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Kompensation im Rahmen des Biotopwertverfahrens

5 Realkompensation

5.4 Kompensation im Rahmen des Biotopwertverfahrens

Nach § 8 Abs. 1 S. 1 BKompV sind erhebliche Beeinträchtigungen von Biotopen ausgeglichen oder ersetzt, wenn im betroffenen Naturraum und innerhalb einer angemessenen Frist eine Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes erfolgt, deren Biotopwert dem nach § 7 Abs. 1 BKompV ermittelten biotopwertbezogenen Kompensationsbedarf entspricht.

Der biotopwertbezogene Kompensationsbedarf setzt sich dabei aus der Summe der errechneten Biotopwerte aller unmittelbaren und mittelbaren Beeinträchtigungen zusammen (vgl. Kap. 2.2.2 und 3.2). Die Summe der daraus berechneten Biotopwertpunkte gilt es zu kompensieren. Nach § 9 Abs. 1 BKompV werden erhebliche Beeinträchtigungen der Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima und Luft durch die nach § 8 Abs. 1 S. 1 BKompV zu bestimmenden erforderlichen Aufwertungen ausgeglichen oder ersetzt.

Bearbeitungshinweise

Der inhaltlich-methodische Ansatz des Biotopwertverfahrens besteht in der Überlegung, dass Biotope die verschiedenen Bestandteile des Naturhaushalts integrieren und somit durch die Wiederherstellung gleichartiger oder gleichwertiger Biotopstrukturen auch Beeinträchtigungen der weiteren Schutzgüter, für die keine funktionsspezifische Kompensation erforderlich ist, kompensiert werden können (siehe § 9 Abs. 1 BKompV). Dabei müssen nicht identische Biotoptypen für die Kompensation herangezogen werden, sondern es ist ausreichend, dass der Abwertung von Biotopen als Ausdruck der Beeinträchtigung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts eine hinreichende

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Aufwertung von anderen Biotopen gegenübersteht. Das Maß für diese Gesamtbilanz sind die Wertpunkte der Biotoptypen gemäß Anlage 2 BKompV. Gleichwohl wird es regelmäßig sinnvoll sein, bei der Auswahl der aufzuwertenden Biotope im Kompensationskonzept (vgl. Kap. 5.2) eine inhaltliche Nähe zu den beeinträchtigten Biotoptypen bzw. Biotoptypengruppen anzustreben. Ein Rückgriff auf bestehende Ökokonten ist unter Berücksichtigung der Anforderungen an Ausgleich und Ersatz möglich (vgl. Kap 5.1 und 5.8).

Ablauf des Biotopwertverfahrens

Das Maß für den Umfang der Kompensation bildet der biotopwertbezogene Kompensationsbedarf, der im Rahmen der Konfliktanalyse für unmittelbare und mittelbare Beeinträchtigungen von Biotopen ermittelt wurde (vgl. Kap. 3.2). Die Summe der durch die Kompensation zu erzielenden Wertpunkte (Aufwertung) muss dabei mindestens den Wertpunkten des ermittelten Kompensationsbedarfs entsprechen.

Der Biotopwert der Aufwertung bzw. das Aufwertungspotenzial in Wertpunkten ergibt sich aus der Differenz zwischen den Biotopwerten des auf der Maßnahmenfläche zu erreichenden Zustands (Zielbiotop) und des vorhandenen Zustands (Ausgangsbiotop) multipliziert mit der aufgewerteten Fläche in Quadratmetern (vgl. § 8 Abs. 2 S. 1 BKompV):

(Biotopwertpunkte Zielzustand - Biotopwertpunkte Ausgangszustand) * Fläche in m2

Die durch die Summe aller Maßnahmen erzielten Biotopwertpunkte werden in einer Eingriffs-Ausgleichs-Bilanz (vergleichenden Gegenüberstellung) dem biotopwertbezogenen Kompensationsbedarf gegenübergestellt.

Um die Aufwertung auf Maßnahmenflächen ermitteln zu können, muss auf ihnen der Ausgangszustand bekannt und nach den Vorgaben der Anlage 2 BKompV bewertet sein (vgl. hierzu auch Ausführungen zum Untersuchungsraum in Kap. 2.1 sowie zum Biotopwertverfahren (Kap. 2.2.2) einschließlich der Hinweise zu Auf- und Abwertungen von Biotopen in Kap. 2.2.3).

Befinden sich Maßnahmenflächen im Bereich unmittelbarer Beeinträchtigungen (z. B. Bauflächen, Böschungsflächen, Nebenflächen, weitere Flächeninanspruchnahmen, bei denen es zu einer Veränderung des Biotoptyps kommt), ist der nach dem Eingriff zu erwartende Zustand als Ausgangszustand der Maßnahmenfläche anzusetzen (vgl. Kap. 3.2.1).

Für Maßnahmenflächen im Vorhabenbereich, auf denen im Zuge der Bautätigkeiten die Vegetation entfernt wird bzw. Bodenbewegungen stattfinden (Bauflächen, Böschungsflächen, Gräben etc.), wird in Kap. 3.2.1 empfohlen, für den nach dem Eingriff zu erwartenden Zustand den Biotoptyp „Bauflächen und Baustelleneinrichtungsflächen“ (32.11.09a) anzusetzen. Dieser Biotoptyp, der laut Anlage 2 BKompV einen Biotoptypenwert von 3 Wertpunkten besitzt, wäre in diesen Fällen als Ausgangszustand der Maßnahmenflächen zu betrachten. Werden nach Abschluss der Baumaßnahme auf diesen Flächen höherwertige Biotope im Rahmen der Maßnahmenplanung entwickelt, ist die Differenz zwischen dem nach dem Eingriff zu erwartenden Zustand bzw. Ausgangszustand der Maßnahmenfläche (3 Wertpunkte beim Biotoptyp 32.11.09a) und dem Zielzustand der Kompensationsmaßnahme zu bilden.

Beispielsweise wäre bei der Anlage von Funktionsgrün mit artenreicher Krautschicht (52.01.08n.03 mit 11 Wertpunkten) auf Straßennebenflächen eine Aufwertung von 8 Wertpunkten zu bilanzieren.

Bei Flächeninanspruchnahmen, bei denen die Vegetation nicht vollständig entfernt wird, der Biotoptyp sich aber verändert, ist der nach dem Eingriff zu erwartende Zustand im Einzelfall zu bestimmen (vgl.

Kap. 3.2.1). Sofern auf diesen Flächen Kompensationsmaßnahmen möglich bzw. vorgesehen sind (z. B.

wenn auf einer als Lagerplatz genutzten Ruderalfläche nach Abschluss der Baumaßnahme eine

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Aufforstung vorgesehen ist), ist auch hier der nach dem Eingriff zu erwartende Zustand als Ausgangszustand der Maßnahmenfläche anzusetzen.

Der Biotoptypenwert der Zielbiotope ist ebenfalls gemäß Anlage 2 BKompV zu ermitteln. Wie bereits in Kap. 5.3.1 ausgeführt, sind als Zielbiotoptype in der Regel die hochwertigen Formen bzw.

Ausprägungen anzusetzen (artenreiche, strukturreiche oder naturnahe Ausprägungen, bei Wäldern und Gehölzen alte Ausprägung), sofern eine Entwicklung am jeweiligen Standort möglich ist. Zu beachten ist dabei, dass Timelag-Aufschläge erforderlich sind, wenn die Entwicklungszeit bis zur Erreichung des Zielzustandes der geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme 30 Jahre überschreitet (s.u.).

Im Rahmen der Maßnahmenplanung sind insbesondere die nachfolgenden Aufschläge und Zuschläge für die Bilanzierung der Biotopwertpunkte relevant:

Timelag-Aufschlag nach Anlage 5 B BKompV. Sofern die Entwicklungszeit bis zur Erreichung des Zielzustandes der geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme 30 Jahre überschreitet, ist eine Vergrößerung der Maßnahmenfläche um 25 Prozent erforderlich. Des Weiteren sind für erhebliche Beeinträchtigungen von Biotoptypen oder Zielzuständen anderer Funktionen mit einem Alter von mehr als 100 Jahren weitere Maßnahmen zur Berücksichtigung der Entwicklungszeiten zu ergreifen (vgl. Anlage 5 Abschnitt B BKompV).

• Zuschlag von 30 Wertpunkten pro Quadratmeter durch naturschutzrelevante Entsiegelungsmaßnahmen nach § 8 Abs. 3 BKompV (vgl. Kap. 5.5 und Anlage 6 Abschnitt B BKompV)

• Zuschlag durch Teilentsiegelung / für Wiedervernetzungsmaßnahmen (vgl. § 8 Abs. 3 S. 2 BKompV sowie Kap. 5.5 und Anlage 6 Abschnitt B und C BKompV).

Multifunktional wirksame Maßnahmen für erhebliche Beeinträchtigungen besonderer Schwere der weiteren Schutzgüter (bzw. beim Landschaftsbild für mindestens erhebliche Beeinträchtigungen) und aus anderem rechtlichen Kontext erforderliche Maßnahmen können ebenfalls in die biotopbezogene Bewertung und Bilanzierung einbezogen werden:

1. Maßnahmen der funktionsspezifischen Kompensation der Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Wasser, Klima/Luft oder Landschaftsbild, welche sich über das Biotopwertverfahren abbilden lassen (vgl. Kap. 5.3 sowie Anlage 5 BKompV). In Anlage 6 BKompV sind zudem mögliche Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen von Biotoptypen aufgeführt, die multifunktionale Kompensationsmöglichkeiten für mehrere Schutzgüter aufzeigen. Werden beispielsweise im Rahmen eines eBS-Falls für ein überregional bedeutsames Vorkommen der Erdkröte neue Laichhabitate geschaffen, die auch eine biotopbezogene Aufwertung mit sich bringen, ist die Herstellung des Laichhabitats im Rahmen der biotopbezogenen Aufwertung einzubeziehen und in der Gesamtbilanzierung anzurechnen. Eine Nisthilfe für eine Vogelart ließe sich hingegen nicht berücksichtigen, da eine Nisthilfe keine biotopbezogene Aufwertung hervorruft.

2. Maßnahmen zur Wiederherstellung und Neugestaltung des Landschaftsbildes sind regelmäßig auch multifunktional bei der biotopbezogenen Kompensation zu berücksichtigen (dies gilt sowohl für eB- als auch für eBS-Fälle des Landschaftsbildes).

3. Maßnahmen, die bei dem jeweiligen Eingriffsvorhaben aus einem anderen rechtlichen Kontext zu berücksichtigen sind: Hierbei sind insbesondere artenschutzrechtlich begründete CEF- und FCS-Maßnahmen, Maßnahmen zur Kohärenzsicherung aus erheblichen Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten sowie Ersatzaufforstungen und Maßnahmen aus dem Fachbeitrag WRRL zu berücksichtigen (siehe hierzu Kap. 5.2 sowie die Ausführungen in Kapitel 5.6

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Zusammenwirken von Kompensationsmaßnahmen mit weiteren anerkennungsfähigen