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Im Sinne der geschilderten „Insel-Strategie“ muss zunächst ein Verfahren entwickelt werden, um den problematischen Wachstumsbedingungen ehemaliger Tagebaue zumindest auf kleiner Fläche mit so geringem Aufwand wie möglich zu begegnen. Zu diesem Zweck wurden in der vorliegenden Arbeit die Eignung von Baumarten und die Wirkungen verschiedener Bodenhilfsstoffe und Bodenhilfsstoff-Kombinationen auf Versuchsflächen im ehemaligen Uranerz-Tagebaugebiet bei Ronneburg, Thüringen getestet.

Vorversuche auf diesen Flächen mit einer großen Zahl verschiedener Baumarten bildeten die Grundlage für die Auswahl der untersuchten Arten Spitz-Ahorn, Eberesche, Douglasie, Rot-Eiche, Wald-Kiefer und Schwarz-Erle.

Die eingesetzten Bodenhilfsstoffe sollten der Verbesserung der auf Tagebaufolgeflächen ungünstigen physikalischen, chemischen sowie biologischen Bodeneigenschaften dienen.

Bodenhilfsstoffe zur Verbesserung der Bodenphysik: Perlit, Wasserspeichersubstanzen Die Einarbeitung von Perlit, einem Material vulkanischen Ursprungs, das unter großer Hitze zur Volumenexpansion gebracht wurde (vgl. Popcorn), ist ein im Garten- und Landschafts- und auch Sportplatzbau sowie in der Landwirtschaft bekanntes Verfahren. Ziel ist die Lockerung und Verbesserung der Bodenstruktur und Luftführung in verdichteten, nassen und/oder bindigen Böden. In leichten, sandigen Böden kann unter Umständen die Wasserkapazität durch die Zugabe von Perlit erhöht werden.

Versuche zum Einsatz von Perlit bei der Bepflanzung von Haldensubstraten führten teils zu viel versprechenden Ergebnissen (Uresk & Yamamoto 1986, 1994, Larson & Patel 1992).

In der vorliegenden Arbeit kamen Wasserspeichersubstanzen, sowohl herkömmliche Hydrogele als auch neuartige so genannte Superabsorber, zum Einsatz. Beides sind stark hygroskopische Granulate, die im Wurzelraum von Pflanzen das Wasserspeichervermögen eines Bodens erhöhen und so die Wasserversorgung verbessern sollen.

Während herkömmliche Hydrogele aus neutralisierter, vernetzter Polyacrylsäure (PANV) auf Erdöl-Basis hergestellt werden, bestehen die neuartigen Superabsorber aus vernetzter Carboxymethylstärke (CMSV) auf pflanzlicher Basis (Lechner 2002). Diese Superabsorber aus nachwachsenden Rohstoffen wurden in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Lechner am chemischen Institut der Universität Osnabrück entwickelt. Erstmalig wurden sie im Rahmen dieser Arbeit in bereits 2004 angelegten Topf-Versuchen getestet. Bis dahin hatten noch keine Feldversuche stattgefunden; folglich stellte ihr Einsatz bei der Anlage der Freiland-Versuchsflächen in 2005 einen völlig neuen Versuchsansatz dar.

Herkömmliches Hydrogel sollte dabei auch als Referenz dienen, da es bereits Untersuchungen über ihre Anwendung bei Aufforstungen auf problematischen Kippenstandorten gibt, wo sie teils deutlich positive Effekte hatten (Katzur et al. 2002, Brofas et al. 2004), teils eher weniger erfolgreich waren (Hicks 1992, Ashby 1997, Ptach et al. 2009).

Bodenhilfsstoff zur Verbesserung der Bodenchemie: Kalk

Kalkungen sind in Waldbau und Forstwirtschaft weit verbreitet. Sie dienen dem Ziel, die niedrigen pH-Werte stark versauerter Böden anzuheben und somit gleichzeitig die Menge pflanzenverfügbarer Nährstoffe zu erhöhen und Schwermetalle zu binden (z. B. Häge 1996, Katzur & Haubold-Rosar 1996, Rodenkirchen 1996).

Bei der Rekultivierung von meist stark versauerten Kippenböden gelten sie als grundlegende Meliorationsmaßnahme (z. B. Bussler et al. 1984, Katzur 1997, Katzur et al. 1999a,b, Böcker et al. 1999).

Bodenhilfsstoff zur Verbesserung der Bodenphysik und -chemie: Kompost

Die Beimischung von Kompost zur Bodenmelioration findet bislang vor allem im Garten- und Landschaftsbau sowie auch in der Landwirtschaft statt und dient der Verbesserung der Bodenstruktur und des Wasserspeichervermögens, der Bodenreaktion, der Nährstoffsituation und der Schwermetallfestlegung.

Nach Cunha-Queda et al. (2010) werden Komposte inzwischen auch zunehmend bei Rekultivierungsmaßnahmen eingesetzt, um die Bodenqualität zu verbessern und den Bedarf an anorganischen Düngern zu senken. Häge et al. (1996) sehen die Vorteile der Verwendung von Kompost auf Rekultivierungsstandorten in einer schnellen Humusanreicherung und einer Aktivierung des Rohbodens.

Bodenhilfsstoff zur Verbesserung der Bodenbiologie: Mykorrhiza-Inokulum

Mykorrhiza-Pilze und höhere Pflanzen gehen miteinander Symbiosen (Mykorrhiza) ein, indem sich Pilzhyphen und Wurzeln verbinden. Das Pilzmycel vergrößert dabei nicht nur die

EINLEITUNG

Oberfläche von Pflanzenwurzeln, es ist auch in der Lage, kleinere Bodenporen zu erschließen als Feinwurzeln (Jongmans et al. 1997), was beides zur Erhöhung der Nährstoff- und Wasseraufnahme der Pflanze führt. Die Pilzpartner liefern Nährstoffe und Mineralien (Stickstoff, Phosphor…) an die Pflanze und erhalten von dieser Kohlenstoff in Form von photosynthetischem Zucker (Höster 1993, Le Quéré et al. 2005).

Mykorrhiza kann zudem eine Filterfunktion bei der Aufnahme von Schwermetallen ausüben, was bei mykorrhizierten Pflanzen zu einer erhöhten Toleranz gegenüber Schwermetall-Belastung und damit einer erhöhten Resistenz auf kontaminierten Böden führen kann (Sharples et al. 2000, Baum 2004, Marian et al. 2009). Auch gegenüber durch Boden-Versauerung ausgelöster Aluminium-Toxizität sind mykorrhizierte Bäume unempfindlicher (Hüttl 1991).

Darüber hinaus scheint Mykorrhiza in der Lage zu sein, Bäume effizient vor Salzstress zu schützen (Weissenhorn 2002).

Aufgrund der geschilderten Eigenschaften ist Mykorrhiza für Pflanzen auf problematischen Standorten mit ungünstiger Wasser- und Nährstoffversorgung sowie Schadstoff-Belastung von größter Bedeutung.

Durch die Impfung mit Mykorrhiza-Pilzen bei der Pflanzung finden Bäume direkt geeignete Symbiosepartner vor. Damit kann das eventuelle Fehlen entsprechender Pilz-Populationen auf Rohböden ausgeglichen werden, was für obligat auf Mykorrhiza angewiesene Baumarten existentiell ist, aber ebenso für fakultativ Symbiosen eingehende Arten einen Vorteil bedeutet.

Zudem kann auch bei bereits im Boden vorhandenen Pilzen durch eine Beimpfung die Besiedelung der Wurzeln gefördert werden (Startvorteil durch Ammenkolonisation; Schmid 2006b).

Beim Zusammenkommen von passenden Partnern beginnt schon zwischen dem 4. und dem 8.

Tag der Aufbau einer Symbiose; bis zur funktionierenden Symbiose dauert es insgesamt nur 15-20 Tage (Le Quéré et al. 15-2005). Die unterstützende Wirkung von Mykorrhiza kommt also ziemlich direkt und bereits während der auf problematischen Standorten kritischen Anwuchsphase zum Tragen.

Eine Mykorrhiza-Impfung kann in Form einer Ausbringung von Substrat erfolgen, das Mykorrhiza-Pilze enthält, etwa Waldboden, Plantagenboden oder Substrat aus Baumschulen (Mikola 1969).

Eine wachsende Zahl von Herstellern bietet inzwischen „Impfstoffe“ mit Mykorrhiza-Pilzen, sogenanntes Inokulum, in verschiedenen Formen (frisch, getrocknet…) und für verschiedene Bereiche (Aufforstungen, Landwirtschaft, Ziergarten) an. Dabei werden je nach Pflanzenarten unterschiedliche Pilzarten (-mischungen) empfohlen.

In Nordamerika werden seit Beginn der 1980er Jahre Mykorrhiza-Impfungen erfolgreich bei der Rekultivierung von ehemaligen Tagebaugebieten eingesetzt (Beckjord & McIntosh 1984, LoBuglio & Wilcox 1988, Cordell et al. 2002).

Der innovative Charakter des in der vorliegenden Arbeit dargestellten Projektes bestand vor allem auch in der Kombination der beschriebenen Hilfsstoffe aus den Bereichen Bodenphysik, Bodenchemie und Bodenbiologie. Das Spektrum sowohl der getesteten Bodenhilfsstoffe als auch der untersuchten Baumarten umfasste Stoffe bzw. Arten, die teils mit langer Tradition, teils (noch) eher selten bei der Rekultivierung von Tagebauflächen eingesetzt werden.

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