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Der Versuch demonstriert einerseits die Funktionsweise von Polarisatoren und andererseits dass eine Messung in der Quantenphysik zu einer Änderung des Zustandes führt.

4.1 Grundlagen

Die Polarisation von Licht wurde erstmals im Jahr 1808 vom französischen Physiker Malus festgestellt [34]. Mit der Entdeckung wurde die damals vorherrschende Meinung, dass Licht ähnlich wie Schall eine longitudinale Welle ist und sich in einem flüssigen oder gasförmigen Äther bewegt, in Frage gestellt.21 Für transversale Wellen lässt sich die Polarisation nämlich recht anschaulich und einfach verstehen. Eine linear polarisierte Welle kann nur in einer ganz bestimmten Ebene schwingen. Wir stellen uns beispielsweise eine schwingende Gitarrensaite in einem Koordinatensystem vor und legen die Saite in die z-Achse, dann kann die Gitarrensaite in der gesamten xy-Ebene schwingen (in Abb. 19 findet sich der Versuch dies bildlich darzustellen).

Mit Hilfe eines horizontalen Spaltes lässt sich diese Saite so begrenzen, dass sie nur mehr in einer Ebene, beispielsweise horizontal, schwingen kann. So eine Saite/Welle bezeichnen wir dann als vertikal polarisiert, siehe Abb. 20.

21 Für eine kurzen Überblick über die Geschichte der Entdeckung der Polarisation siehe [35] oder in [36] S. 481-485

Abb. 19: schematische Darstellung der möglichen Auslenkungen einer schwingenden Saite in der xy-Ebene

Abb. 20: Bild einer vertikal polarisierten Welle

33 Neben linearer Polarisation sind noch weiter Polarisationen möglich. So Beispielsweise zirkulare Polarisation, dabei dreht sich die Schwingungsebene kontinuierlich, in der Form wie bei einem Korkenzieher.

Für Licht legt die Polarisation die Ebene fest, in der das elektrische Feld schwingen kann. Ein linearer Polarisator muss somit aus einem Material bestehen, das die Energie des elektrischen Feldes bis auf eine Ebene absorbiert, ganz analog zum Spalt und der schwingenden Saite.

Wenn linear polarisiertes Licht unter einem Winkel von auf einen idealen Polarisator trifft, dann gilt für die Intensität des Lichts das Gesetz von Malus:

( )

Wenn also vertikal polarisiertes Licht auf einen vertikalen Polarisator trifft, dann ist ° und , folglich kommt das ganze Licht durch. Wenn dagegen vertikales Licht auf einen horizontalen Polarisator trifft, ist und , folglich wird das gesamte einfallende Licht absorbiert.

Für die Beschreibung der Polarisation von einzelnen Photonen können wir gleich vorgehen, wie im Experiment Licht am Strahlteiler. Wir beschreiben die möglichen Polarisationszustände als komplexe Vektoren. Wir betrachten im Experiment lediglich lineare Polarisation und definieren vier mögliche lineare Polarisationszustände:

| ⟩ ( ), | ⟩ ( ), | ⟩

( ), | ⟩

( ) (4.0)

| ⟩ entspricht dabei horizontal polarisiertem Licht, | ⟩ vertikal polarisiertem Licht, | ⟩ diagonal polarisiertem Licht und | ⟩ antidiagonal polarisiertem Licht.22 Dabei kann horizontal polarisiertes Licht als Kombination von diagonal und antidiagonal aufgefasst werden, genauso wie umgekehrt diagonal als Kombination von horizontal und vertikal, etc.:

| ⟩ Intensitätsverringerung in Abhängigkeit vom Winkel auffassen, sondern muss der Wahrscheinlichkeit entsprechen, dass ein Photon durch den Polarisator durchgeht. Ein Polarisator wirkt dabei als Operator auf unsere definierten Vektoren. Wir können zum Beispiel die Wirkung eines vertikal eingestellten Polarisationsoperators ( ) | ⟩ | auf den Zustand | ⟩ betrachten:

( )| ⟩ | ⟩⟨ | ⟩ | ⟩

Dies entspricht dem Auftreffen eines vertikal polarisierten Photons auf einen vertikal eingestellten Polarisator. Wie zu erwarten, ändert sich der Zustand des Photons nicht. Es ist auch nach dem Durchgang durch den Polarisator noch vertikal polarisiert. Die Wahrscheinlichkeit das Photon im

22Durch die Definition gilt ⟨ | ⟩ ⟨ | ⟩ ⟨ | ⟩ ⟨ | ⟩ und ⟨ | ⟩ ⟨ | ⟩ ⟨ | ⟩ ⟨ | ⟩

34 vertikalen Zustand zu erhalten, lässt sich einfach an Hand des Eigenwerts 1 ablesen, und ist hier dann 100%.23

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Photon mit horizontaler Polarisation (| ⟩) einen Polarisator passiert, der im Vergleich zum Photon antidiagonal ( ( ) | ⟩ |) eingestellt ist, lässt sich auf dieselbe Weise berechnen. Dabei benützen wir den Zusammenhang aus (4.1):

( )| ⟩ | ⟩⟨ | ⟩

(| ⟩⟨ | ⟩ | ⟩⟨ | ⟩)

( )| ⟩

| ⟩ (4.2)

Die Wahrscheinlichkeit das Photon in einem antidiagonalen Zustand zu erhalten beträgt also 50%.

Was an dieser Schreibweise deutlich wird, ist dass der Operator den Zustand des Photons verändert.

Nach dem Durchgang durch den antidiagonal eingestellten Polarisator ist das Photon antidiagonal polarisiert und zwar unabhängig von der Polarisation vor dem Polarisator.

4.2 Experimenteller Aufbau: Licht trifft auf Polarisatoren

Der Aufbau besteht aus einem Diodenlaser mit 632nm, drei Polarisatoren und einem Schirm. Der Versuch ist auf einem Breadboard montiert und mit einer Plexiglasabdeckung geschützt. Zwei Polarisatoren sind verankert, der mittlere Polarisator lässt sich mit einer an ihm montierten Stange entlang einer Schiene von außerhalb der Plexiglasabdeckung verschieben. Der Aufbau ist in Abb. 21 und Abb. 22 ersichtlich.

23 Im Experiment Licht am Strahlteiler haben wir die Wahrscheinlichkeit über das Betragsquadrat des Skalarprodukts definiert, was hier ( ) |⟨ | ⟩| entspricht. Wenn wir mit ( )| ⟩ | ⟩ || ⟩ | ⟩ erhalten, dann kann dies auch so angeschrieben werden: ( ) ⟨ | ( )| ⟩ | | . Achtung ( ) ( )!

Abb. 21: Licht tritt durch Polarisatoren (1). Picture 23-05-2012 (c) Lois Lammerhuber

35 Im Experiment wird das Licht des Lasers auf den ersten Polarisator geschickt, der vertikal eingestellt ist und das Licht dementsprechend vertikal polarisiert. Der zweite Polarisator ist im Vergleich zum ersten horizontal eingestellt, wie in Abb. 21 ersichtlich, kommt durch den zweiten kein Licht hindurch. Das Experiment zeigt also, dass vertikal polarisiertes Licht von einem horizontal eingestellten Polarisator absorbiert wird. Wenn nun ein weiterer Polarisator in den Lichtstrahl eingeschoben wird, der im Vergleich zu den beiden anderen genau diagonal ausgerichtet ist, dann kann beobachtet werden, dass das Licht nun durch alle drei Polarisatoren durchtritt und auf den Schirm trifft. Siehe Abb. 22.

Die quantenphysikalische Erklärung für dieses Ergebnis ist dabei recht einfach zu verstehen. Ein vertikal polarisiertes Photon kann nicht durch einen horizontal eingestellten Polarisator durchkommen, da ⟨ | ⟩ ist. Die Wahrscheinlichkeit für ein vertikal polarisiertes Photon einen diagonal eingestellten Polarisator zu passieren ist analog zu (4.2) 50%, dabei wird das Photon diagonal polarisiert. Nun trifft ein diagonal polarisiertes Photon auf den horizontal eingestellten Polarisator und die Wahrscheinlichkeit für einen Durchtritt ist wieder 50%. Insgesamt ergibt sich also eine Wahrscheinlichkeit von 25%, dass ein vertikal polarisiertes Photon durch einen diagonalen und anschließend einen horizontalen Polarisator durchtritt. Wichtig ist, dass beim Durchtreten durch den Polarisator sich der Zustand des Photons ändert. Eine Polarisationsmessung legt die Polarisation des gemessenen Photons fest.

4.3 Zusammenfassung

Da das Experiment mit kontinuierlichem, sichtbarem Licht durchgeführt wird, ist auch eine klassische Erklärung des beobachtbaren Phänomens möglich. Für einen rein quantenphysikalischen Versuchsaufbau müsste der Schirm mit einem Detektor ersetzt werden und der Laser mit einer Photonenpaarquelle, die durch ein korreliertes Trigger-Photon garantieren würde, dass wirklich nur einzelne Photonen auf die Polarisatoren treffen. Dabei wäre der Effekt nur mit einer Ausgabe über einen Bildschirm sichtbar.

Der hier gewählte Versuchsaufbau besticht dagegen mit Einfachheit und eignet sich genauso das Verhalten von einzelnen Photonen an einem Polarisator zu besprechen. Zudem lässt sich mit den Polarisatoren die besondere Rolle von Messungen in der Quantenphysik behandeln.

Abb. 22: Licht tritt durch Polarisatoren (2) Picture 23-05-2012 (c) Lois Lammerhuber

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Abb. 23: Versuchsaufbau MZI mit Polarisatoren