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3.6 Mia40, eine neuartige Thioloxidase

3.6.1 Kristallstruktur von yMia40

Verschiedene yMia40-Konstrukte wurden erstellt, in E. coli BL21 DE3 Zellen rekombinant exprimiert und nach geeigneten Kristallisationsbedingungen gesucht. Nur von der globulären Domäne von yMia40 mit N-terminalen His-tag ohne die ungefaltete C-terminale Extension (Aminosäuren 290-352) konnten Kristalle erhalten werden, die bis 2,3 Å streuten. Die Daten der Statistik der Kristallstruktur ist in Tabelle 9-8 zusammengefasst.

Abbildung 3-42: a) Bänderdarstellung der Kristallstruktur von yMia40 (Molekül A in der asymmetrischen Einheit). Die beiden strukturell wichtigen Disulfidbrücken (Cys307-Cys340, Cys317-Cys330), das redoxaktive CPC Motiv (Cys296, Cys298) sowie Trp294 sind im Stäbchenmodell dargestellt (Nummerierung nach Position in Volllängenprotein). b) Oberflächenladungsverteilung von yMia40. Die linke Abbildung entspricht der Orientierung von a), die rechte Abbildung ist hierzu um 180° gedreht. Rot entspricht einer negativen, blau einer positiven Ladung. c) Überlagerung der Rückgratstrukturen der in a) dargestellten Struktur (blau) mit der hMia40 NMR-Struktur (magenta) und der Struktur des Mia40-MBP-Fusionsproteins in dem Mia40 oxidiert vorliegt (grün) bzw. die katalytischen Reste gegen Serin (rot) ausgetauscht sind.

Abbildung 3-42a zeigt eines von zwei Mia40 Molekülen in der asymmetrischen Einheit in Bänderdarstellung. Der Kern des Proteins wird durch zwei antiparallele α-Helices gebildet, die durch zwei Disulfidbrücken verbunden sind. Zusätzlich findet sich N-terminal ein beweglicher Schwenkarm, auf dem die redoxaktive Disulfidbrücke, und somit das aktive Zentrum lokalisiert ist. Die beiden strukturell wichtigen Disulfidbrücken (Cys307-Cys340, Cys317-Cys330), das redoxaktive CPC Motiv (Cys296, Cys298) sowie Trp294 sind im Stäbchenmodell gezeichnet, wobei die Nummerierung der Position im Volllängenprotein entspricht. In Abbildung 3-42b ist die Ladungsverteilung auf der Proteinoberfläche dargestellt. Mia40 besitzt eine ausgedehnte hydrophobe Fläche, die von den beiden Helices auf der dem aktiven Zentrum zugewandten Seite gebildet wird. Diese in weiß dargestellte Fläche wird in der Literatur als Obstschalen-förmig beschrieben und dient der Substratbindung. Auf der restlichen Proteinoberfläche herrscht eine homogene Ladungsverteilung vor, die eine gute Löslichkeit des Proteins gewährleistet. Der Vergleich

des Rückgrats dieser Kristallstruktur, mit dem der hMia40 NMR-Struktur und dem der Struktur des Mia40-MBP-Fusionsproteins in dem Mia40 oxidiert vorliegt bzw. die katalytischen Reste gegen Serin ausgetauscht sind, zeigt die hohe Ähnlichkeit der Strukturen (Abbildung 3-42c). Lediglich die Lage des beweglichen Schwenkarms mit dem redoxaktiven CPC-Motiv der neu gelösten Struktur weicht von den anderen Strukturen ab. Die Überlagerung verdeutlicht somit die Rigidität des Proteinkerns und die Beweglichkeit des Schwenkarms. Cystein 296 und 298 liegen im Kristall nicht reduziert vor wie es Abbildung 3-42a suggeriert, sondern bilden Disulfidbrücken mit symmetrieverwandten Molekülen aus der benachbarten asymmetrischen Einheit.

yMia40 besitzt nach der Reinigung eine intensiv rot-braune Farbe. Es wurde eine Reinigung unter anaeroben Bedingungen in Kooperation mit S. Knauer am Lehrstuhl für Bioanorganische Chemie von Prof. Dr. H. Dobbek (Universität Bayreuth) durchgeführt und Absorptionsspektren des anaerob gereinigten Proteins unter anaeroben Bedingungen aufgenommen (siehe Abbildung 3-43). Die ausgeprägten lokalen Absorptionsmaxima bei 340 nm und 420 nm sind ein starker Hinweis darauf, dass yMia40 bei der heterologen cytosolischen Expression in E. coli einen 2Fe-2S-Cluster assembliert. Daithankar et al.

zeigten, dass Mia40 nur bei rekombinanter Expression in E. coli Zellen mit reduzierendem Cytosol eine rötliche Färbung aufweist und diese sauerstoffempfindlich ist 98. Da von dieser Arbeitsgruppe jedoch keine Reinigung unter anaeroben Bedingungen durchgeführt wurde und der Fe-S-Cluster sauerstoffempfindlich ist, konnte die Arbeitsgruppe den Cluster nicht als 2Fe-2S-Cluster identifizieren. Eine physiologische Funktion der Fähigkeit von yMia40 (zumindest bei rekombinanter Expression) Fe-S-Cluster zu assemblieren ist noch nicht bekannt.

Abbildung 3-43: Absorptionsspektren von heterolog exprimiertem yMia40 nach anaerober Reinigung In a) ist das Absorptionsspektrum von 250 – 600 nm und in b) ein Ausschnitt von 300- 600 nm dargestellt. Die Spektren wurden unter anaeroben Bedingungen an einem Nanodrop®

Spektrophotometer mit einer Schichtdicke von 0,1 cm aufgenommen. Die Messungen fanden unter anaeroben Bedingungen unter Verwendung von anaerobisiertem Puffer (10 mM Tris/HCl, pH 7,0) statt.

Die Cysteine 307, 317, 330 und 340 bilden in yMia40 strukturell wichtige Disulfidbrücken.

Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass diese Cysteine für die Assemblierung des 2Fe-2S-Clusters im rekombinanten Protein verantwortlich sind. Die beiden redoxaktiven Cysteine 296

und 298 sind prädestiniert zur Koordination von Metallionen. Der Aufbau eines 2Fe-2S-Clusters benötigt jedoch vier Cysteine bzw. andere geeignete Aminosäuren, die in monomeren yMia40 nicht verfügbar. Eine Assemblierung eines 2Fe-2S-Clusters über die Cysteine 296 und 298 ist deshalb nur bei einer Dimerisierung von yMia40 möglich.

Abbildung 3-44: a) Bänderdarstellung des Mia40 Dimers in der asymmetrischen Einheit. Molekül A ist blau, Molekül B orange eingefärbt. b) Aminosäuresequenzen der Moleküle A und B. Aminosäuren, die laut dem Programm PISA an der Wechselwirkung der beiden Moleküle beteiligt sind, sind rot eingefärbt.

c) Bänderdarstellung des Mia40 Dimers. Rot markiere Reste aus b) sind im Stäbchenmodell dargestellt und ebenfalls rot eingefärbt. Zur besseren Übersicht ist nur ein Ausschnitt von Abbildung a) (um 90 ° gedreht) dargestellt.

Tatsächlich liegt in der asymmetrischen Einheit des Kristalls ein Dimer von yMia40 vor (Abbildung 3-44). Das Quartärstrukturanalyseprogramm PISA 81 gibt an, dass die Dimerisierung kein Kristallisationsartefakt ist, sondern beide Monomere ausreichend Wechselwirkungen für eine Dimerisierung zeigen. Die Aminosäuren, die laut PISA-Analyse intermolekulare Wechselwirkungen ausbilden, sind in der Sequenz in Abbildung 3-44b rot markiert. Da die Moleküle eine Kopf-zu-Schwanz Anordnung zeigen, sind im Wesentlichen komplementäre Aminosäuren an der Interaktion beteiligt. Abbildung 3-44c stellt einen um 90° gedrehten Ausschnitt von Abbildung 3-44a dar, in dem die Aminosäuren, die intermolekulare Interaktion eingehen, im Stäbchenmodell dargestellt und ebenfalls rot eingefärbt sind. Die intermolekulare Wechselwirkung wird insbesondere durch die hydrophobe Substratbindungsstelle vermittelt. Abbildung 3-44c zeigt, wie das Homodimer durch eine intensive Stapelung aromatischer Aminosäuren in der Grenzfläche stabilisiert wird.

In der Kristallstruktur bilden sich Dimere, die einzelnen Moleküle sind aber über Disulfidbrücken zu Molekülen benachbarter asymmetrischer Zellen kovalent verknüpft.

Mia40 wurde aerob gereinigt und auch aerob kristallisiert. Die rot-braune Färbung verblasste nach einigen Tagen, dementsprechend waren die Kristalle farblos. Vermutlich assembliert

Mia40 als Dimer ein 2Fe-2S-Cluster. Während des Kristallisationsprozesses kommt es durch den Kontakt mit Luftsauerstoff zu Oxidationsprozessen, wodurch die 2Fe-2S-Cluster zerfallen und Cystein 296 und 298 Disulfidbrücken zu benachbarten Molekülen im Kristall ausbilden.

Kawano et al. klärten die Kristallstruktur des MBP-Mia40 Fusionsproteins auf 51. In der Struktur interagiert der Linker zwischen dem MBP- und dem Mia40-Anteil in helikaler Struktur mit der Substratbindungsstelle von Mia40, und es wurde daher angenommen, dass dieser Linker ein Substrat nachahmt. Die Interaktion des Linkers mit der Substratbindungsstelle und das 360 Aminosäuren große MBP verhindern wahrscheinlich die Dimerisierung von Mia40. Eine Überlagerung des MBP-Mia40-Fusionsproteins mit Molekül A der yMia40 Kristallstruktur verdeutlicht dies (Abbildung 3-45a).

Die Ausbildung eines Homodimers von Mia40 ist interessant, da viele putative Substrate von Mia40 eine sehr ähnliche Struktur wie Mia40 aufweisen und reduzierte und entfaltete Mia40 Moleküle selbst ebenso ein Substrat darstellen. In Abbildung 3-45b ist eine Überlagerung der NMR-Struktur von Cox17 mit Molekül A des yMia40 Dimers dargestellt.

Die beiden antiparallelen Helizes von Mia40 und Cox17 können perfekt überlagert werden.

Die Anordnung von Cox17 zu Molekül B der yMia40 Struktur in dieser Abbildung zeigt, wie ein Komplex aus Mia40 und einem möglichen Substrat nach erfolgter Oxidation aussehen könnte.

Abbildung 3-45: a) Überlagerung der Struktur des MBP-Mia40 Fusionsproteins (PDB-Eintrag 3A3C) mit der Struktur von Molekül A des yMia40 Homodimers in Bänderdarstellung. Die Struktur von MBP ist orange, der Linker des Fusionsproteins magenta, Mia40 im Fusionsprotein oliv und Molekül A des yMia40 Homdimers blau eingefärbt. b) Überlagerung der NMR-Struktur von Cox17 (grün;

PDB-Eintrag 1Z2G) mit der Struktur des yMia40 Homodimers (Molekül A blau, Molekül B orange).

Die Darstellungen wurden mit dem Programm PyMOL (DeLano Scientific, 2006) erstellt.

hMia40 wurde ebenfalls heterolog als MBP-Fusionsprotein in E. coli Zellen exprimiert und gereinigt. Zur NMR Analyse wurde MBP von hMia40 abgespalten und das isolierte Protein

untersucht. Es konnten keine Anhaltspunkte für eine Dimerisierung von hMia40 in Lösung gefunden werden 50.