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Krankheitsbild und Übertragung

Im Dokument Lungenabszesse bei Fohlen (Seite 24-30)

Bei der R. equi-Pneumonie des Fohlens wird zwischen einer perakuten, akuten und chronischen Form unterschieden. Die perakute Form ist durch unerwartete Todesfälle innerhalb weniger Tage gekennzeichnet. Die bis dahin unauffälligen Fohlen zeigen akute Atemnot und plötzlich eintretendes hohes Fieber (ROONEY, 1966; MARTENS et al., 1982; BEECH u. SWEENEY, 1991; WILSON, 2002;

LEGUILLETTE et al., 2002). Ob R. equi jedoch für dieses Krankheitsbild als alleinige Ursache angesehen werden kann, bedarf weiterer Untersuchungen (FEY, 2006).

Husten, Fieber, zunehmende Apathie, seröser später mukopurulenter bilateraler Nasenausfluss, Augenausfluss, Tachypnoe mit zum Teil einsetzender abdominal verstärkter Atmung wie auch Tachykardie sind charakteristisch für die akute Form der Rhodokokkose (MAGNUSSON, 1923; MIESSNER u. WETZEL, 1923; BULL, 1924; DIMOCK u. EDWARDS, 1931; MAHAFFEY, 1962; BAIN, 1963; FALCON et al., 1985; ARDANS et al., 1986; PRESCOTT et al., 1989; HOFFMAN u. PRESCOTT, 1993). Bei der Auskultation der Lunge werden verstärkt vesikuläre, rasselnde, knisternde oder giemende Atemgeräusche unabhängig vom Schweregrad der Pneumonie festgestellt (FALCON et al., 1985). Für MAHAFFEY (1962) und BAIN (1954) sind sogar stark verminderte Atemgeräusche in Lungenbezirken mit großen Abszessformationen denkbar.

LITERATURÜBERSICHT

Deutliche abgeschwächte Symptome der akuten Form werden auch bei der chronischen Form der R. equi-Pneumonie beobachtet. Die Fohlen erscheinen abgemagert und weisen ein struppiges Haarkleid auf (MAGNUSSON, 1923;

HARAKAWA u. MORITA, 1948; FALCON et al., 1985). PRESCOTT (1987) und Andere vermuten, dass die Fohlen schon lange bevor die Erkrankung klinisch erkennbar ist, infiziert sind (DIMOCK u. EDWARDS, 1931; HARAKAWA u. MORITA, 1948; MAHAFFEY, 1962; BAIN, 1963; TINDALL, 1978; ALTHAUS, 2004). Erst wenn schon ein großer Teil der Lunge betroffen sei, könnte so TINDALL (1978), die Erkrankung diagnostiziert werden (MAGNUSSON, 1923; MARTENS et al., 1982;

ZENT, 1987). Als Infektionsweg werden verschiedene Eintrittspforten diskutiert. Nach heutiger Auffassung scheint der Hauptinfektionsweg die Inhalation des Erregers (MIESSNER u. WETZEL, 1923; VIVRETTE, 1992; GIGUÈRE, 2000). Nach Inhalation der Bakterien werden diese über ihre Polysaccharidkapsel von Alveolarmakrophagen aufgenommen. Innerhalb der Makrophagen gelingt es R. equi sich, durch Inhibierung der Phagosom-Lysosym-Verschmelzung durch die Equi-Faktoren und mit Hilfe des virulenz-assoziierten Proteins A (VapA), zu vermehren (HONDALUS u. MOSSER, 1994). Durch die Equi-Faktoren Cholesterol-Oxidase und Ceramid-Phosphatat-aktive Phosphatase kommt es zu einer irreversiblen Schädigung der Alveolarmakrophagen mit anschließender Freisetzung der Bakterien in das umliegende Gewebe (PRESCOTT et al., 1982, 1984; YAGER et al., 1986; ZINK et al., 1987; VIVRETTE, 1992; PRESCOTT u. HOFFMAN, 1993; HONDALUS u. MOSSER, 1994; WILSON, 2002; LÜHRMANN et al., 2004; RAHMAN et al., 2005). Der Körper reagiert darauf mit einer vermehrten Ausschüttung von neutrophilen Granulozyten, welche ihrerseits durch die Freisetzung lysosomaler Enzyme und reaktiver Sauerstoffmoleküle das angrenzende Gewebe zusätzlich schädigen (YAGER et al., 1986).

2.3.5. Pathologie

Während der pathomorphologischen Untersuchung der mit R. equi infizierten Lunge wird häufig eine bilaterale, abszedierende, pyogranulomatöse Bronchopneumonie diagnostiziert (MARTENS et al., 1982; ELLENBERGER u. GENETZKY, 1986; ZINK

et al., 1986; WADA, 1997; AINSWORTH, 1999). Die Lunge erscheint feucht, hyperämisch, graurot bis dunkelrot verfärbt und schwer (MAGNUSSON, 1923;

MIESSNER u. WETZEL, 1923; SMITH u. ROBINSON, 1981). Zahlreiche bis zu hühnereigroße Abszesse, die durch Züge von verdichtetem, ödematisierten, atelektatischem oder normalen Lungengewebe abgegrenzt werden und zum Teil beetartig oder halbkugelförmig über Lungenoberfläche hinausragen, durchsetzen vor allem den ventralen Bereich beider Lungenhälften (MAGNUSSON, 1923;

MIESSNER u. WETZEL, 1923; BAIN, 1954, 1963; SIPPEL et al., 1968; BARTON u.

HUGHES, 1980; ELLENBERGER u. GENETZKY, 1986; PRESCOTT, 1991; WADA, 1997; ALTHAUS, 2004). Der Inhalt dieser von einer speckig weißen Kapsel umschlossenen Abszesse besteht aus nicht riechendem, purulentem, gelblichen, grauweißem Exsudat von variierender dünnflüssig, rahmiger oder käsig bröckeliger Konsistenz (MAGNUSSON, 1923; MIESSNER u. WETZEL, 1923). Auch in den Bronchien befinden sich große Mengen an schleimigen, gelblich weißen, purulenten oder rötlich braunem, trüben, stinkenden Exsudates (MAGNUSSON, 1923; BULL, 1924). Zudem greifen die Veränderungen üblicherweise auf die bronchialen und mediastinalen Lymphknoten über (BAIN, 1954; BARTON u. HUGHES, 1980). Diese erscheinen markig geschwollen oder eitrig infiltriert (MANUSSON, 1923; MIESSNER u. WETZEL, 1923; HARAKAWA u. MORITA, 1948). Mikroskopisch ist die R. equi-Pneumonie durch Infiltration von inflammatorischen Zellen in den Alveolen und unteren Atemwegen gekennzeichnet (MARTENS et al., 1982). Die Alveoli sind gefüllt mit Histiozyten, neutrophilen Granulozyten, Lymphozyten und Plasmazellen. Des Weiteren können gram-positive, kokkoide bis stäbchenförmige Bakterien in den Makrophagen und mehrkernigen Riesenzellen der Lunge nachgewiesen werden (SIPPEL et al., 1968; MARTENS et al., 1982; VIVRETTE, 1992; WADA, 1997).

Abszesse sowie zentrale nekrotische Gebiete sind von Makrophagen, Riesenzellen, Plasmazellen, Lymphozyten und neutrophilen Granulozyten umgeben (SIPPEL et al., 1968; WADA, 1997).

2.3.6. Diagnose

Die Diagnose einer Lungeninfektion mit R. equi ist nicht einfach. Zunächst liefern die Anamnese sowie die klinische Untersuchung des erkrankten Fohlens hinweisende Informationen. Nach Erhebung dieser Parameter schließen sich entsprechend

LITERATURÜBERSICHT

hämatologische, mikrobiologische, serologische, molekularbiologische und bildgebende Untersuchungen an (ZENT, 1987; PRESCOTT u. HOFFMAN, 1993). So treten im Rahmen der R. equi-Pneumonie häufig eine neutrophile Leukozytose und eine Hyperfibrinogenämie auf (FALCON et al., 1985; SWEENEY et al., 1987). Einige Autoren halten diese Parameter jedoch für sehr unspezifisch, da bei jeglichen Entzündungsprozessen des Körpers das Akute-Phase-Protein Fibrinogen und die Leukozytenkonzentration im Blut ansteigen (ARDANS et al., 1986; ANZAI et al., 1997; CHANTER, 2002; GIGUÈRE et al., 2003). Ebenso verhält es sich mit dem C-reaktiven Protein (CRP). Dieses Akute-Phase-Protein steigt bei akuten ent-zündlichen Prozessen innerhalb von 24 Stunden bis auf das sechsfache seiner üblichen Konzentrationen an, wurde allerdings bisher bei Fohlen mit Lungenerkrankungen nicht genauer untersucht (TAKIGUCHI et al., 1990).

Die sonographische Untersuchung stellt insbesondere in der Ambulatorik ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel zur Darstellung von Abszessen dar (GIGUÈRE u.

PRESCOTT, 1997a, b; RAMIREZ et al., 2004; SLOVIS et al., 2005). Vorhandene Abszesse erscheinen im Ultraschallbild als scharf umschriebene, anechogene bis echogene Bereiche sofern sie Kontakt zur Pleura haben (BERG, LAMB u.

O’CALLAGHAN, 1989; REIMER et al., 1989; REEF, 1991; GIGUÈRE u. PRESCOTT, 1997a, b; ALTHAUS, 2004). Ebenso lassen sich auch Konsolidierungen des Lungenparenchyms, so genannte Kometenschweifechos, Pleuraergüsse und kleinere pneumonische Veränderungen mit Hilfe der von ALTHAUS (2004) beschriebenen systematischen Untersuchung gut im Ultraschallbild darstellen.

Zudem erlaubt die Beurteilung des bei der Ultraschalluntersuchung erfassten pleuranahen Lungengewebes auch eine Aussage über den Zustand der gesamten Lunge, da in der Regel sowohl das pleuranahe als auch das pleuraferne Lungengewebe in gleicher Weise von Lungenveränderungen betroffen sind (REEF, 1991, 1998). Aus physikalischen Gründen eignet sich die radiologische Untersuchung dagegen mehr zum Nachweis pleuraferner Befunde (GIGUÈRE u.

PRESCOTT, 1997; O’BRIEN u. BILLER, 1997; WILSON, 2002). Abszesse stellen sich im Röntgenbild als regionale Verschattungen, die zum Teil Gas enthalten, dar.

Typisch für eine Lungeninfektion mit R. equi sind röntgenologisch darstellbare knotige Lungenveränderungen und Lymphadenopathien (FALCON et al., 1985;

HILLIDGE, 1987). Die Interpretation der Röntgenbefunde ist aber aufgrund subjektiver Unterschiede nicht immer eindeutig (ANZAI et al., 1997; WALTHER,

2006). So halten einige Autoren die röntgenologische und die sonographische Untersuchung ebenfalls für zu unspezifisch für die sichere Diagnose einer Infektion der Lunge mit R. equi (ARDANS et al., 1986; LAVOIE et al., 1994; ANZAI et al., 1997; CHANTER, 2002). Aus diesem Grunde wird zum Nachweis einer Infektion mit R. equi die bakteriologische und zytologische Untersuchung von Tracheobronchialsekret (TBS) oder auch die Entnahme von bronchioalveolärer Lavageflüssigkeit (BALF) am lebenden Tier empfohlen (LARSON, 1980; ARDANS et al., 1986; SWEENEY et al., 1987; VIVRETTE, 1992; PRESCOTT u. HOFFMAN, 1993; ANZAI et al., 1997; GIGUÈRE u. PRESCOTT, 1997; SELLON et al., 2000;

CHANTER, 2002; MEYER-HAMME, 2004). Der Nachweis aus anderem Probenmaterial, wie Nasentupfern, brachte bislang keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Andererseits gelingt der kulturelle Nachweis von R. equi aus TBS-Material von Fohlen mit sonographisch nachweisbaren Lungenabszessen nur in etwa 52% der Fälle (MEYER-HAMME, 2004; HEYERS, 2005). Der Nachweis eines intrazellulär gelegenen, grampositiven und pleomorphen Stäbchenbakteriums in Ausstrichen von TBS- oder BALF Material im Rahmen der zytologischen Untersuchung, wie in etwa 60% der Fälle bereits beschrieben, könnte demnach hilfreich für die Diagnosestellung sein (SWEENEY et al., 1987; PRESCOTT, 1991;

VIVRETTE, 1992; GIGUÈRE u. PRESCOTT, 1997). Die serologische Untersuchung liefert weder diagnostische noch prognostische Informationen über das Vorliegen einer R. equi-Pneumonie bei Fohlen (ELLENBERGER u. GENETZKY, 1986;

HIETALA u. ARDANS, 1987; PRESCOTT u. HOFFMAN, 1993; TRISKATIS, 2004;

PAUL, 2005). Eine wertvolle Ergänzung zur schnellen Diagnosefindung stellen molekular-biologische Nachweisverfahren wie die Polymerasekettenreaktion (PCR) dar. Diese weist unterschiedliche DNA-Sequenzen nach. Unter anderem das bei allen pathogenen R. equi Stämmen vorkommende VapA–Gen oder das für das Enzym Cholesteroloxidase kodierende Gen (ANZAI et al., 1997; TAKAI et al., 1998;

HEYERS, 2005; LORENZ, 2005). Allerdings beträgt die Sensitivität nur zwischen 33 und 40% (HEYERS, 2005). Vorteilhaft ist jedoch die mögliche Differenzierung von virulenten und avirulenten Stämmen durch die PCR.

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2.3.7. Therapie

Die Behandlung einer R. equi-Infektion bedarf möglichst frühzeitig Antibiotika die lipidlöslich sind und die Fähigkeit besitzen in die befallenen Zellen einzudringen. Nur so kann die Überlebensrate gesteigert werden. Mittel der Wahl war lange Zeit eine oral verabreichte Kombination aus Erythromycin und Rifampicin, welche für mindestens vier bis neun Wochen zur Vermeidung von Spätschäden der Lunge verabreicht wurde (ELISSALDE et al., 1980: PRESCOTT u. SWEENEY, 1985;

HILLIDGE, 1987; SWEENEY et al., 1987; ZENT, 1987; VIVRETTE, 1992;

KNOTTENBELT, 1993; PRESCOTT u. HOFFMAN, 1993; CHANTER, 2002; PILTZ, 2004). Aufgrund der unerwünschten Wirkungen von Erythromycin auf den Verdauungstrakt der Mutterstuten durch Koprophagie der Fohlenexkremente, wurden zunehmend alternative Wirkstoffe untersucht (BURROWS et al., 1982, 1985;

SWEENEY et al., 1987; ROBERTS et al., 1980; VIVRETTE, 1992; GIGUÈRE u.

PRESCOTT, 1997; CHANTER, 2002). In klinischen Studien wurde eine hohe Wirksamkeit von weiteren Makroliden gezeigt. Dabei wurde Rifampicin zusammen mit dem synthetischen, bisher vorwiegend in der Humanmedizin eingesetzten, Makrolid Azithromycin gegeben (JACKS et al., 2001; GIGUÈRE et al., 2003; PILTZ, 2004; GIGUÈRE u. JACKS, 2005). Neueste Untersuchungen an kranken Fohlen zeigen die Wirksamkeit des ebenfalls synthetischen Makrolids Tulathromycin zur Behandlung von Lungenabszessen (KERTH, 2005; HÖHENSTEIGER, 2005).

Allerdings sollte angesichts der Möglichkeit einer Resistenzbildung von einer Monotherapie mit Tulathromycin (Anm.: bisher in Deutschland nicht für den Einsatz beim Pferd zugelassen) abgesehen werden. Empfohlen wird eine Darreichung stets gemeinsam mit Rifampicin (KERTH, 2005).

Begleitende Behandlungsmaßnahmen beinhalten neben einer Umstallung des Fohlens, ausreichender Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr und eventueller Sauerstoffinsufflation, die Gabe von Bronchodilatatoren zur Verringerung des Atemwegswiderstandes und zur Erhöhung der mukoziliären Clearance, die Applikation von Schleimlösern, sowie bei Auftreten von Fieber, die Verabreichung eines nichtsteroidalen Antiphlogistikums mit antipyretischer Wirkung (PRESCOTT u.

SWEENEY, 1985; ZENT, 1987; VIVRETTE, 1992; PRESCOTT u. HOFFMAN, 1993;

GIGUÈRE u. PRESCOTT, 1997).

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