• Keine Ergebnisse gefunden

4 Homologie-Modelling des humanen Adenosin A3-Rezeptors

4.6 Docking Versuche

4.6.4 Docking-Ergebnisse

4.6.4.3 Imidazopurinone

Bemerkenswert ist die optimale Belegung des BT-Bereiches nahe His272, dies ist in Abbildung 72 noch besser zu sehen. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass sich an C8 das Chiralitätszentrum befindet, so ist vorhersehbar, dass die S-Enantiomere nicht den gleichen Bindungsmodus haben können. Wie in Abbildung 72 zu erkennen ist hätte hier ein Ethyl-Rest nicht mehr ausreichend Platz.

Abbildung 72: IP15 gedockt in Modell 24, von der extrazellulären Seite betrachtet. Die Oberfläche der BT ist als Netz dargestellt

In Abbildung 73 ist IP14, das S-Enantiomer von IP15, zu sehen. Wie zu erkennen ist, kann 1H-IP14 sogar drei H-Brücken ausbilden, zu Asn250, Ser165 und Gln167. Jedoch ist die Affinität zum Rezeptor, verglichen mit IP15, trotzdem etwas geringer. Dies lässt sich auf die schlechtere Belegung der BT zurückführen, da hier der Ethyl-Rest nicht so optimal platziert ist. Auch wird vom Rezeptor vermutlich eine negativ polarisierte „Unterseite“ des Liganden bevorzugt, da die Antagonisten damit in günstige elektrostatische Interaktionen mit Trp243 treten können (vgl. Triazolochinazoline in Kapitel 4.6.4.1 und PTPs in Kapitel 4.6.4.2). Dies ist bei IP15 in Abbildung 71 besser gegeben.

Abbildung 73: IP14 gedockt in Modell 24. Die Oberfläche der BT ist als Netz dargestellt, und H-Brücken als gelbe Linien mit Angabe der Entfernung in Å. (Farbcodierung: TM1, TM2, TM3, TM4, TM5, TM6, TM7, EL)

Die bereits vorgestellten Bindungsmodi für R- und S-Enantiomere reichen jedoch nicht aus, um die gemessenen Bindungsaffinitäten der Imidazopurinone zu erklären. So ist in den Abbildungen 71 und 73 zu erkennen, dass hier para-Substituenten am Phenylring keinen Platz mehr finden würden.

Jedoch existieren durchaus aktive Derivate mit eben solchen Substituenten. Eines davon, IP06, ist in Abbildung 74 dargestellt. Im Vergleich zu Abbildung 73 ist der Ligand um 180° in der BT gedreht. Als neuer potenzieller H-Brücken-Bindungspartner tritt Ser181 in Erscheinung. Eine Methoxy-Gruppe ist aus zwei Gründen einer Nitril-Funktion (wie in IP07) überlegen, zum einen kann so eine H-Brücke zu

Ser165 gebildet werden, und zum anderen aus sterischen Gründen. Der deutliche Affinitäts-verlust von IP05 (4-Hydroxy- statt Methoxy-Gruppe) ist jedoch nicht so einfach zu erklären.

Vermutlich beruht er hauptsächlich auf Solvatationseffekten. Die mit AMSOL (Keywords:

AM1, BFGS, SM5.2, Cycles=1000, Solvnt=Water) berechnete Differenz der Solvatations-energien zwischen IP05 und IP06 beträgt 3,33 kcal/mol.

Abbildung 74: IP06 gedockt in Modell 30. Die Oberfläche der BT ist als Netz dargestellt, und H-Brücken als gelbe Linien mit Angabe der Entfernung in Å. (Farbcodierung: TM1, TM2, TM3, TM4, TM5, TM6, TM7, EL)

N

N N

HN (R) N

CH3

CH3 O

H

1H-IP06 Ki (hA3) = 3,8

O CH3

Komplizierter ist die Lage bei Betrachtung der un- und anders substitierten R-Enantiomere.

Für sie kommen beide Ausrichtungen, sowohl wie in Abbildung 71, als auch wie in Abbildung 74 in Frage. Für den ersteren Bindungsmodus spricht die bessere Besetzung der BT nahe His272. Für den alternativen Bindungsmodus spricht die bessere Besetzung der großen lipo-philen Bindungstasche (v.a. bei am Phenylring unsubstituierten Derivaten), die Bindung des energetisch günstigeren 1H-Tautomers (vgl. Kapitel 3.3.1) und bei meta-Substitution die Möglichkeit, eine H-Brücke zu Ser165 zu bilden. Einen Aufschluss über den Bindungsmodus könnten Derivate von IP02 (Phenyl-Rest), IP11 (3-Hydroxyphenyl-Rest), IP12 (3-Methoxy-phenyl-Rest) und IP16 (2-Methoxy(3-Methoxy-phenyl-Rest) mit einer längeren Alkylkette an N4 bringen.

Bei einem Bindungsmodus wie in Abbildung 71 sollte diese Modifikation zu keiner oder nur einer geringfügigen Affinitätsabnahme führen, da der Substituent genügend Platzt in Richtung Extrazellularraum haben sollte. Bei einem Bindungsmodus wie in Abbildung 74 jedoch wären längere Alkylketten nicht vorteilhaft und sollten zu einer Affinitätsabnahme führen. Am sinn-vollsten wäre es, wenn zusätzlich noch die gleichen Derivate von IP15 (R-Enantiomer, Tri-chlorphenyl-Rest, Abbildung 71) und IP06 (R-Enantiomer, 4-Methoxyphenyl-Rest, Abbildung 74) vorliegen würden, um den erzielten Effekt mit diesen vergleichen zu können (da die Hypothese über deren Bindungsmodus gesicherter ist).

Abbildung 75: IP08 gedockt in Modell 30. Die Oberfläche der BT ist als Netz dargestellt, und H-Brücken als gelbe Linien mit Angabe der Entfernung in Å. (Farbcodierung: TM1, TM2, TM3, TM4, TM5, TM6, TM7, EL)

Die para-substituierten S-Imidazopurinone zeigen einen vergleichbaren Bindungs-modus wie die R-Enantiomere (siehe Ab-bildung 75). Die im Vergleich zu IP06 geringere Bindungsaffinität ist leicht durch die fehlende Möglichkeit eine H-Brücke

auszubilden erklärbar. Erstaunlich ist jedoch die deutlich niedrigere Affinität des meta-Chlor-Derivates IP13, während IP12 (meta-Methoxy) eine vergleichbare Aktivität wie IP06 (para-Methoxy) besitzt. Einen Erklärung hierfür könnte sein, dass das relativ voluminöse Chloratom in der obigen Konformation keinen ausreichenden Platz mehr findet. Daher muss sich der Phenylring 26° aus der Koplanaritat herausdrehen. Da der Energieunterschied zwischen diesen beiden Konformationen jedoch eher gering ist (vgl. Kapitel 3.3.2.1), reicht dies allein als Begründung nicht aus. Vermutlich liegt die Ursache für den Affinitätsabfall darin, dass bei para-Substitution ein lipophilerer und tiefer liegender Teil der BT belegt wird als bei meta-Substitution. Abgesehen von schwachen elektrostatischen Wechselwirkungen beruhen die Effekte eines Chloratoms eben hauptsächlich auf der Freisetzung von Wassermolekülen aus hydrophoben Bereichen der BT. Daher hat hier eine ungünstige Platzierung einen stärkeren Effekt, als bei dem Methoxy-Substituenten, der zusätzlich noch H-Brücken ausbilden kann.

Auf den ersten Blick überhaupt nicht in das Konzept zu passen schien die Substanz IP09. Für sie wurde eine subnanomolare Affinität gemessen, und doch weist sie keine der Merkmale auf, die bei den anderen Imidazopurinonen zu einer Affinitäts-erhöhung führten. Sie besitzt keine Ethylgruppe an C8, eine Propylgruppe an N4 und nur ein Halogenatom am Phenylring.

Bei Betrachtung von Abbildung 76 wird jedoch klar, wieso es sich trotzdem, oder gerade wegen dieses Substitutionsmusters, um einen hochaffinen Liganden handelt. Der Bindungs-modus ähnelt sehr dem von IP06 und IP08, jedoch liegt der Imidazopurinon-Ring „höher“ in der BT, da der Ethylsubstituent an C8 fehlt. Daraus ergibt sich der Vorteil, dass eine doppelte H-Brücke zu Asn250 möglich wird. Die Propylgruppe an N4 ist dadurch auch nicht mehr hinderlich, sondern sogar sehr vorteilhaft, da somit die lipohile BT besser ausgefüllt werden kann. Durch diese Verschiebung im Bereich des Imidazopurinon-Ringes ändert sich der

„Anstellwinkel“, mit dem der Phenylring in die kleine BT nahe His272 ragt. Somit kann das voluminöse Bromatom diesen Bereich optimal ausfüllen.

N

N N

HN (S) N

CH3

CH3 O

H

1H-IP08 Ki (hA3) = 12

Cl N

N N

HN (S) N

CH3

CH3 O

H

1H-IP13 Ki (hA3) = 184

Cl

N

N N

HN N

O

1H-IP09 Ki (hA3) = 0,2

Br

CH3

Abbildung 76: IP09 gedockt in Modell 30. Die Oberfläche der BT ist als Netz dargestellt, und H-Brücken als gelbe Linien mit Angabe der Entfernung in Å. (Farbcodierung: TM1, TM2, TM3, TM4, TM5, TM6, TM7, EL)