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6 Kalttest der Demonstrator-Kavität

Abbildung 6.9: Zeitlicher Verlauf des Drucks p und der transmittierten Leistung Pt inner-halb der Kavität über die gesamte Betriebsdauer von 25 Tagen (inkl. Abkühlvorgang). Eine Erhöhung von Pt ist jeweils mit einem zugehörigen Druckanstieg verbunden, während jeder Abkühlvorgang aufgrund des Kryopumpen-Effektes zu einer Druckabsenkung führt.

100 Hz–3 kHz ermöglichte es auf verschiedene Arten mit dem Hochfrequenzsignal über die Resonanz der Kavität zu fahren (Sweep-Modus). Auf diese Weise wurden gezielt Elek-tronenlawinen ausgelöst und schließlich die Oberfläche gereinigt. Abbildung 6.10 (links) zeigt die typische Signatur beim Auftreten von Multipacting mit Hilfe eines Netzwerk-analysators, während rechts die zugehörigen Hochfrequenzsignale der Vorwärtsleistung Pf, der reflektierten Leistung Pr sowie der transmittierten Leistung Pt an einem Os-zilloskop dargestellt sind. Aufgrund der Elektronenlawine kann die Transmission am Netzwerkanalysator nicht weiter erhört werden, wodurch sich ein Plateau in der Re-sonanzkurve bildet. Zugleich entsteht in der Transmission am Oszilloskop ein starkes Überschwingen bis schließlich die Multipacting-Lawine einsetzt (s. Abb. 6.10 rechts).

Dieses charakteristische Verhalten weist in der Regel auf ein zeitnahes Durchbrechen der Multipacting-Barriere hin. Da das Oszilloskop Spannungen misst, sind die dargestellten Signale direkt proportional zu den Wurzeln der jeweiligen Leistungen. Abbildung 6.11 zeigt exemplarisch das Verhalten der transmittierten Leistung Pt beim Durchbrechen einer Barriere für einen bestimmten Zeitraum während des Konditionierungsprozesses.

Nach etwa drei Stunden aktiver Konditionierung mit Variation des Leistungspegels wur-de die Kavität über Nacht bei einer konstanten Vorwärtsleistung vonPf = 1W betrieben.

Hierbei blieb die transmittierte Leistung in der Kavität und somit auch der Gradient für 15 Stunden konstant auf 0,36 mW bzw. 0,29 MV/m. Daraufhin erfolgte die Wiederauf-nahme der Konditionierung für die nächsten neun Stunden. In diesem Zeitraum konnte eine Multipacting-Barriere durchbrochen werden. Entsprechend stieg die transmittierte Leistung innerhalb der Kavität bei vergleichbarer Vorwärtsleistung auf 0,47 mW bzw.

6.3 Inbetriebnahme der Kavität und Konditionierung

Abbildung 6.10: Typische Signaturen beim Auftreten von Multipacting, gemessen mit einem Netzwerkanalysator (links) und einem Oszilloskop (rechts). Die mit dem Oszilloskop darge-stellten Signale sind proportional zu den Wurzeln der jeweiligen Leistungen, wobei die gelbe, hellblaue und magentafarbene Kurve entsprechend p

Pf,√

Pr und √

Pt zuzuordnen ist.

der Gradient auf 0,33 MV/m. Die Schwellen im niedrigen Gradientenbereich <3MV/m konnten bereits nach etwa zwei Tagen dauerhaft überwunden werden. Dabei handelte es sich oftmals um nahe beieinander liegende Multipacting-Bänder. Weitere Schwellen traten bei mittleren und hohen Feldstärken im Bereich von 3–7 MV/m auf. Barrieren die sich oberhalb von 6 MV/m befanden, konnten beim Erhöhen des Feldpegels regel-mäßig erneut für einen kurzen Augenblick registriert werden. Sie waren nicht dauer-haft zu entfernen. Des Weiteren traten sechs der insgesamt zehn gemessenen Barrieren oberhalb von 3 MV/m in Erscheinung. Im direkten Vergleich bestätigt dieses Verhalten die Simulationen aus Kapitel 3.5 zum Auftreten von Multipacting bei unterschiedlichen Oberflächenpräparationen (s. Abb. 6.12). Demnach deuten die Berechnungen im Falle des Hochdruckspülverfahrens und des Ausbackens bei 300C ebenfalls auf eine Reihe von Multipacting-Ereignissen oberhalb von 2,3 MV/m bzw. 4,5 MV/m hin. Somit ist da-von auszugehen, dass bei optimaler Präparation der Resonatoroberfläche gänzlich keine Schwellen mehr auftreten sollten und die verbliebenen Barrieren dauerhaft zu entfernen sind. Folglich handelt es sich bei allen gemessenen Schwellen um weiche Barrieren. Ta-belle 6.1 beinhaltet eine Zusammenfassung aller markanten Multipacting-Barrieren, die während der Konditionierung und des Betriebs der Kavität beobachtet werden konnten.

Insgesamt belief sich die Konditionierungsphase auf etwa eine Woche und endete 240 Stunden nach Beginn des Kalttests.

Nach Abschluss der Konditionierungsphase erfolgten die Hochfrequenzmessungen an der Kavität. Für die Bestimmung der Leistungsfähigkeit des Resonators bzw. für die Aufnah-me der Q-E-Kurve (s. Abschn. 6.4) mussten jedoch zunächst die hierfür notwendigen Messgrößen bei kleinen Feldpegeln ermittelt werden. Infolgedessen wurde die Kavität vorerst bei niedrigen Pegeln (0,8 MV/m) gepulst betrieben und die VorwärtsleistungPf, die reflektierte LeistungPr sowie die transmittierte LeistungPt ebenfalls mit einem

Os-6 Kalttest der Demonstrator-Kavität

zilloskop gemessen. Abbildung 6.13 zeigt den typischen Verlauf der Hochfrequenzsignale bei niedrigen Feldpegeln im Pulsbetrieb unter Einspeisung eines Rechtecksignals. Diese Art der Darstellung ermöglicht die Beobachtung des Einschwingverhaltens der Kavität entsprechend der eingestellten Kopplungsstärke. Anhand der Form des reflektierten Si-gnals (hellblaue Kurve) ist deutlich zu erkennen, dass die Kavität überkoppelt (βe>1) betrieben wurde (s. Kap. 4, Abb. 4.2).

Abbildung 6.11: Verhalten der transmittierten Leistung Pt beim Durchbrechen einer Multipacting-Barriere während der Konditionierungsphase der Kavität. Nach ca. neun Stun-den Konditionierung mit Variation des Leistungspegels stieg die transmittierte Leistung in der Kavität bei vergleichbarer Vorwärtsleistung um 0,11 mW.

Abbildung 6.12: Simulierter mittlerer Sekundärelektronenertrag als Funktion des Gradi-enten für drei unterschiedliche Oberflächenpräparationen im Vergleich zu den gemessenen Multipacting-Barrieren. Bei Ea > 3MV/m treten die meisten Schwellen in Erscheinung. Die Simulationen deuten darauf hin, dass bei optimaler Präparation der Resonatoroberfläche und erneuter Konditionierung sämtliche Barrieren dauerhaft entfernt werden können.

6.3 Inbetriebnahme der Kavität und Konditionierung

Schwelle Ea / (MV/m) Dauerhaft konditionierbar

1 0,03 ja

2 0,29 ja

3 1,14 ja

4 2,46 ja

5 3,13 ja

6 4,50 ja

7 5,36 ja

8 5,83 ja

9 6,16 nein

10 6,60 nein

Tabelle 6.1: Gemessene Multipacting-Schwellen während der Konditionierungs- und Betriebs-phase der Kavität.

Abbildung 6.13: Typischer Verlauf der Hochfrequenzsignale im Pulsbetrieb bei niedrigen Feldpegeln zur Darstellung des Einschwingverhaltens der Kavität. Das Signal der Reflexion (hellblaue Kurve) charakterisiert hierbei die eingestellte Kopplungsstärke.

Gemäß den Ausführungen aus Kapitel 4 konnte somit aus dem exponentiellen Abfall von Pt bzw. der zugehörigen Spannung, welche direkt proportional zur gespeicherten Energie im Resonator ist, die Zeitkonstante τL gemessen werden. Sämtliche Messungen wurden stets 85 mal wiederholt und gemittelt, um die Messfehler zu reduzieren. Es ergab sich eine Zeitkonstante von τL = 126ms. Entsprechend folgte aus Gleichung 4.4 mit ω = 2π·216,841 MHz für die belastete Güte:

QL=1,71·108

Anschließend wurde mit Hilfe von Gleichung 4.19 die Kopplungsstärke βe des Einkopp-lers aus den Ein- und Ausschaltpeaks des reflektierten Signals bestimmt. Zur Validierung

6 Kalttest der Demonstrator-Kavität

dieser Methode kann βeauch im Dauerstrichbetrieb gemessen werden. Hierzu wurde der Pulsgenerator ausgeschaltet und die Kavität bei gleichem Feldpegel im Dauerstrichmo-dus betrieben. Daraufhin ließ sich βe durch Messung von Pf und Pr mit Gleichung 4.18 berechnen. Nach Mittelung der Werte beider Messmethoden ergab sich für die Kopp-lungsstärke:

βe =7,4

Mittels dieser Messgrößen und Gleichung 4.11 (mit βt = 0) folgte für die intrinsische Güte der Kavität bei kleinen Feldpegeln:

Q0 =1,44·109

Sie ist somit unter kryogenen Bedingungen etwa fünf Größenordnungen höher als bei Raumtemperatur. Aufgrund der Komplexität der Kavität übertrifft dieser Wert die vor-ab getroffenen Erwartungen deutlich. Es handelt sich hierbei um den bisher höchsten Gütewert, der jemals bei einer supraleitenden CH-Kavität erreicht wurde. Unter Ver-wendung von Gleichung 4.9 konnte die externe Güte des Einkopplers zu

Qe=1,98·108

berechnet werden. Dieser gemessene Wert liegt etwa 29 % unterhalb der simulierten ex-ternen Güte des Einkopplers aus Kapitel 4.1 und befindet sich somit im Rahmen der Fertigungs- und Simulationsgenauigkeit. Weiterhin konnte durch Messung der jeweiligen Leistungswerte im Dauerstrichbetrieb auch die externe Güte Qt des Auskopplers mit

Qt =QL(1 +βe)

| {z }

Q0

1−Pr/Pf −Pt/Pf Pt/Pf

(6.1) zu

Qt=2,3·1010

und gemäß Gleichung 4.10 die zugehörige Kopplungsstärke entsprechend zu βt =0,06

bestimmt werden. Da βt hinreichend niedrig bzw. Qt entsprechend hoch waren, wurden die Verluste durch den Auskoppler bei der Berechnung der intrinsischen Güte dement-sprechend vernachlässigt. Hinsichtlich der Simulationen aus Kapitel 4.1 fällt der gemes-sene Wert fürQtca. 12 % geringer aus. Im darauf folgenden Schritt konnte mit Hilfe des simulierten Wertes für den Geometriefaktor (G = 52 Ω) der Oberflächenwiderstand der Kavität berechnet werden:

RS =G/Q0 = 36nΩ

Mittels der Gleichungen 2.27, 2.44, 2.45 und des gemessenen Restmagnetfeldes innerhalb