bluttransfusionen in unserer Patientenkohorte nach primärer Knie- bzw. Hüft-TEP.

Trotz MAT benötigten 32% der Patienten Blutkonserven, während nur 28% der Patienten ohne MAT Blutkonserven erhielten (p>0,05)

Wir konstatierten bei knieendoprothetischen Operationen signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede. So waren sowohl die HB-Differenz, der Blutverlust sowie die Menge retransfundierten Blutes per MAT in der weiblichen Geschlechtsgruppe signifikant geringer als in der männlichen Gruppe.

Statistisch signifikante Unterschiede des Blutverlustes zeigten sich auch in der Hüft-TEP-Gruppe zwischen den Altersgruppen < 65 Jahren und > 75 Jahren. So erlitten Patienten über 75 Jahre den größten durchschnittlichen Blutverlust, bei Patienten unter 65 Jahren wurde der geringste Blutverlust registriert. Andere Einflussfaktoren jedoch wie BMI und ASA-Score hatten weder bei den hüft- noch bei den knieendoprothestischen Operationen Einfluß auf den Blutverlust.

Das Alter, der BMI-Wert und der ASA-Score korrelierten ebenfalls nicht mit der Menge des retransfundierten Blutes per MAT. Auch die Hb-Differenz zeigte keine statistische Signifikanz zwischen den einzelnen Gruppen (Gruppe mit MAT, Gruppe ohne MAT). Jedoch ergab sich in der MAT-Gruppe bei beiden Operationsarten ein signifikant höherer Blutverlust. Unsere Ergebnisse zeigten zwar keinen Hb-Anstieg in der MAT-Gruppe, jedoch gilt zu bedenken, dass die absoluten Hb-Werte ohne maschinelle Autotransfusion deutlich kleiner ausgefallen wären und die Hb-Differenz zwischen der Gruppe mit MAT und der Gruppe ohne MAT wahrscheinlich viel höher ausgefallen wäre. Zudem wurde die MAT vor allem bei Patienten angewandt, die ohnehin vermehrt bluteten (erwarteter Blutverlust > 1000 ml) und

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die maschinelle Autotransfusion keinen messbaren Vorteil hinsichtlich der postoperativen Hämoglobinwerte und der

Einsparung allogener Blutprodukte in unserer Patientenkohorte ergab.