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kunkeei EFB6, isolated from a German European foulbrood outbreak of honeybees

1.2 Invasive Phase der AFB- und EFB-Pathogenese

Auf die nicht-invasive Phase folgt die invasive Phase, die im Fall einer AFB-Infektion mit dem Tod der Larve einhergeht. Eine EFB-Infektion muss nicht zwangsläufig zum Tod der Honigbienenlarve führen (Abbildung 7). In diesem Abschnitt werden die Unterschiede zwischen der AFB- und EFB-Pathogenese mit den über die Genomanalyse ermittelten Virulenzfaktoren in Verbindung gebracht und zusammengefasst.

1.2.1 Die Degradation der peritrophischen Matrix (PM) der Honigbienenlarve als Übergang zur invasiven Phase

Die invasive Phase wird bei der AFB durch die Degradation der PM durch P. larvae eingeleitet (Garcia-Gonzalez & Genersch, 2013). Die PM kleidet den Darm der Honigbienenlarve aus und besteht aus sekretierten Glycoproteinen (Peritrophine) und Chitin (Terra, 2001). Die PM ist die erste Barriere, die überwunden werden muss, um das Darmepithel zu erreichen und in das Haemocoel vorzudringen (Garcia-Gonzalez et al., 2014c; Yue et al., 2008). P. larvae degradiert die PM durch die Sekretion von PlCBP49, einem essentiellen Virulenzfaktor, der eine Chitinase-ähnliche Funktion besitzt (Garcia-Gonzalez et al., 2014c). Dieses Enzym stellt zugleich ein neues Mitglied der „Auxiliary Activity 10“ (AA10)-Familie der lytischen Polysaccharid-Monooxygenasen dar (Garcia-Gonzalez et al., 2014c). Auch M. plutonius ist in der Lage, die PM zu durchbrechen (Alippi, 1999; Shimanuki, 1990). Der genaue Vorgang wurde bislang allerdings nicht geklärt. In silico Analysen haben gezeigt, dass M. plutonius im Genom ein Gen besitzt, welches für ein Protein der AA10-Familie kodiert und Ähnlichkeiten zu PlCBP49 aufweist (Kapitel B4). Auch spricht das Vorhandensein von einem Gene für ein Peptidase-M60-Familienprotein (Enhancin) bei M. plutonius für die Fähigkeit, die PM abbauen zu können,

da diese enzymatische Reaktion bei Enhancinen anderer Organismen bereits belegt wurde (Fang et al., 2009; Tellam et al., 1999; Toprak et al., 2012). Das Genom von P. larvae enthält auch Gene für Peptidasen der M60 Familie, allerdings sind diese Gene möglicherweise durch Nonsens-Mutationen und Transposase-Insertionen defekt. Eine Funktionszuordnung eines M60-Familie-ähnlichen Proteins bei P. larvae DSM 25719 (ERIC I) im AFB-Infektionsverlauf steht noch aus.

Endo-alpha-N-acetylgalactosaminidasen katalysieren die Freisetzung von Oligosacchariden über die Hydrolyse der O-glycosidischen Bindung zwischen alpha-Acetylgalactosamin und Serin-/Threonin-Resten von Proteinen. Ob die Endo-alpha-N-acetylgalactosaminidase von einigen M. plutonius Stämmen (typische Stämme 21.1, 49.3, 60, B5, H6, L9, S1, 764-5B, 765-6B und der atypische Stamm DAT561) eine Wirkung auf die Glycoproteine der PM hat, ist noch nicht geklärt, wenngleich dieses Enzym bei einigen Bakterien als Virulenzfaktor angesehen werden kann (Kapitel B4) (Ashida et al., 2008;

Gregg & Boraston, 2009).

Der Abbau der PM ist von großer Bedeutung bei der AFB-Pathogenese. P. larvae Stämme, die eine PlCBP49-Deletion (Δcbp49) aufweisen, zeigten eine um ca. 95 Prozent verringerte Mortalitätsrate bei AFB-infizierten Honigbienenlarven (Garcia-Gonzalez et al., 2014c). Eine detaillierte Analyse der potentiell PM-schädigenden Proteine von M.

plutonius steht noch aus, sollte aber Bestandteil weiterer Analysen sein, da der Abbau der PM auch bei M. plutonius der Startschuss für die invasive Phase darstellen könnte.

Denkbare Kandidaten für eine Analyse wären Enhancin und die Endo-alpha-N-acetylgalactosaminidase, welche beide während einer EFB-Infektion exprimiert werden.

Eine Überprüfung der Expression des PlCBP49-homologen Gens bei M. plutonius wurde noch nicht vorgenommen.

1.2.2 Durchbruch durch das Darmepithel und die Zersetzung des Wirtskörpers

Nach dem Abbau der PM ist die Darmepithelzellschicht der Honigbienenlarve ohne Schutz und stellt das nächste Angriffsziel in der AFB- und EFB-Pathogenese dar. Anhand vergleichender Genomanalysen im Jahr 2013 wurden bei P. larvae DSM 25719 (ERIC I) sieben und bei P. larvae DSM 25430 (ERIC II) fünf Toxin-kodierende Genloki festgestellt werden (Kapitel B2). Neuen Analysen zufolge besitzt P. larvae DSM 25719 (ERIC I) allerdings elf und P. larvae DSM 25430 (ERIC II) sechs Genloki, die für Toxine kodieren.

Dennoch wird bislang vermutet, dass der Genotyp ERIC II aufgrund der Mutationen in den jeweiligen Toxin-bildenden Genen nicht in der Lage ist, Toxine zu produzieren (Kapitel

B2) (Poppinga & Genersch, 2015). Dem ERIC I-Stämmen dagegen können bislang zwei Toxine zugeordnet werden, die zu einer Steigerung der Virulenz während einer AFB-Infektion führen (Fünfhaus et al., 2013).

Durch die Analyse von 14 M. plutonius-Genomen konnte das erste und bislang einzige Gen ermittelt werden, das für ein potentielles Toxin (Melissotoxin A) kodiert (Kapitel B4).

Dieses Toxin-Gen ist im Gegensatz zu den P. larvae-Toxinen nicht chromosomal kodiert sondern liegt plasmidkodiert (pMP19) vor. Die Wirkungsweise des Toxins ist bislang unbekannt. Das entsprechende Gen wird jedoch während der EFB-Pathogenese exprimiert (Kapitel B4). Interessanterweise besitzen nur einige typische Stämme dieses Toxin, nicht aber der atypische Stamm DAT561, obwohl dieser Stamm eine sehr hohe Virulenz aufweist. Die Larven-Mortalitätsrate lag fünf Tage nach einer in vitro Infektion mit M.

plutonius DAT561 bei 95 Prozent (Arai et al., 2012). Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass typische Stämme nur zu einer fünf- bis siebzehnprozentigen Sterberate nach fünf Tagen bei Honigbienenlarven führten (Arai et al., 2012). Die von den Autoren der in vitro-Infektionsstudie gewählte sehr kurze Inkubationszeit von insgesamt fünf Tagen ist allerdings kritisch zu betrachten, da Larven auch in einem späteren Stadium, nach dem ersten Abkoten oder als Puppe an einer Infektion sterben können (siehe Entwicklung der Honigbiene in Kapitel A2). Die Überprüfung der Letalität der typischen Stämme wurde somit vernachlässigt. Unabhängig davon ist bekannt, dass atypische Stämme ihre Pathogenität nach einigen Anzuchten verlieren (Arai et al., 2012). Erklärbar wäre dieser Verlust unter anderem durch den Verlust eines über horizontalem Gentransfer vermittelten Elements, in diesem Fall des Plasmids pMP19. M. plutonius verliert nach ungefähr drei bis fünf Anzuchten dieses Plasmid (Kapitel B4). Somit könnte der Verlust des Plasmids und des Toxins bei M. plutonius zu einer verringerten Virulenz oder zu einem Verlust der Pathogenität führen. Weitergehende Analysen sind hier gefordert.

Während die Sekretion von Toxinen beim P. larvae-Genotyp ERIC I eine entscheidende Rolle spielt, ist beim ERIC II-Genotyp ein Oberflächenprotein an der Virulenz beteiligt.

Die Fähigkeit von Organismen, an eukaryotischen, extrazellulären Matrixproteinen wie Laminin, Fibronectin, Fibrinogen und Collagen zu binden, wurde schon häufig als virulente Eigenschaft beschrieben (Courtney et al., 1994; Holmes et al., 2001; Massey et al., 2001; Spigaglia et al., 2013). SplA ist ein „S-Layer“-Protein, welches die Bindung von P. larvae DSM 25430 (ERIC II) an Darmepithelzellen der Honigbienenlarve induziert (Poppinga et al., 2012). Ein Verlust dieses Proteins führte zu einer ungefähr 45 Prozent verringerten Larvenmortalität und eine ungefähr um drei Tage verlängerten

Larven-Überlebensdauer (Poppinga et al., 2012). Ein homologes Protein wurde bei M. plutonius nicht detektiert. Dennoch wurden diverse Gene für Zelloberflächenproteine gefunden, die zur Virulenz des EFB-Erregers über Adhäsion- und Biofilmbildung beitragen könnten (Kapitel B4). Entscheidend dürfte hier auch die Bildung eines „Enterococcal Polysaccharide Antigens“ (Epa) sein, das bei E. faecalis bereits als Virulenzfaktor beschrieben wurde (Rigottier-Gois et al., 2014; Teng et al., 2009). Zudem scheinen typische Stämme in den meisten Fällen nur noch Überreste der Genregionen zu besitzen, die in dem atypischen Stamm für die Oberflächenproteine kodieren. Inwieweit die unterschiedliche Ausstattung an Oberflächenproteinen von typischen und atypischen M.

plutonius Stämmen zu abweichender Virulenz führen kann, muss in weiterführenden Studien geklärt werden.

P. larvae besitzt eine Reihe von Proteasen, die in M. plutonius nicht vorkommen und gleichzeitig als Virulenzfaktoren bei anderen Organismen beschrieben sind. Die Thermolysin-ähnliche Metalloprotease Bacillolysin (Peptidase der M4 Familie) wird von vier (ERIC I) bzw. drei (ERIC II) verschiedenen, orthologen Genen im Genom von P.

larvae kodiert und gilt als Virulenzfaktor bei Burkholderia cenocepacia (Kooi et al., 2006), Bacillus pseudomycoides, Bacillus thuringiensis (Luo et al., 2013) und Bacillus anthracis (Chung et al., 2006). Eine Bacillolysin-Protease von B. thuringiensis ist in der Lage, intestinales Gewebe von Caenorhabditis elegans zu zerstören (Luo et al., 2013).

Zusammen mit dem Immun-Inhibitor A (nur ERIC II), Collagenasen und einer Hyaluronidase können so unter anderem Zell-Zell-Verbindungen in eukaryotischen Gewebe aufgelöst und für weitere Stoffwechselprozesse zur Verfügung gestellt werden (Kapitel B2) (Chung et al., 2006; Jung et al., 1999; Li et al., 2000; Lindsay et al., 2009).

Dem Immun-Inhibitor A werden zudem die Spaltung sekretierter antimikrobieller Peptide des Wirtsorganismus zugeschrieben (Lövgren et al., 1990).

Zusammenfassend lässt sich ableiten, dass P. larvae also mit den genannten Enzymen potentiell in der Lage ist, tiefer in das Gewebe (Haemocoel) der Larve vorzudringen, es abzubauen und dem Immunsystem der Larve zu entkommen.

Die Genomanalysen der vierzehn M. plutonius-Stämme haben gezeigt, dass das genetische Repertoire zur Überwindung von Zell-Zell-Barrieren sehr begrenzt ist. Bislang konnte nur eine putative Collagenase der U32 Peptidasefamilie identifiziert werden (Kapitel B4). EFB und AFB zeigen im späteren Verlauf der Krankheit unterschiedliche Symptome (Kapitel A3.1). Während P. larvae die tote Larve vollständig zu einer braunen, zähflüssigen Masse zersetzt, trocknet die Larve bei einer EFB-Infektion zu einem festen Schorf ein. Die These,

dass der Primärerreger der EFB nicht in der Lage ist, sämtliches Bienenlarvengewebe zu zersetzen, wird somit durch die Genomanalysen der vierzehn Stämme untermauert. Der bereits erwähnte Einfluss von möglichen Sekundärerregern, potentiellen Saprophyten (Forsgren, 2010), könnte zum Zersetzungsprozess der Honigbienenlarve beitragen.

Zusammenfassend ist zu erkennen, dass sich die genetische Ausstattung an Virulenzfaktoren bei P. larvae und M. plutonius unterscheidet. Ferner besitzen die P.

larvae-Genotypen (Kapitel B2) als auch teilweise die einzelnen M. plutonius-Stämme (Kapitel B4) eine verschiedenartige genetische Ausstattung. Das lässt darauf schließen, dass sich auch innerhalb der jeweiligen Art unterschiedliche Pathogenitätsmechanismen entwickelt haben und nicht nur Unterschiede zwischen P. larvae und M. plutonius bestehen.

1.3 Genomreduktion als Zeichen der Evolution: Der Einfluss von Phagen, mobilen