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Die Hochwasserereignisse der letzten Jahre, etwa Pfingsten 1999 oder im August 2002, haben verheerende Schäden angerichtet1. Sie haben die volks-wirtschaftliche Notwendigkeit eines weitreichenden Hochwasserschutzes aufgewiesen, die über den primär zu gewährleistenden Schutz von Leben und Gesundheit der Betroffenen hinausreicht.

Die Ursachen für die Entstehung von schadensstiftendem Hochwasser der Fließgewässer sind dabei vielschichtig.

Genannt seien insoweit neben extremen Wetterlagen als Anzeichen eines beginnenden Klimawandels vor allem das Abschneiden der Flussauen vom Strom, die Versiegelung von Freiflächen und eine intensive Bodennutzung, die Verschärfung des Wasserabflusses durch Gewässer-ausbaumaßnahmen auch bei den Nebenflüssen sowie nicht zuletzt die Bautätigkeit in topographisch ungeeigneten Arealen2. Das große gesamtgesellschaftliche Engagement bei der Beseitigung von Überschwemmungsschäden, beispielsweise in der Folge des Augusthochwassers 20023, darf nicht davon entbinden, hausgemachte

1 Vgl. Schmid, Bayerischer Bürgermeister 2004, S. 13.

2 Vgl. Schnappauf, Bayerischer Bürgermeister 2004, S. 11 f.;

Platzeck, der städtetag 2003, S. 6 f.; Müller/Schanze/Janssen, der städtetag 2003, S. 28 f; Simnacher, Bayerischer Bürgermeister 2003, S. 227.

3 Im Freistaat Sachsen sind bislang 2,2 Milliarden Euro zur Be-seitigung der Flutschäden des Jahres 2002 ausgezahlt worden, wobei von 103 000 Förderanträgen 91 000 anerkannt wurden (vgl.

Süddeutsche Zeitung v. 4.2.2004, S. 5). Punktuelle Beanstandungen, etwa durch den Sächsischen Rechnungshof hinsichtlich der Fluthilfe- Mittelverwendung, begünstigt durch „Freiräume“ in den Förderrichtlinien (vgl. Bund der Steuerzahler in Sachsen e. V.,

Schadensursachen anzugehen und Vorsorgestrategien konzeptionell zu vertiefen und umzusetzen. Weil die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung insoweit einen Handlungsbedarf erkannt haben, wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Initiativen ergriffen und Konzepte erarbeitet.

Bereits im Jahre 1995 hat die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser als Zusammenschluss der für die Wasserwirtschaft und das Wasserrecht zuständigen Ministerien der Länder der Bundesrepublik Deutschland allgemeine „Leitlinien für einen zukunftsweisenden Hochwasserschutz“ zusammen-gestellt. Darauf aufbauend hat der Freistaat Bayern 1999 das umfassende Programm „Nachhaltiger Hochwasserschutz in Bayern – Aktionsprogramm 2020“

zusammengestellt. Es enthält entsprechende fachliche Ziele und sieht an den rund 70 000 km bayerischer Gewässer für einen Zeitraum von zwei Dekaden unter Berücksichtigung der Haushaltslage Investitionen von 2,3 Milliarden Euro vor4. Ein weiterer Anstoß für den Hochwasserschutz ergibt sich aus dem „Auenprogramm Bayern“ des Freistaats Bayern, da intakte Auen als naturnahe Flusslandschaften neben dem Naturschutz immer auch den natürlichen Wasserrückhalt unterstützen5. Der Bezirk Schwaben führt seit gut drei Jahren als bezirksweites Modell, gefördert vom Freistaat Bayern, den Agenda 21-Prozess durch, dessen Leitziel im Kernbereich Umwelt die Entwicklung der Fließgewässer ist mitsamt der Reaktivierung und Erhaltung der

Aussendung v. 17.5.2004) sollen das insgesamt positive Bild der Schadensbehebung nicht überlagern.

4 Vgl. Schnappauf, Bayerischer Bürgermeister 2004, S. 11.

5 Vgl. Bay. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umwelt-fragen, Schutz vor Hochwasser in Bayern: Strategien und Beispiele, S. 7.

Rückhalteräume für einen funktionstüchtigen Hoch-wasserschutz6.

Unter organisatorischer Federführung der Regierung der Oberpfalz wurde Ende 2002 das Programm „Gewässer-nachbarschaften Bayern“ begonnen, wo gerade Kommunen auf freiwilliger Basis in Zusammenarbeit mit ihren Nachbargemeinden und den Wasserwirtschaftsämtern schwerpunktmäßig für die kleineren Gewässer eine fachlich hochwertige, naturnahe und kostengünstige Unterhaltung über Gemeindegrenzen hinweg erreichen können; davon profitiert auch der Hochwasserschutz7. Um das Krisenmanagement vor Ort verlässlich zu informieren, wird vom Freistaat Bayern darüber hinaus der Hochwassernachrichtendienst mit einem Innova-tionsprogramm modernisiert und ausgebaut; hierfür ist die Hochwassernachrichtenzentrale im Bayerischen Landesamt für Wasserwirtschaft in München die maßgebliche Informationsdrehscheibe8. Flankierend trägt in Bayern das Landesvermessungsamt vermittels der landesweiten Erfassung von Geländedaten in hochwassergefährdeten Gebieten dazu bei, dass hierfür

„zentimetergenaue Informationen“ in dreidimensionalen

6 Vgl. Simnacher, Bayerischer Bürgermeister 2003, S. 227.

7 Vgl. Schoberer, Bayerischer Bürgermeister 2004, S. 20 ff. Die zentrale Rolle des Hochwasserschutzes bei den Gewässernachbarschaften zeigt sich am Motto des zweiten Gewässernachbarschaftstages in Obertraubling- Piesenkofen, welches

„Hochwasser an kleinen Gewässern“ lautete. Vgl. Mittelbayerische Zeitung v. 12./13.6.2004, Landkreis- Seite.

8 Vgl. Göttle, Bayerischer Bürgermeister 2004, S. 22 f.; Bay.

Gemeindetag, Hochwasserschutz für Kommunen, S. 14. In der oben genannten Zentrale werden sämtliche Daten unter anderem des Messnetzes von rund 330 Niederschlagsmessstellen sowie 320 Pegeln gesammelt und ausgewertet. Die Auswertung wird sodann entsprechend verteilt. Vgl. Göttle, a.a.O., S. 23.

Kartenlandschaften genutzt werden können9. Zur Untersuchung eines sich abzeichnenden Klimawandels und dessen Folgen auf den Wasserhaushalt der Flussgebiete in Süddeutschland hat der Freistaat Bayern 1999 zusammen mit dem Land Baden- Württemberg und dem Deutschen Wetterdienst das Forschungsprojekt „Kliwa“

gestartet10.

Richtungsweisendes Musterbeispiel zugunsten eines nachhaltigen Hochwasserschutzes in der Stadtplanung war und ist die kommunale Initiative der Stadt Regensburg, mit Hilfe des „blauen Plans“ die Grenze zwischen dem Raum festzulegen, den der Wasserabfluß insbesondere der Donau bei hundertjährlichem Hochwasser beansprucht und denjenigen Flächen, die einer Bebauung zuführbar sind11. Zugrundegelegt war dem die Leitfrage „Was gehört der Stadt und was gehört dem Fluß?“12. Dieser mit Unterstützung der Wasserwirtschaftsverwaltung ausgearbeitete Plan liegt seit Juni 1998 vor, nachdem die Stadt Regensburg 1996 die Entscheidung getroffen hat, den Hochwasserschutz für das gesamte Stadtgebiet zeitgemäß anzugehen13.

Von den derzeit rund 400 in Bayern laufenden Hochwasserschutzprojekten sollen vorliegend zwei herausragende Vorhaben an der Iller sowie in Garmisch- Partenkirchen kurz vorgestellt werden. Zwischen Kempten und Immenstadt wird in einem raumgreifenden Hochwasserschutzvorhaben für 100 Millionen Euro bis zum

9 Vgl. Süddeutsche Zeitung v. 21./22.2.2004, S. 51.

10 Vgl. Donau Kurier v. 4.5.2004, S. 14.

11 Vgl. Bay. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umwelt-fragen, Hochwasserschutz bayerischer Städte, S. 84.

12 Vgl. Schaidinger, der städtetag 2003, S. 17.

13 Vgl. Bay. Staatsministerium für Landesentwicklung und Umwelt-fragen, Hochwasserschutz bayerischer Städte, S. 78, 84.

Jahre 2009 die Iller unter anderem auf einer Strecke von 1,3 km eigens umgeleitet, um das „Seifener Becken“

als Rückhalteraum einbinden zu können, weswegen sich das Wasser dann auf einer Fläche von 15 Quadratkilometern ausbreiten kann14. In Garmisch- Partenkirchen wird derzeit ein umfassendes Projekt des Hochwasserschutzes realisiert, wo neben einem Wasserrückhaltebecken sogar ein 1300 Meter langer unterirdischer Kanal gebaut wird, der zur Entlastung des Hochwasserabflusses von dem schmalen Wildbach Kanker zum erheblich breiteren, insoweit aufnahmefähigen Wildbach Partnach führt15. Daran wird deutlich, dass effektiver Hochwasserschutz vor Ort immer einer individuellen Ausgestaltung unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten bedarf.

Arbeitsschritte zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes sind auch im „5-Punkte-Programm der Bundesregierung“ vom 15. September 2002 festgehalten.

Es soll besonders den Flüssen mehr Raum geben und nimmt somit in gewisser Weise auf den vorgelegten Regierungsentwurf eines Artikelgesetzes zur Ver-besserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes vorab Bezug.

14 Vgl. Süddeutsche Zeitung v. 28.5.2004, S. 49. Hierfür ist eine Verlegung der Bundesstraße B 19 erforderlich sowie die Bewegung von über 100 000 Lkw- Ladungen Erde (vgl. a.a.O.).

15 Vgl. Süddeutsche Zeitung v. 8.7.2004, S. 40. Durch dieses Gesamtvorhaben, das 25 Millionen Euro kostet, werden künftig 85 Hektar bebautes Ortsgebiet mit 700 Gebäuden und 5 000 Einwohnern vor einem Jahrhunderthochwasser geschützt (vgl. a.a.O.).

2. Kapitel: Hochwasserschutz im Bauplanungsrecht unter