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Konzept für das Jahr 2011 - „Wo wollen wir hin?“

1. Prioritätensetzung zwischen den strategischen Zielen

Die Lebenssituation vieler Rollberger Familien ist geprägt durch eine schwierige soziale Lage, oftmals als Ergebnis fehlender Integration und unzureichender Bildung. Über die Hälfte der RollbergerInnen ist bereits in der zweiten und dritten Generation arbeitslos und bezieht Transfereinkommen, d.h. ein Großteil der BewohnerInnen lebt unterhalb der Armutsgrenze. Diese Tendenz zeichnet sich auch in zunehmendem Maße bei jugendlichen SchulabgängerInnen ab. Die Jugendlichen verfügen häufig über keine Schul- bzw. Bildungsabschlüsse, darüber hinaus mangelt es sowohl an sprachlicher als auch an sozialer Kompetenz.

Dies schlägt sich auch vermehrt in Entwicklungsverzögerungen bei Kindern nieder. Unüberwindbare Armut und Isolation in den Familien führen verstärkt zu offener oder latenter Gewalt und letztendlich auch zur Abgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft. Die nachbarschaftlichen Kontakte beziehen sich zumeist auf die eigene Community. Darüber hinaus gibt es auch im Rollberg eine zunehmende Zahl von Familien, die komplexer Einzelfallhilfe bedürfen. Viele Eltern im Gebiet sind nicht in der Lage, ihre Erziehungs- und Bildungsaufgaben hinreichend wahrzunehmen. Ein Grund hierfür ist die Tatsache, dass Eltern, die selbst aus einer

„bildungsfernen“ Familie kommen, Bildung oft nicht als einen Wert anerkennen – sowie fehlende Bildung und Ausbildung nicht als die Ursache ihrer eigenen prekären Situation annehmen. Besonders die fehlende Sprachkompetenz macht den Eltern den Zugang zu den Bildungseinrichtungen nahezu unmöglich.

Aufgrund dieser Ausgangslage haben die Kinder der Betroffenen ungleich schlechtere Entwicklungs- und Integrationschancen. Diese Situation ist nicht mehr länger hinnehmbar.

Die größte Herausforderung und wichtigste Aufgabenstellung für die weitere Gebietsentwicklung des Rollbergs liegt aus benannten Gründen auch im Folgejahr im Bereich von Bildung und Integration (Handlungsfelder Z2, Z4, Z8, Z9). Beide Themenfelder greifen aus Sicht des Vor-Ort-Teams unmittelbar ineinander und werden auch als Querschnittsaufgabe wahrgenommen. Ohne ausreichende Bildung und Ausbildung bleibt nur die gesellschaftliche Isolation bzw. der Rückzug in Parallelgesellschaften.

So sollen vor allem Projekte in diesen Bereichen, die in 2010 angestoßen und erfolgreich umgesetzt worden sind, fortgeführt und in ihrem positiven Verlauf unterstützt werden. Zudem sollen neue Ansätze auf den Gebieten Bildung und Integration erarbeitet und angestoßen werden. Von besonderer Bedeutung werden dabei folgende bereits laufende und zwingend fortzuführende Projekte oder zukünftig zu entwickelnde Ansätze sein:

Die erfolgreiche Umsetzung der Idee des Familienkompetenzzentrums als zentralen Ort der Familienbildung und Beratung stellt einen wesentlichen Meilenstein in der Gebietsentwicklung dar. Im Rahmen des Projekts Konzeption / Koordination des lokalen Familienkompetenzzentrums konnten bereits zahlreiche Angebote entwickelt werden, die eine konkrete Schwerpunktsetzung des Zentrums im Bereich Familienbildung und –beratung gewährleisten. Weiterhin ist die Ver-netzung und Kooperation und damit auch die vielfältige Nutzung der bereits vorhandenen Angebote und fachlichen Kompetenzen erheblich vorangeschritten.

Diesem Gesamtprozess muss zukünftig noch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, sodass das Familienkompetenzzentrum wieder als ein starker Verbund verschiedener Träger, Einrichtungen, Projekte und Akteure im Rollberg wahrgenommen und in Anspruch genommen werden kann. Dabei sollte sich das Familienkompetenzzentrum nicht nur auf die Räumlichkeiten der Falkstraße 27 beziehen, sondern einen dezentralen Verbund aller Rollberger Akteure darstellen, die sich der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit verpflichtet fühlen.

Für das Jahr 2011 gilt es, die Angebote weiter zu etablieren und den Anforderungen stetig anzupassen. Die Vernetzung muss weiter ausgebaut und die Kooperation mit den verschiedenen Einrichtungen vor Ort verstärkt werden, um nachhaltige, integrative Lösungsansätze entwickeln zu können. Die wesentlichen Themenschwerpunkte, auf die sich die Arbeit des Familienkompetenzzentrums im Jahr 2011 konzentrieren wird, sind Sprachförderung, Integration von Kindern mit Behinderung und die Förderung der Erziehungs- und Bildungskompetenzen der Eltern. Zu diesem Zweck wurden und werden verschiedene Arbeitsgruppen unter Mitwirkung des entsprechenden Fachpersonals stattfinden, um Ideen, Maßnahmen und die zukünftige Vorgehensweise in Kooperation abzustimmen. Zum Thema Sprachförderung bspw. kann bereits auf konkrete Ergebnisse einer Arbeitsgruppe aufgebaut werden: Der Ausgleich von Sprachdefiziten bei Kindern, die die für die Einschulung benötigten sprachlichen Fertigkeiten nicht nachweisen können sowie die Arbeit mit Eltern, die aus den unterschiedlichsten Gründen Probleme haben, den Anforderungen eines Kitabesuches gerecht zu werden, stellen ein wichtiges Handlungsfeld dar. Über die Kooperation mit den Stadtteilmüttern oder anderen MultiplikatorInnen sollen Kontakte und Kompetenzen genutzt werden, die den Zugang zu den Familien erleichtern. Die Umsetzung der Ergebnisse der Arbeitsgruppen wird ein wesentliches Ziel im Rahmen der Arbeit des Familienkompetenzzentrums darstellen, denn hier spiegeln sich, wie weiter oben bereits beschrieben, die priorisierten Handlungsfelder des Quartiersmanagements wider: Bildung und Integration, mit dem Schwerpunkt auf der Verbesserung der Lebenschancen der Rollberger Kinder und Jugendlichen.

In diesem Kontext ist auch der Aufbau des Rollberger Bildungsnetzwerkes auf der Grundlage bereits existierender Netzwerke sozialer Träger und Einrichtungen zu sehen. Hiermit befasste sich das Projekt „Fit in der Schule“ unter der Trägerschaft von empirica. Es soll auch im folgenden Jahr nachhaltig dazu beitragen, die Angebots- und Projektstruktur im Bereich Bildung zu analysieren, zu optimieren und die Zusammenarbeit zwischen den Einrichtungen zu verbessern. Die Herausarbeitung der Interessen der Akteure, der Bedarfslücken und Parallelstrukturen genauso wie der Potenziale und Ressourcen waren u.a. Gegenstand der Untersuchung auf der Bildungskonferenz. Künftige Handlungsfelder, Maßnahmen und Projektideen wurden diskutiert, konkretisiert und ergänzt. Im nächsten Jahr soll auf der Grundlage der vorangegangenen Bausteine ein lokales Bildungskonzept erarbeitet werden, das die Ziele, Schwerpunkte und Verantwortlichkeiten im Projekt festlegt und fortlaufend angepasst wird.

Einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Querschnittsziele Partizipation, Bildung und Integration sollen auch im folgenden Jahr die Projekte „Kids Kietz News“, „GirlsPower“ und die „Sommeruni“ leisten. Sie befähigen die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen zum Ausbau ihrer sozialen Kompetenzen und geben ihnen die Möglichkeit, sich in verschiedensten Bereichen weiterzubilden und ihre Fertigkeiten und Interessen auszubauen.

Zusätzlich möchte das Quartiersmanagement eine Projektidee, die auf Vorschlag des Quartiersrates für das kommende Jahr entstanden ist, gerne aufgreifen. Im Rahmen dieser Projektidee der Elternlesepaten soll es darum gehen, dem Trend entgegenzuwirken, zugunsten von Computerspielen, Fernsehen oder einfach nur „rumhängen“ die Beschäftigung mit Büchern, Sprache und Lesen immer mehr aufzugeben. Rollberger Eltern sollen motiviert werden, Bücher in die Hand zu nehmen und ihren Kindern vorzulesen. Auf diese Weise sollen zwei grundsätzliche Ziele erfüllt werden: Zum einen sollen die Lese-, Sprach- und Bildungskompetenzen der Eltern nachhaltig aufgebaut und gestärkt werden, zum anderen wird ein Grundstein dafür gelegt, dass die Kinder in der eigenen Familie kreativ und spielerisch an Bücher und Sprache herangeführt werden. Das Erlernte könnte dann in Form eines kleinen Vorlese-Events (bspw. auf dem Falkplatz oder in Kitas) anderen Eltern und Kindern einmal im Monat präsentiert werden.

Ein weiterer Handlungsschwerpunkt, der gleichsam mit dem Thema Integration einhergeht, ist der Ausbau guter nachbarschaftlicher Strukturen. Dabei kann im Rollberg – wie bereits in der Stärken-Schwächen-Analyse herausgearbeitet - auf ein stabiles und arbeitsfähiges Netzwerk zurückgegriffen werden. Für die Arbeit des Quartiersmanagements wird es hier zukünftig darauf ankommen, das gewachsene Selbstwert- und Gemeinschaftsgefühl der RollbergerInnen zu nutzen, um noch mehr Verantwortlichkeit und Empowerment für den Kiez zu entwickeln. Auch zukünftig werden die Anstrengungen für einen sauberen Kiez, den „Tag der

Familie“ bzw. das Kiezfest sowie auch die Terrassengespräche wichtige Aspekte für ein nachbarschaftliches Miteinander sein. In diesem Zusammenhang sollen die Themenfelder Kunst und Kultur, die im Rollberg zwischenzeitlich unterrepräsentiert waren, zukünftig mehr Aufmerksamkeit erlangen. Dabei muss das Ziel sein, die RollbergerInnen, die noch für Kultur gewonnen werden können und die noch nicht bildungsbürgerlich „satt“ sind, dort abzuholen, wo sie stehen und durch die Partizipation an der Kunst und Kultur im Rollberg ihre Interessen und ihren Horizont zu erweitern.

Im Rahmen zahlreicher Gespräche mit der Polizei des Abschnitts 55 sowie den Kinder- und Jugendeinrichtungen und Schulen vor Ort ist deutlich geworden, dass ein Handlungsbedarf bezüglich des Themas Gewalt besteht, besonders mit Blick auf den hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen im Gebiet. So ist für das kommende Jahr angedacht, das Thema Gewalt und seine verschiedenen Erscheinungsformen (häusliche Gewalt, Mobbing etc.) stärker in den Fokus zu rücken. Es wäre denkbar, im Rahmen eines Projektes Veranstaltungsreihen, Workshops etc. zu organisieren, die sich der Aufklärung über und der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Arten von Gewalt widmen und langfristig der Gewaltprävention dienen. Dies sollte in enger Zusammenarbeit mit den Jugendeinrichtungen geschehen.

Die weitere Aktivierung insbesondere der migrantischen BewohnerInnen und deren Einbindung in die Kiezarbeit ist und bleibt eine Hauptaufgabe des Quartiersmanagements. Bei einem Anteil von über 50% an BewohnerInnen mit türkischen und arabischen Wurzeln müssen ihre Belange und ihre aktive Mitwirkung stets berücksichtigt und eingefordert werden. Ein verstärktes bürgerschaftliches Engagement migrantischer BewohnerInnen hat Zugkraft und Sogwirkung auch für die bisher Nichterreichten und öffnet neue Wege zur Integration.

Abschließend ist zu sagen, dass eine konkrete Planung für das kommende Jahr vor dem Hintergrund der aktuellen Kürzungsdebatte derzeit nicht möglich ist. Es bleibt festzuhalten, dass die geplanten Kürzungen im Programm als auch eine ausschließliche Konzentration auf nichtinvestive Maßnahmen negative Auswirkungen auf die Arbeit Rollbergsiedlung haben würden, da gerade hier die Schwerpunkte auf soziokulturellen Projekten im Bereich Bildung und Integration zu legen sind.

2. Ausblick und zentrale Entwicklungsperspektiven (Leitbild)

Das zukünftige Leitbild für den Rollberg wird sich an dem Ausbau seiner Stärken eines gepflegten, modern ausgestatteten Wohnquartiers mitten in der Stadt, einer engagierten Wohnungsbaugesellschaft und seinen aktiven BewohnerInnen ausrichten. Dabei nehmen die BewohnerInnen zunehmend die Gestaltung ihres Quartiers selbst in die Hand, kümmern sich um ihre Nachbarn und engagieren sich ehrenamtlich.

„Ein Miteinander in Vielfalt - Zuhause im Rollberg“