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3.5 In-vitro-Vermehrung, Virustestung und Virusfreimachung des Pflanzenmaterials

3.5.1 In-vitro-Etablierung

Nach einer erfolgten Literaturrecherche zur In-vitro-Kultur von Vitis vinifera zeigte sich, dass noch keine Standarddesinfektionsmethoden publiziert wurden, da die gewählte Methode stark von dem verwendeten Ausgangsmaterial abhängt. Somit fanden Untersuchungen mit den Chemikalien Quecksilberchlorid (HgCl2) und Natriumhypochlorid (NaOCl) statt. Des Weiteren wurden zwei verschiedene Etablierungsmethoden vorgenommen, da es zu hohen Ausfallraten auf Grund des auftretenden Bakterien- und Pilzbefalls in dieser schwierigen Phase der In-vitro-Kultur kommt.

Etablierung des Pflanzenmaterials ohne vorherige Thermotherapie

Es standen je Sorte kräftige, junge Triebe zur Verfügung, die vom Laub befreit und Sprossstücke zurechtgeschnitten wurden (Abb. 1).

Abb. 1: Zuschnitt des Pflanzenmaterials in Vorbereitung der Etablierung

Jedes Sprossstück umfasste dabei ein einzelnes Nodium, die Triebspitzen aufgrund der geringen Größe zwei Nodi. Nach der Desinfektion wurden die behandelten Sprosssegmente kurz vor dem Aufsetzen auf das Etablierungsmedium noch einmal frisch angeschnitten, sodass einheitliche Sprossstücke (Sprossteilsegmente mit einer Knospe) mit einer Länge von 1,0 cm aufgesetzt werden konnten. Die Anzahl der aufgesetzten Sprosse variierte und richtete sich grundsätzlich nur nach dem von jeder Sorte zur Verfügung stehenden Pflanzenmaterial.

Bei dem Pflanzenmaterial für die vorgenommenen Testungen handelt es sich um die Sorten Vitis vinifera 'Schwarzer Heunisch' und 'Roter Riesling'. Die Desinfektion erfolgte zunächst für 30 sec in 70 %igem Ethanol. Anschließend kamen die Sprosssegmente in 0,2 % oder 0,1 %iges HgCl2 für 3-10 min. Nach der chemischen Einwirkung erfolgte ein dreimaliges Spülen der Explantate mit destilliertem, autoklaviertem Wasser.

Etablierung des Pflanzenmaterials mit vorheriger Thermotherapie

Zur Virusfreimachung wurden die zuvor erzeugten Jungpflanzen der virusbehafteten Mutterpflanzen in einer Klimakammer (MTR 26, Conviron) kultiviert und durch eine abgestimmte Kulturführung zu einem starken Wachstum angeregt. Es konnte nachgewiesen werden, dass der Einfluss von hohen Temperaturen (35°C) zur Viruseliminierung führen kann.

Dazu wurden die Jungpflanzen zunächst stark zurückgeschnitten. Wie auf den nachfolgenden Abbildungen zu sehen ist, wurden in der Klimakammer Seile gespannt, an denen sich die Weinreben entlang ranken konnten (Abb. 2). Der Tag/Nachtrhythmus wurde auf 16/8h (Lichtintensität: 40μmol/m²) eingestellt. Die Temperatur betrug am Tag 35°C und in der Nacht 30°C und die Luftfeuchte lag bei 85% relative Luftfeuchte. Die Kulturdauer der Thermotherapie betrug etwa vier Wochen. In Vorbereitung auf die Desinfektion der thermotherapierten Weinpflanzen wurden die obersten 10 Sprosssegmente eines entstandenen Weintriebes entnommen. Durch die Virustestung des JKI in Quedlinburg konnte die Vermutung bestätigt werden, dass die Virusfreiheit in den obersten Sprosssegmenten (Triebspitzen) zunimmt.

Abb. 2: links: Blick in die Klimakammer; rechts: an Seilen angeleitete Weinreben zur Thermotherapie in der Klimakammer

Dabei wurden zwei aufeinander folgende Behandlungsphasen (Bh) unterschieden, die in der Dauer und der Temperaturführung variierten. In Abb. 3 wird der schematische Ablauf der Thermotherapie zur Virusfreimachung mit den jeweiligen Etablierungen veranschaulicht.

Abb. 3: Schematische Darstellung zum Ablauf der Thermotherapie zur Virusfreimachung mit den zwei aufeinander folgenden Behandlungsphasen (Bh1 und Bh2) unterschiedlicher Dauer und Temperaturführung und den jeweiligen Varianten der Etablierung (Natriumhypochlorid (NaOCl) Einwirkzeit und Konzentration)

Während der Behandlungen erfolgte eine regelmäßige Bewässerung der Pflanzen nach Bedarf. Abgestorbene Pflanzenteile wurden zudem regelmäßig entfernt. Parallel zu den Pflegemaßnahmen erfolgte auch eine Zuwachsmessung. Dieser Neuzuwachs wurde dann für die anschließende Etablierung genutzt.

Aus den Untersuchungen der bearbeiteten Sorten 2012 (Phase 1) hat sich die Etablierung mit einer vorausgegangenen Hitzebehandlung (Thermotherapie) als erfolgreich herausgestellt.

Somit fand ausschließlich diese Methode Anwendung zur Etablierung weiterer Sorten in vitro.

Das Ausgangsmaterial für die Desinfektion war der Triebneuzuwachs der in vivo thermotherapierten Pflanzen aus der Klimakammer. Zwei Desinfektionsvarianten (5 und 7 Minuten in 5%iger Natriumhypochlorid-Lösung) wurden, je nach Vorhandensein mehrerer Triebe einer Sorte, durchgeführt. In Vorbereitung auf die Desinfektion wurden die Triebe entblättert und in einzelne Nodiumsegmente zerschnitten. Als Explantate für die Sprosskultur dienten Sprossspitzen und Sprossabschnitte, die jeweils eine Axillarknospe trugen, im Falle der Sprossspitzen sogar zwei. Die Rangfolge der Sprosssegmente am Ausgangstrieb wurde in der Weise beachtet, dass Sprossabschnitte von uneinheitlicher Länge zurechtgeschnitten wurden, um später feststellen zu können, welches Sprossstück welche Position am Trieb zuvor eingenommen hatte, was zugleich später die Analyse des Virusstatus erleichtert. Dem Desinfektionsvorgang anschließend, erfolgte vor dem Aufsetzen der Pflanzenteile auf

Etablierungsmedium ein frischer Anschnitt der Basis, für eine einheitliche Länge der Explantate von 1 cm und um von der Desinfektionslösung angegriffenes Gewebe zu entfernen.

Virusfreimachung mittels Meristempräparation und -vermehrung

Die Anwendung der aufwendigeren Meristempräparation als Methode der Erhaltung gesunden Pflanzenmaterials wurde bei Sorten durchgeführt, von denen nur äußerst wenig Ausgangsmaterial zur Verfügung stand. Schwierigkeiten gab es somit beispielsweise bei der Jungpflanzengewinnung der Sorte ´Chardonnay musque` (CM 41). Der einzige Rebstock dieser Sorte war zum Zeitpunkt der Stecklingsgewinnung abgängig und es konnte kein qualitativ brauchbares Material zur Jungpflanzenanzucht gewonnen werden. Es wurde jedoch vermutet, dass die Knospen noch intakt sind und deshalb kam bei dieser Sorte die Meristempräparation und -vermehrung zum Einsatz. Dieses Verfahren ist sehr zeit- und arbeitsaufwendig, jedoch konnte hiermit das Material und somit das Fortbestehen dieses Stockes gesichert werden. Im Hinblick auf die angestrebte Virusfreimachung, stellt diese Methode einen Vorteil dar, da das Meristem einer Pflanze theoretisch als unbelastet gilt. Es besteht jedoch das Risiko, dass bei der Präparation eines Meristems Viren aus dem umliegenden Gewebe (Knospenschalen, umliegende Blattanlagen) mit dem Präparierbesteck in das Meristem gelangen. Deshalb ist auch bei dieser Methode eine anschließende Virustestung unerlässlich.

Die Meristempräparation fand, nach vorangegangener Desinfektion der Weinknospen, unter sterilen Bedingungen und mit Hilfe eines Mikroskops statt. Das Risiko es mit dem Präparierbesteck zu verletzen, was ein Absterben zur Folge hätte, ist durch genaues Arbeiten zu verhindern. Da das Meristem jedoch sehr empfindlich ist und die Gefahr hoch ist, dass es schnell eintrocknet, muss an dem sterilen Arbeitsplatz aber auch relativ zügig gearbeitet werden (Abb. 4 und Abb. 5). Nachdem das Meristem aus der Knospe herauspräpariert war, wurde es auf ein speziell abgestimmtes Nährmedium überführt und zum Austrieb angeregt.

Abb. 4: Arbeitsplatz bei einer Meristempräparation an der Sterilbank

Abb. 5: Meristempräparatiom am Mikroskop

Abb. 6: Weinmeristeme der Rebsorte ´Chardonnay Musqué`, links: abgestorbenes Meristem, rechts: Austrieb des Meristems

In Abb. 6 sind zwei Weinmeristeme nach ca. vier Wochen Kulturzeit zu sehen. Das rechte Meristem ist ausgetrieben, das linke ist jedoch abgestorben. Von 30 präparierten Meristemen dieser Sorte konnten lediglich sieben intakte Meristeme weiterkultiviert werden. Dies macht den Arbeitsaufwand und die Empfindlichkeit dieses Verfahrens deutlich.

Die getesteten Explantate dieser Rebsorte waren hinsichtlich der zu untersuchenden Viren virusfrei, was für eine erfolgreiche Methodendurchführung spricht.