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Bemerkung 12.1. Offenbar istFq Zerfällungskörper vonXq−1−1überFp. Wir untersuchen in diesem Abschnitt die entsprechenden Körper in Charakteristik 0.

Satz 12.2. Sei charK= 0.

(i) Für jeden Zerfällungskörper L von α∈K[X]\K istK ⊆L eine Galois-Erweiterung.

(ii) Jede endliche KörpererweiterungK ⊆L liegt in einer Galois-Erweiterung K ⊆M, d. h. L⊆M.

Beweis.

(i) Sei α=αn11. . . αnkk die Zerlegung in paarweise verschiedene irreduzible Polynome α1, . . . , αk ∈ K[X]. Nach Satz 11.20 hat jedesαi nur einfache Nullstellen. WegenggT(αi, αj) = 1 für i̸=j hatβ:=α1. . . αk paarweise verschiedenen Nullstellen inL. Offenbar ist Lauch Zerfällungskörper von β und die Behauptung folgt mit Artin.

(ii) Seix1, . . . , xneineK-Basis von L. Seien µ1, . . . , µn∈K[X] die Minimalpolynome vonx1, . . . , xn und seiM ein Zerfällungskörper vonµ1. . . µn. Nach (i) ist K⊆M eine Galois-Erweiterung und L=K(x1, . . . , xn)⊆M.

Satz 12.3 (Satz vom primitiven Element). Für jede endliche Körpererweiterung K⊆LmitcharK= 0 existiert ein x∈L mitL=K(x). Man nennt x primitives Element.

Beweis. Nach Satz 12.2 existiert eine Galois-ErweiterungK ⊆M mitL⊆M. Nach dem Hauptsatz der Galoistheorie gibt es nur endlich viele Körper zwischen K und M. Daher gibt es auch nur endlich viele KörperM1, . . . , Mn mit K ⊆Mi ⊊L. Nach Lemma 10.1 existiert ein x ∈ L\S

Mi. Dann ist K(x)̸=Mi für i= 1, . . . , nund es folgt K(x) =L.

Bemerkung 12.4. Nach Satz 8.31 gilt der Satz vom primitiven Element auch für endliche Körper, aber nicht für beliebige Körper positiver Charakteristik.

Beispiel 12.5. Sei K := Q(√ 2,√

3). Nach Beispiel 10.12 wird √ 2 +√

3 von allen nicht-trivialen Galois-Automorphismen in Gal(K|Q) verändert. Dies zeigt Q(√

2 +√

3) = K und √ 2 +√

3 ist ein primitives Element.

Definition 12.6. Sei n∈N. Man nennt ζ ∈K n-te Einheitswurzel, falls ζn = 1. Im Fall |⟨ζ⟩| =n heißt ζ primitiv. Der ZerfällungskörperQn von Xn−1 überQheißt n-ter Kreisteilungskörper.

Bemerkung 12.7.

(i) Wegen (Xn−1)=nXn−1̸= 0 hat Xn−1nur einfache Nullstellen in Qn (Lemma 11.8), d. h. es gibt genaun n-te Einheitswurzeln. Diese bilden offenbar eine Gruppe G≤Q×n, die nach Satz 8.31 zyklisch ist, sagen wir G= ⟨ζ⟩. Die primitivenn-ten Einheitswurzeln haben die Form ζk mit ggT(n, k) = 1 nach Lemma 3.7. Das Polynom

Φn:= Y

1≤k≤n, ggT(n,k)=1

(X−ζk)∈Qn[X]

heißtn-tes Kreisteilungspolynom. Es gilt deg Φn=φ(n)mit der eulerschen φ-Funktion.

(ii) Bekanntlich iste2πi/n∈Ceine primitiven-te Ein-heitswurzel. Man kann alsoQnmitQ(e2πi/n)⊆C identifizieren (Steinitz). Die Zahlen e2πik/n mit k= 1, . . . , nteilen den Einheitskreis in der kom-plexen Ebene in n gleich große Teile, d. h. sie bilden ein regelmäßigesn-Eck. Beispiel n= 6:

ζ6 = 1

Fürn|m gilt allgemeinerQn⊆Qm, denn jeden-te Einheitswurzel ist auch eine m-te Einheitswurzel.

Lemma 12.9. Für n∈N istXn−1 =Q

d|nΦd. Insbesondere giltΦn∈Z[X].

Beweis. Sei ζ ∈ Qn eine primitive n-te Einheitswurzel. Für d| n ist dann ζd eine primitive n/d-te Einheitswurzel (Lemma 3.7). Dies zeigt Sei nunn >1 und die Behauptung fürd < n bewiesen. Dann ist

α:= Y

d|n d̸=n

Φd∈Z[X]

normiert. Da die PolynomdivisionΦn= (Xn−1)/αinQn[X]aufgeht, geht sie auch in Q[X]auf (der eindeutig bestimmte Rest bei der Division hängt nicht vom Körper ab), d. h. Φn∈Q[X]. Da α undΦn

normiert sind, folgtΦn∈Z[X]aus Folgerung 8.51.

Beispiel 12.10. Mit Lemma 12.9 lassen sich Kreisteilungspolynome rekursiv berechnen. Fürp∈P und n∈N gilt

Φpn = Xpn−1 Q

0≤d<nΦpd = Xpn−1

Xpn−1−1 =Xpn−1(p−1)+Xpn−1(p−2)+. . .+Xpn−1+ 1.

Im Fall n= 1istΦp =Xp−1+Xp−2+. . .+X+ 1irreduzibel nach Beispiel 8.55. Wir zeigen, dass dies auch im Allgemeinen stimmt.

Satz 12.11 (Gauß). Kreisteilungspolynome sind irreduzibel in Q[X].

Beweis. Sei Φn = αβ mit α, β ∈ Q[X] und α irreduzibel. Da Φn und α normiert sind, ist auch β normiert. Aus Lemma 12.9 und Folgerung 8.51 folgt α, β ∈ Z[X]. Wir müssen α = Φn zeigen. Sei ζ ∈Qn eine Nullstelle von α. Dann ist ζ auch eine Nullstelle von Φn und damit eine primitive n-te Einheitswurzel. Da jede Nullstelle vonΦn die Formζk mit ggT(n, k) = 1 hat, genügt es α(ζk) = 0 zu zeigen. Durch Induktion nach der Anzahl der Primteiler vonk dürfen wir annehmen, dassk=p selbst eine Primzahl ist (die nnicht teilt).

Nehmen wir α(ζp) ̸= 0 an. Dann ist β(ζp) = 0 und β(Xp) ∈ Z[X] hat die Nullstelle ζ. Da α das Minimalpolynom vonζ über Qist, folgtα|β(Xp) inQ[X]. Sei also β(Xp) =αγ mitγ ∈Q[X]. Daα normiert ist, gilt sogarγ ∈Z[X]nach Folgerung 8.51. Für die Reduktion modulop (Lemma 8.56) gilt

α·γ =αγ=β(Xp)11.11= βp. Für einen irreduziblen Teilerδ von α gilt dann δ|β (Satz 8.24) und

δ2 |αβ= Φn|Xn−1.

Mit der Produktregel folgtδ |(Xn−1) =nXn−1̸= 0 wegenp∤n. Also ist δ=X und man erhält den Widerspruch δ ∤Xn−1.

Satz 12.12. Für n∈N ist Q⊆Qn eine Galois-Erweiterung mitGal(Qn|Q)∼= (Z/nZ)×. Für jeden Teilkörper L⊆Qn istQ⊆L eine Galois-Erweiterung mit abelscher Galoisgruppe.

Beweis. Nach Satz 12.2 istQ⊆Qn eine Galois-Erweiterung. Sei ζ ∈Qn eine primitiven-te Einheits-wurzel undσ ∈G:= Gal(Qn|Q). Dann istσ(ζ) ebenfalls Nullstelle vonXn−1, d. h.σ(ζ)∈ ⟨ζ⟩. Wegen Qn=Q(ζ)istσdurchσ(ζ)eindeutig bestimmt. Durch Einschränken erhält man einen Monomorphismus

Γ :G→Aut(⟨ζ⟩)7.27∼= (Z/nZ)×. Nach Gauß ist Φn das Minimalpolynom vonζ über Q. Dies zeigt

|G|=|Qn:Q|= deg Φn=φ(n) =|(Z/nZ)×|.

Also ist Γein Isomorphismus.

Sei nun L⊆Qn ein Teilkörper. Sicher ist dannQ=P(Qn)⊆L. Nach dem ersten Teil des Beweises ist Gabelsch. Insbesondere ist jede Untergruppe von Gnormal. Die zweite Behauptung folgt daher aus dem Hauptsatz der Galoistheorie.

Beispiel 12.13. Mit den Sätzen 7.24 und 8.34 lässt sich die Struktur vonG= Gal(Qn|Q) bestimmen.

Damit erhält man die Untergruppen vonGund die Teilkörper vonQn(vgl. Beispiel 5.14). Zum Beispiel ist

Gal(Q12|Q)∼= (Z/12Z)×∼= (Z/4Z)××(Z/3Z)×∼=C2×C2.

Die Untergruppen der Ordnung 2 von (Z/12Z)× sind ⟨−1 + 12Z⟩, ⟨5 + 12Z⟩ und ⟨−5 + 12Z⟩. Die entsprechenden Teilkörper von Q12 sind

Q(ζ+ζ) =Q(

3), Q(ζ3) =Q4 =Q(i), Q(ζ2) =Q6 =Q(

3i) =Q3

(vgl. Bemerkung 10.13).

Satz 12.14. Für n, m∈N istQn∩Qm=QggT(n,m) und QnQm=QkgV(n,m).

Beweis. Wir betrachten Qn undQm als Teilkörper vonQk mitk := kgV(n, m). Auf diese Weise ist das Kompositum QnQm ⊆ Qk wohldefiniert. Sei G1 := (Z/kZ)× und Gd := {l+kZ ∈ G1 : l ≡ 1 (modd)} ≤G1 für d|k. Nach Satz 12.12 ist dannQd=QGkd fürd|k. Offenbar ist Gn∩Gm=Gk= 1

und

QnQm=QGknQGkm 10.15= QGkn∩Gm =Qk

Mit g:= ggT(n, m) ist⟨Gn, Gm⟩=GnGm ≤Gg. Fürl+kZ∈Gg existieren umgekehrta, b∈Zmit l+kZ= 1 +an+bm+kZ= (1 +an+kZ)(1 +bm+kZ)∈GnGm. Also ist

Qn∩Qm =QGkn∩QGkm 10.15= QGknGm =QGkg =Qg.

Lemma 12.15. Seien n, a∈N und p ein Primteiler vonΦn(a). Dann ist p|n odern|p−1.

Beweis. Nach Lemma 12.9 istp|Φn(a)|(an−1), alsoan≡1 (modp). Die Ordnungkvona+pZ∈F×p

teilt daher n(Lemma 3.7). Im Fallk=n folgtn|p−1 aus Lagrange. Sei alsok < nund b:=ak≡1 (modp). Dann gilt

n

k ≡1 +b+. . .+bn/k−1= bn/k−1

b−1 = an−1 ak−1 =Y

d|n dk

Φd(a)≡0 (modp).

Es folgtp| nk |n.

Bemerkung 12.16. Das folgende Resultat ist ein Spezialfall des Dirichletschen Primzahlsatzes: Für ggT(a, n) = 1 liegen unendlich viele Primzahlen in a+nZ(vgl. Aufgabe 5)1.

Satz 12.17. Für n∈N gibt es unendlich viele Primzahlen p≡1 (modn).

Beweis. Seien p1, . . . , psPrimzahlen mit pi ≡1 (mod n) füri= 1, . . . , s (der Falls= 0ist zugelassen).

Fürm:=np1. . . ps existiert ein k∈N mitΦm(km)>1, dennΦm induziert als normiertes Polynom eine unbeschränkte FunktionR→R. Seipein Primteiler vonΦm(km). Wegen p|((km)m−1)istp∤m und Lemma 12.15 zeigt p≡1 (mod m). Dann ist auch p≡1 (mod n). Wegen p∤m haben wir eine neue Primzahl der gewünschten Form gefunden.

1Die Primzahlen verteilen sich sogar gleichmäßig auf die primen Restklassen modulon. Eine zufällig gewählte Primzahl endet daher mit gleicher Wahrscheinlichkeit auf eine der Ziffern1,3,7oder9.

Bemerkung 12.18. Das bislang ungelöste inverse Galois-Problem fragt, ob man jede endliche Gruppe als Galoisgruppe einer Galois-Erweiterung überQrealisieren kann. Schafarewitschbewies dies für auflösbare Gruppen. Wir behandeln den abelschen Fall.

Satz 12.19. Für jede endliche abelsche Gruppe G existiert eine Galois-Erweiterung Q ⊆ K mit Gal(K|Q)∼=G.

Beweis. Nach dem Hauptsatz über endliche abelsche Gruppen existieren d1, . . . , dn ∈ N mit G ∼= Cd1 ×. . .×Cdn. Nach Satz 12.17 existieren paarweise verschiedene p1, . . . , pn∈P mitpi≡1 (mod di) für i = 1, . . . , n. Wegen di | pi −1 = φ(pi) besitzt (Z/piZ)× eine Faktorgruppe der Ordnung di

(Satz 3.34), d. h. es gibt einen Epimorphismus fi: (Z/piZ)×→Cdi. Dann ist auch (Z/p1Z)××. . .×(Z/pnZ)×→Cd1 ×. . .×Cdn,

(x1, . . . , xn)7→(f1(x1), . . . , fn(xn))

ein Epimorphismus. Mit Satz 12.12 und Satz 7.24 erhält man einen Epimorphismus

Γ : Gal(Qp1...pn|Q)∼= (Z/p1. . . pnZ)×∼= (Z/p1Z)××. . .×(Z/pnZ)×→Cd1 ×. . .×Cdn ∼=G.

SeiN := Ker(Γ)und K:=QNp1...pn. Nach dem Hauptsatz der Galoistheorie ist dann

Gal(K|Q)∼= Gal(Qp1...pn|Q)/Gal(Qp1...pn|K)∼= Gal(Qp1...pn|Q)/N ∼= Γ(Gal(Qp1...pn|Q))∼=G.

Beispiel 12.20. Der Beweis liefert Gal(Q(ζ+ζ−1)|Q)∼=C3 mitζ :=e2πi/7 (wählep1= 7).

Satz 12.21 (Kronecker-Weber). SeiQ⊆K eine Galois-Erweiterung mit abelscher Galoisgruppe.

Dann ist K⊆Qn für ein n≥1.

Beweis. Zahlentheorie.2

Bemerkung 12.22. Wir betrachten den kleinsten interessanten Spezialfall mit Hilfe einerGaußschen Summe.

Satz 12.23. SeiK ein quadratischer Zahlkörper, d. h.|K:Q|= 2. Dann ist K ⊆Qn für ein n∈N. Beweis. Sei x∈K\Qmit Minimalpolynomµ∈Q[X]. Dann ist K=Q(x)undµ=X2+aX+bmit a, b∈Q. Fürd:=a2/4−b∈Qgiltx=−a/2±√

dnach derp-q-Formel. Dies zeigt K =Q

x+ a

2

=Q(√ d).

WegenQ(√

d) =Q(e√

d) =Q(√

e2d)für allee∈Nkönnen wird∈Zannehmen. Wir müssen√

d∈Qnd

für einnd∈Nzeigen. Ist dies für d >0 bereits gezeigt, so gilt Q(√

−d)⊆Q(i,

d)⊆Q4nd

wegen i∈Q4⊆Q4nd. Wir können alsod >0 annehmen. Gilt die Behauptung füre, f ∈N, so auch für d=ef, dennQ(√

ef)⊆Q(√ e,√

f)⊆Qnenf. Wir können daherp:=d∈P voraussetzen.

2Siehe zum Beispiel Abschnitt 17.5 in [A. Leutbecher,Zahlentheorie, Springer, Berlin, 1996]

Sei zunächst p >2 und seiζ ∈Qp eine primitive p-te Einheitswurzel. Nach Beispiel 12.10 ist Φp(1) = 1 +. . .+ 1 =p. Fürk, l∈Zgilt

4k−2≡4l−2 (modp) ⇐⇒2.26 k≡l (modp).

Dies zeigt

p= Φp(1) =

p−1

Y

k=1

(1−ζk) =

p−1 2

Y

k=1

(1−ζ4k−2)(1−ζ−4k+2)

=

p−1 2

Y

k=1

2k−1−ζ−2k+1)(ζ−2k+1−ζ2k−1) = (−1)p−12

p−1 2

Y

k=1

2k−1−ζ−2k+1)2. Mitϵ:= (−1)p−12 folgt

√p=√ ϵ√

ϵp=±√ ϵ

p−1 2

Y

k=1

2k−1−ζ−2k+1)∈Q4p.

Sei schließlich p= 2 und ζ ∈Q8 eine primitive8-te Einheitswurzel. Dann istζ2 =±i,(ζ+ζ−1)2 = ζ2−2+ 2 = 2und √

2 =±(ζ+ζ−1)∈Q8.