• Keine Ergebnisse gefunden

In vitro–Versuche: Maspin-Überexpression und Maspin-Suppression

4.3 Methylierungsanalysen

5.1.2 In vitro–Versuche: Maspin-Überexpression und Maspin-Suppression

Der Einfluss der Maspinexpression auf verschiedene tumorrelevante Aspekte konnte zum einen durch stabile Überexpression in der schwach Maspin-exprimierenden Zelllinie SW480 und zum anderen durch die Suppression der stark exprimierenden Zelllinie SW48 untersucht werden. Die konstante und effektive Suppression mit Hilfe des Antisense-Vektorkonstruktes (Abb. 4.2.18) beruhte einerseits darauf, dass die Maspin-mRNA mit der vom Vektorkonstrukt konstitutiv transkribierten Antisense-RNA hybridisierte und nicht translatiert werden konnte.

Andererseits aktivierte diese doppelsträngige RNA den zellulären RNA-Interferenz-Mechanismus, der ebenfalls den Abbau neuer Maspin-Transkripte forcierte. Die starken Effektivitätsschwankungen (Abb. 4.2.24) bei der transienten, siRNA-vermittelten Suppression

könnten durch unterschiedliche Transfektionseffizienzen und dem Abbau der siRNA durch sekretierte RNasen begründet werden.

Der Modulation der Maspinexpression folgten morphologische Veränderungen der Zellen.

Dabei bewirkte die Überexpression von Maspin die Bildung von Pseudopodien (Abb. 4.2.14;

Abb. 4.2.15), die umgekehrt durch die Maspin-Suppression zurückgebildet wurden (Abb. 4.2.20). Pseudopodien sind Ausstülpungen der Zellen und dienen der Fortbewegung.

Dabei strecken die Zellen die Pseudopodien in Bewegungsrichtung aus, verankern diese und bewegen ihre Zellmasse durch Umschichtungen und Kontraktionen zum Verankerungspunkt.

Bei Tumorzellen ermöglichen die Pseudopodien die aktive Migration und sind wichtige Invasivitätsfaktoren (Le et al., 1998). Diese Maspin-assoziierte Pseudopodienbildung könnte eine Ursache für die erhöhte Motilität und Invasivität der stabil transfizierten SW480 Klone und die entsprechend niedrigere Motilität und Invasivität der stabil supprimierten SW48 Klone sein, die in 5.1.2.3 weiter diskutiert wird.

Die Überexpression hob bei den SW480 Klonen die Kontakthemmung und damit das Wachstum als Monolayer auf (Abb. 4.2.14; Abb. 4.2.15). Die Kontakthemmung und das damit verbundene Wachstum als Monolayer ist ein wichtiges Merkmal epithelialer Zellen.

Der Verlust dieser Eigenschaften stellt einen wichtigen Schritt bei der malignen Transformation dar, weil dadurch die Formation solider Tumore ermöglicht wird. Zudem bewirkte Maspin sowohl bei intrazellulärer Überexpression als auch als rekombinantes Maspin im Kulturmedium eine starke Erhöhung der interzellulären Adhäsionskräfte, was zur Bildung schwer dissoziierbarer Zellaggregate führte. Dies beweist die Aktivität von Maspin direkt auf der Zelloberfläche. Die Sekretion von Maspin wurde bereits beschrieben (Katz and Taichman, 1999; Khalkhali-Ellis and Hendrix, 2007), weshalb vermutlich das intrazellulär überexprimierte Maspin - zumindest teilweise - an die Zelloberfläche transportiert wurde (siehe auch Abb. 4.2.16 links unten), wo es die verstärkten Zell-Zell-Kontakte direkt oder indirekt bewirkte. Im Gegenzug wurden als Folge der Suppression die interzellulären Kontakte der SW48 Klone deutlich verringert, und die Zellen ließen sich durch Trypsin leichter von der Kulturschale ablösen und dissoziieren als die Kontrollen. Maspin bindet an verschiedenen Komponenten der extrazellulären Matrix wie Fibronektin, Laminin, Kollagen I und Kollagen IV (Ngamkitidechakul et al., 2001; Abraham et al., 2003; Ngamkitidechakul et al., 2003; Odero-Marah et al., 2003; Cella et al., 2006). Da natives Maspin Dimere bildet (Al-Ayyoubi et al., 2004; Law et al., 2005), könnten die verstärkten Zell-Zell-Kontakte möglicherweise über die Dimerisierung von Maspinmolekülen vermittelt werden, die wiederum an Komponenten der extrazellulären Matrix verankert sind.

Die Überexpression bewirkte neben den verstärkten interzellulären Kontakten eine Verringerung der Adhäsionsgeschwindigkeit und der Adhäsionsstärke an zellkultur-behandeltem Polystyrol (Abb. 4.2.25; Abb. 4.2.28). Diese Ergebnisse zeigten erstmals die Verringerung der Adhäsion im Zusammenhang mit der Überexpression von Maspin. Die Maspin-Suppression hatte keine derartig starke Abnahme der Adhäsionsgeschwindigkeit zur Folge (Abb. 4.2.26; Abb. 4.2.27), bewirkte aber ebenfalls einen Rückgang der Adhäsionsstärke (Abb. 4.2.29; Abb. 4.2.30). Dass sowohl die Überexpression als auch die Suppression von Maspin eine Reduktion der Adhäsionsstärke zur Folge hatte, ist schwer in Konsens zu bringen, ist aber einzeln betrachtet stimmig: Die geringere Adhäsion der überexprimierenden Klone wird von der Maspinverteilung in den CRC gestützt. Dort zeigten die infiltrierten Zellen, die den Kontakt zur Basalmembran verloren hatten, besonders intensive Maspinfärbung. Hätte die Maspinexpression die Adhäsion dieser Zellen verstärkt, wären diese nicht zur Invasion in der Lage gewesen. Da Maspin an verschiedene Komponenten der extrazellulären Matrix bindet, könnte die Adhäsionsfähigkeit dieser Moleküle durch die Absättigung mit Maspin herabgesetzt werden.

Die Reduktion der Adhäsion als Folge der Maspin-Suppression steht im Einklang mit den Daten anderer Gruppen, die von erhöhter Adhäsion als Folge hoher Maspinexpression in Brust und Prostatakarzinomzelllinien berichteten (Ngamkitidechakul et al., 2001; Abraham et al., 2003; Odero-Marah et al., 2003; Cella et al., 2006).

5.1.2.1 Proliferation

Die Maspinexpression hemmte die Proliferation der stabil transfizierten Klone. Die Suppression bewirkte eine starke Erhöhung der Proliferation (Abb. 4.2.32), die Überexpression hatte den gegenteiligen Effekt zur Folge (Abb. 4.2.31). Die Untersuchung der Maspinexpression von SW48- und HCT116-Zellen in den verschiedenen Phasen des Zellzyklusses ergab einen Expressionsanstieg im Verlauf der S-Phase (Tab. 4.2.14;

Tab. 4.1.15). Andererseits korreliert eine hohe Maspinexpression mit niedrigerer Proliferation. Diese Ergebnisse lassen folgende Spekulationen zu: Möglicherweise liegt eine Funktion von Maspin darin, den Zellzyklus und damit die Proliferation negativ zu regulieren.

So könnte Maspin möglicherweise in Tumoren überexprimiert werden, um der beschleunigten Proliferation der Tumorzellen entgegenzusteuern. Als ein Effekt der Maspin-Überexpression in der Brusttumor-Zelllinie MDA-MB-231 wurden die Erhöhungen der Expression der anti-proliferativ wirkenden Gene CDKN2C (P18 INK4c) und CDKN3 beschrieben (Bailey et al.,

2006). Die maspinabhängige Regulation dieser Gene könnte möglicherweise die Modulationen der Proliferationsgeschwindigkeit in den CRC-Zelllinien erklären. Weiterhin könnte die Maspin-Überexpression aufgrund erhöhter Proteinsyntheseleistung die Proliferation verlangsamen, während die Suppression der Maspinexpression weitere Ressourcen für das Wachstum der Zellen freigibt, was möglicherweise höhere Proliferationsraten zur Folge haben könnte. Die Verdopplung des Zellvolumens bei den supprimierten Klonen (Abb. 4.2.19) bestärkt diese Theorie.

5.1.2.2 Regulation der Maspinexpression

Die Regulation der Maspinexpression ist transkriptionell reguliert, da sowohl in den CRC (Abb. 4.2.3) als auch in den CRC-Zelllinien (Abb. 4.2.4) der Maspin-mRNA-Level den Protein-Level widerspiegelte. Stets korrelierte eine größere Menge an Maspin-mRNA mit einer starken Maspinfärbung des Western-Blots oder der Immunfärbung von Zellen oder Geweben.

Die grundlegende Aktivierung der Maspintranskription liegt in der Demethylierung des Maspinpromotors begründet. Bei Maspin-negativer, normaler Kolonmucosa sowie bei der Maspin-negativen CRC-Zelllinie CaCo-2, ist der Maspinpromotor hypermethyliert. Dagegen weisen alle Maspin-exprimierenden CRC und CRC-Zelllinien einen unmethylierten Maspinpromotor auf (Abb. 4.2.10; Abb. 4.2.9) (Bettstetter et al., 2005). Diese tumorspezifische Aktivierung der Maspinexpression durch die Demethylierung des Promotors wurde auch in Tumoren von Pankreas, Magen, Ovar, Endometrium und Schilddrüse beschrieben (Fitzgerald et al., 2003; Ohike et al., 2003; Ogasawara et al., 2004; Terashima et al., 2005; Murai et al., 2006). Wie verschiedene Arbeiten zeigten, konnte die Maspinexpression in verschiedenen Maspin-negativen Zelllinien durch die Demethylierung des Maspinpromotors mit 5-Aza-2-deoxycytidin aktiviert werden, was einen weiteren Beweis für eine epigenetische Kontrolle der Expression darstellt (Domann et al., 2000; Ogasawara et al., 2004; Sugimoto et al., 2004; Murai et al., 2006).

Die tumorspezifische Aktivierung von Maspin durch die Promotor-Demethylierung stellte einen Sonderfall dar, da Tumore generell einen Trend zur Promotorhypermethylierung von z.

B. Tumorsuppressor- und DNA-Reparaturgenen zeigen (Bird and Wolffe, 1999). Die Methylierungsanalysen von P16, MGMT und MLH1 werden in 5.2 diskutiert. Neben Maspin werden in Tumoren beispielsweise die Onkogene c-myc (Cheah et al., 1984) und IGF2 (Cui et al., 2003) als Folge von Promotor-Demethylierung (loss of imprinting) aktiviert.

5.1.2.3 Migration und Invasion

Die Motilität und die Fähigkeit zur Invasion ermöglichen es den Tumorzellen, sich vom Primärtumor abzusetzen, gesundes Gewebe zu infiltrieren und andernorts Metastasen zu bilden. Nicht nur im CRC zeigen die infiltrierenden Tumorzellen der Invasionsfront und bereits disseminierte Tumorzellen besonders hohe Maspinexpression (Abb. 4.2.7), sondern auch in Tumoren von Magen, Ovar, Schilddrüse, Brust und Harnblase wurde hohe Maspinexpression mit besonders aggressivem Tumorwachstum in Verbindung gebracht (Umekita and Yoshida, 2003; Ito et al., 2004b; Sugimoto et al., 2004; Abd El-Wahed, 2005;

Yu et al., 2007). Mit Hilfe der stabil transfizierten CRC-Zelllinien konnten diese Ergebnisse erstmals in vitro bestätigt und untermauert werden. Die Überexpression von Maspin verursachte eine starke Erhöhung der Motilität und der Invasivität (Abb. 4.2.33; Abb. 4.2.36).

In Gegensatz dazu hemmte die stabile Maspin-Suppression die Motilität und Invasivität (Abb.

4.2.34; Abb. 4.2.37). Dabei scheint Maspin unmittelbar an der Zelloberfläche zu wirken, da die Zugabe von rekombinantem Maspin zum Medium die Invasivität erhöhte, wohingegen ein anti-Maspin-Antikörper einen negativen Einfluss auf die Invasion hatte. Die Gründe für die erhöhte Motilität (Abb. 4.2.35) der siRNA-Transfektanden sind unklar, da die transiente Maspin-Suppression erwartungsgemäß eine niedrigere Invasivität zur Folge hatte (Abb. 4.2.38).

Bei den CRC zeigten die Tumorzellen der Invasionsfront zusätzlich zur Kernfärbung auch starke zytoplasmatische Maspinfärbung (Abb. 4.2.7). Vermutlich wird Maspin nicht nur in Keratinozyten (Katz and Taichman, 1999) und Brusttumor-Zelllinien (Khalkhali-Ellis and Hendrix, 2007), sondern auch in CRC teilweise sekretiert und propagiert nach der Sekretion die Invasivität der Tumorzellen über unbekannte Mechanismen an der Zelloberfläche.

Die Ergebnisse der in vitro-Versuche stehen im Kontrast zu Berichten anderer Gruppen, die eine Verringerung der Invasivität und Motilität durch Maspin feststellten (Zou et al., 1994;

Sheng et al., 1996). Es ist anzumerken, dass Sheng et al. von einem deutlichen Rückgang des Invasivitäts-hemmenden Effektes von rMaspin ab einer Konzentration von 0,17 µM berichtete. (Bei den eigenen Versuchen wurden rMaspin-Konzentrationen von 1 und 2 µM eingesetzt.) Diese Befunde beruhen jedoch nicht auf Versuchen mit CRC-Zelllinien, sondern wurden mit Brust- und Prostatazelllinien durchgeführt.

5.1.3 Einfluss der Maspinexpression auf die Expression anderer