• Keine Ergebnisse gefunden

2.1 Montageplanung in der Unikatproduktion

2.1.3 Besonderheiten der Unikatmontage

Für die Montageplanung von Unikaten gelten im Vergleich zur Serienproduktion beson-dere Rahmenbedingungen. Zieht man eine betriebstypologische Klassifizierung heran [vgl. Schomburg 1980, S. 34ff; vgl. Wöhe 2008, S. 38], ergeben sich produkt-, system-

Produktbezogene Unterschiede

Ein wesentliches Kriterium für die Unterteilung in verschiedene Produktionsarten ist die Losgröße [vgl. Hirsch 1992, S. 4]. Sie ermöglicht es, die Massen-, Serien-, Kleinserien- und Unikatproduktion voneinander abzugrenzen. Bei der Unikatproduktion beträgt die Losgröße typischerweise eins.

Ein Unikat bezeichnet ein einzigartiges Objekt. Im Produktionskontext schließt dies bei komplexen technischen Produkten den Produktionsprozess mit ein, da dieser in iden-tischer Form jeweils nur einmal auftritt. Zu den Branchen mit Unikatcharakter zählen der Schiffbau und der Anlagenbau. In der Flugzeugindustrie werden oftmals Kleinserien sowie Spezialanfertigungen wie bspw. Privat-Flugzeuge produziert, deren Montage al-lerdings eine größere Ähnlichkeit zur Unikat- als zur Serienproduktion aufweist.

Die Produkte dieser Industrien verbindet, dass ihre Realisierung technisch sehr ans-pruchsvoll ist. Dies liegt zum einen an der hohen Anzahl an Bauteilen, zum anderen an den Produktausmaßen. Beides erschwert die Suche nach einer sinnvollen Arbeitsreihen-folge, die zu einem korrekt zusammengesetzten und funktionsfähigen Produkt führt.

Der Produktionsablauf gestaltet sich dadurch schwierig und führt aufgrund der Komp-lexität zu einer aufwendigen und deshalb teuren Herstellung.

Systembezogene Unterschiede

Aus den Produkteigenschaften ergeben sich Unterschiede, welche die Gestaltung des Montagesystems beeinflussen. Die Besonderheiten eines Montagesystems in der Uni-katproduktion lassen sich nach folgenden Kriterien strukturieren [vgl. Spur 1986, S.

594]:

 Automatisierungsgrad

 Flexibilitätsgrad

 Organisationsform

Automatisierungsgrad

Bestimmte Produkte lassen sich aufgrund ihrer Komplexität und Variantenvielfalt ent-weder nur manuell oder teilautomatisiert wirtschaftlich montieren [vgl. Zäh 2002, S.

243]. Dies trifft vor allem bei großen Produkten wie Schiffen oder Flugzeugen zu, die in kundenorientierter Einzel- und Kleinserienfertigung hergestellt werden [vgl. Lotter 1994, S. 195]. Sie besitzen einen sehr hohen Anteil an manuellen Montagetätigkeiten.

Zwar streben viele Unternehmen an, die Montage so weit wie möglich zu automatisie-ren, allerdings ist dies in der Unikatfertigung aufgrund der Produkteigenschaften nur

lität sind in vielen Fällen die Voraussetzung für eine wirtschaftliche Automatisierung der Montage [vgl. Lotter 1998, S. 3].

Flexibilitätsgrad

Die manuelle Montage zeichnet sich durch einen geringen Investitionsbedarf und eine hohe Flexibilität aus. Anders als in der Großserienproduktion lassen sich die Investiti-onskosten nicht auf viele Produkte verteilen. Eine hohe Flexibilität ist notwendig, da es keine exakte Wiederholung von Montageprozessen gibt. Sie unterscheiden sich von Produkt zu Produkt zumindest leicht. Zusätzlich kann es zu kurzfristigen Änderungen in der Montageplanung kommen, bspw. durch geänderte Kundenwünsche oder verspätete Bauteile.

Organisationsform

Die Organisationsform der Montage ergibt sich in der Regel aus den Produkteigenschaf-ten und der Montageart. Häufig ist die manuelle Montage als stationäre Fließmontage wie bspw. im Flugzeugbau oder als Baustellenmontage wie bspw. im Schiffbau organi-siert.

Die Baustellenmontage findet Verwendung, wenn das Werkstück im Verhältnis zum Werkzeug schwerer oder gar nicht beweglich ist. Der Arbeitsgegenstand ist in der Regel ortsgebunden und Menschen, Betriebsmittel, Werkstoffe, Hilfsstoffe usw. müssen zu diesem Ort gebracht werden. Die Materialbereitstellung ist bereits in der Planung zu be-rücksichtigen, da die große Anzahl bereitzustellender Einzelteile extrem lange Handha-bungswege bewirkt [vgl. Lotter 2006, S. 6]. Das ist insbesondere bei sehr großen Ar-beitsgegenständen der Fall, bei denen die Fertigung den Zusammenbau einschließt [vgl.

Brankamp 1975, S.74].

Prozessbezogene Unterschiede

Der Produktentstehungsprozess in der Unikatfertigung weicht signifikant von dem der Serienproduktion ab. Es lassen sich die folgenden prozessbezogenen Unterschiede iden-tifizieren:

 mangelnde Wiederholbarkeit

 Simultaneous Engineering

 begrenzt physische Prototypen

 kurzfristige Änderungen

Mangelnde Wiederholbarkeit

Einer der wichtigsten Unterschiede ist die mangelnde Wiederholbarkeit von Montage-prozessen. Arbeitsgänge müssen dadurch selbst bei erstmaliger Durchführung möglichst optimal ablaufen. Da eine kontinuierliche Verbesserung nicht möglich ist, kann die Pro-zessqualität nie den Grad der Serienproduktion erreichen. Hierdurch sind die Planer ge-zwungen, die Abläufe vorab so genau wie möglich festzulegen und abzusichern.

Simultaneous Engineering

Ein wichtiges Planungsparadigma ist das Simultaneous Engineering, welches synonym auch als Concurrent Engineering bezeichnet wird. Es beschreibt die integrierte und zeit-parallele Produkt- und Prozessgestaltung, bei der sich vormals streng sequentiell durch-geführte Abläufe überlappen [vgl. Eversheim 1995, S. 2]. Dieses Vorgehen verlangt eine enge Abstimmung der mitwirkenden Abteilungen oder Bereiche.

Anders als in der Serienproduktion beginnen Arbeitsvorbereitung und Materialbeschaf-fung parallel zur Konstruktionsphase (vgl. Abbildung 2.3). In der Unikatproduktion markiert der Auftragseingang den Beginn der Produktentstehung, während er in der Se-rienproduktion den Beginn der Materialbeschaffung darstellt.

Abbildung 2.3: Simultaneous Engineering in der Unikatproduktion [vgl. Hirsch 1992, S. 26]

Begrenzt physische Prototypen

Anders als in der Serienproduktion, bei der Unternehmen die Montageplanung anhand von physischen Prototypen absichern [vgl. Motus 2009, S. 70], ist dieses Vorgehen in der Unikatproduktion aus Kostengründen oft nicht möglich. Um dennoch eine hohe Planungsqualität zu gewährleisten, kann eine Absicherung an virtuellen Prototypen er-folgen.

Kurzfristige Änderungen

In der Unikatproduktion kommt es häufiger zu kurzfristigen Änderungen in der Monta-geplanung. Dies liegt zum einen daran, dass die Produktdaten zu Planungsbeginn meist unvollständig spezifiziert sind und die Produktentwicklung unter ständiger Einfluss-nahme des Kunden abläuft [vgl. Tu 2011, S. 67]. Lindemann spricht von einer Erhöhung der Komplexität durch Unschärfen, die bspw. aus Überschlagsrechnungen oder durch eine nur grobe Auslegung der Elemente und Relationen entstehen [vgl. Lindemann 2005, S. 9]. Zum anderen kommt es zu Umplanungen, falls Zulieferer Bauteile nicht rechtzeitig liefern können.