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Die abschließende Bewertung der beobachteten Körperhaltungen erfolgt auf Grund-lage der bekannten Grenzwerte bzw. Grenzbereiche der Datenbasis. Ihre Strukturen und wesentliche Inhalte sind zunächst allgemein gültig abgefasst und wurden bereits im Kapitel Grundlagen zusammengestellt. Die nun abschließend vorzunehmende Bewertung ist als Teil einer ergonomischen Gesamtbewertung zu sehen, die aus ver-schiedenen, unterschiedlich gewichteten Kategorien besteht.

Wünschenswert ist eine abschließende Aussage oder Übersichtsgrafik, die die gesamte Produktprüfung zusammenfasst und möglicherweise die folgenden Informa-tionen enthält:

Produkt A wurde im Nutzungskontext (entsprechend dem bestimmungsge-mäßem Gebrauch) anhand verschiedener Szenarien untersucht. Es wurden die ungünstigen Haltungen X, Y, Z des Hand-Arm-Systems identifiziert. Bei einem Anteil von X, Y, Z je Zeiteinheit t, kann das Produkt als nicht ergono-misch bezeichnet werden.

Des Weiteren ergaben die Untersuchungen, dass sich das Produkt A insbe-sondere für Nutzergruppen des X. Perzentils als wenig, für Personen des Y.

Perzentils jedoch als deutlich belastend erwiesen hat.

Eine isolierte Betrachtung der Auswertungen von Körperhaltungen, speziell am Hand-Arm-System, kann jedoch nicht ausschließlich zur Produktbewertung

herange-Relation zur Stichprobe sowie zu weiteren ergonomischen Anforderungen d. h. zur generellen Gebrauchstauglichkeit des Produktes zu sehen. Diese abschließende ergonomische Gesamtbewertung ist jedoch nicht Teil dieser Arbeit (siehe hierzu Ergonomie Kompendium, BAUA, 2007). Diese Bewertung setzt sich vielmehr aus verschiedenen Kategorien zusammen, von denen einzeln betrachtet keine ein abschließendes Urteil über die ergonomische Produktqualität zulässt. Jede zu unter-suchende Kategorie bedingt andere Untersuchungsmethoden und stellt andere Anforderungen an Verfahren, Probanden oder Messtechnik.

Es kann zusammenfassend festgestellt werden, dass als wichtigste Kategorien, neben der in dieser Arbeit behandelten Kategorie „Körperhaltungen und Bewegungs-abläufe“, die folgenden zu nennen sind:

Griffe und Greifflächen

Bedien- und Stellteile

Anzeigen und Beschriftungen

Dialoggestaltung

Die insgesamt fünf Kategorien können bei jeder Art Produkt in unterschiedlichem Maße zum Tragen kommen. So ist festzustellen, dass für eine Beurteilung der aus-gewählten Versuchsobjekte (Kapitel Anwendungsbeispiel) keinerlei Bedien- oder Stellteile oder gar Anzeigen/Beschriftungen zu untersuchen sind. Von großer Bedeu-tung sind dagegen Griffe und Greifflächen und die erzwungenen KörperhalBedeu-tungen und Bewegungsabläufe. Die ergonomische Produktbewertung wird demnach maß-geblich von den zuletzt genannten Kategorien beeinflusst. Die zahlenmäßige Gewichtung ist entsprechend der Bedeutung für das Produkt zu wählen und nicht Teil dieser Arbeit.

4 Anwendungsbeispiel

Es ist nicht vorrangiges Ziel dieser Untersuchung, einen Nachweis der ergonomi-schen Qualität für ein spezielles Produkt zu führen. Vielmehr wird eine Methode zur Bestimmung der ergonomischen Qualität von Arbeitsmitteln erprobt. Dennoch ist es erforderlich, anhand eines Beispiels den Umgang mit der vorgestellten Methode zu konkretisieren und beispielhaft darzustellen. Die aus der Anwendung gewonnenen Erkenntnisse dienen schließlich der Methodenoptimierung. Im Folgenden werden zunächst die ausgewählten Untersuchungsobjekte vorgestellt, bevor im Anschluss die Untersuchungsmethode schrittweise zur Anwendung kommt.

4.1 Untersuchungsobjekte

Für die Bewertung der ergonomischen Qualität, basierend auf Belastungen des Hand-Arm-Systems, wurden für diese Studie Schaufeln ausgewählt. Sie zeichnen

sich durch ihren sehr einfachen Aufbau aus und werden ausschließlich mit Händen und Armen gehalten und geführt. Werden für bestimmte Tätigkeiten größere Kräfte erforderlich, beispielsweise beim Lockern von Böden, unterstützen die Füße die

„Bedienung“. Die relativ übersichtlichen Größen der Mensch-Arbeitsmittel-Interaktion sind daher für die Erprobung der geplanten Methodik besonders geeignet. Es können nahezu isoliert Griffe und Greifflächen sowie die durch die Handhabung hervorgeru-fenen Stellungen von Händen und Armen betrachtet werden, ohne auf weitere Kom-ponenten wie beispielsweise Stellteile eingehen zu müssen. Dem Internet kann fol-gender Eintrag entnommen werden: „Die Schaufel dient vorrangig dem Aufnehmen und Transport des Materials, ... Schaufeln haben ein Blatt, das sowohl in Längs- wie auch in Querrichtung mehr oder minder konkav ist ... Handschaufeln haben einen Stiel, kurz bis mannslang, dann auch leicht gekrümmt ...“. (Artikel Schaufel. In: Wiki-pedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. Juli 2007 )

Eine Befragung von 20.000 Erwerbstätigen (BIBB/BAuA, 2005) ergab, dass 1,5 % der Befragten im Baugewerbe (Hoch- und Tiefbau) tätig sind, weitere 2,3 % im Bereich der Land- und Forstwirtschaft. Diese Personenkreise kommen als Nutzer von Schaufeln oder ähnlichen Handwerkzeugen in Frage. 51 Befragte geben an, regel-mäßig Schaufeln als Hauptarbeitsmittel zu nutzen bzw. nennen diese als eines der wichtigsten Arbeitsmittel. Als vergleichbare Arbeitsmittel finden Dung- oder Grabega-beln vorwiegend in der Landwirtschaft Verwendung. Insgesamt entspricht dies einem Anteil von Schaufel ähnlichen Werkzeugen von etwa 0,25 % aller genannten Arbeits-mitteln.

In den zugehörigen Normen, z. B. DIN 20151 (1984) (Schaufelstiel 1300), finden sich außer einigen Maßen (Länge und Durchmesser des Stiels) keinerlei Hinweise auf ergonomische Aspekte, die bei Konstruktion und Handhabung zu berücksichtigen sind. Es bietet sich daher eine Bewertung der Körperhaltungen mit dem Schwerpunkt Hand-Arm-System im Nutzungskontext an. Neben einer Schaufel mit klassischem Stiel wird eine neuartige Form zum Vergleich herangezogen, die in ihrer Stiel- bzw.

Griffgestaltung deutlich von bisher bekannten Formen abweicht.

4.1.1 Gebogene Schaufel

Die Schaufel mit gebogenem Stiel, im Folgenden auch gebogene Schaufel genannt, besteht wie auch die Vergleichsschaufel aus einem spitzen Schaufelblatt nach DIN 20121 (1990), Stechschaufel. Der Schaufelstiel ist S-förmig gebogen (Abb. 4.1) und wird aus Metall mit einem Kunststoffüberzug gefertigt. Die gebrauchsfertige Schaufel wiegt 2,43 kg.

Laut Hersteller zeichnen sich diese Schaufeln durch unterschiedlichste Faktoren aus, die vorwiegend Rücken schonende Körperhaltungen fördern sollen. Weiteres Ziel ist die Optimierung des Kraftflusses und der Krafteinleitung. Der Produktbeschreibung können die folgenden Informationen entnommen werden. Sie bleiben jedoch im Rahmen dieser Arbeit weitgehend unkommentiert.

tenwerkzeugen:

Optimale Krafthebel bei allen Bewe-gungsabläufen

Individuell wählbare Griffbereiche für optimale Krafteinleitung am Griff

Rücken- und kraftschonendes Arbei-ten - unabhängig von der Körpergröße des Benutzers

Rücken- und kraftschonendes Arbei-ten - unabhängig von der Lage d.h.

Höhe und Richtung des Arbeitsfeldes

Optimale Arbeitsleistung durch die Möglichkeit der Variation der Bewe-gungsabläufe

Verringerte Verletzungsgefahr durch den dämpfend wirkenden, S-förmigen Griff bei Schlag- und Stoßbewegungen

Bewegungsabläufe bei Arbeiten mit dem S-förmigen Griff gleichen gewohnten, automatisch ablaufenden Bewegungen und müssen deshalb nicht neu erlernt werden“ (ERGO-BASE, 2007)

Für den Gebrauch der Schaufel gibt der Hersteller anhand von vier Anwendungsbei-spielen die vorgesehenen Körperhaltungen und Bewegungsabläufe wie folgt an: Zum Aufnehmen von Ladegut in der Ebene wird die Schaufel waagerecht mit dem Ober-schenkel vorwärts bewegt (Abb. 4.2, A). Während dieses Vorganges befindet sich eine Hand am hinteren Bogen, die zweite Hand am vorderen oberen Bogen des Schaufelstiels. Die gleiche Körperhaltung ist einzunehmen, wenn Ladegut zu beför-dern ist (Abb. 4.2, B).

Bei Arbeiten oberhalb der Stehebene (Aufnehmen aus Schubkarren oder Anhängern) wird empfohlen das „Anheben mit Drehung des Griffes und Beförderung des Lagegu-tes“ (ERGOBASE, 2007) durchzuführen. Hierzu verbleibt eine Hand am hinteren Bogen der Schaufel, die zweite Hand bewegt sich im vorderen Griffbereich weiter

Abb. 4.1 Gebogene Schaufel

Abb. 4.2 Anwendungsbeispiele für die gebogene Schaufel (nach ERGOBASE, 2007)

nach unten und greift entsprechend tiefer die Schaufel. Der vordere Arm muss auf diese Weise nicht zu weit oberhalb des Ladegutes angreifen (Abb. 4.2, C). Die bogenförmigen Ausformungen des Stiels erlauben beim Aufnehmen aus Schubkar-ren, die Schaufel mit einer Zieh- und Paddelbewegung in Richtung des Nutzers zu bewegen (Abb. 4.2, D). Diese Information werden den Versuchspersonen später als Kurzeinweisung für den Gebrauch der Schaufel mitgeteilt bzw. vorgegeben.

4.1.2 Klassische Schaufel

Die Bezeichnung „klassische Schaufel“ wird auf Grund der Bekanntheit dieser Schaufelform im Rahmen dieser Arbeit verwendet. Weitere gängige Benennungen lauten „Frankfur-ter“ oder auch „Stechschaufel“ und gründen sich im Wesentli-chen auf die Form des spitz-rund zu laufenden Schaufelblat-tes. Die Schaufel eignet sich für das Bewegen von leichtem und schwerem Ladegut. Wie die gebogene Schaufel so ver-fügt auch die klassische Schaufel über das genormte Stech-schaufelblatt, das das Eindringen auch in festeres Ladegut erleichtert (Abb. 4.3). Die klassische Schaufel wiegt ein-schließlich des genormten Schaufelstiels aus Holz 2,08 kg.

Schaufelblatt und Schaufelstiel entsprechen den bereits genannten Normen. Zum Umgang mit der Schaufel werden im Rahmen dieser Arbeit keine weiteren Angaben gemacht.

Sie gilt als hinreichend bekannt und erfordert im Umgang kei-nerlei besondere Kenntnisse. Sie kann intuitiv eingesetzt wer-den. Ungeübte Versuchspersonen werden gegebenenfalls kurz im Gebrauch unterwiesen.