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7. Pathologie

7.1. Klassifikation invasiver Zervixkarzinome

7. Pathologie

L.-C. Horn, B. Pöschel, D. Schmidt

7.1. Klassifikation invasiver Zervixkarzinome

7.1.1. Tumortypisierung

Die Tumortypisierung des Zervixkarzinoms erfolgt nach der aktuellen WHO-Klassifikation der Tumoren des weiblichen Genitale [123].

7.1. Konsensbasierte Empfehlung Geprüft 2021

EK

Die Tumortypisierung des Zervixkarzinoms soll nach der aktuell gültigen Auflage der WHO-Klassifikation erfolgen.

Starker Konsens

7.2. Konsensbasierte Empfehlung Geprüft 2021

EK

Bei Zervixkarzinomen mit neuroendokriner Komponente soll diese mit Angabe des Prozentsatzes am Gesamttumor ausgewiesen werden.

Starker Konsens

Die Mehrheit der invasiven Zervixkarzinome sind Plattenepithelkarzinome (~ 80 %) und Adenokarzinomen (~5-20 %) [124]. Andere Tumorentitäten sind selten.

Prognostisch ungünstige Tumortypen sind insbesondere das neuroendokrine (groß- oder kleinzellige) und die nicht HPV-assoziierten Adenokarzinome, mit Ausnahme des klarzelligen Adenokarzinoms. Das seröse Karzinom wude aus der aktuellen WHO-Klassifikation gestrichen. Die WHO-WHO-Klassifikation unterscheidet neuroendokrine Tumoren (low grade) und neuroendokrine Karzinome (high grade) [125]. Ein Viertel bis ein Drittel aller neuroendokrinen Karzinome (high grade) haben eine nicht-neuroendokrinen Komponente [126, 127]. Aufgrund der extrem schlechten Prognose [127-131] und eventuell resultierender Therapiemodifikationen beim Nachweis einer neuroendokrinen Differenzierung sollte diese mit Angabe des Prozentsatzes des neuroendokrinen Anteils am Gesamttumor im Pathologiebericht explizit ausgewiesen werden [126, 132, 133].

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7.1.2. Stadieneinteilung des Zervixkarzinoms

7.3. Konsensbasierte Empfehlung Modifiziert 2021

EK

Die Stadieneinteilung des Zervixkarzinoms soll nach der aktuellen Auflage der TNM-Klassifikation erfolgen.

Starker Konsens

Die postoperative Stadieneinteilung erfolgt nach der TNM-Klassifikation [83] (siehe auch Anhang Tabelle 19)optional. Prinzipiell werden mikro-und makroinvasive Karzinome unterschieden.

7.4. Konsensbasierte Empfehlung Geprüft 2021

EK

Der Diagnose eines mikroinvasiven Zervixkarzinoms soll die Definition der jeweils aktuellen Auflage der WHO- und TNM-Klassifikation zugrunde gelegt werden.

Starker Konsens

Ein mikroinvasives Zervixkarzinom ist eine ausschließlich histologische Diagnose (siehe Tabelle 9). Das Stadium pT1a1 wird definiert als ein Tumor mit einer Stromainvasion von

≤ 3 mm und einer horizontalen Ausdehnung von ≤ 7 mm [81, 83]. Das Stadium pT1a2 beinhaltet Tumoren mit einer Stromainvasion von > 3 mm bis ≤ 5 mm und einer horizontalen Ausdehnung von ≤ 7 mm.

Die FIGO hat 2018/2019 vorgeschlagen, das mikroinvasive Zervixkarzinom nur noch über die Invasionstiefe mit den o.g. Grenzwerten unter Wegfall der horizontalen Tumorausdehnung zu definieren, ohne jedoch Studien zu benennen, die dieses Vorgehen belegen [134, 135]. Diese Änderung hätte jedoch grundlegende Auswirkung auf die Stadieneinteilung und auch die stadienbasierte Therapie [136]. Hinzu kommt, dass eine Überarbeitung der TNM-Klassifikation durch die AJCC und die UICC erst 2025 zu erwarten ist, so dass empfohlen wird, die bisherige TNM-Klassifikation (s. Tabelle 19) beizubehalten. Die Leitlinienkomission hat deshalb beschlossen die neue FIGO-Klassifikation derzeit nicht umzusetzen. In Ergänzung kann die von der FIGO vorgeschlagene Klassifikation in einem Kommentar zum histopathologischen Befundbericht mit angeführt werden [136]

Die neue FIGO-Klassifikation 2018 ist nachfolgend evaluiert worden und bestätigt die verbesserte prognostische Diskrimination des Stadiums IB/T1b und bestätigt die ungünstigere Prognose von Patientinnen mit para-aortalen Lymphknotenmetastasen [137, 138]. Nicht adressiert in diesen Studien ist die neue Definition des Stadiums IA/T1a.

Bei einem plattenepithelialen mikroinvasiven Karzinom wird die Stromainvasion gemessen von der Basis der zugrundeliegenden, entweder oberflächlich lokalisierten, oder in endozervikale Drüsen einwachsenden CIN 3-Läsion [139]. Beim mikroinvasiven Adenokarzinom wird die Stromainvasion gemessen von der Basis der zugrundeliegenden Drüse des Adenocarcinoma in situ (AIS).

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7.1.3. Definition TNM-relevanter Parameter

Die Perineuralscheideninfiltration (Pn) ist definiert als der Nachweis von Tumorzellen in den perineuralen Spalträumen, unabhängig von der Ausdehnung der Tumorzellen innerhalb der Spalträume und unabhängig davon, ob der Nerv selbst infiltriert ist, oder nicht [140, 141].

Eine Lymphgefäßinfiltration (L-Kategorie) beinhaltet den Nachweis von einzeln oder in Gruppen liegenden Tumorzellen innerhalb von Spalträumen die eindeutig von (Lymph-) Endothelien ausgekleidet sind (L1) [142]. Das TNM-Komitee hat festgelegt, dass beim Nachweis von Tumorzellen innerhalb von Spalträumen ohne eindeutige Endothelauskleidung der Befund als L0 (keine Lymphgefäßinfiltration) zu klassifizieren ist [142], da es sich zumeist um schrumpfungsbedingte Fixationsartefakte handelt.

Jedoch ist der routinemäßige Einsatz der Immunhistochemie zum Nachweis von Lymphendothelien (z.B. D2-40) außerhalb von Studien nicht indiziert. Eine Quantifizierung von Lymphgefäßeinbrüchen, wie sie z.B. beim Endometriumkarzinom beschrieben ist [143, 144] wird aufgrund des Fehlens einer allgemein akzeptierten Definition sowie relevanter Studien beim Zervixkarzinom nicht empfohlen.

Die Invasion in Venen (V-Kategorie) unterscheidet zwischen einer makroskopisch sichtbaren (V2) und einer histologisch gesicherten Veneninfiltration (V1) [83]. Die makroskopische Veneninfiltration hat beim Zervixkarzinom keine Relevanz. Die mikroskopische V1-Kategorie ist im TNM definiert als der Nachweis von Tumorzellen innerhalb des Venenlumens und/oder dem Nachweis von Tumorzellen, die die Venenwand infiltrieren [142].

Das Grading ist bei Zervixkarzinom nicht stagingrelevant, soll jedoch integraler Bestandteil der Befunddokumentation sein (s.u.) und wird u.a. auch bei der Tumordokumentation im Rahmen der Gynäkologischen Krebszentren gefordert. Für das Plattenepithel- sowie für die Mehrzahl der Adenokarzinome der Cervix uteri gibt es kein von der WHO empfohlenes Grading-System [81]. Ungeachtet neuerer Studien zum Plattenepithelkarzinom [145-147] gibt es auch bis dato kein einheitlich akzeptiertes Grading beim Plattenepithelkarzinom [148, 149],

Für das primäre endometrioide Adenokarzinom der Cervix uteri wird ein Grading in Analogie zum FIGO-Grading des endometrioiden Adenokarzinoms des Endometriums empfohlen [81, 148]. Erkenntnisse der letzten Jahre legen jedoch die Annahme nahe, dass es sich bei der Majorität der endometrioiden Zervixkarzinome um eine Variante des Adenokarzinoms vom endozervikalen Subtyp (not otherwise spcified; NOS) handelt und ein zumeist auf dem Boden einer endozervikalen Endometriose entstandenes primäres endometrioides Adenokarzinom der Cervix uteri extrem selten ist [150-153]

Für den mit 75 % häufigsten Subtyp, das Adenokarzinom vom endozervikalen Subtyp (syn. not otherwise specified; NOS) wurde in den letzten Jahren ein auf dem Wachstumsmuster (pattern) basierendes Graduierungssystem entwickelt [154-156], welche auch als Silva-Pattern bezeichnet wird und dessen Kriterien in Tabelle 10 zusammengefasst sind: [157, 158].

Der seltenste Typ mit dem Pattern A weist dabei die wenigsten Lymphgefäßeinbrüche und die geringste Zahl an pelvinen Lymphknotenmetastasen auf, wohingegen das Pattern C mit den meisten Lymphgefäßeinbrüchen und der konsekutiv höchsten Zahl an Lymphknotenmetastasen prognostisch am ungünstigsten ist [155, 156]. Daher erscheint es sinnvoll das überwiegend auf architektonischen Tumorkriterien basierende Wachstumsmuster (Pattern) im Befundbericht zu erwähnen. In diesem Kontext wichtig

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ist, dass dieses Pattern-basierte System zumeist beim endozervikalen Subtyp untersucht worden ist [155, 156], möglicherweise aber auch auf andere, HPV-assoziierte Subtypen des Adenokarzinoms der Cervix uteri anwendbar ist [159].

Die Verwendung der sog. Silva-Pattern beim endozervikalen Subtyp wird in der überarbeiteten Version der NCCN-Guidelines empfohlen [160].

Tabelle 10: Histologische Kriterien der verschiedenen Invasionsmuster (Pattern) des endozervikalen Adenokarzinoms (sog. Silva-System; [158-160])

Pattern-Klassifikation nach dem Silva-System (neu 2021)

Pattern A Scharf begrenzte Drüsenproliferate mit runder Außenkontur Häufig gruppenförmige Lagerung der Drüsen

Kein einzelzelliges Wachstum

Keine destruktive Stromainvasion (keine peritumorale Desmoplasie) keine soliden Tumoranteile

Komplexe intraglanduläre Morphologie möglich (z.B. kribriformes, papilläres Wachstum etc.)

Keine Lymphgefäßeinbrüche

Pattern B Fokales (initiales) destruktives Tumorwachstum, ausgehend von Drüsen mit Pattern A-Morphologie

Infiltration von kleinen Tumorzellgruppen oder Einzelzellen neben Pattern

A-Proliferaten (oft in Assoziation zu peritumoraler Desmplasie und/oder peritumoraler Entzündung)

Lymphgefäßeinbrüche möglich keine soliden Tumoranteile

Pattern C Diffus-destruktives Tumorwachstum (oft in Assoziation zu einer hochgradigen peritumoralen Desmoplasie)

Unscharf begrenzte Drüsenproliferate mit z.T. Fragmentierung der Drüsen Konfluierende Drüsen, die ein low-power field (ca. 4-fache Vergrößerung; 5mm²) einnehmen mit Nachweis solider Tumoranteile und/oder papillärem Wachstum und /oder Muzindeposits im Stroma

Polymorphe Tumorzellen

Mit oder ohne Lymphgefäßeinbrüche