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Kinematik

Im Dokument VOR WOR VORWORT (Seite 16-0)

1.2 Zielsetzung und Aufbau dieser Arbeit

2.1.1 Kinematik

Der Ortsvektor ri ∈ R3 beschreibt die Position des Schwerpunkts Ci eines Kör-pers i im Inertialsystem. Im Folgenden wird für starre MKS die Darstellung von Vektoren im Inertialsystem gewählt. Die Orientierung des Körpers gegenüber

dem Inertialsystem wird über die Drehmatrix Si ∈ R3×3 beschrieben. Mit den verallgemeinerten Koordinaten y ∈ Rf, welche f unabhängige Teilbewegungen des Gesamtsystems beschreiben, lauten die Position und Orientierung

ri = ri(y, t) und Si = Si(y, t). (2.1) Die Drehmatrix Si kann beispielsweise über Kardanwinkel oder Quaternionen berechnet werden und ist orthogonal weshalb STi Si = E gilt, siehe [Schiehle-nEberhard17]. Die zeitliche Ableitung des Ortsvektors ri liefert die absolute Geschwindigkeit

vi = ˙ri = ∂ri

y y˙ + ri

∂t = JT,i(y, t) ˙y+ ¯vi(y, t), (2.2) mit der Jacobi-Matrix der Translation JT,i ∈ R3×f und den lokalen Geschwin-digkeiten ¯vi ∈R3, die nur bei rheonomen Bindungen auftreten, siehe [Seifried14].

Aus der Drehmatrix Si kann der Winkelgeschwindigkeitstensor ωei R3×3 fol-gendermaßen bestimmt werden

e

ωi = ˙SiSTi =

" 0 ω3 ω2

ω3 0 −ω1

ω2 ω1 0

#

. (2.3)

Aufgrund der Orthogonalität von Si handelt es sich bei ωei um einen schiefsym-metrischen Tensor mit dem auch das Kreuzprodukt

e

ωr = ω×r = −r×ω= −e (2.4) formuliert werden kann. Daraus wird die Winkelgeschwindigkeit ωi ∈ R3 be-stimmt als

ωi =

ω1 ω2 ω3T

. (2.5)

Analog zur translatorischen Geschwindigkeit vi kann somit die Winkelgeschwin-digkeit ausgedrückt werden als

ωi = JR,i(y, t) ˙y+ ¯ωi(y, t), (2.6) mit der Jacobi-Matrix der Rotation JR,i ∈ R3×f. Der Vektor ¯ωi ∈ R3 tritt nur bei rheonomen Bindungen auf und fasst die lokalen Winkelgeschwindigkeiten zusammen, siehe [SchiehlenEberhard17]. Die zeitliche Ableitung von Gl. (2.6) ergibt die absolute Winkelbeschleunigung zu

αi = ˙ωi =JR,iy¨+ ˙JR,iy˙ + ˙¯ωi

=JR,i(y, t)¨y+ ¯αi(y,y, t),˙ (2.7) und aus der zeitlichen Ableitung von Gl. (2.2) folgt die absolute Beschleunigung

ai = ˙vi = JT,iy¨+ ˙JT,iy˙ + ˙¯vi

= JT,i(y, ty + ¯ai(y,y, t˙ ). (2.8) In den Gleichungen (2.7) und (2.8) fassen die Vektoren ¯a ∈ R3 und ¯α ∈ R3 die lokalen Beschleunigungen zusammen, die im Gegensatz zu den lokalen Ge-schwindigkeiten auch bei skleronomen Systemen auftreten, siehe [Bestle94].

2.1 Kinematik und Kinetik von starren Mehrkörpersystemen 2.1.2 Impuls- und Drallsatz

Zur Herleitung der Bewegungsgleichungen starrer MKS werden die einzelnen Körper freigeschnitten und die wirkenden Kräfte und Momente auf den Schwer-punkt Ci bezogen, siehe Abbildung 2.1. Dabei wird zwischen eingeprägten Kräf-ten und MomenKräf-ten sowie ReaktionskräfKräf-ten und -momenKräf-ten unterschieden. Zur Beschreibung der Kinetik starrer Körper werden die Newtonschen Gleichungen, auch als Impulssatz bezeichnet,

miai = fei +fri (2.9)

und der Drallsatz, auch als Eulersche Gleichungen bezeichnet,

Iiαi+ωeiIiωi = `ei +`ri (2.10) verwendet, siehe [SchiehlenEberhard17]. In den Gleichungen (2.9) und (2.10) bezeichnen die Vektoren fei ∈ R3 und fri ∈ R3 die eingeprägten Kräfte und die Reaktionskräfte und `ei ∈ R3 sowie `ri ∈ R3 die entsprechenden Momente. Die Masse desi-ten Körpers wird mit mi und der Trägheitstensor mitIi ∈ R3×3 be-zeichnet. Die Gleichungen (2.9) und (2.10) sind im Inertialsystem gegeben und werden als Newton-Euler-Gleichungen bezeichnet. Sie sind ebenso im körperfes-ten Referenzsystem gültig, wennai undαi die absoluten Beschleunigungen sind, siehe [Bestle94, Seifried14].

Mit den 6p kinetischen Grundgleichungen (2.9) und (2.10) für p Körper können in freien Systemen bei gegebenen Kräften die Bewegungen der f = 6p Freiheits-grade berechnet werden. Bei gebundenen Systemen treten jedoch q unbekannte Reaktionskräfte und -momente auf. Diese reduzieren die Anzahl der Freiheits-grade, haben jedoch keinen direkten Einfluss auf die Bewegung in den freien Richtungen. Daher ist es sinnvoll, diese Reaktionskräfte und -momente in den Bewegungsgleichungen (2.9) und (2.10) zu eliminieren. Dazu werden die Prinzipe der Mechanik verwendet, die in Abschnitt 2.1.4 erläutert werden, siehe [Best-le94, SchiehlenEberhard17]. Diese basieren auf der Variationsrechnung, welche im folgenden Abschnitt kurz dargestellt wird.

2.1.3 Virtuelle Verschiebungen

Zur Elimination der Reaktionskräfte werden virtuelle Verschiebungen verwendet.

Diese virtuellen Verschiebungen δri und Verdrehungen δsi,

δri 6= 0, δsi 6=0 und δvi = δωi = 0, (2.11) sind gedachte, infinitesimale Lageänderungen bei festgehaltener Zeit δt = 0, die mit den Bindungen eines MKS verträglich sind. Es wird die aktuelle Lage und Geschwindigkeit des Körpers eingefroren und eine infinitesimale Lageänderung

Ci

fri

`ri

fei

`ei

ri,Si

e1 e2

e3

KI

Ki

mi, Ii

Abbildung 2.1: Freigeschnittener Körper eines MKS

betrachtet, die mit den Bindungen verträglich ist. Die virtuelle Verdrehung wird analog zu Gl. (2.3) ermittelt aus

δesi = δSiSTi . (2.12) Bei der Variationsrechnung entsprechen die Rechenregeln denen der Differential-rechnung bei festgehaltener Zeitδt = 0, weshalb aus Gl. (2.2) dann beispielsweise

δri = ri

∂y δy (2.13)

folgt, siehe [Bestle94]. Zur Eliminierung der Reaktionskräfte und -momente aus den Gleichungen (2.9) und (2.10) über die Prinzipe der Mechanik werden die Sätze der unabhängigen und abhängigen Variation angewendet.

Unabhängige Variation

Für die Vektoren c und δy im Raum Rn gilt nach dem Satz der unabhängigen Variation

cTδy = 0, (2.14)

für alle beliebigen Variationenδynur dann, wenn der Vektorc= 0ein Nullvektor ist. Für c = 0 ist Gl. (2.14) für alle δy direkt erfüllt. Weiterhin muss für alle denkbaren δy, also auch für δy =

0. . . δyi. . .0T

mit δyi 6= 0, Gl. (2.14) erfüllt sein. Dies ist nur der Fall, wenn ci = 0 gilt. Wird dieser Gedanken für i= 1. . . n fortgesetzt, dann folgt insgesamtc =0. Damit Gl. (2.14) für alleδy gilt, müssen die Koordinaten δyi voneinander unabhängig sein, siehe [Bestle94].

2.1 Kinematik und Kinetik von starren Mehrkörpersystemen

Abhängige Variation

Sind die Koordinatenδy nicht unabhängig voneinander, müssen diese durch Bin-dungen beschriebene Abhängigkeiten mit Lagrange-Multiplikatoren berücksich-tigt werden, was zum Satz der abhängigen Variation führt. Die Vektoren c∈Rn und δy ∈Rn sowie die Matrix A∈Rm×n seien gegeben. Es gilt

cTδy = 0 ∀δy : welche die Abhängigkeiten Aδy = 0∈ Rm erfüllen. (2.15) Dann existiert ein Vektor λ ∈ Rm mit Lagrange-Multiplikatoren, so dass nach [Bestle94, Eberhard00]

cTλTA

δy = 0, ∀δy ∈ Rn, (2.16) gilt. Die Variationen δy müssen in Gl. (2.15) m durch A festgelegte lineare Ab-hängigkeiten erfüllen. Durch die Bestimmung geeigneter Lagrange-Multiplikato-ren λ ∈ Rm kann das Variationsproblem (2.15) in (2.16) überführt werden, in welchem die Variation δy keinen Einschränkungen mehr unterliegt. Der Beweis dieses Satzes ist beispielsweise [Bestle94] zu entnehmen.

Mit diesen beiden Sätzen können im nächsten Abschnitt die Reaktionskräfte und -momente über das Prinzip der virtuellen Leistung eliminiert werden.

2.1.4 Prinzip der virtuellen Leistung

Da lokal die Richtung der freien Bewegung und der Bindungen orthogonal sind, tragen die Reaktionskräfte und -momente nicht zur Bewegung bei. Die Pro-jektion der Reaktionskräfte und -momente auf die freien Richtungen führt auf das Prinzip der verschwindenden virtuellen Leistung der Reaktionskräfte und -momente, siehe [Seifried14]. Dazu werden analog zu Gl. (2.11) die virtuellen Geschwindigkeiten δ0vi und δ0ωi als

δ0t= 0, δ0vi 6= 0, δ0ωi 6= 0 und δ0ri = δ0si = 0 (2.17) eingeführt, welche gedachte infinitesimale Änderungen der Geschwindigkeit bei festgehaltener Zeit und Lage darstellen. Damit folgt der Satz über das Verschwin-den der virtuellen Leistung der Reaktionskräfte bei holonomen Bindungen nach [Bestle94] zu

δ0Pr = Xp

i=1

δ0vTi fri +δ0ωTi `ri

= 0. (2.18)

Die Aussage von Gl. (2.18) ist, dass die virtuelle Leistung der Reaktionskräfte und -momente für alle mit den Bindungen verträglichen virtuellen Geschwin-digkeits- und Winkelgeschwindigkeitsänderungen verschwindet, siehe [Bestle94].

Werden die Gleichungen (2.9) und (2.10) nach den Reaktionskräften und -mo-menten umgestellt und in Gl. (2.18) eingesetzt, folgt das Prinzip der virtuellen Leistung, auch Jourdainsches Prinzip genannt, zu

Xp i=1

δ0vTi (miaifei) +δ0ωTi (Iiαi+ωeiIiωi`ei)

= 0. (2.19) Das Prinzip (2.19) ersetzt den Impuls- und Drallsatz sowie das Prinzip des Ver-schwindens der virtuellen Leistung (2.18) der Reaktionskräfte. Durch die Sum-mation über alle p Körper ergeben sich die Bewegungsgleichungen für holono-me MKS in Variationsform mit den virtuellen Geschwindigkeiten δ0vi und δ0ωi

die mit den Bindungen verträglich sein müssen.

Das Jourdainsche Prinzip ist eng verwandt mit dem d’Alembertschen Prinzip, siehe [SchiehlenEberhard17]. Statt der virtuellen Geschwindigkeiten werden beim d’Alembertschen Prinzip die virtuellen Verschiebungen verwendet. In [Bestle94]

wird gezeigt, dass bei holonomen Bindungen die virtuellen Geschwindigkeiten den gleichen Bedingungen gehorchen wie die virtuellen Verschiebungen. Daher können die virtuellen Verschiebungen im d’Alembertschen Prinzip gegen die vir-tuellen Geschwindigkeiten ausgetauscht werden.

Anschließend werden die Bewegungsgleichungen in verallgemeinerten Koordina-ten formuliert. Die Jacobi-Matrizen der Translation und Rotation aus Gl. (2.2) und Gl. (2.6) beschreiben die Verbindung zwischen den virtuellen Verschiebun-gen sowie VerdrehunVerschiebun-gen und der Variation der verallgemeinerten Koordinaten bei skleronomen Bindungen über

δ0vi = JT,iδ0y˙ und δ0ωi =JR,iδ0y.˙ (2.20) Somit beschreiben JT und JR die freien Bewegungsrichtungen. Damit können die Bewegungsgleichungen (2.19) in Variationsform nach dem Einarbeiten der kinematischen Beziehungen (2.7) und (2.8) formuliert werden als

δ0y˙T Xp

i=1

JTT,i(miJT,iy¨+mia¯ifei)

+JTR,i(IiJR,iy¨+Iiα¯i+ωeiIiωi`ei)

= 0, ∀δ0y.˙ (2.21) Da die virtuellen Geschwindigkeiten δ0y˙ unabhängig voneinander sind, können die Bewegungsgleichungen von holonomen MKS dann formuliert werden als

M(y, ty+ ¯¯k(y,y, t˙ ) = ¯¯g(y,y, t˙ ), (2.22) mit der verallgemeinerten MassenmatrixM ∈Rf×f, dem Vektor ¯¯k ∈ Rf der ver-allgemeinerten Coriolis-, Kreisel- und Zentrifugalkräfte und dem Vektor ¯¯g ∈Rf

2.2 Kontinuumsmechanische Grundlagen

der verallgemeinerten eingeprägten Kräfte und Momente, siehe [Seifried14].

Zur numerischen Lösung kann die Differentialgleichung zweiter Ordnung (2.22) bei nicht singulärer Massenmatrix in Zustandsform überführt werden. Dazu wird der Zustandsvektor x =

yT y˙TT

∈ R2f eingeführt. Damit folgen die Bewe-gungsgleichungen als gewöhnliche Differentialgleichung erster Ordnung im Zu-standsraum zu welche mit Standardmethoden für Differentialgleichungssysteme erster Ordnung gelöst werden können, siehe [Bestle94, Seifried14].

2.2 Kontinuumsmechanische Grundlagen

Werden die starren MKS aus Abschnitt 2.1 um flexible Körper erweitert, so führt dies zu FMKS. In diesem Abschnitt werden zunächst die zur Beschreibung von FMKS benötigten kontinuumsmechanischen Grundlagen kurz erklärt, sie-he [Batsie-he96, Shabana05, Shabana18] für genauere Ausführung. Die Bewegung eines Körpers wird durch die Bewegung seiner materiellen Punkte P beschrieben.

Nach Abbildung 2.2 wird der materielle Punkt in der undeformierten Konfigu-ration Ω0 zum Zeitpunkt t0 mit dem Vektor R = r(t0) beschrieben. In der aktuellen, deformierten Konfiguration Ω lautet die aktuelle Lage eines Punkts P r(t) = R+u(R, t), (2.24) mit dem Verschiebungsvektoru(R, t). Dieser Verschiebungsvektor enthält Antei-le aus der Starrkörperbewegung und AnteiAntei-le, die aus der Verformung des Körpers resultieren, siehe [Seifried14]. Diese Verformungsanteile können zum Beispiel mit dem symmetrischen Green-Lagrangeschen Verzerrungstensor

G =GT = 12 FTFE

(2.25) in der Referenzkonfiguration berechnet werden. Dabei ist F der Deformations-gradient

Fij = ∂ri

∂Rj mit i, j = 1, 2, 3. (2.26) Die Elemente des Green-Lagrange-Verzerrungstensor können alternativ über den Verschiebungsvektor u(R, t) angegeben werden als

Gij = 12

P(t) P(t0)

0

R

u(R, t)

r(t)

e1

e2

e3

KI

Abbildung 2.2: Bewegung eines deformierbaren Körpers

In vielen Anwendungsfällen können die Verschiebungen als klein angenommen werden, weshalb gilt

∂R∂uij

1. (2.28)

Mit dieser Annahme können die nichtlinearen Anteile in Gl. (2.27) vernachläs-sigt werden. Außerdem sind die Ableitungen bezüglich der Referenz- und der aktuellen Konfiguration äquivalent, siehe [Lehner07, Seifried14]. Daraus folgt der symmetrische lineare Verzerrungstensor ε= εT mit den Komponenten

εij = 12

∂ui

∂rj + ∂uj

∂ri

. (2.29)

Diese Schritte werden als geometrische oder kinematische Linearisierung bezeich-net, siehe [Altenbach12, SchwertassekWallrapp99].

Zur Vereinfachung der Schreibweise können durch Umstellen des Green-Lagrange-Verzerrungstensors und des linearisierten Green-Lagrange-Verzerrungstensorsε jeweils die unab-hängigen Einträge in Vektoren zusammengefasst werden zu

b G=

G11 G22 G33 2G12 2G23 2G31T

, (2.30)

und

bε =

ε11 ε22 ε33122331T

. (2.31)

2.2 Kontinuumsmechanische Grundlagen

Diese Darstellung wird als Voigt-Notation bezeichnet, siehe [Altenbach18]. Mit den Differentialoperatoren, siehe [SchwertassekWallrapp99],

wobei die Abkürzung i für i/∂Ri steht, kann die Beziehung zwischen Verzer-rung und Verschiebung im nichtlinearen Fall ausgedrückt werden durch

b

G =LLu+ 12LN(u)u, (2.33) und im linearen Fall durch

bε =LLu. (2.34)

Die Differentiation von Gl. (2.33) liefert die Verzerrungsgeschwindigkeit ˙Gb zu b˙

G= LLu˙ + 12L˙N(u)u+ 12L(u) ˙u =LLu˙ +LN(u)u, (2.35) wobei nach [SchwertassekWallrapp99] ˙LN(u)u = LN(u) ˙u gilt. Für die linearen Verzerrungsgeschwindigkeiten ˙bε gilt analog

bε˙ =LLu.˙ (2.36)

Durch die äußere Krafteinwirkung wirken im Inneren eines Körpers Spannun-gen. Diese Spannungen werden ermittelt, indem ein beliebiger Schnitt durch den Körper gelegt wird. Der Spannungsvektor σ entlang dieser Schnittebene ist in der aktuellen Konfiguration definiert über

σ = lim

∆a0

f

a = df

da. (2.37)

Auf ein kleines Flächenelement ∆a wirkt der resultierende Kraftvektor ∆f. Der Spannungsvektorσ hängt im Allgemeinen von Ort, Zeit und der Orientierungn

der Schnittebene ab, siehe [Bathe96]. Aus der Gleichgewichtsbetrachtung folgt für den Spannungsvektor zusammen mit dem Cauchyschen Spannungstensor T

σ =nT = T n. (2.38)

Der Cauchysche Spannungstensor ist symmetrisch, wenn wie hier angenommen keine Momentenspannungen auftreten. Nach [Eberhard00] ist eine alternative Spannungsdefinition zur Formulierung von Materialgleichungen sinnvoll. Für die spätere Verwendung in der Impulsbilanz wird ein Flächenelement dA mit der Normalenrichtung N und dem wirkenden Kraftvektor df in der Referenzkonfi-guration betrachtet. Der Kraftvektor df =T nda in der aktuellen Konfigurati-on wird durch die Spannungen σ verursacht. Gleichsetzen mit dem Kraftvektor df =P1N dA, welcher für diese Verformung in der Referenzkonfiguration wir-ken müsste, liefert den Zusammenhang

T nda =T det(F)F−TNdA= P1N dA. (2.39) Damit können die Kraftvektoren df der aktuellen Konfiguration auf die Re-ferenzkonfiguration bezogen werden. Dieser Zusammenhang kann mit dem De-formationsgradient F und dem infinitesimalen Flächenelement dA formuliert werden, siehe [Altenbach18]. In Gl. (2.39) wird mit dem Tensor P1 der 1. Piola-Kirchhoffsche Spannungstensor als

P1 = det(F)T F−T (2.40)

eingeführt. Dieser ist im Allgemeinen nicht symmetrisch. Die Eigenschaft der Symmetrie kann nach [Altenbach18] durch die symmetrische Modifikation vonP1

hergestellt werden zu

P2 = F1P1 = det(F)F1T FT (2.41) und führt zum 2. Piola-Kirchhoffschen Spannungstensor P2.

Der Zusammenhang zwischen dem Spannungs- und Verformungszustand wird über die konstitutiven Gleichungen, auch als Materialmodell bezeichnet, her-gestellt. Für homogenes elastisches Materialverhalten kann mit dem Green-La-grange-Verzerrungstensor aus Gl. (2.25) und dem 2. Piola-Kirchhoffschen Span-nungstensor aus Gl. (2.41) die allgemeine konstitutive Gleichung

P2 = P2(G) (2.42)

formuliert werden. Im Weiteren wird angenommen, dass der Körper in der Re-ferenzkonfiguration spannungsfrei ist und isotropes Materialverhaltens vorliegt.

Mit der Beschränkung auf kleine Verformungen kann das Materialmodell mit dem 2. Piola-Kirchhoffschen Spannungstensor formuliert werden als

P2 = 2µG+λSpur(G)E= C : G, (2.43)

2.2 Kontinuumsmechanische Grundlagen

mit der Elastizitätsmatrix C und den Lamé-Konstanten

µ= E

2(1 +ν) und λ =

(1 +ν)(1−2ν). (2.44) Dabei beschreibt E den Elastizitätsmodul undν die Querkontraktionszahl. Das linearisierte Materialmodell in Gl. (2.43) stellt die Verbindung zwischen den Spannungen und Verzerrungen eines elastischen Körpers her.

Analog zu Gl. (2.30) kann der 2. Piola-Kirchhoffsche Spannungstensor formuliert werden als

b P2 =

P211 P222 P233 P212 P223 P231T

. (2.45)

Damit kann die konstitutive Gleichung (2.43) mit der Elastizitätsmatrix oder Materialmatrix Cb als

b

P2 = CbGb (2.46)

geschrieben werden, wobei sich Cb folgendermaßen zusammensetzt

b

Die Bewegungsgleichungen beschreiben die Änderung des Körpers aufgrund ex-terner Kräfte. Unter Vernachlässigung von thermodynamischen Effekten kann diese Änderung beschrieben werden über drei Bilanzgleichungen: Die Massenbi-lanz, die Impulsbilanz und die Drehimpulsbilanz.

Für die Massenbilanz gilt, dass die Masse in der Referenzkonfiguration Ω0 und der aktuellen Konfiguration Ω gleich ist. Mit den Dichten ρ0 und ρ in der Refe-renzkonfiguration und in der aktuellen Konfiguration sowie dem Deformations-gradienten F aus Gl. (2.26) kann die Massenbilanz formuliert werden als

m =Z

Die Impulsbilanz besagt, dass im Inertialsystem die zeitliche Änderung des Ge-samtimpuls gleich der Summe der wirkenden Volumen- und Oberflächenkräfte

ist. Formuliert in der Referenzkonfiguration lautet die differentielle Form der Impulsbilanz nach [Seifried14]

ρ0a= div(P1) +ρ0b0, (2.49) mit der absoluten Beschleunigung ¨r =abezüglich des Inertialsystems, dem Vek-tor b0 der Volumenkräfte und der Divergenz des 1. Piola-Kirchhoffschen Span-nungstensors div(P1) = (∂P1,ji/∂Ri)ej mit i, j = 1, 2, 3. Die Drehimpulsbi-lanz, auch Drallbilanz genannt, sagt aus, dass die Änderungsgeschwindigkeit des Gesamtdrehimpulses bezüglich des Inertialsystems dem gesamten Moment aller extern wirkenden Oberflächen- und Volumenkräften bezüglich des Inertialsys-tems entspricht, siehe [Altenbach18, Seifried14]. Daraus folgt die Symmetrie der Spannungstensoren

P2 = PT2. (2.50)

Gleichung (2.49) wird auch als starke Form der Bewegungsgleichungen bezeich-net, siehe [Eberhard00]. Die starke Form ist eine punktweise Beschreibung der Bewegung des elastischen Körpers. Neben den Bilanzgleichungen muss die kon-stitutive Gleichung (2.43) sowie die Anfangs- und Randbedingungen erfüllt sein, damit das Anfangs-Randwert-Problem vollständig definiert ist. Dazu müssen die Verschiebungsrandbedingungen, auch wesentliche Randbedingungen genannt,

u = ¯u auf Γu (2.51)

und die Spannungsrandbedingungen, auch natürliche Randbedingungen genannt,

¯

p =P1N auf Γq0, (2.52)

dargestellt in Abbildung 2.3, für alle Punkte auf der Oberfläche Γ des Konti-nuums erfüllt sein. Zusätzlich müssen die Anfangsbedingungen der Lage und Geschwindigkeit für t= 0 mit

Rr(R,0) = u(R,0) =0 und v(R,0) = ˙r(R,0) =0 (2.53) berücksichtigt werden.

Eine analytische Lösung dieser partiellen Differentialgleichungen ist oftmals nicht möglich weshalb auf Näherungsverfahren zurückgegriffen wird. Zur näherungs-weisen numerischen Lösung des Problems wird oft die schwache Form verwendet, welche eine integrale Beschreibung des gesamten Körpers darstellt. Zur Her-leitung der schwachen Form der Bewegungsgleichungen aus der starken Form wird Gl. (2.49), beschrieben in der Referenzkonfiguration Ω0 verwendet, sie-he [Eberhard00]. Skalares Multiplizieren der Impulsbilanz (2.49) mit einer vek-toriellen Testfunktion w und anschließende Integration über Ω0 liefert

Z

0

ρ0(a−b)wTdV = Z

0

div(P1)wTdV. (2.54)

2.2 Kontinuumsmechanische Grundlagen

u = ¯u Γu

¯

p= P1N

Γq0

dV P(t0)

P(t)dv b

u(R, t)

r(t) R

e1

e2

e3

KI

Abbildung 2.3: Beschreibung eines deformierbaren Körpers

Nach [Eberhard00, Wriggers01] folgt durch partielle Integration mit den Span-nungsrandbedingungen ¯p aus Gl. (2.52) und der Testfunktion w aus Gl. (2.54) die Variationsgleichung

Z

0

ρ0(ab)wTdV = Z

Γq0

¯

pwTdA− Z

0

P1 : grad(w)TdV. (2.55)

Für jede mit den Randbedingungen verträgliche Variation der Geschwindigkeit δ0v = δ0v(R, t) als Testfunktion w kann die schwache Form aus Gl. (2.55) als Jourdainsches Prinzip interpretiert werden, siehe Abschnitt 2.1.4. Dieses Prinzip wird oft im Zusammenhang mit der Methode der FMKS verwendet, da sich die virtuellen Geschwindigkeiten oftmals bequemer ermitteln lassen als die virtuellen Verschiebungen, siehe [SchwertassekWallrapp99].

Wird für die Testfunktion das virtuelle Geschwindigkeitsfeldδ0vverwendet, kann der letzte Term in Gl. (2.55) geschrieben werden als

Z

0

P1 : grad(δ0v)TdV, (2.56)

und anschließend mit der Beziehung grad(δ0v)T = δ0F˙ umgeformt werden zu Z

0

P1 : δ0F˙ dV, (2.57)

siehe [Lehner07]. Wird anschließend Gl. (2.41) eingesetzt und das Skalarprodukt oder in Matrixschreibweise nach Gl. (2.43) mit dem linearen Materialmodell aus Gl. (2.46) und der Verzerrungsgeschwindigkeit aus Gl. (2.35)

Z

wobei δ0G˙ die virtuelle Verzerrungsgeschwindigkeit des Green-Lagrange-Verzer-rungstensors ausdrückt. Nach dem Übergang auf die Matrixschreibweise kann das Jourdainsche Prinzip nach [Bathe96] dann folgendermaßen formuliert werden

Z

Dabei ist δ0Pm die virtuelle Leistung der Trägheitsterme, δ0Pe die virtuelle Leis-tung der Verzerrungen undδ0Ppbzw.δ0Pbdie virtuelle Leistung der Oberflächen-und Volumenkräfte. Die Kernaussage des Jourdainschen Prinzips in Gl. (2.60) ist, dass die virtuelle Leistung der Zwangskräfte für mit den Bindungen ver-träglichen Variationen der Geschwindigkeit verschwindet, da die Reaktionskräfte orthogonal zu den zulässigen Variationen sind, siehe [SchwertassekWallrapp99].

2.3 Finite-Elemente-Bewegungsgleichungen

Die Lösung von Gl. (2.60) ist der Verschiebungsverlauf r und der Geschwindig-keitsverlauf ˙r = v. Sie muss für alle Variationen δv das Jourdainsche Prinzip erfüllen. Eine exakte Lösung von Gl. (2.60) ist jedoch oftmals nicht möglich, wes-halb mit Hilfe von Ansatzfunktionen eine Näherungslösung bestimmt wird. Zur Bestimmung dieser Ansatzfunktionen wird das Galerkin-Verfahren eingesetzt, siehe [Hughes87]. Dabei erfüllen die Ansatzfunktionen für Verschiebung u und virtuelle Verschiebung δu die wesentlichen Randbedingungen.

Da es bei kompliziert berandeten Gebieten schwierig ist globale Ansatzfunktio-nen zu finden, wird bei der FEM das gesamte Gebiet in kleine einfach berandete Gebiete unterteilt. Für diese geometrisch einfachen finiten Elemente können die

2.3 Finite-Elemente-Bewegungsgleichungen

Ansatzfunktionen einfach bestimmt werden. Ein finites Element k besteht dem-nach aus den Ansatzfunktionen Φk und den unbekannten elastischen Knoten-verschiebungen qe,k. Die Verschiebungen im k-ten Element

uk = Φkqe,k (2.61)

werden über einen Ritz-Ansatz als Linearkombination von bekannten Ansatz-funktionenΦk und den unbekannten Knotenverschiebungenqe,k ermittelt. Dabei sind die Ritz-Funktionen in der Matrix der Ansatzfunktionen enthalten, wäh-rend die Ritz-Parameter die unbekannten Knotenverschiebungen in qe,k sind, siehe [Bathe96]. Für jedes finite Element ergibt sich eine lokale Bewegungs-gleichung, die anschließend zum Gesamtsystem zusammengesetzt werden. Be-nachbarte Elemente besitzen gemeinsame Knoten und somit sind die Ansatz-funktionen an den Elementgrenzen gekoppelt. Damit ist die Stetigkeit des Ver-schiebungsfeldes beim Übergang zwischen den Elementgrenzen gewährleistet. Als Ansatzfunktionen, auch Formfunktionen genannt, eignen sich zum Beispiel Po-lynome mit verschieden hohem Polynomgrad, siehe [KnotheWessels17]. Je höher dieser Polynomgrad ist, desto höher ist die Genauigkeit, da mit höherem Poly-nomgrad die Anzahl der Knoten auf den Elementen zunimmt. Jedoch steigt mit dem Polynomgrad auch die Rechenzeit, siehe [KnotheWessels17]. Eine Übersicht über gängige Elementtypen ist [Bathe96, Eberhard00] zu entnehmen.

Die Verzerrungen eines Elements werden im linearen Fall unter Vernachlässigung der nichtlinearen Terme nach Gl. (2.34) und aus den Verschiebungen Gl. (2.61) bestimmt zu

b

εk =LLΦkqe,k, (2.62)

mit dem Differentialoperator LL aus Gl. (2.32). Nach dem Bubnov-Galerkin-Verfahren sind die Ansätze für die Verschiebung und für die Variation der Ver-schiebung die gleichen, nämlich

δuk = Φkδqe,k (2.63)

siehe [Bathe96]. Für die Variation der Dehnungen gilt

δbε =LLΦkδqe,k. (2.64) Werden die Gleichungen (2.61) bis (2.63) in das Jourdainsche Prinzip in Gl. (2.60) unter Vernachlässigung der nichtlinearen Terme eingesetzt, so ergibt sich

Z

0

ρ0 Φkδ0q˙e,kT

Φkq¨e,kdV +Z

0

δ0bε˙TCbbεdV

= Z

Γq0

Φkδ0q˙e,kT

¯

pdA+Z

0

ρ0 Φkδ0q˙e,kT

bdV, (2.65)

bei Beschränkung auf kleine Verformungen. Da die virtuellen Größen δ0q˙e,k von-einander unabhängig sind gilt für Gl. (2.65)

δ0q˙Te,k

mit den Oberflächen- und Volumenkräften fpe,k bzw. fbe,k. Sind die virtuellen Größen δ0q˙e,k voneinander unabhängig, so ergeben sich die linearen FE-Bewe-gungsgleichungen eines freien Körpers schließlich indem alle Elemente zusam-mengefasst werden zu

Meq¨e+Keqe = fpe +fbe

| {z } fe

, (2.67)

mit der MassenmatrixMe und der Steifigkeitsmatrix Ke. Damit wird Gl. (2.66) für alle Elemente erfüllt. Sollen dissipative Effekte berücksichtigt werden, so kann Gl. (2.67) um die Dämpfungsmatrix De erweitert werden zu

Meq¨e+Deq˙e +Keqe =fe, (2.68) wobei die Bestimmung der Einträge vonDe in Abschnitt 2.6.3 beschrieben wird.

Zur Herleitung der FE-Bewegungsgleichungen wird vorausgesetzt, dass die vir-tuellen Größen voneinander unabhängig sind. Sollen Zwangsbedingungen, wie zum Beispiel Verschiebungsrandbedingungen, berücksichtigt werden, so sind die virtuellen Größen nicht mehr unabhängig. Zur Einbringung dieser Zwangsbe-dingungen in Gl. (2.67) wird der Vektor der Knotenverschiebungen aufgeteilt in unbekannte Verschiebungen qe,u und bekannte Verschiebungen qe,b aus den Randbedingungen. Die Bewegungsgleichungen eines gebundenen FE-Systems er-geben sich nach dem Aufteilen von Gl. (2.67) zu

Me,uu Me,ub

Die Reaktionskräfte fe,b können mit den Verschiebungen, welche aus Gl. (2.69) bestimmt werden, berechnet werden. Die Strukturen der Bewegungsgleichungen des freien Systems und des gebundenen Systems sind gleich, siehe [Bathe96].

2.4 Ansatz des mitbewegten Referenzsystems

Die Steifigkeitsmatrix Ke eines freien Systems ist positiv semi-definit. Die An-zahl der Nulleigenwerte entspricht der AnAn-zahl der Starrkörperfreiheitsgrade. Bei kinematisch bestimmt gelagerten Strukturen ist die Matrix Ke positiv definit.

2.4 Ansatz des mitbewegten Referenzsystems

In vielen Anwendungsgebieten der Maschinendynamik treten kleine und line-ar elastische Verformungen der Körper auf, welche nicht vernachlässigt werden dürfen. Mit dem Ansatz des mitbewegten Referenzsystems können diese elasti-schen Verformungen der Körper effizient in ein MKS aus Abschnitt 2.1 eingebaut werden. Im Folgenden werden die Grundlagen der Kinematik und der Kinetik eines flexiblen Körpers aufgezeigt. Eine detaillierte Herleitung kann [Schwertas-sekWallrapp99, Shabana05] entnommen werden.

2.4.1 Kinematik

Beim Ansatz des mitbewegten Referenzsystems werden zwei Koordinatensätze verwendet, um die Bewegung eines flexiblen Körpers zu beschreiben. Ein

Beim Ansatz des mitbewegten Referenzsystems werden zwei Koordinatensätze verwendet, um die Bewegung eines flexiblen Körpers zu beschreiben. Ein

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