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krEAtivE formEn dEs gEgEnprotEsts wählEn

Grundsätzlich lassen sich verschiedene Formen des Protests gegen Demonstrationen von Rechtsextremen umsetzen (z.B. Gegendemonstrationen oder Kundgebungen).

Vor allem kreative Formen der Auseinandersetzung können Irritation und Verunsi-cherung in der rechtsextremen Szene auslösen. Wenn Bürger/-innen die Parolen der Rechtsextremen in origineller Art und Weise entlarven und sehr selbstbewusst agie-ren, kann dies auch interventiv wirken und hat den Vorteil, evtl. neue Zielgruppen für die Unterstützung von Gegenveranstaltungen zu erreichen. Inzwischen gibt es zahlrei-che nachahmenswerte Beispiele für kreativen Protest: Sei es das symboliszahlrei-che Straßen-kehren von Bürger/-innen nach einer rechtsextremen Demonstration oder das Stören von rechtsextremen Demonstrationen und Kundgebungen durch laute Motorsägen und Kirchenglocken.

1.5 rechtsextreme drohungen und rechtsextrem motivierte gewalt

Formen der rechtsextremen Bedrohung können sehr unterschiedlich aussehen und im ländlichen Raum sehr verschiedene Akteure betreffen (z.B. Mitstreiter/-innen von Initiativen gegen Rechtsextremismus, Migrant/-innen, ehrenamtliche Mandatsträger/

-innen, geflüchtete Menschen).

sEnsibilisiErung und solidArisiErung dEr öffEntlichkEit

Die Spitzen von Politik und Verwaltung sowie die Medien sollten rechtsextrem mo-tivierte gewalttätige Vorfälle in der Gemeinde öffentlich verurteilen und sich mit den Opfern und Angehörigen solidarisieren. Darüber hinaus können sie die Bürger/

-innen der Gemeinde zu einer Versammlung einladen, bei der eine gemeinsame Po-sitionierung sowie Möglichkeiten der Auseinandersetzung diskutiert werden. Auch Initiativen und Bündnisse gegen Rechtsextremismus sollten sich mit (potenziellen) Opfern rechtsextremer Gewalt solidarisieren. Teilweise ist auch konkrete finanzielle Unterstützung notwendig, da Versicherungen die Schäden nach Brandstiftungen häu-fig nur unzureichend abdecken.

Siehe dazu auch die Ausführungen im kapitel 2 (teil iii) der Handreichung.

Unter Geschichtsrevisionismus sind Versuche zu verstehen, ein wissen-schaftlich, politisch und gesellschaftlich anerkanntes Geschichtsbild durch Umdeutungen zu revidieren.

Im service-teil der Handreichung (Teil IV) wurde eine Checkliste zur Organisation und Durchführung von Demonstrationen zusammengestellt.

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AustAusch mit nAchbArkommunEn

Die Information der Nachbarkommunen und ein gemeinsamer Austausch sind auch mit Blick auf die Erfahrungen mit rechtsextremer Gewalt und Bedrohung ein relevanter Schritt, um sich über Erfahrungen austauschen zu können.

wEitErbildungEn zur stEigErung dEr sEnsibilität gEgEnübEr (potEnziEllEn) opfErgruppEn

Besonders wichtig ist im Zusammenhang mit rechtsextrem motivierter Gewalt, dass der besonders menschenverachtende und die Menschenwürde verletzende Charakter solcher Taten auch in der Polizeiarbeit Maßstab des Handelns ist. Daher sind in diesem Bereich Aus- und Weiterbildungen notwendig, die nicht nur über rechtsextreme Ideolo-gien und Symbole informieren oder über Straftatbestände aufklären, sondern auch Ein-fühlungsvermögen und Sensibilität mit den (potenziellen) Opfergruppen unterstützen.

stärkung rAndständigEr gruppEn in dEr gEmEindE

Für die Prävention rechtsextrem motivierter Gewalttaten in der Gemeinde ist darüber hinaus wichtig, auch eher randständige Gruppen, wie Migrant/-innen und geflüchtete Menschen zu stärken und sie in bestehende Aktivitäten der Gemeinde einzubeziehen.

Dies kann unter anderem dazu beitragen, die Entstehung sogenannter „Angsträume“, in denen für bestimmte Gruppen das Gefühl der Bedrohung vor rechtsextrem moti-vierter Gewalt vorherrscht, zu verhindern.

tEchnischEr schutz vor droh- und mAssEn-E-mAils

Initiativen, die von Massen- oder Droh-E-Mails oder Drohungen in Gästebüchern und Foren betroffen sind, sollten sich durch ein sogenanntes Captcha schützen.

Durch diesen Schutz soll verhindert werden, dass maschinell Massenkommentare und SPAM-Nachrichten auf Internetseiten hinterlassen werden, in dem die Nutzer/

-innen vor Eingabe eines Kommentars z.B. einen eingeblendeten, ständig wechselnden Zahlen- und Buchstabencode eingeben müssen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Nutzer/-innen bei der Eingabe von Nachrichten zum Hinterlassen ihrer E-Mail-Adresse aufzufordern.

Der Umgang mit rechtsextrem moti-vierter Gewalt im persönlichen Umfeld wird im kapitel 5 des teil iii in dieser Handreichung thematisiert. In diesem Kapitel stehen die Handlungsmöglich-keiten der lokalen Öffentlichkeit im Vordergrund.

Im service-teil der Handreichung sind Kontakte aufgeführt, die Fortbildungen durchführen.

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herausforderungen

vErAnkErung rEchtsExtrEmEr idEologiE im kommunAlEn AlltAg

Die Themen, die Rechtsextreme im öffentlichen Raum ländlicher Regionen besetzen, und die zu beobachtenden Aktivitäten von Rechtsextremen sind ebenso vielfältig wie ihre Organisationsformen: Es zeigen sich Formationen wie Kameradschaften, lose Cliquen, rechtsextreme Musikszenen sowie die Vernetzung zwischen Jugendkultur und organisiertem sowie parteipolitischem Rechtsextremismus. Gerade in einigen ländlichen Regionen, die stark von Abwanderung und schwindender so zialer, kul-tureller sowie ökonomischer Infrastruktur betroffen sind, lassen sich darüber hin-aus auch zunehmend verdeckte Formen der Raumaneignung, wie das soziale

Enga-Siehe dazu die Ausführung im teil i der Handreichung.

2 . auseinandeRsetzung mit RecHtsextRemismus

im VORpOlitiscHen Raum

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gement rechtsextremer Akteure für das lokale Umfeld, beobachten. So findet in den letzten Jahren verstärkt ein soziales Engagement rechtsextremer Kader und Personen in Vereinen, in Bürgerinitiativen, in Elternvertretungen oder auch in der offenen Ju-gendarbeit und in der Kommunalpolitik statt. Insbesondere in finanziell und perso-nell vergleichsweise schlecht ausgestatteten Bereichen engagieren sie sich für das Ge-meinwesen und versuchen sich so auf kommunaler Ebene als zuverlässige Bürger/

-innen, als „Kümmerer“ zu verankern. Dabei verfolgen rechtsextreme Akteure gezielt die Strategie, Themen und Besorgnisse von Mitbürger/-innen im Sinne ihrer Politik aufzugreifen und für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren.

Das Engagement für lokale Belange fördert in der Bevölkerung die Akzeptanz und An-erkennung dieser Akteure. Ihre Mitgliedschaft in einer rechtsextremen Organisa tion gerät dadurch in der Gemeinde zur Nebensächlichkeit oder

wird zum Teil vor dem Hintergrund ihres freundlichen, hilfsbereiten und engagierten Auftretens von den Bürger/

-innen verharmlost. Hinzu kommt, dass die politische Gesinnung der „Kümmerer“ z.T. ganz bewusst zunächst nicht bekannt gemacht wird und erst allmählich auch eine ideologische Unterwanderung stattfindet. Ziel dieses Vor-gehens ist es, in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen

und rechtsextreme sowie demokratiefeindliche Inhalte zu transportieren. Das Enga-gement wird erst mit der Zeit ideologisch aufladen und im Sinne ihres „Kampfes um Köpfe und Räume“ genutzt.

strAtEgiEn und formEn dEr rAumAnEignung

Dass Mitglieder rechtsextremer Parteien und Organisationen heute stärker im vor-politischen kommunalen Raum aktiv sind und versuchen, in diesen Bereichen des lokalen Zusammenlebens Einfluss auszuüben und mitzugestalten, fußt auf ihrer Stra-tegie, in den Alltag der Menschen vorzudringen und dort ihre Ideologie schrittweise zu verankern. Teil dieser sogenannten Graswurzelstrategie sind Formen des sozialen Engagements wie Hausaufgabenhilfe, Angebote für Jugendliche, Nachbarschaftshilfe und das Mitwirken in bestehenden zivilgesellschaftlichen Strukturen durch die Über-nahme von Ehrenämtern (z.B. in Elternvertretungen, in Kindertagesstätten und in (Sport)Vereinen oder die Gründung eigener Initiativen und Interessengruppen). Zwar sind auch die typischen Neonazis in Springerstiefeln, mit

Glatze und Bomberjacken nach wie vor wahrnehmbar;

das Spektrum derjenigen, die an Aussehen, Reden und Handeln erkennbar sind, wird jedoch zugunsten derjeni-gen, die in Vereinen und Kommunalpolitik aktiv mitwir-ken, immer kleiner.

Siehe zum Engagement von rechts-extremen Akteuren in Vereinen und Handlungsempfehlungen auch die Ausführungen im kapitel 6 im teil iii der Handreichung.

Der Begriff Graswurzelstrategie be-schreibt ganz allgemein das Vorgehen eines relativ losen Netzwerkes, deren grundlegendes Ziel der gesellschaftliche Wandel von unten ist.

Das kapitel 7 im teil iii der Handrei-chung befasst sich mit der Thematik Rechtsextreme in der Kommunalpo-litik und erläutert das Konzept des

„Kampfes um Köpfe, Straße, Parlamen-te und den organisierParlamen-ten Willen“.