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4 Zusammenfassende Diskussion

4.3 Chaperondomänen sind als Substratbindungsmodule für die Thioloxidasefunktion

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wurde die isolierte IF Domäne von SlyD mit Cystein-Substitutionen (IFSHSH) eingesetzt um die Beschleunigung der oxidativen Proteinfaltung durch die bakterielle Thioloxidase DsbA W76F W126F (DsbA*) zu analysieren. Die oxidative Faltung konnte anhand der intrinsischen Fluoreszenzänderung der IF Domäne während der Faltung sehr gut verfolgt werden. Untersucht wurde auch die Thioloxidaseaktivität der eukaryotischen Disulfidisomerase PDI, sowie eines PDI-Fragments, das nur aus der katalytisch aktiven a´ Domäne und der C-terminalen Extension besteht (PDI a´c). Darüber hinaus konnte die Thioloxidaseaktivität der homodimeren Disulfidisomerase DsbC aus E. coli analysiert werden. Um die Bedeutung der beiden aktiven Zentren für die Funktion von DsbC zu untersuchen, wurde zusätzlich eine Form von DsbC erstellt, bei der die beiden Monomeren kovalent verbunden waren und ein aktives Zentrum durch zwei Punktmutationen inaktiviert wurde (DsbC-sc-17*). Die Aufklärung der Kristallstruktur von DsbC-sc-17* mit einer Auflösung von 2,3 Å zeigte, dass diese kovalente Verknüpfung der Ketten keinen Einfluss auf die Struktur von DsbC hat. Für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse war sichergestellt, dass alle untersuchten Faltungsenzyme, unabhängig vom Reduktionspotential des katalytischen Disulfids, in der vollständig oxidierten Form eingesetzt wurden.

Die oxidative Faltung ist ein komplexer Vorgang: Zunächst reagiert ein Thiolation des reduzierten Substrats nukleophil mit einem Cystein des katalytischen Disulfids der Oxidase

und es bildet sich ein kovalent verbrückter Komplex. Dieser Reaktion geht möglicherweise in einigen Fällen eine nicht kovalente Komplexbildung voraus. Anschließend greift das freie Thiolation des Substratproteins nukleophil am Substrat-Cystein des Heterodisulfids an und so entsteht eine intramolekulare Disulfidbrücke im Substratprotein. Im letzen Schritt dissoziieren oxidiertes Substrat und reduzierte Thioloxidase.

Bei der Oxidation von IFSHSH durch PDI, DsbC, DsbC-sc-17* und DsbA* wurde jeweils eine schnelle und eine langsame Reaktionsphase detektiert. Die schnelle Phase war in allen Fällen abhängig vom pH Wert des Puffers und der Konzentration der Thioloxidase. Dies deutet darauf hin, dass diese Phase der Bildung des Heterodisulfids entspricht. Die langsame Phase war vom pH und der Oxidasekonzentration unabhängig und stellt wahrscheinlich die Dissoziation der Reaktionspartner nach Ablauf der Reaktion dar.

Für das a´c-Fragment von PDI ohne Chaperondomäne und mit nur einem aktiven Zentrum war die katalysierte Faltung von IFSHSH ebenfalls konzentrationsabhängig, aber sehr langsam und einphasig. Vermutlich bestimmt hier die langsame Ausbildung des gemischten Disulfids die Geschwindigkeit der gesamten oxidativen Faltungsreaktion.

Die Zunahme der Raten der schnellen Reaktion als Funktion der Proteinkonzentration ist ein Maß für die Effizienz der Thioloxidasen analog dem kcat/KM-Wert anderer Enzyme. Die Geradensteigungen sind mit den Reduktionspotentialen der Faltungshelfer in Tabelle 4-1 zusammengestellt.

Tabelle 4-1: Zusammenstellung der katalytischen Effizienz bei der Oxidation von IFSHSH und der Reduktionspotentiale der untersuchten Thioloxidasen

Protein Effizienz

(µM-1s-1)

Reduktionspotential (mV)

DsbA 0,08 -122

PDI a´c 0,01 -152

DsbC-sc-17* 1,6 -140

DsbC 1,6 -140

PDI (a/a´) 3,2 -175 (-188/-152)

Es sind die Steigungen der Regressionsgeraden aus der Auftragung der Reaktionsraten der Oxidation von IFSHSH (pH 7,8) als Funktion der Faltungshelferkonzentration, zusammen mit den biochemischen Standardreduktionspotential der Faltungshelfer dargestellt 109. Die angegebenen Geradensteigungen sind ein Maß für die Effizienz der Thioloxidasen, analog dem kcat/KM-Wert anderer Enzyme

Je negativer das Reduktionspotential eines Proteins ist, desto stärker ist seine Wirkung als Reduktionsmittel. Die Potentialdifferenz zwischen Thioloxidase und IFSHSH ist die thermodynamische Triebkraft der Oxidationsreaktion, wobei für entfaltete Proteine wie IFSHSH ein Reduktionspotential von -220 mV angenommen wird 48. Unter den hier getesteten Faltungshelfern ist die Potentialdifferenz zu IFSHSH bei DsbA am größten. Am schnellsten wird IFSHSH jedoch durch PDI oxidiert, am langsamsten durch PDI a´c, gefolgt von DsbA. Die

Aktivität ist also nicht mit den Reduktionspotentialen der Thioloxidasen korreliert, wie häufig vermutet wird. Das Reduktionspotential ist ein thermodynamischer, kein kinetischer Parameter und enthält folglich keine Information über die Reaktionsgeschwindigkeit. Es gibt lediglich an, ob bzw. wie weit eine Reaktion abläuft. Geschwindigkeitsbestimmend sind aber Faktoren wie die Zugänglichkeit des aktiven Zentrums, oder die Affinität für das Substrat. Die in diesen Versuchsreihen aktivsten Faltungshelfer sind die Disulfidisomerasen PDI und DsbC.

Beide Proteine besitzen eine U-förmige Quartärstruktur, bei der zwei Thioredoxindomänen mit den aktiven Zentren die Schenkel des U, und Chaperondomänen, die als Substratbindungsstellen fungieren, die Basis des U bilden. Dabei sind nicht die beiden gegenüberliegenden aktiven Zentren in einem Molekül für die hohe Oxidaseaktivität von DsbC und PDI verantwortlich, sondern die Chaperondomänen. So besitzt DsbC-sc-17* nur noch eines der beiden aktiven Zentren, aber einen intakten Chaperonbereich. Die nahezu unveränderte Aktivität gegenüber wildtypischem DsbC zeigt, dass nicht beide katalytischen Disulfide gleichzeitig für Substrate zugänglich und zudem nicht die zwei aktiven Zentren in einem Molekül für die hohe Enzymaktivität verantwortlich sind. Wird dagegen bei PDI ein aktives Zentrum und zusätzlich die Substratbindungsstelle deletiert (PDI a´c), resultiert dies in einer sehr starken Abnahme der Aktivität. Dieser Aktivitätsverlust korreliert also mit dem Verlust der Substratbindungsstellen.

Chaperondomänen als Substratbindungsstellen sind auch bei der anderen Klasse der Faltungshelfer, den Peptidyl-Prolylisomerasen sehr wichtig. Hier sorgt eine zusätzliche Chaperondomäne für eine effiziente Katalyse der Prolylisomerisierung in faltenden Proteinen.

Auch hier führt die relativ unspezifische aber gute Bindung von Substratproteinen zu einer starken Erhöhung der Effizienz der Peptidyl-Prolylisomerasen 32, 44. Tatsächlich zeigen Experimente mit Chimären aus der Chaperondomäne von Disulfidisomerasen und der Peptidyl-Prolylisomerasedomäne von Prolylisomerasen, dass die Verwendung von Chaperondomänen als Substratbindungsstellen generisch ist und diese unter Funktionserhalt zwischen den Faltungshelfern ausgetauscht werden können (mündl. Mitteilung A.-J. Geitner).

Hydrophobe Bindungsoberflächen bzw. Chaperondomänen in Faltungshelfern eignen sich prinzipiell sehr gut für die Substratbindung, da sie zwischen nativen und nicht-nativen Bindungspartnern unterscheiden können und die Bindung ausreichend dynamisch für einen schnellen Substratumsatz ist.

DsbA, das in vivo die Funktion einer Thioloxidase hat, war in diesen in vitro Tests nur mäßig aktiv. In entfalteten Polypeptidketten, z.B. nach der Translokation ins Periplasma, bilden sich unter oxidativen Bedingungen bevorzugt konsekutive Disulfide aus. Die Ausbildung nativer Disulfide ist dagegen umso wahrscheinlicher, je strukturierter das Protein vorliegt. Eine eher langsame Oxidation entfalteter Polypeptidketten durch DsbA könnte deshalb in vivo durchaus wünschenswert sein, um die vollständige Translokation von Proteinen und die Ausbildung von Teilstrukturen vor der Oxidation zu ermöglichen. Auf diese Weise kann möglicherweise die Bildung nicht nativer Disulfide verringert werden.

4.4 Chaperondomänen sind als Substratbindungsmodule für die