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4.4 Planungsmodul

4.4.2 Lösungsraumkonfiguration

Im Gegensatz zur physischen Realität enthält die Virtuelle Realität keine natürlichen Grenzen bei der Sessionmanipulation. So kann der Anwender Bauteile unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Gewicht greifen und durch andere Objekte hindurch an jeden Ort innerhalb der Szene verschieben. Dadurch ergibt sich bei der Untersuchung eine

sehr große Planungsfreiheit, die viele ungültige Möglichkeiten enthält. Dem Nutzer fehlt ein konfigurierter Lösungsraum als zusätzliche Hilfestellung. Dieser verändert sich mit dem Produktionsfortschritt (vgl. Abbildung 4.9). Zur Darstellung des Lösungsraums gehören die Lösungsraumeinschränkung sowie die Lösungsraumvisualisierung.

Abbildung 4.9: Verhältnis des Lösungsraums zum Produktionsfortschritt

Lösungsraumeinschränkung

Die Lösungsraumeinschränkung begrenzt den Lösungsraum auf die zulässigen Lösun-gen und verhindert so, dass ein Anwender eine ungültige Lösung erstellt. Es existieren verschiedene Kategorien:

 Einschränkung des Softwarefunktionsumfangs

 Einschränkung der Objektbewegung

 Einschränkung der Objektmanipulation

 Einschränkung der Reihenfolge

Softwarefunktionsumfang

Ziel ist es, dem Nutzer für einen Auftrag nur erforderliche oder zumindest hilfreiche Funktionen zur Verfügung zu stellen, denn erst die verfügbaren Funktionen erlauben bspw. die Überprüfung auf Kollisionen innerhalb eines Montagepfades oder das Bewe-gen von Bauteilen. Die Festlegung des Untersuchungsziels sowie die Definition einzel-ner Arbeitsschritte geben Hinweise auf die benötigten Funktionen. Somit ist es möglich, dem Nutzer nur diese Funktionen bspw. innerhalb des Auswahlmenüs zur Verfügung zu stellen [vgl. Schäfer 2012, S. 76f].

Objektbewegung

Häufig ist es sinnvoll, die Objektbewegung nur für einen Teil der Szenenobjekte zuzu-lassen. Für die Umplanung einer Montagereihenfolge können bspw. keine Stahlträger verschoben oder demontiert werden. Grundsätzlich ist jedoch im Gegensatz zur physi-schen Realität jedes Objekt innerhalb der Szene in jede Richtung beweglich. Eine Ein-schränkung ist durch die Objektattribute möglich, indem der Anwender dort die ent-sprechende Eigenschaft setzt. Dies schränkt allerdings die komplette Bewegung ein. Ei-ne flexiblere Möglichkeit bieten sogenannte Bewegungsconstraints, die die Objektbewegung nur in bestimmte Richtungen oder um bestimmte Rotationsachsen sperren.

Die Festlegung bestimmter Bewegungsbereiche ist nur bedingt im Funktionsumfang ei-ner Standard-VR-Software enthalten. Es besteht dann die Möglichkeit, Bewegungsrich-tungen für bestimmte Bauteile manuell zu beschränken. Während dem Nutzer die einge-schränkte Bewegung eines Bauteils sofort ersichtlich ist, ist für den Bewegungsbereich eine Visualisierung notwendig. Dies kann für den Nutzer ein wichtiger Hinweis auf den Lösungsraum sein, bspw. bei der Planung von Montagesystemen.

Objektmanipulation

Die Objektmanipulation bezieht sich auf positionsunabhängige Veränderungen des Ob-jektes. Denkbar sind Operationen wie das Schneiden eines Loches in eine Wand, das Absägen einer Ecke oder das Aufteilen eines Objektes (z. B. ein langes Rohr). Ein mög-licher Zweck ist bspw. das Finden eines alternativen Montagepfades durch gezielte Ver-änderung einer auf dem Pfad liegenden kollidierenden Geometrie.

Die erlaubten Möglichkeiten sind in der Regel als Erfahrungswissen beim Montage-experten vorhanden. Für die softwaregestützte Einschränkung des Lösungsraumes gibt es in diesem Fall zwei Verfahren: Falls die Objektmanipulation als Funktion innerhalb der Software existiert, lässt sie sich im Menü ausblenden, sobald das Objekt markiert wird. Handelt es sich nur um eine vom Anwender verfasste Notiz zur späteren

Ausfüh-notwendigen objektbezogenen Informationen müssen dafür jeweils in den Untersu-chungsdaten hinterlegt sein.

Reihenfolge

Für die Planung oder Veränderung einer Montagereihenfolge spielen vorhandene Ein-schränkungen der Reihenfolge eine wichtige Rolle. Diese ergeben sich aus Bedingun-gen zwischen Objekten, Ressourcen oder Prozessen. Eine mögliche Form der Modellie-rung sind Constraints, die diese Abhängigkeiten in einem festgelegten Format abbilden und daher automatisiert interpretierbar machen. Dabei handelt es sich bspw. um Vor-gänger-Nachfolger-Beziehungen und prozess- oder ressourcenbedingtes Warten. Der ViP-Composer unterstützt die Auswertung und die Erzeugung von Constraints.

Während der VR-Untersuchung liest der ViP-Composer die vorhandenen Constraints ein und gibt dem Anwender entsprechende visuelle Hinweise, bspw. dass Bauteil B erst nach Bauteil A eingebaut werden kann. Die Erzeugung neuer Constraints kann ebenfalls während der Session stattfinden [vgl. Lödding 2011a, S. 160f]. Die dafür implementier-te Funktion beginnt mit der Festlegung des Constraint-Typs und führt anschließend den Nutzer anhand immersiver Texthinweise durch die Erstellung. Dazu muss der Anwender bspw. nacheinander zwei verschiedene Bauteile auswählen.

Eine Lösungsraumeinschränkung hat eine Kategorie und den entsprechenden Katego-rieausprägungsdatensatz, der die Ausprägungsbedingung enthält. Die Ausprägungsbe-dingung beinhaltet die Zuordnung zu bestimmten Entitäten, so dass bspw. die Ein-schränkung für Bauteil X gilt.

Damit die Lösungsraumeinschränkung funktioniert, ist ein Bezug zur Szene herzustel-len. Die Verknüpfung des Lösungsraums mit der Szene erfolgt über einen Step. Ist ei-nem Step ein Lösungsraum zugeordnet, werden alle in dem Lösungsraum vorhandenen Lösungsraumeinschränkungen in der VR-Szene registriert. Das Planungsmodul über-wacht die Szene und überprüft, ob für den aktuellen Kontext eine der registrierten Lö-sungsraumeinschränkungen gültig ist, bspw. weil ein bestimmtes Bauteil ausgewählt wurde. Ist dies der Fall, führt das Planungsmodul eine Aktion aus. Dabei handelt es sich um die Anzeige eines Hinweises für den Anwender, die Sperrung von Funktionen der VR-Software oder die Visualisierung des Lösungsraums.

Lösungsraumvisualisierung

Aufgrund der Vielzahl an durchführbaren Interaktionen ist die Visualisierung der gülti-gen Möglichkeiten innerhalb der VR-Szene ein wichtiges Hilfsmittel für eine verbesser-te Session-Durchführung. Der ViP-Composer unverbesser-terstützt verschiedene Formen der

Lö-Die Bereichsanzeige hilft bei der Platzierung von Bauteilen und Montagehilfsmitteln.

Sie vermittelt anhand einer transparenten Box den erlaubten Platzierungsraum des ak-tuell ausgewählten Objektes. Größe und Position der Box sind anhand einer Bedingung in den Untersuchungsdaten hinterlegt. Beim Bewegen des Objektes überprüft die Kolli-sionskontrolle permanent, ob sich das Objekt innerhalb des erlaubten Bereiches befindet (vgl. Abbildung 4.10a) und gibt einen visuellen Hinweis, falls dies nicht der Fall ist (vgl. Abbildung 4.10b).

Abbildung 4.10: Darstellung des Lösungsraumes mit einer transparenten, gefärbten Box

Die Bedingungsanzeige behandelt die direkt mit einem Objekt verknüpften Con-straints. So zeigt der ViP-Composer Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen farblich an.

Dadurch ist bspw. dem Anwender sofort ersichtlich, welche Bauteile für die Demontage eines anderen Bauteils ebenfalls zu demontieren sind oder welches Bauteil im An-schluss montiert wird.

Anforderung F3 formuliert die Bereitstellung von Untersuchungsinhalten und Rahmen-bedingungen. Durch die Verknüpfung der Ablaufsteuerung mit der Lösungsraumkonfi-guration ist diese als erfüllt anzusehen.