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III. Ergebnisse

1. ApsB: Ein Mikrotubuli beeinflussendes Protein

1.2 Verteilung des genetischen Materials: Kernwanderung und ApsB

1.2.2 Kerne werden durch Zugkräfte auf Mikrotubuli bewegt

Um einen Einblick in den Mechanismus der Kernwanderung zu bekommen, wurde zunächst die Bewegung selbst studiert und anschließend analysiert, inwieweit sich bestimmte Mutationen auf diesen Mechanismus auswirken. Dazu gehören Mutationen in Motorproteinen wie Dynein (NudA), den Kinesinen (KinA, KipA) und Myosin (MyoA), sowie in Proteinen von denen angenommen wird, daß sie einen Einfluß auf das Kernwanderungsverhalten haben, wie beispielsweise ApsB und ApsA.

Beobachtet man sich bewegende Zellkerne, kann man folgende allgemeingültige Aussagen treffen (Abb. III. 18, III. 19 undmovies III. 10 a – g):

a) Der Spindelpolkörper der Kerne befindet sich immer in der Richtung, in die sich der Kern gerade bewegt.

b) Im Stillstand sind Kerne rundlich-oval. Während der Bewegung nehmen sie eine tränenförmige Gestalt an.

c) Vom Spindelpolkörper gehen immer Mikrotubuli zu allen Seiten hin aus. Gelegentlich konnte beobachtet werden, daß sich Mikrotubuli während der Bewegung nur zu der Seite hin orientieren, in die sich der Kern bewegte.

d) Sehr häufig wurde beobachtet, daß die Kernbewegung in dem Moment einsetzte, sobald ein Mikrotubulus Kontakt zum Cortex hatte.

e) Die Bewegung der Kerne kann kurzzeitig nacheinander in entgegen gesetzten Richtungen erfolgen.

f) Sehr häufig wurde beobachtet, daß sich benachbarte Kerne absolut synchron bewegten.

g) Mehrere Kerne innerhalb eines Kompartimentes können an einem durchgehenden Mikrotubulusbündel verbunden sein.

h) Kerne konnten sich von ihrem Hauptbündel lösen und unabhängig gezogen werden.

Abbildung III. 19

Zeitrafferstudien zur Kernwanderung.

(A, B) Interphasekerne (dunkle, runde bzw. ovale Bereiche) bewegen sich und ihr Spindelpolkörper (Pfeile) befindet sich immer an ihrer Spitze in Bewegungsrichtung. Die Zugkraft wird auf die Mikrotubuli ausgeübt, die mit ihrem (-)-Ende am Spindelpolkörpers befestigt sind, so daß auch die Kerne mitgezogen werden. Man beachte, daß der Kern in(A) nach "oben" gezogen wird und sich auch nur dort (in Zugrichtung) Mikrotubuli befinden. Bei (B) Wird die Zugkraft am entgegen gesetzten Ende der ursprünglichen Spindelpollokalisierung ausgeübt, so daß der Kern nach "unten" gezogen wird, und der Spindelpol von "oben" nach "unten" verlagert wird und anschließend der gesamte Kern mitgezogen wird. (C) Manchmal sind benachbarte Kerne mit dem gleichem Mikrotubulusfilament verbunden. Wird eine Kraft auf dieses Filament ausgeübt, bewegen sich die mit dem Mikrotubulus starr verbundenen Kerne synchron.(D) Der untere Kern bewegt sich aufwärts. Das besondere ist hier, daß es aufgrund der dominant negativen Eigenschaft von ApsB-GFP keine cortikalen Mikrotubuli gibt, sondern nur ein zentrales Bündel, und der Kern trotzdem noch gezogen wird, offenbar durch Krafteinwirkung auf das mit dem Kern verbundene Filament innerhalb des Bündels. Das gleiche trifft auch für(C) zu.(E)Ein Kern löst sich vom Hauptbündel und wird and dem mit ihm fest verbundenen Mikrotubulus aufwärts gezogen. Die Pfeilspitze markiert den Spindelpolkörper, die beiden Pfeile jeweils ein Mikrotubulusfilament oder Bündel. (F) Sechs benachbarte Kerne sind an einem gemeinsamen Mikrotubulusbündel mit ihren Spindelpolkörpern befestigt. (A, B) Stamm: SJW02. Größenmaßstab: 2 µm. Zwischen den Einzelbildern liegen jeweils 20 Sekunden.

(C – F) Stamm: SDM40. Größenmaßstab: 2 µm für (C, D, F), 1 µm für (E). Siehe movies III. 10 a – g.

Für die Studien wurden Stämme verwendet, in denen man gleichzeitig die drei wichtigsten Komponenten beobachten konnte, nämlich die Kerne, die Mikrotubuli und die Spindelpolkörper.

Geeignete Stämme hierfür waren SJW02, SJW100, SRS27 und SDV1B. Die Mikrotubuli waren immer mit GFP gefärbt, die Kerne wurden entweder auch mit GFP bzw. mRFP1 markiert oder konnten in Form einer Negativfärbung des ansonsten durch GFP leicht grün leuchtenden Cytoplasmas bestimmt werden. Der Spindelpolkörper war auch entweder durch ApsB mit GFP bzw. mRFP1 gefärbt, oder konnte als der Ort bestimmt werden, an dem zahlreiche Mikrotubuli direkt am Kern entstanden. Die Kernwanderungsgeschwindigkeit betrug im Mittel 0,1 – 1,2 µm min-1, wie auch schon zuvor ermittelt wurde (Suelmannet al., 1997).

Ausgehend von diesen Erkenntnissen wurde nun untersucht, inwieweit sich der Bewegungsablauf in bestimmten Mutantenstämmen von dem des Wildtyps unterscheidet. Dazu wurden durch Kreuzung und Transformation Stämme erzeugt, die neben markierten Mikrotubuli und/oder Kernen und/oder Spindelpolkörpern folgende Mutationen aufweisen:

Tabelle III. 01

Stämme zur Untersuchung des Transportverhaltens von ApsB in Bezug auf Motorproteine

Hauptmutation Marker Stamm

Kinesine

Deletion des konventionellen Kinesins (KinA)

kinA; GFP-Mikrotubuli, GFP-Kerne, ApsB-GFP SDM64

Deletion des Kinesins KipAkipA; GFP-Mikrotubuli, ApsB-GFP SDV20

Dynein

temperatursensitives Dynein nudAts; GFP-Mikrotubuli, ApsB-GFP SDM70

Deletion des Dyneins (nudA)nudA; GFP-Mikrotubuli, GFP-Kerne SDM90

Myosin

induzierbares Myosin alcA(p)-myoA; GFP-Kerne SDV7

aps-Mutationen

Mutation inapsB apsB10; GFP-Mikrotubuli SDV16

Deletion vonapsBapsB; GFP-Kerne SRS11

dominant negatives, C-terminales ApsB-GFP

GFP-Mikrotubuli, GFP-Kerne, ApsB-GFP SDM40

N-terminales GFP-ApsB GFP-ApsB; GFP-Kerne SDV5B

Mutation inapsA apsA1; GFP-Kerne SDV12

Obwohl schon seit längerem bekannt ist, daß es bei vielen dieser Mutanten zu einer Kernklusterung kommt, etwa in Kinesin, Dynein, ApsB und ApsA Mutanten (Suelmann et al., 1997;

Suelmann und Fischer 2000; Requena et al, 2001; Xiang et al., 1994), war es ein unerwartetes Ergebnis zu sehen, daß es praktisch in keinem der oben beschriebenen Stämme einen eindeutigen Effekt gab, der sich auffällig von dem Mechanismus in der Wildtypsituation unterschieden hätte. Zwar waren manche Dynamiken beeinträchtigt oder reduziert, dennoch fanden sich in der Gesamtheit immer die beschriebenen Mechaniken, wie beispielsweise der richtungweisende Spindelpolkörper, die synchrone und bidirektionale Kernbewegung, die Tränenform der Kerne und daß mehrere benachbarte Kerne durch ein langes Mikrotubulusbündel miteinander verbunden waren. Ein einzelnes Kernwanderungsereignis konnte in keiner Weise von dem im Wildtyp unterschieden werden. Nur in der Summe betrachtet führten die Bewegungen in den Mutanten zu einer Kernklusterung, einem ungeordneten Bewegung (Kerne überholten sich) und die Kerne konnten häufig ihre Position nicht halten, wie es die Kerne im Wildtyp können. Dort befanden sich die Zellkerne immer in definiertem Abstand zueinander, zeigten keine ungeordnete Bewegung und behielten ihre Position innerhalb gewissen Grenzen, während beispielsweise Kerne inapsB-Mutanten, die einmal in eine Verzweigung einer Hyphe eingewandert waren, auch wieder heraus konnten (movies III. 01, III. 02undIII. 11 a - d).

Betonenswert ist hier die Beobachtung, daß auch dann noch eine Kernwanderung möglich ist, wenn auf Grund des dominant negativen Effekts von ApsB-GFP keine oder kaum noch cortikale Mikrotubuli gebildet werden. Die für die Zugkraft verantwortlichen Motoren könnten sich daher höchstwahrscheinlich zwischen den sich überlappenden, antiparallelen Mikrotubulusbündeln befinden, wie es auch für andere Organismen angenommen wird (Straube et al., 2005; Kapitein et al., 2005).

Mit dieser Annahme lässt sich auch insbesondere die Beobachtung der synchronen Bewegung verstehen, ebenso wie das Ziehen eines sich aus dem Hauptbündel gelösten Kerns, dessen Mikrotubulusfilament sich weiter hinten wieder mit dem Bündel vereint (Abb. III. 18 h und III. 19 E).

Dennoch ist anzunehmen, daß sich auch am Cortex Motorproteine befinden, die eine Zugwirkung auf cortikale Mikrotubuli und damit die Kerne ausüben, weil häufig die Kernbewegung dann einsetzte, sobald ein Mikrotubulus den Cortex erreichte (movie III. 10 f). Dem Anschein nach sind an der Kernwanderung so viele Faktoren beteiligt, daß die Mutation von einem sich kaum oder nicht exklusiv auf den gesamten Vorgang auswirkt, und daß es viele redundante Möglichkeiten für die Zelle gibt ihr genetisches Material zu verteilen. So sind wahrscheinlich mehrere Motorproteine beteiligt und selbst wenn die Zugkräfte am Cortex für die cortikalen Mikrotubuli nicht mehr funktionieren, so gibt es immer noch die Kräfte zwischen den Filamenten eines Bündels, die ein Gleiten der Mikrotubuli und damit auch eine Kernbewegung ermöglichen. So wurde beispielsweise in N. crassa gezeigt, daß das Motorprotein NKin2 für den Transport der Mitochondrien entlang der Mikrotubuli verantwortlich ist.

Wenn NKin2 jedoch deletiert wurde, hat ein anderes Motorprotein (NKin3) die Funktion von NKin2 vollständig ersetzt, obwohl es vorher nicht am Transportprozess beteiligt war (Fuchs und Westermann, 2005). Abschließend konnte jedoch geklärt werden, daß die Kerne sicher nicht wie andere zelluläre Bestandteile (beispielsweise Vesikel) eine Ladung von Motorproteinen darstellen, die mit diesen direkt verbunden sind, sondern daß an den vom Spindelpolkörper auswachsenden Mikrotubuli gezogen wird, was letzten Endes zur Translokation der Kerne führt. Daher hat eine Beeinflussung der Mikrotubuli einen Effekt auf die Kernwanderung.