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In diesem Kapitel erfahren Sie, welches Kompetenzverständnis den vorliegenden Modulen zugrunde liegt.

Anschließend folgt die Vorstellung eines Orientierungsrahmens, der die grundlegenden Aussagen für die Kompetenzorientierung in der Weiterbildung für die Frühen Hilfen zusammenführt. Vor diesem Hintergrund sind Schlussfolgerungen für die kompetenzorientierte Weiterbildung formuliert.

1.1 WAS SIND KOMPETENZEN?

Der Begriff Kompetenz steht gegenwärtig im Zentrum der Weiterbildungsdiskussion. Eine Vielzahl von Autorinnen und Autoren verwenden ihn in wissenschaftlichen, politischen oder praxisorientierten Texten. So ist beispielsweise die Rede von personaler, sozialer, methodischer Kompetenz, von Selbst-lern-, Medien-, Genderkompetenz oder auch von interkultu-reller Kompetenz. Entsprechend breit und vielschichtig ist das zugrunde liegende Begriffsverständnis. Im Rahmen dieser Einführung werden drei ausgewählte Definitionen des Kom-petenzbegriffs vorgestellt. Sie konzentrieren sich auf Aspekte des Kompetenzbegriffes, die für die Entwicklung der Qualifi-zierungsmodule für FamHeb und FGKiKP relevant sind.1 Die erste Begriffsdefinition stammt aus dem Deutschen Qua-lifikationsrahmen (DQR)2. Sie ist zum einen für die grund-ständige Ausbildung in den beiden Gesundheitsberufen3 und zum anderen durch die Kompetenzprofile FamHeb und FGKiKP des NZFH für die Qualifizierung der FamHeb und FGKiKP maßgebend geworden: »Kompetenz bezeichnet im DQR die Fähigkeit und Bereitschaft des Einzelnen, Kennt-nisse und Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und metho-dische Fähigkeiten zu nutzen und sich durchdacht sowie in-dividuell und sozial verantwortlich zu verhalten. Kompetenz wird in diesem Sinne als umfassende Handlungskompetenz verstanden« (Arbeitskreis DQR 2011, S. 8).

Die Definition der Organisation für wirtschafltiche Zu-sammenarbeit (OECD) akzentuiert darüber hinaus die Aspekte der individuellen Haltungen, Gefühle, Werte sowie Motivationen, die für die Tätigkeit und damit auch für die Qualifizierung der FamHeb und FGKiKP eine hohe Relevanz besitzen. »Eine Kompetenz ist die Fähigkeit zur erfolgreichen Bewältigung komplexer Anforderungen in spezifischen Si-tuationen. Kompetentes Handeln schließt den Einsatz von Wissen, von kognitiven und praktischen Fähigkeiten genau-so ein wie genau-soziale und Verhaltenskomponenten (Haltungen,

Gefühle, Werte und Motivationen). Eine Kompetenz ist also zum Beispiel nicht reduzierbar auf ihre kognitive Dimension, sie beinhaltet mehr als das« (OECD 2003, S. 2 übersetzt nach Gnahs 2010, S. 21).

Erpenbeck/von Rosenstiel stellen in ihrer Definition von Kompetenz einen dritten zentralen Aspekt heraus, der für die Qualifizierung von FamHeb und FGKiKP Bedeutung be-sitzt. Die Autoren arbeiten heraus, dass Kompetenzen Befä-higungen sind, um mit offenen, teilweise unbekannten, nur schwer durchschaubaren Situationen umgehen zu können.

Genau solche Situationen begegnen FamHeb und FGKiKP immer wieder in ihrem beruflichen Alltag. Kompetenzen sind demnach »… Befähigungen, mit neuen Situationen und bisher unbekannten Handlungsanforderungen erfolgreich umgehen zu können« (Erpenbeck/von Rosenstiel 2003, S. X).

Kompetenzen »… kommen immer dann zum Tragen, wenn es um kreativ und selbstorganisiert zu entwickelnde Hand-lungsziele geht, wenn man also zu Beginn nicht genau weiß, was schlussendlich dabei herauskommen wird« (Erpenbeck 2010, S. 49).

1 Zur vertiefenden Auseinandersetzung mit dem Kompetenzbegriff sei auf ein Werk aus der Reihe WiFF Expertisen (Weiterbildungsinitiative Frühpä-dagogische Fachkräfte) verwiesen: Fröhlich-Gildhoff/Nentwig-Gesemann/

Pietsch (2011): Kompetenzorientierung in der Qualifizierung frühpädagogi-scher Fachkräfte.

2 Der Europäische Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen (EQR) wurde entwickelt, um berufliche Qualifikationen und Kompetenzen in Eu-ropa vergleichbar zu machen (vgl. Europäische Kommission 2008). Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) ist die nationale Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens für Lebenslanges Lernen. Der DQR

„… berücksichtigt die Besonderheiten des deutschen Bildungssystems und trägt zur angemessen Bewertung und zur Vergleichbarkeit deutscher Qualifi-kationen in Europa bei“ (Arbeitskreis DQR 2011, S. 3). Nähere Informationen zum Deutschen Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen finden Sie im Handbuch zum DQR. Dieses Dokument ist auch online verfügbar.

3 Vgl. z.B. Deutscher Hebammenverband 2008; IG Kikra Interessengemein schaft freiberuflich und/oder präventiv tätiger Kinderkrankenschwestern e.V. 2013.

Die unterschiedlichen Aspekte der Definitionen besitzen für die kompetenzorientierte Qualifizierung der FamHeb und FGKiKP alle eine hohe Relevanz, so dass vor diesem Hinter-grund in Punkt 2.3 ein Orientierungsrahmen für die

Quali-fizierungsmodule entwickelt wird, in den neben den im DQR betonten Aspekten auch die anderen genannten Faktoren mit einfließen.

1.2 DIE KOMPETENZPROFILE DER FAMILIENHEBAMMEN UND DER FAMILIEN-GESUNDHEITS- UND KINDER-KRANKENPFLEGERINNEN UND -PFLEGER

Kompetenzprofile sind strukturierte Abbilder von Kompe-tenzen, die Fachkräfte benötigen, um den Handlungsanfor-derungen in ihrem Tätigkeitsfeld adäquat begegnen zu kön-nen. Sie beschreiben, welche Kompetenzen der FamHeb- und FGKiKP-Weiterbildung zugrunde liegen sollen, um einen ganzheitlichen Lernprozess für die Bewältigung von komple-xen Handlungsanforderungen im Tätigkeitsfeld der Frühen Hilfen zu ermöglichen.

Verankert durch die Verwaltungsvereinbarung Bundes­

initiative Frühe Hilfen4 sind das Kompetenzprofil FamHeb und das Kompetenzprofil FGKiKP Basis für die Qualifizie-rung von FamHeb und vergleichbarer Gesundheitsberu-fe5. Beide Kompetenzprofile orientieren sich strukturell an der Einteilung von zwei Kompetenzkategorien und den damit verbundenen Teilkomponenten, wie sie der DQR6

vorsieht. Es wird dabei zwischen der Fachkompetenz, die Wissen und Fertigkeiten umfasst, und der Personalen

Abbildung: Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) als Grundlage der Kompetenzprofile KOMPETENZPROFIL FGKiKP

8 Handlungsanforderungen

aus jeder Handlungsanforderung werden 4 inhaltliche Kernkompetenzen abgeleitet entlang der Kompetenzkategorien KOMPETENZPROFIL FamHeb

10 Handlungsanforderungen mit 5 Ordnungskriterien

Handlungsanforderungen entlang der Kompetenzkategorien

Modell des Deutschen Qualifikationsrahmens als Grundlage

FACHKOMPETENZ PERSONALE KOMPETENZ Wissen Fertigkeiten Sozialkompetenz Selbstkompetenz

4 Gem. §3 Absatz 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kin-derschutz (KKG).

5 Mit dem Kompetenzprofil FamHeb und dem Kompetenzprofil FGKiKP wur-de ein Orientierungs- bzw. Reflexionsrahmen geschaffen, wur-der eine Einord-nung von Kompetenzen mit einem direkten Kontextbezug ermöglicht. Der Fokus lag demnach auf einer gemeinsamen inhaltlichen Basisbestimmung (vgl. NZFH Kompetenzprofil FamHeb 2013, S. 6f. und NZFH Kompetenzprofil FGKiKP 2014, S. 7).

6 Im aktuellen Dokument des DQR rückt der Begriff Selbstständigkeit an die Stelle der Selbstkompetenz. Der Austausch wurde im November 2010 vollzogen. Der Sprachgebrauch orientiert sich im weiteren Verlauf an den Kompetenzprofilen FamHeb und FGKiKP.

© Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) und Felsenweg-Institut der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie KOMPETENZORIENTIERTES ARBEITEN IN DER QUALIFIZIERUNG VON FAMHEB UND FGKiKP | 17

Kompetenz, bestehend aus Sozialkompetenz und Selbstkom-petenz7, unterschieden.

Zudem konkretisiert das Kompetenzprofil FamHeb zehn Handlungsanforderungen mit fünf Ordnungskategorien. Im Kompetenzprofil FGKiKP sind acht Handlungsanforderun-gen detailliert beschrieben. Entlang dieser Handlungsanfor-derungen sind die fachlichen und personalen Kompetenzen bestimmt. Darüber hinaus formuliert das Kompetenzprofil FGKiKP entlang der Handlungsanforderungen Kernkompe-tenzen, die zentrale Fähigkeiten der Fachkräfte beschreiben.

Die Kompetenzkategorien im Überblick

»Fachkompetenz ist die Fähigkeit und Bereitschaft, Aufga-ben- und Problemstellungen eigenständig, fachlich angemes-sen und methodengeleitet zu bearbeiten und das Ergebnis zu beurteilen.

Wissen bezeichnet die Gesamtheit der Fakten, Grundsätze, Theorien und die Praxis in einem Lern- oder Arbeitsbereich als Ergebnis von Lernen und Verstehen. Der Begriff

Wis-sen wird synonym mit dem Begriff Kenntnisse verwendet.

Fertigkeiten bezeichnen die Fähigkeit, Wissen anzuwenden und Know-how einzusetzen, um Aufgaben auszuführen und Probleme zu lösen« (Arbeitskreis DQR 2011, S. 8).

»Personale Kompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Be-reitschaft, sich weiterzuentwickeln und das eigene Leben ei-genständig und verantwortlich im jeweiligen sozialen, kultu-rellen bzw. beruflichen Kontext zu gestalten.

Sozialkompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereit-schaft, zielorientiert mit anderen zusammenzuarbeiten, ihre Interessen und sozialen Situationen zu erfassen, sich mit ih-nen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzuset-zen und zu verständigen sowie die Arbeits- und Lebenswelt mitzugestalten.

Selbstkompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereit-schaft, selbstständig und verantwortlich zu handeln, eige-nes und das Handeln anderer zu reflektieren und die eigene Handlungsfähigkeit weiterzuentwickeln« (ebd., S. 9).

1.3 KOMPETENZORIENTIERUNG IN DER WEITERBILDUNG FÜR DIE FRÜHEN HILFEN: ORIENTIERUNGSRAHMEN

Was die bisherigen Erkenntnisse für den Berufsalltag und die Qualifizierung von FamHeb und FGKiKP bedeuten, veran-schaulicht ein Beispiel aus der Weiterbildungspraxis:

Eine Gruppe von FamHeb und FGKiKP bereitet sich im Rahmen eines Seminars auf den Erstkontakt mit einer Fa-milie vor. Dazu wurden einige zentrale Grundsätze einer gelingenden und wertschätzenden Kommunikation mit El-tern erarbeitet. Anschließend üben die Teilnehmenden mit einer Partnerin bzw. einem Partner in unterschiedlichen Szenarien, wie der Erstkontakt mit den Familienmitgliedern professionell gestaltet werden kann. Die in diesen Übungen gemachten Erfahrungen werden gemeinsam reflektiert. Am Ende schätzen die Teilnehmenden ihre eigene Handlungs-kompetenz als sehr hoch ein.

An dem hier beschriebenen Szenario lässt sich das zentra-le Anliegen einer kompetenzorientierten Weiterbildung verdeutlichen. Es geht der Kursleitung bzw. der Referentin oder dem Referenten dabei nicht nur darum, Wissen über Kommunikationszusammenhänge zu vermitteln, sondern Gelegenheit zu geben, die Wissensanwendung in der Praxis vorzubereiten. So erhalten die Teilnehmenden vielfältige Im-pulse, sich selbst weiterzuentwickeln und

Handlungskompe-tenz zu erwerben. Dabei liegt ein besonderer Akzent auf der personalen Kompetenz: der Bereitschaft, den Eltern gegen-über eine wertschätzende Haltung einzunehmen.

Nach dem Seminar kehren die Teilnehmenden zurück an ihren Arbeitsplatz. Eine der Teilnehmenden hat schon nach kurzer Zeit die Gelegenheit, ihre Kompetenzen in der Praxis einzusetzen. Sie übernimmt eine neue Familie und bereitet sich auf den Erstbesuch vor. Im Gespräch hält sie sich an einige der im Seminar erarbeiteten Gesprächsgrund sätze.

Es gelingt ihr auch gut, diese umzusetzen. Im Gespräch verhält sich die Mutter trotz allem eher zurückhaltend und verschlossen. Das verunsichert die FamHeb, da sie in einer anderen Familie bereits ähnliche Erfahrungen gemacht hat.

Damals gelang es ihr nicht, die Familie zu einer Zusammen-arbeit oder zur Annahme von weiteren Hilfen zu motivieren, was sie als herausfordernd erlebt hat. Sie wird immer unsi-cherer und das Gespräch gerät ins Stocken. Erst als es ihr gelingt, ihre eigene Anspannung loszulassen, kann sie dem Gespräch eine Wendung geben.

7 Das Kompetenzprofil FGKiKP (vgl. NZFH Kompetenzprofil FGKiKP 2014) wurde nach dem Kompetenzprofil FamHeb entwickelt und bietet damit im Prozess eine andere Ordnungsmöglichkeit.

Auch wenn man versucht, den beruflichen Alltag in Szenari-en bestmöglich abzubildSzenari-en, bietet der reale »Ernstfall« immer Überraschungen. Neue Einflussgrößen und Rahmenbedin-gungen verändern die Situation grundlegend und rücken sie womöglich in ein ganz anderes Licht.

Die Handlungssituationen sind komplexer und die professi-onelle Handlungskompetenz wird noch einmal ganz anders herausgefordert. Im Seminar können wichtige Grundlagen geschaffen werden, doch die tatsächliche Handlungskompe-tenz zeigt sich erst im praktischen Handlungsvollzug.

Dieser Sachverhalt wird anhand von zwei Begrifflichkeiten beschrieben, die die unterschiedlichen Zustände des Hand-lungsvollzugs charakterisieren: Die Disposition und die Performanz. Während die Disposition die generelle Anlage oder Eigenschaft einer Person meint, die sich in Handlungs-grundlagen widerspiegelt, bezieht sich die Performanz auf den Handlungsvollzug in der direkten Praxis, also was

tat-sächlich gemacht oder umgesetzt wird und somit unmittel-bar beobachtunmittel-bar ist (vgl. u.a. Fröhlich-Gildhoff u.a. 2011, S.

17; Klieme/Leutner 2006; Erpenbeck/Rosenstiel 2003).

In der Gesamtschau der bisherigen Erkenntnisse lässt sich fol-gender Orientierungsrahmen für die kompetenz orientierte Weiterbildung weiterentwickeln:

LERNPROZESSE ZUR STÄRKUNG VON HANDLUNGSKOMPETENZ

DISPOSITION PERFORMANZ

HALTUNG / WERTE

Reflexion und Transfer Kompetenzerweiterung

Kompetenzen Bewältigung komplexer Handlungsanforderungen in offenen Situationen

Wissen

Sozialkompetenz Fertigkeiten

Selbstkompetenz

Ganzheitliche Lernprozesse im Seminar

Wahrnehmung, Analyse und Handeln in der

Situation

Quelle: Voigtländer, Refle, Müller, Gerds

Abbildung: Orientierungsrahmen für die kompetenzorientierte Weiterbildung

HANDLUNGSKOMPETENZ DISPOSITION

Handlungsgrundlagen

»Was bringe ich mit?«

PERFORMANZ Handlungsvollzug

»Was von dem, was ich mitbringe, zeige ich

in der Praxis?«

© Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) und Felsenweg-Institut der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie KOMPETENZORIENTIERTES ARBEITEN IN DER QUALIFIZIERUNG VON FAMHEB UND FGKiKP | 19

Dieser Orientierungsrahmen greift den DQR auf, der auch den Kompetenzprofilen der FamHeb und FGKiKP zugrunde liegt.

Essenziell in der Arbeit mit Familien und im Netzwerk der Frühen Hilfen ist darüber hinaus die Haltung der Fachkräf-te, wie sie in Orientierungen, Wertauffassungen oder Einstel-lungen zum Ausdruck kommt. Die Haltung wird im Rahmen des DQR der Teilkompetenz Sozialkompetenz zugeordnet.

Da Haltungen und Werte als handlungssteuernde Kompe-tenzkerne (vgl. Erpenbeck 2010) Basis einer ganzheitlichen Handlungskompetenz sind und deshalb stets berücksichtigt werden müssen, soll ergänzend zu den Kompetenzkategorien des DQR die Haltung explizit als eigenständige, hinter allen anderen Kategorien liegende Dimension, ergänzt werden.

Im Rahmen von Qualifizierungsmodulen finden ganzheit-liche Lernprozesse statt, durch die sich die Lernenden in-dividuell weiterentwickeln können. Das Lernen, Üben und Reflektieren im Seminar verändert die Handlungsgrundla-gen, also Dispositionen, der Teilnehmenden. Es lässt sich an dieser Stelle jedoch noch nicht verlässlich feststellen, ob neue Kompetenzen tatsächlich erworben wurden. Denn diese zei-gen sich erst im konkreten Handlungsvollzug in komplexen Situationen, in der Performanz. Dazu ist das Gelernte aus der Qualifizierung in die Berufspraxis zu übertragen. Diesen Theorie-Praxis-Transfer können die

Qualifizierungsmo-dule auf vielfältige Weise anbahnen und unterstützen (vgl.

dazu Kapitel 3 und 4).

Dieser Orientierungsrahmen zeigt außerdem den für die in-dividuelle Kompetenzentwicklung und die praktische Arbeit der FamHeb und der FGKiKP bedeutsamen Aspekt der Re-flexion. Erfahrungen der Teilnehmenden in der Berufspraxis werden wieder in die Qualifizierung zurücktransferiert und reflektiert. Die Reflexion eigenen Handelns vor dem Spiegel theoretischer Hintergründe ist ein zentraler Aspekt evidenz-basierten Arbeitens und trägt damit zur Professionalisierung bei. Es kann außerdem den Lernprozess intensivieren und die Lernmotivation steigern, wenn Teilnehmende sich mit dem eigenen Kompetenzerleben in der Praxis auseinander-setzen und die Professionalität ihres Handelns überprüfen.

Durch geeignete Verfahren der gemeinsamen Reflexion wäh-rend der Seminare können die Teilnehmenden Erfahrungen aus den Übungen verarbeiten und Reflexionskompetenzen erwerben, die sie auch in ihrer Berufspraxis selbstständig ein-setzen können. Dieses Lernen aus eigenen Erfahrungen er-fordert eine hohe Eigenaktivität und Handlungsbereitschaft seitens der Teilnehmenden, ist jedoch Grundvoraussetzung für ein kompetentes Handeln in der Praxis. Diesen Aspekt gilt es den Teilnehmenden immer wieder zu verdeutlichen, um die Motivation zum aktiven Lernen hoch zu halten.

1.4 EINE ZWISCHENBILANZ: SCHLÜSSE FÜR DIE KOMPETENZORIENTIERTE WEITERBILDUNG

Das Wichtigste in Kürze:

Das zentrale Anliegen der Kompetenzorientierung ist der Fokus auf das, was am Ende herauskommt: Die professi-onelle Bewältigung von Handlungsanforderungen.

Kompetenzen kommen besonders dort zum Tragen, wo ein Handeln in komplexen, offenen und schwer durch-schaubaren Situationen gefragt ist.

Kompetenzen sind mehr als Wissen und Fertigkeiten. Sie umfassen auch soziale und kommunikative Fähigkeiten sowie Haltungen, Überzeugungen und Einstellungen von Menschen.

Kompetenzen können in formellen und informellen Lernkontexten erworben werden.

Kompetenzen werden lebenslang (weiter-)entwickelt.

Kompetentes Handeln erfordert Motivation und Handlungsbereitschaft.

Eine kompetenzorientierte Weiterbildung zielt auf die Entwicklung von Reflexionsfähigkeit ab.

Für eine kompetenzorientierte Weiterbil-dung lassen sich erste Schlüsse ziehen:

Schlussfolgerung 1:

Professionelles Handeln der FamHeb und FGKiKP kann nicht standardisiert werden. Es erfordert ein situations-orientiertes Vorgehen in komplexen Situationen. Diese gilt es, so gut wie möglich, durch ein entsprechendes methodisch- didaktisches Handeln im Seminar abzubilden, indem kon-krete Fragestellungen und Beispiele aus dem Berufsalltag in die Seminararbeit integriert werden. Es gilt die Devise: Je realitätsnäher, desto besser.

Schlussfolgerung 2:

Kompetenzorientierung in der Weiterbildung erfordert ei-nen ganzheitlichen Lernprozess, der sich nicht nur auf An-eignung von Wissen und Fertigkeiten beschränkt, sondern die gesamten Fähigkeiten und Persönlichkeitseigenschaften der Lernenden fokussiert. Besondere Bedeutung kommt den Werten und Haltungen der handelnden Personen zu.

Schlussfolgerung 3:

Die Handlungsbereitschaft resultiert nicht ausschließlich aus den Handlungsgrundlagen, sondern hängt ebenfalls sehr stark von der Motivationslage und der Grundhaltung der Fachkräfte ab. Insofern bedarf es aktivierender und motivie-render Lernarrangements.

Schlussfolgerung 4:

Reflexionsprozesse sind in diesem Zusammenhang grundle-gend. Es gilt, diese immer wieder anzuregen und dadurch die Reflexionskompetenz der Teilnehmenden zu erhöhen.

Das erwartet Sie im nächsten Kapitel:

Wie lernen Erwachsene?

Wie können Kompetenzen beschrieben werden?

Kompetenzorientiertes Arbeiten in der Qualifizie-rung von FamHeb und FGKiKP