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5 Diskussion

5.1 Kritik der Methodik

5.1.2 Probenversand

Die zur Verfügung gestellten Eier wurden auf verschiedenen Wegen zum Institut zur weiteren Untersuchung verbracht. Einige Eier wurden nach der Eiablage frisch und gekühlt ins Institut transportiert, sofort getrennt und nach dem Auswiegen der einzelnen Eianteile tiefgefroren. Andere Eiproben wurden gekühlt auf dem Postweg verschickt und dann im Labor schnellstmöglich weiterverarbeitet. Manche Eier wurden direkt nach der Eiablage tiefgefroren und ohne Unterbrechung der Kühlkette ins Institut zur weiteren Untersuchung gebracht. Bei den Analysenergebnissen waren keine systemischen Unterschiede zwischen den Eiern in Hinblick auf unterschiedliche Versand- beziehungweise Lagerungsbedingungen erkennbar.

Die gekühlten Eier wurden in feuchtes Substrat oder feuchten Zellstoff eingebettet transportiert, gleich bleibende Feuchtigkeitsbedingungen konnten somit nicht gewährleistet werden. Da die Schale von Reptilieneiern einen teilweise sehr starken Wasseraustausch mit der Umgebung begünstigt (siehe Kapitel 2.4.4), ist der Trockensubstanz-Gehalt möglicherweise verändert.

Die Dauer der Lagerung könnte direkte Veränderungen der organischen Anteile der Eier zur Folge haben, während bei den anorganischen Anteilen lediglich ein relativer Anstieg zu erwarten wäre. Solche Veränderungen gehen allerdings in der Regel mit einer sinnfälligen Veränderung der Eier einher. Nach dem Transport verdorbene Eier wurden weggeworfen. Die Entwicklung eines Embryos könnte ebenfalls Veränderungen der Zusammensetzung des Eis zur Folge haben, zum Beispiel Energieverluste durch die Atmung oder Veränderungen des Kalziumgehaltes aufgrund einer Kalzium-Mobilisation aus der Eischale. Daher wurden nur Eier analysiert, bei denen noch keine makroskopisch sichtbare Entwicklung von Embryonen stattgefunden hatte. Nach Aussortierung nicht geeigneter Eier zeigten die Messergebnisse der untersuchten Eier in Hinblick auf die Dauer der Lagerung vor der Analyse ausgewertet keine systematischen Unterschiede.

5.1.3 Probenmenge

Nach der Trocknung stand bei den meisten Eiern nur sehr wenig Probenmaterial zur Untersuchung zur Verfügung. Dadurch konnten meist nicht alle Parameter aus jeder Probe gemessen werden. Aus Eiinhalt und Eischale eines Eis wurden so viele Parameter wie möglich gemessen, wobei auf eine Doppelwertbestimmung bei den Parametern Rohfett, Rohprotein und Rohasche zugunsten der Bestimmung mehrerer Parameter aus einer Probe und damit steigender Anzahl n pro Analysenparameter verzichtet wurde. Wenn die Bestimmung aller Parameter aus einer Probe nicht möglich war, wurde bei der Einteilung der Proben zur Analyse auf eine ausgewogene Verteilung der Messparameter innerhalb eines Geleges geachtet (siehe Ergebnislisten in Anhang 3 - 6).

Bei den weichen Eischalen erhielt man nach der Trocknung besonders wenig Probenmaterial. Aus diesem Grund wurden für den Mikrowellenaufschluss mehrere Eischalen von Eiern eines Geleges gepoolt. Die Untersuchung auf Protein und Rohasche wurde je nach Trockengewicht der Eischalen aus einzelnen oder gepoolten Eischalen durchgeführt (siehe Ergebnislisten in Anhang 3 - 6).

Schleich und Kästle (1988) beschrieben, dass vor allem bei den weichen Eischalen von Schlangen und Echsen organische und anorganische Schalenelemente sehr variabel sind und sogar innerhalb eines Geleges sehr große Variationen möglich sind. In der vorliegenden Studie wurden nur Eischalen von Eiern desselben Geleges gepoolt, was bei Schwankungen in den Nährstoffgehalten verschiedener Eier sicherstellt, dass der auf diese Weise ermittelte Analysenwert den Mittelwert der Gehalte eines Geleges darstellt, was für die faktorielle Bedarfskalkulation für den Nährstoffbedarf des Muttertiers entscheidend ist.

5.1.4 Fettanalyse

Bei der Fettanalyse mit Säureaufschluss und anschließender Extraktion mit Petrolether wurden sehr schwankende Messergebnisse mit zum Teil sehr niedrigen Rohfettgehalten erzielt. Gleichzeitig lag der NfE-Gehalt der Proben zwischen 7 und 29 %, obwohl keine Kohlenhydrate zu erwarten waren (Wilhoft, 1986; Booth, 2003). Nach dem Vergleich von

errechneter und tatsächlich gemessener Energie im Ei kam Booth (2003) zu der Überzeugung, dass die fehlende Restfraktion (Trockensubstanz nach Abzug aller Rohnährstoffe inklusive Kohlenhydratanteil) auf einen Fehler in der Fettanalyse zurückzuführen sein müsse. In der vorliegenden Studie wurden nachträglich Eiinhalt-Proben der Eier Griechischer Landschildkröten (Testudo hermanni) bombenkalorimetrisch analysiert, um den Energiegehalt der NfE kalkulieren zu können. Hierbei wurde die Annahme von Booth (2003) bestätigt, dass es sich bei der NfE-Fraktion um einen nicht extrahierten Anteil der Lipidfraktion handeln muss.

Dies ist wohl auf Teile der Lipid-Fraktion zurückzuführen, die im Ei so stark emulgiert sind, dass sie in Petrolether (auch mit vorherigem Säureaufschluss, wie in der vorliegenden Studie praktiziert) nicht löslich sind. Diese These wird von Untersuchungen von Wilhoft (1986) unterstützt, der mit einer Vorextraktion mit Chloroform-Methanol (nach Bligh und Dyer, 1959) bis zu 12 % mehr Fett als mit einer reinen Extraktion mit Petrolether aus Eiproben derselben Spezies extrahieren konnte. Er erklärte sich diese Beobachtung allerdings damit, Anteile der Fettfraktion nachzuweisen, die verseift sind. Diese Anteile werden jedoch in der Fettanalyse der Weender-Analyse erfasst.

Bei der Besprechung der Rohfett-Analyseergebnisse soll dennoch ein Vergleich mit den in der Literatur beschriebenen Fettgehalten von Reptilieneiern stattfinden, da der Nachweis – bis auf die von Wilhoft (1986) angegebenen Rohfettgehalte – bei allen zitierten Messwerten wie in der vorliegenden Studie mit Hilfe der Extraktion mit Petrolether stattfand. Hierbei soll auf Unterschiede zwischen den – systematisch zu niedrigen – Rohfettgehalten der Eier verschiedener Spezies eingegangen werden. Im Anschluss daran soll der angenommene Lipidgehalt der Eier aller Spezies als Summe des gemessenen Rohfettgehalts und der NfE-Fraktion dargestellt werden. Zwar wurde die fehlerhafte Fettextraktion in der vorliegenden Studie nur für die Eier der Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni) nachgewiesen, es wird aber davon ausgegangen, dass sie auch die Ursache für die großen NfE-Gehalte der Eier aller anderen Reptilienspezies darstellt.

5.1.5 Rohnährstoffe der Eischale

Den Hauptbestandteil der harten Eischale bildet Kalziumkarbonat (CaCO3). Bei Veraschungs-Temperaturen ab 550 °C decarboxyliert es (Sá e Sant’Anna et al., 2008), wobei das Kalzium in der Rohaschefraktion als Kalziumoxid übrig bleibt. Bei 100 % Kalziumkarbonat bleibt demnach nach der kompletten Veraschung ein Rohascheanteil von 56 % (entsprechend dem Anteil von Kalziumoxid) übrig. Das in der Eischale von Vögeln nachgewiesene Magnesiumkarbonat decarboxyliert bereits bei niedrigeren Temperaturen, während Kalziumphosphat und Magnesiumphosphat in der Asche vollständig erhalten bleiben.

In der Literatur sind teilweise sehr hohe Rohaschegehalte in der Eischale beschrieben, für harte Reptilieneischalen mit Werten von 90 bis 99 % der Trockensubstanz (zum Beispiel Mos, unveröffentlicht, persönliche Mitteilung). Diese hohen Messwerte lassen sich nur dadurch erklären, dass die anorganischen Karbonate bei der Veraschung nicht oder nur

teilweise decarboxyliert sind. Dies kann einerseits an der Veraschungstemperatur (< 550° C) und Veraschungsdauer liegen, andererseits jedoch bereits an der Vorbereitung

der Proben zur Veraschung. In der vorliegenden Studie wurden die Eischalen vor den Analysen pulverisiert. Die Proben wurden bis zur Gewichtskonstanz verascht, was in einzelnen Fällen bis zu 168 Stunden dauern konnte. Im Institut wurden ebenfalls nicht pulverisierte Hühnereischalen-Anteile im Stück verascht, die bei gleicher Temperatur über die gleiche Zeit deutlich weniger Gewichtsverlust zeigten als pulverisierte Hühnereischalen-Anteile. Bei den pulverisierten Eischalenproben konnten nicht vollständig, das heißt nicht bis zur Gewichtskonstanz veraschte Proben deutlich von vollständig veraschten Proben unterschieden werden. Sie wiesen je nach Grad der bisher stattgefundenen Veraschung eine schwarze bis hellgraue Verfärbung auf. Diese Beobachtung ist wohl auf die Bildung schwarzen amorphen Kohlenstoffs infolge teilweisen Sauerstoffmangels im Muffelofen zurückzuführen, der im Laufe der weiteren Veraschung oxidiert wurde und sich als Kohlenstoffdioxid verflüchtigte.

Die Eischalen vor der Untersuchung zu pulverisieren und dadurch zu homogenisieren ist auch deswegen anzuraten, da nicht sicher davon ausgegangen werden kann, dass die Eischale an jeder Stelle gleich aufgebaut ist. Bei Eischalen des Mississippi-Alligators

(Alligator mississippiensis) ist beschrieben, dass einige Teile der Kalkschale höhere Gehalte an organischer Matrix aufwiesen als andere (Packard et al., 1982).

Eine genaue Kalkulation der organischen Bestandteile der Eischale ist nicht möglich, da keine genauen Untersuchungen über die prozentualen Anteile anderer Kristallformen in der Reptilieneischale vorliegen. Daraus ergibt sich auch, dass der Kohlenhydratanteil der Schale anhand der Differenzberechnung der NfE nicht kalkuliert werden kann.

5.1.6 Faktorielle Bedarfskalkulation

Die faktorielle Bedarfskalkulation gestaltete sich in der vorliegenden Studie aus zwei Gründen sehr schwierig: erstens wegen der relativ geringen Anzahl an Daten bei den meisten untersuchten Spezies und zweitens aufgrund der generellen Problematik der sehr variablen Reproduktionsparameter (Gelegeanzahl pro Legesaison, Eianzahl pro Gelege, Länge des Intervalls zwischen zwei Gelegen) sowohl inter- als auch innerartlich in Kombination mit nur spärlichen Daten hierzu in der Literatur.

Wegen des ersten Punkts wurde die faktorielle Bedarfskalkulation anhand der Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni) beispielhaft durchgerechnet. Von dieser Spezies lagen in der vorliegenden Studie zahlenmäßig die meisten Eier vor, zudem stammten sie aus unterschiedlichen Haltungen und unterschiedlichen Legeperioden.

Der zweite Punkt stellte auch deshalb ein gewisses Problem dar, weil Daten zur Reproduktion von nicht heimischen Reptilien für die Bedarfskalkulation von in Mitteleuropa gehaltenen Tieren nur solange sinnvollerweise verwendet werden können, wie sie selbst in Mitteleuropa bei Tieren in Gefangenschaft gesammelt wurden. Aus diesem Grund wurden zur besseren Vergleichbarkeit Daten zur Legetätigkeit von Griechischen Landschildkröten (Testudo hermanni) aus einer privaten Haltung in Oberbayern verwendet.

Die Tierhalter verfügten über jahrzehntelange Erfahrung in der Haltung von Landschildkröten und jahrelanger guter Nachzucht. Zum Zeitpunkt der Studie wurde ein Gelege erfolgreich ausgebrütet. Die drei adulten weiblichen Griechischen Landschildkröten (Testudo hermanni) im Alter von einmal über 60 Jahren, sowie zweimal zwischen 30 und

40 Jahren waren vorberichtlich gesund. Sie überwintern im Kühlschrank, im Sommer werden sie im Außengehege gehalten. Die Fütterung besteht vorwiegend aus Wildkräutern, zusätzlich wird ad libitum Sepiaschulp angeboten.

Die Dokumentation fand ohne Angabe von Witterungseinflüssen oder einer generellen Wetterlage in drei aufeinanderfolgenden Jahren statt. Die Daten zeigten große Unterschiede bei der Anzahl von Gelegen zwischen den einzelnen Tieren innerhalb einer Legeperiode, wobei über die Jahre betrachtet eine Tendenz zu wenigen Gelegen (1-2 Gelege/Saison) oder vielen Gelegen (3-4 Gelege/Saison) bei den einzelnen Tieren auffiel. Des Weiteren waren deutliche Schwankungen in der Gelegegröße innerhalb einer Legesaison erkennbar, über alle drei Jahre betrachtet fiel jedoch auf, dass die durchschnittliche Anzahl von Eiern pro Gelege einer Saison sehr konstant war (siehe Anhang 9).

Aus diesen beiden letzten Beobachtungen lässt sich noch einmal deutlich ablesen, dass die in der vorliegenden Studie kalkulierten Bedarfszahlen nur als Richtwert angesehen werden können für ein reproduktiv durchschnittlich aktives Tier. Die tatsächlichen Bedarfszahlen sind stark abhängig vom individuellen Reproduktionsverhalten jedes einzelnen Tieres und nur mit Kenntnis dieses Verhaltens sinnvoll abzuschätzen.

Ein weiteres Problem für eine detaillierte Bedarfskalkulation stellt die Poikilothermie dar.

Da alle Stoffwechselprozesse, also auch die Verwertbarkeit von Nährstoffen bei wechselwarmen Tieren von der Umgebungstemperatur abhängen, müssten weitergehende Untersuchungen zur Verdaulichkeit immer unter den gleichen, möglichst optimalen Temperaturbedingungen abgehalten werden, die später zur genauen Erfassung einer Spannbreite kontinuierlich in beide suboptimalen (kälter/wärmer) Temperaturbereiche verändert werden müssten. Diese Vorgehensweise kann – wenn überhaupt – nur für vereinzelte, in unseren Breiten als Haustiere sehr häufig vorkommende beziehungsweise besonders schützens- und erhaltenswerte bedrohte Arten angewendet werden.