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Konsolidierungspotenziale

Im Dokument Freie Hansestadt Bremen (Seite 20-23)

2. Rahmenbedingungen

2.5. Konsolidierungspotenziale

Da die Ursachen der extremen Haushaltsnotlage im Wesentlichen nicht in überhöhten Ausgabenniveaus der stadtstaatlichen Aufgabenwahrnehmung bestehen, sind die Ges-taltungsspielräume für Einsparungen eng begrenzt. Vor diesem Hintergrund bemüht sich die Freie Hansestadt Bremen in besonderem Maße und mit vorzeigbarem Erfolg um die Identifikation und Nutzung der noch verbliebenen Konsolidierungspotenzia-le:

a) Als Land in extremer Haushaltsnotlage hat die Freie Hansestadt Bremen in der Vergangenheit durch starken Abbau des Personalbestandes, plangemäße Zurück-führung der Investitionsausgaben und konsequente Deckelung der sonstigen, nicht durch gesetzliche Verpflichtungen geprägten konsumtiven Ausgaben bereits er-hebliche Eigenbeiträge zur Sanierung ihrer Haushalte geleistet.

b) Die Primärausgaben, die pro Einwohner in der Vergangenheit z. T. um mehr als 40 % über den Durchschnittsbeträgen aller Länder und Gemeinden lagen, konnten zwischenzeitlich auf Werte von unter 130 % des Länder- und Gemeindedurch-schnitts und damit auf ein für Stadtstaaten im Flächenländer-Vergleich sehr ge-ringes Maß gesenkt werden.

c) In Form umfangreicher Städte- und Ländervergleiche sowie durch Analysen und Bewertungen der Niveaus und Entwicklungen bremischer Kosten- und Leis-tungskennzahlen („Benchmarking-Berichte“) unternimmt Bremen Anstrengungen, die Angemessenheit der Leistungen und Standards des Stadtstaates bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben systematisch zu überprüfen und anzupassen.

d) Eine von der Föderalismuskommission II eingesetzte AG „Haushaltsanalysen“

konnte unvertretbare Ausgaben und/oder Leistungsstandards des Landes nicht belegen und Konsolidierungspotenziale lediglich bei Zinsausgaben (Haus-haltsnotlage) und den inzwischen planmäßig weiter deutlich reduzierten Investiti-onsausgaben (Überzeichnung durch die Ausweisung von Tilgungen für abge-schlossene Vorhaben; mangelnde Vergleichbarkeit aufgrund unterschiedlicher Ausgliederungsstände) feststellen.

e) Auch nach den bereits geleisteten Eigenbeiträgen konnte Bremen dem Stabilitäts-rat im Rahmen des Sanierungsprogramms 2012 / 2016 weitere umfängliche Maßnahmen nachzuweisen, mit deren Umsetzung das Land selbst zum Abbau des strukturellen Defizits seiner Haushalte beiträgt. Die durch Eigenanstrengungen

zu realisierenden Mehreinnahmen und Minderausgaben sollen bis 2016 zu einer Verringerung der jährlichen Neuverschuldung um rd. 195 Mio. € führen.

f) Im Rahmen des laufenden Verfahrens zur Aufstellung der Haushalte 2014 / 2015 hat der Senat der Freien Hansestadt Bremen im April 2013 beschlossen, „in ge-meinsamer Verantwortung kurzfristig in strategische Planungen für weitere nach-haltige strukturelle Verbesserungen der bremischen Haushalte einzusteigen, mit deren Realisierung die erforderlichen weiteren Abbauschritte der Neuverschul-dung erfolgreich einzuhalten sind.“ Mit den Vorbereitungen zur weiteren Neuord-nung der Aufgabenwahrnehmung – „insbesondere mit den Schwerpunkten Bündelung / Standardisierung von Aufgaben, Ausstattungs- / Organisationsstan-dards sowie ressort-übergreifende Synergien / Wirkungsoptimierung“ - wurde in-zwischen begonnen.

Die Ursachen der nur geringen Gestaltungsspielräume, vor deren Hintergrund Bre-men die vorstehend skizzierten Anstrengungen unternimmt, bestehen in der unzurei-chenden Finanzausstattung des Stadtstaates, der hohen Belastung der Haushalte durch nur sehr eingeschränkt gestaltbare Ausgabenblöcke sowie der Prägung der Haushaltsnotlage durch die kaum steuerbaren kommunalen Probleme des Stadtstaa-tes:

- Durch die Einwohnerkopplung der Finanzverteilung, im Ländervergleich unter-durchschnittliche sonstige Einnahmen (z. B. vom Bund) und die auch in Bremen problematische Einnahmesituation der Kommunen wird dem Stadtstaat zuneh-mend die Einnahmebasis zur Finanzierung seiner verfassungsgemäßen Aufga-ben zur Gewährleistung gleichwertiger LeAufga-bensverhältnisse entzogen:

- Während die Länder und Gemeinden insgesamt im Zeitraum 1992 / 2012 pro Einwohner Einnahmezuwächse von knapp 42 % verzeichneten, erhöhten sich die Einnahmen der bremischen Haushalte gleichzeitig nur um knapp 20 %. Die sich daraus rein rechnerisch für 2012 ergebenden Mindereinnah-men betragen rd. 700 Mio. €. Die zur Finanzierung der stadtstaaten-spezifischen Aufgaben erforderlichen überdurchschnittlichen Pro-Kopf-Einnahmen sanken damit auf 117 % des bundesweiten Durchschnittswertes.

- Diesen Einnahmeproblemen konnte auf der Ausgabenseite nicht in vollem Umfang gegen gesteuert werden. Dies obwohl Bremen den Anstieg der ein-wohner-bezogenen Primärausgaben im Zeitraum 1992 / 2012 mit 27 % bzw.

24 % (ohne Tilgungen) deutlich unter dem bundesdurchschnittlichen Ver-gleichswert (32 %) halten und damit inzwischen ein bereits unter 130 % des Länder- und Gemeindedurchschnitts liegendes Ausgabenniveau aufwei-sen kann. Auf das Haushaltsjahr 2012 bezogen entspricht dies einem rechne-rischen Sanierungsbeitrag von rd. 160 Mio. € bzw. 250 Mio. € (ohne Til-gungen).

- Ein deutliches Indiz für die stark eingeschränkten Gestaltungsmöglichkeiten des Landes liefert eine vergleichende Gegenüberstellung der in den Haushalten zur

Verfügung stehenden Primäreinnahmen mit den nicht bzw. kaum zu gestaltenden Ausgabenblöcken der Zinsausgaben, der Versorgungsausgaben sowie der weitgehend gesetzlich geregelten Sozialleistungen (Berechnungsverfahren ge-mäß Abschlussbericht der AG „Haushaltsanalysen“, S. 206/207; vgl. Abbil-dung 7).

Senatorin für Finanzen, Referat 20

Abb. 7: Primäreinnahmen abzüglich Vorbelastungen*

Mittelwert 2007-2011; in € je Einwohner

(c) SfF, 2010-47

Freie Hansestadt Bremen

3.932

2.909

3.469

1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000

HH/BE Bremen Flächenländer

-26%

-16%

* Vorbelastungen gemäß abgestimmter Definition der AG Haushaltsanalyse: Zinsausgaben, Ver-sorgungsausgaben, Sozialleistungen (SGB XII, KdU, Wohngeld und Bafög) sowie LFA-Ausgaben (SGB XII: Stand 2008)

Die nach Abzug dieser Ausgaben für andere Aufgabenbereiche zur Verfügung stehenden Mittel müssten für die Stadtstaaten – aufgrund ihrer erhöhten Ausga-bebedarfe und der darauf bezogenen Einwohnerwertung im Länderfinanzausgleich – deutlich über den Werten der Flächenländer liegen. Für Hamburg und Berlin trifft dies mit einem Plus von ca. 13 % gegenüber dem Flächenländer-Durchschnitt auch zu. In den bremischen Haushalten stehen hingegen signifikant weniger ge-staltbare Mittel für sonstige Aufgabenbereiche zur Verfügung: Mit rd. 2.910 € pro Einwohner liegen die entsprechenden Ausgabenspielräume um 26 % unter den Vergleichswerten der beiden anderen Stadtstaaten und sogar noch um 16 % unter dem Flächenländer-Durchschnitt. Gegenüber den deutlich höheren Ges-taltungsmöglichkeiten von Hamburg und Berlin fehlten Bremen demnach jährlich rein rechnerisch rd. 670 Mio. € bzw. gegenüber den Flächenländern 370 Mio. €.

- Von zentraler Bedeutung ist, dass die aus der notwendigen Konsolidierung der Haushalte ableitbaren Eigenbeiträge der Freien Hansestadt Bremen insbesondere auch die kommunale Ebene betreffen müssen: Über 60 % der beim Abbau der Neuverschuldung in den bremischen Haushalten zu schließenden Finanzierungs-lücke entfallen auf die kommunalen Haushalte der Städte Bremen und Bremerha-ven. Wäre – wie in den Konsolidierungshilfe beziehenden Flächenländern - auch in Bremen bis 2020 nur das strukturelle Defizit des Landes abzubauen, wäre insge-samt eine Lücke von rd. 497 Mio. € zu schließen. Die Städte Bremen und Bre-merhaven wiesen hingegen im Basisjahr 2010 zusammen eine Finanzierungslü-cke von etwa 756 Mio. € auf.

Da die Neuverschuldung in allen Einzelhaushalten des Stadtstaates vollständig abzubauen ist, besteht damit auch der weit überwiegende Handlungsbedarf zum Abbau des strukturellen Defizits im kommunalen Bereich, der aufgrund überpro-portionaler Sozialhilfelasten und sonstiger, in Großstädten überdurchschnittlicher Ausgabeverpflichtungen sowie äußerst begrenzter Möglichkeiten zur Einnahme-verbesserung über nur geringe Gestaltungsspielräume verfügt. Eine Erhöhung der Zuweisungen und Zuschüsse des Landes, die aktuell bereits über 56 % der Einnahmen beider Städte bilden, würde unter Konsolidierungsgesichtspunkten da-bei lediglich zu einer innerbremischen Verlagerung der Probleme führen. Die im Hinblick auf die einzuhaltenden Schuldengrenzen vorgeschriebene konsolidierte Gesamtsicht der bremischen Haushalte schließt einen – in Flächenländern durch-aus möglichen – Verzicht auf einen Defizitabbau auf kommunaler Ebene ebenso wie eine weitere Lastenverlagerung zu Gunsten des Landes aus.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die zur Einhaltung der Schuldengrenzen notwendigen Eigenanstrengungen zur Haushaltssanierung für die Freie Hansestadt Bremen unter diesen Vorzeichen eine große Herausforderung darstellen, die schon im abgebildeten Mittelfrist-Zeitraum die Gefahr birgt, dass die Mindeststandards staatli-cher Leistungen unterschritten sowie die Wettbewerbsfähigkeit und Qualität des Stand-ortes beschädigt werden könnten. Erforderlich ist es vor diesem Hintergrund, bei der konsequenten Einhaltung der gesetzlichen Auflagen der Schuldenbremse und der zur Gewährung der Konsolidierungshilfen notwendigen Defizitabbauschritte die Wahr-nehmung der verfassungsgemäßen Aufgaben des Stadtstaates nicht zu gefährden.

Im Dokument Freie Hansestadt Bremen (Seite 20-23)