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wahrzunehmen und auf diese zu reagieren. Ein wichtiges Signal ist hierbei Temperatur, da einerseits starke Hitze oder intensive Kälte zum Tod führt, und andererseits dieser physikalische Faktor auch zur Synchronisation circadianer Uhren herangezogen werden kann. Die Realisierung thermorezeptiver Strukturen in der Natur ist sehr mannigfaltig und reicht von einfachen RNA-Temperatur-Rezeptoren bei Bakterien (Johannsen et al., 2002), bis hin zu den komplexen Thermosensoren der Haie (Brown et al., 2003). Die sensitivsten Rezeptoren treten aber bei den Vipern auf, deren Infrarot-Thermosensoren eine Wahrnehmung von Unterschieden im Bereich von nur 0,003°C ermöglichen (Bullock and Diecke, 1956). Die häufigsten Vertreter thermosensitiver Strukturen findet man aber unter den Ionenkanälen. An dieser Stelle regulieren Temperaturänderungen die Durchlässigkeit für bestimmte Ionen. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung repräsentieren die TRP- und DEG/ENaC-Kanäle ideale Kandidaten für circadiane Thermorezeptoren.

TRP-Kanäle

Viele Vertreter thermosensitiver Ionenkanäle entstammen dabei aus der TRP-Familie (=transient receptor potential). Diese besteht aus Ca2+- bzw. Mg2+-Ionenkanälen, die jeweils 6 Transmembranhelices und eine putative Porenregion aufweisen. Sie können ein oder mehrere externe Reize in elektrische Nervenimpulse umwandeln und ermöglichen somit neben der Thermorezeption auch Photorezeption, Audiosensorik, Olfaktorik, Mechanorezeption, Nozizeption, Chemorezeption und Hygrosensation. Der erste Vertreter dieser Familie wurde anhand einer spontanen Photorezeptor-Mutante in Drosophila isoliert (Cosens and Manning, 1969). In Vertebraten erfolgt die Photorezeption über das lichtinduzierte Verschließen eines zyklischen nucleotid-gesteuerten Kanals, sowie über das daraus resultierende hyperpolarisierende Membranpotential in den Photorezeptorzellen.

Demgegenüber ist in Drosophila die PhospholipaseC (PLC) mittels eines G-Proteins an Rhodopsin gekoppelt. Wird dies durch Licht angeregt, löst eine PLC-vermittelte Aktivierung membrangebundener Ca2+-Kanäle eine Depolarisierung aus, die in einem Rezeptorpotential resultiert. Da aber Lichtreize in der Retina dieser spontanen Photorezeptionsmutante nur ein vorübergehendes ("transient") Rezeptorpotential, anstelle eines Nachwirkenden ("sustained“) auslösen, wurde das zugrunde liegende Gen Trp

"transient receptor potential" genannt (Abb. 9; Voets and Nilius, 2003; Montell, 1999).

Dagegen fehlt in norpA-Mutanten (no receptor potential A) dieses Potential vollständig, da

aufgrund der defekten Signalkomponente PLC das Lichtsignal nicht mehr weitergeleitet werden kann (Abb.9; Pearn et al., 1996). Basierend auf Sequenzhomologien werden die Trp-Kanäle in 7 Unterfamilien aufgegliedert (Vriens et al., 2004): TrpC (kanonische), TrpV (vanilloide), TrpM (Melastatin-artige), TrpN (nompC-artige), TrpA (AnkTM), TrpP (Polycystin-artige), TrpML (Mucolipin-artige).

In Säugern besitzen TrpV-, TrpM- und TrpA-Kanäle thermosensorische Fähigkeiten:

Während die TrpV-Kanäle auf eine Temperaturerhöhung reagieren, werden die TrpM- und TrpA-Kanäle durch ein Absenken der Temperatur aktiviert, wobei jeder Kanal einen bestimmten Schwellenwert besitzt (Abb. 10; Tominanga and Caterina, 2004). Dadurch wird ermöglicht, dass eine große Spanne an Temperaturen wahrgenommen werden kann, die von schmerzhaft kalten (<8°C), bis hin zu schmerzhaft warmen Temperaturen (>52°C) reicht (Clapham et al., 2003; Voets and Nilius, 2003). In Drosophila wurden bisher 13 Vertreter dieser Familie identifiziert (Tab. 1), von denen einige auch als Thermosensoren fungieren (siehe 1.14). Fast alle dieser TRP-Kanäle können durch die reversible Bindung des Kalziumanalogs Lanthanchlorid an extrazelluläre Ca2+-Bindestellen inhibiert werden (Ramsey et al., 2006; Jung et al., 2003). Eine Ausnahme bildet der Trp-L Kanal (Venglarik et al., 2004; Hardie and Minke, 1992; Hochstrate, 1989; Suss-Toby et al., 1991).

Abb. 10. Aktivierungstemperaturen von thermorezeptiven TRP-Kanälen bei Säugern.

Nahezu alle thermorezeptiven TRP-Kanäle der Säuger entstammen der Unterfamilie der TrpV-Kanäle. Diese werden durch eine Erhöhung der Temperatur aktiviert, während das Absenken der Temperatur bei den TrpM und TrpA Kanälen ein Signal auslöst.

(aus Tominanga and Caterina, 2004)

Abb. 9. Elektroretinogramme von Wiltyp-Fliegen, sowie norpA- und trp-Mutanten.

Lichtreize führen in der Retina von Wildtyp-Fliegen zu einem nachwirkenden Rezeptorsignal, in trp-Mutanten zu einem vorübegehenden (transient) oder in norpA-Mutanten zu gar keinem Potential. (Quelle:

Montell, 1999)

DEG-ENac-Kanäle

Die DEG/ENaC-Familie stellt eine weitere Gruppe thermorezeptiver Kanäle zur Verfügung. Maßgeblich ist deren erster isolierter Vertreter (deg-1, mec-4) sowohl bei der Mechanorezeption, als auch bei der Neurodegeneration des Nematoden Caenohabditis elegans beteiligt. Aus diesem Grund bezeichnet man diese Kanäle als Degenerine (DEG).

Unter Einbeziehung der Sequenzhomologien mit dem amiloridsensitiven, epithelen Na+ -Kanal (ENaC) ist auch die Bezeichnung DEG-ENaC geläufig (Welsh et al., 2001).

Vorherrschend sind diese Vertreter ausschließlich in Lebewesen mit spezialisierten Organen für Reproduktion, Verdauung und Koordination, während andere Ionenkanäle (z.B. H2O-, K+- und Cl--Kanäle) auch in den frühen Stadien der evolutionären Entwicklung auftreten (Kellenberger et al., 2002). Man kann sie sowohl in transportierenden Epithelien, als auch in neuronalen Geweben antreffen. Die Mitglieder der DEG-ENaC-Familie realisieren die Mechanotransduktion, die Propriozeption, die Nozizeption, die Neurotransmission, die Chemosensorik, die Thermosensorik, sowie die Regulation des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes (Kellenberger et al., 2002; Welsh et al., 2002;

Familie Gen cyt. Pos.

TrpC (kanonische)

Trp 99C6

Trp-L 46B2 Trp-γ 36A9 TrpV (vanilloid)

inactive 6D3 nanchung 70D3 TrpM (Melastatin)

CG30078/9 51E11

TrpP (Polycystin)

PKD2 33E3

TrpML (Mukolipin)

CG8743 76C3

TrpN (nompC-artige)

nompC 25D6

CG31284 84E4

pyrexia 61B2 TrpA (AnkTM)

AnkTM1 66E3 painless 60E5 Tab. 1. Übersicht der identifizierten Trp-Kanäle in Drosophila.

Askwith et al., 2001). Obwohl keine großen Sequenzübereinstimmungen vorliegen, sind jene Kanäle dennoch ähnlich aufgebaut: zwei kurze N- und C-Termini, zwei kurze membranspannende Segmente und eine große extrazelluläre Loop-Domäne (Welsh et al., 2001). Mehrere dieser Untereinheiten (4-9) gruppieren

sich zu Homo- oder Hetero-Multimeren zusammen, um dadurch einen spannungsunabhängigen Ionenkanal zu formieren. Die Expression von DEG-ENaC-Kanälen von Menschen, Maus und Schnecke in Xenopus Oozyten hat gezeigt, dass der Na+-Durchfluss temperaturabhängig erfolgen kann, was diese Kanäle als potentielle Thermosensoren entlarvt (Askwith et al., 2001). Bisher konnte man in Drosophila 19 Vertreter dieser Familie identifizieren (Tab. 2).

Bei allen DEG/ENaC-Kanälen wird durch die reversible Bindung von Amilorid an der extrazellulären Schleife die Pore geschlossen und somit der Na+ -Durchfluss unterbunden (Kelly et al., 2003; Ismailov et al., 1996). Dieser Hemmstoff blockiert dadurch sowohl in Vertebraten (Kinnamon, 1988), als auch in Drosophila (Jenkins and Tompkins, 1990; Liu et al., 2003b) die Wahrnehmung von Salz und Bitterstoffen.