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Das interkommunale Abstimmungsgebot zur ge-meindenachbarlichen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB greift aus Gründen des Hochwasserschutzes nicht, sofern die bauleitplanerische aktive bzw.

allgemeine Hochwasservorsorge einer Gemeinde keine unverhältnismäßigen Auswirkungen zu Lasten der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung der

139 Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 38 BauGB Rn. 1. Im Sinne des § 38 Satz 2 BauGB kann sich eine Bindung des öffentlichen Planungsträgers gemäß § 7 Satz 1 BauGB ergeben. Nach Beginn der Anpassungspflicht des Fachplanungsträgers gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB entwickelte Bebauungspläne konkretisieren dessen Anpassungspflicht auch insoweit, wobei der Fachplanungsträger dann auf das Verfahren nach § 7 Satz 3 und Satz 4 BauGB verwiesen ist, bevor die Kommune Feststellungsklage nach § 43 VwGO erheben kann (Runkel, a.a.O., Rn. 105).

§ 38 Satz 3 BauGB begründet in seinem Anwendungsbereich für die nach § 38 Satz 1 BauGB privilegierten planfeststellungsbedürftigen Vorhaben einen Anspruch der Gemeinde auf Entschädigungs- und Kostenersatz, wobei insbesondere Entschädigungskosten nach §§ 39 ff BauGB und Planungskosten der Gemeinde in Betracht kommen. Vgl.

Runkel, a.a.O., Rn. 107 f.

140 Vgl. Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, § 38 BauGB Rn. 31.

Nachbargemeinde begründet141. Danach kommt es nicht allein auf das Vorliegen einer gewichtigen Betroffenheit der Nachbargemeinde an, sondern überdies auf eine Unverhältnismäßigkeit der Betroffenheit142, was die formale Reichweite des interkommunalen Abstimmungsgebots im Hinblick auf den städtebaulichen Hochwasserschutz beschränkt.

Um aber über Gemeindegrenzen hinaus strategischen Hochwasserschutz wirksam betreiben zu können, bietet die interkommunale Abstimmung eine sinnvolle Möglichkeit, das nach Flussgebietseinheiten gegliederte Vorgehen im Wasserrecht vermittels der Bauleitplanung zu ergänzen. Maßgeblich hierfür kann ein die Kommunen verbindender einheitlicher Naturraum sein143. Somit können benachbarte Gemeinden, deren Gebiet von einem hochwassergefährdeten Fließgewässer durchquert wird, über örtliche Grenzen auch des Regionalplans hinweg die bodenrechtliche Planung koordinieren, um dadurch eine Optimierung des Hochwasserschutzes durch konzeptionelle Verzahnung zu erreichen.

141 Vgl. Wrase, DVBl 2003, S. 1507; Thüringer OVG, Beschluss v.

19.12.2002, BauR 2003, S. 1863.

142 Halama, DVBl 2004, S. 80.

143 Müller/Schanze/Janssen, der städtetag 2003, S. 29. Der einheitliche Naturraum begründet indes per se kein fachgesetzlich geregeltes Vorhaben überörtlicher Bedeutung gemäß § 38 BauGB, weil bezüglich des Hochwasserschutzes lediglich die gemeindliche Bauleitplanung besonders auch zur Gemeindegrenze hin mit den nachbargemeindlichen Planungen abgestimmt werden soll. Vgl.

Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 38 BauGB Rn. 36. Vorbild in wasserrechtlicher Hinsicht kann das Förderprogramm

„Gewässernachbarschaften Bayern“ des Freistaates Bayern sein, welches auf die Zusammenarbeit der Gewässeranlieger einschließlich der Kommunen sowie der staatlichen Behörden setzt. Vgl. Bay.

Landesamt für Wasserwirtschaft, Gewässernachbarschaften Bayern:

Gemeinsam für unsere kleinen Gewässer, S. 1 f.

Um die dahingehenden Planungen aufeinander abstimmen zu können, sowie um eine gemeinsame Planung vorzubereiten, bietet sich vor allem für benachbarte Anliegergemeinden an Fließgewässern mit erheblichem Hochwasserpotential die Kooperation in Form einer Arbeitsgemeinschaft gemäß Art. 4 ff KommZG an144. Bei der Bildung einer besonderen Arbeitsgemeinschaft sind die beteiligten Kommunen dann untereinander, nicht aber nach außen, an die Beschlüsse gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KommZG gebunden145, wodurch eine gewisse rechtliche Absicherung erreicht wird. Die Gemeinden müssen somit das abgestimmte Vorgehen im Rahmen ihrer Planungshoheit gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV wollen, weil ansonsten das Erfordernis der interkommunalen Abstimmung in Bezug auf Hochwasseraspekte eines Plangebiets leerlaufen kann146. Da allein die gemeindliche Planungshoheit insoweit maßgeblich ist, tritt eine Kommunalisierung der Regionalplanung durch eine Herunterzonung auf die Ebene der Gemeinden nicht ein147. Demzufolge kann sich eine solidarische Zusammenarbeit148 einer Oberliegergemeinde mit der angrenzenden Unterliegergemeinde ergeben, die

144 Vgl. Bay. Gemeindetag, Hochwasserschutz für Kommunen, S. 25:

Bei weitergehenden Aufgabenstellungen der Zusammenarbeit kommt die Rechtsform der Zweckvereinbarung gemäß Art. 7 ff KommZG und des Zweckverbandes gemäß Art. 17 ff KommZG in Betracht, wofür auch der Regelungsgehalt des § 205 BauGB spricht.

145 Steiner, Kommunalrecht, S. 200.

146 Die Landeshauptstadt Dresden konnte im Wege interkommunaler Abstimmung im Jahre 1993 ein Baugebiet der Nachbargemeinde Niedergohlis in der Linie zwanzigjährlichen Hochwassers nicht abwenden, musste aber nach deren zwischenzeitlicher Eingemeindung die dortigen Folgen der Flut im August 2002 als Kommune bewältigen. Vgl. Roßberg, der städtetag 2003, S. 14.

147 Vgl. Kreibohm/Zülka, NWVBl 2003, S. 338.

148 Vgl. Müller/Schanze/Janssen, der städtetag 2003, S. 29; Stüer, LKV 2004, S. 7.

gerade bei Fließgewässern mit relativ kleinem Einzugsgebiet erkennbar wirkungsvoll sein kann149. Diesen Umstand haben die Hochwasserereignisse im August 2002 verdeutlicht, als es an kleineren Fließgewässern infolge Starkregens zu enormen Wasserabflüssen gekommen ist und im Grunde kleine Bäche mit wenig Wasserführung zu breiten Wasserströmen anschwollen, welche im Bereich betroffener Anliegergemeinden große Schäden verursacht haben150. Der Hochwasserschutz ist insofern eine gemeindliche Gemeinschaftsaufgabe, die etwa eine bauleitplanerische Ausweisung von Retentionsflächen eines Fließgewässers auf anderem Gemeindegebiet als dem der Gemeinde erfordern kann, die schutzbedürftig ist151. Demgemäß sind die Anliegergemeinden eines Fließgewässers vermittels interkommunaler Abstimmung in der Lage, einen am Naturraum ausgerichteten effektiven Beitrag zum Hochwasserschutz bauleitplanerisch zu erbringen. Ein dahingehendes Zusammenwirken sich abstimmender Kommunen sollte auch bauleitplanerisch nicht nur das Uferareal eines Bachs betreffen, sondern umfassend für den gemeinsamen Planungsraum angestrengt werden.

Ein regelmäßiger interkommunaler Erfahrungsaustausch152 kann den Hochwasserschutz in der Bauleitplanung voranbringen. Um überdies die wasserrechtliche Situation sowie die überörtliche Regionalplanung über Gemeindegrenzen hinweg hochwasserschutzbedeutsam zu vervollständigen, ist eine gewissenhafte

149 Bay. Gemeindetag, Hochwasserschutz für Kommunen, S. 7 f.

150 Schoberer, Bayerischer Bürgermeister 2004, S. 20; Forster/

Schmid, Bayerischer Bürgermeister 2003, S. 222: Im Übrigen verschärfen die erheblichen Abflüsse aus Nebenflüssen das Hochwasser der großen Flüsse.

151 Simnacher, Bayerischer Bürgermeister 2003, S. 227.

152 Vgl. Gmehling/Leikam, Bayerischer Bürgermeister 2004, S. 29.

meindenachbarliche Abstimmung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB ein sachdienliches Instrument.