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Bei der durchgeführten Studie wurde nach einer gemeinsamen Metapher in Form von Gesten zur Bedienung von Haushaltsgeräten gesucht. Dabei wurde das Experiment beispielhaft auf die Bedienung der Fensterrollos und des Lichts beschränkt. Die Beschränkung auf nur zwei Geräte ist gezielt erfolgt und soll dazu beitragen, dass eine möglichst natürliche Situation, die einen Probanden nicht überfordert, erzeugt wird. Die Intention dabei ist, dass die Proban-den Proban-den Versuch nicht wie eine Prüfungssituation empfinProban-den und somit möglichst frei und ungezwungen den gestellten Aufgaben entgegentreten.

Die zwei gewählten Geräte, nämlich die Fensterrollos und das Licht, unterscheiden sich zudem in dem Abstraktionsgrad, die bei der Bedienung mit Hilfe von Gesten gefordert ist.

Während das Schließen bzw. Öffnen eines Rollos durch eine mechanische Bewegung nachge-ahmt werden kann, ist das im Falle von Licht nicht so leicht umzusetzen. Hier ist eine höhere Indirektion gefordert, die bei den Probanden auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck kam.

Dies resultierte letztlich in einem breiten Satz von Gesten für dieses Device.

Insgesamt haben 15 Personen an der Studie teilgenommen, wobei 11 davon die gestellten Aufgaben vollständig ausgeführt haben und bei der Auswertung der Ergebnisse berücksichtigt wurden. Vier weitere haben beispielsweise versucht die Aufgabe mit Hilfe von Sprachangaben, anstatt mit Körperbewegungen zu lösen, was nicht bei der Wertung berücksichtigt werden konnte.

Die Versuche wurden im Living Place Hamburg durchgeführt (vgl.HAW Hamburg(2015)), das eine optimale Laborumgebung und eine intelligente, vollfunktionsfähige Wohnung zu-gleich bietet. Die Wohnung ist in mehrere Bereiche (Schlafen, Wohnen, Essecke, Küche, Bad) aufgeteilt, wie der Abbildung 1entnommen werden kann. Die Versuche wurden im Schlaf-bereich der Wohnung durchgeführt, der im Bild blau markiert wurde. Im Bild wurden die Kameras, die zur Aufnahme der Versuche benutzt wurden, rot markiert. Die Platzierung der Fensterrollos wurde im Bild grün markiert.

Die Probanden wurden gebeten, die Rollos sowie das Licht eines intelligenten (Hotel-)Zimmers ausschließlich mit Hilfe von selbstgewählten Körperbewegungen zu bedienen. Dabei wurden zwei Situationen nachgebildet: das Schlafengehen, bei dem die Rollos geschlossen und das Licht ausgeschaltet werden und folglich umgekehrt, das Aufstehen, bei dem das Licht ange-schaltet und die Rollos geöffnet werden sollten. Die zwei Abfolgen von Aktivitäten gehören mit großer Sicherheit in vielen Haushalten zu Routineaktionen und es ist davon auszugehen, dass die Probanden mit der Ausführung dieser sehr vertraut sind. Die Herausforderung liegt also nicht im Erlernen der Bedienung eines unbekannten Geräts, denn es wird auf bereits bekannte Funktionen und Aktionen eingegangen. Diese werden jedoch in einen neuen

Kon-4 Ergebnisse

Abbildung 1: Living Place - 3D Modell

text gesetzt, bei dem nicht auf bekannte Bedienelemente zurückgegriffen werden kann. Der Transfer vom bereits bekannten Umgang mit Hilfe von gewöhnlichen Bedienelementen wie ein Lichtschalter oder die Schnur eines Rollos, zu einer Interaktion durch eine imaginäre bzw.

ganz ohne eine Bedienkomponente kann in den Versuchen beobachtet werden.

Die Experimente wurden nach dem „Wizard-of-Oz“-Prinzip durchgeführt. Dies war auf-grund der Vollautomatisierung der Geräte im Living Place möglich. So können z.B. Fenster, Rollos, Gardinen oder Licht in dem Labor mit Hilfe einer Webanwendung ferngesteuert wer-den. Während der Versuche konnten somit alle Eingaben der Probanden direkt von einem

„wizard“ im Hintergrund ausgeführt werden. Dadurch haben die Erforschten den Eindruck gewonnen, dass ihre Eingaben direkt von der Umgebung aufgenommen und korrekt interpre-tiert wurden. Bei einigen Probanden hat das zur Begeisterung für das System geführt.

Von den Versuchen wurden jeweils Audio- und Videoaufzeichnungen vorgenommen, die zur späteren Auswertung der Versuche verwendet wurden. Die Probanden wurden darauf hingewiesen, dass die Versuche digital aufgenommen werden und haben dafür ihre Zustim-mung abgegeben. Anschließend wurden die Probanden gebeten, Fragebögen auszufüllen, die ebenfalls zur Auswertung der Ergebnisse beigetragen haben.

Eine ausführliche Vorstellung der Versuchsgruppe sowie der Durchführung der Experimen-te kann dem „Projektbericht 1“ der Autorin entnommen werden (vgl.Bernat(2015)).

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4.1 Auswertung

Das Experiment bestand aus zwei Teilen: einer praktischen Bedienung der Geräte und der an-schließenden Beantwortung der Fragebögen. Folglich werden die Ergebnisse der Auswertung

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des Audio- und Videomaterials vorgestellt und um die Antworten der Fragebögen ergänzt.

4.1.1 Auswertung von Audio- und Videomaterial

Die Nutzung von Living Place als Laborumgebung zur Durchführung der Experimente hat die Verwendung der in der Wohnung installierten 360°-Kameras zur Aufzeichnung der Expe-rimente ermöglicht. Es wurden zwei Kameras verwendet, die im Schlafbereich und im Ein-gangsbereich der Wohnung installiert sind. Bei der Auswertung wurde jedoch nur die Auf-zeichnung der Kamera des Schlafbereichs genutzt, denn diese vollständig die Probanden bei den Versuchen erfasst hat und eine hinreichende Datenbasis lieferte. Ein weiterer Vorteil der Laborumgebung waren der Aufbau und die Ausstattung des Living Place. Da es sich hier um eine voll ausgestattete und funktionsfähige Wohnung handelt, konnte der Versuch sehr reali-tätsnah verlaufen, also wie in einer gewöhnlichen Wohnung (bzw. einem Hotelzimmer).

Zur Aufnahme von Audiomaterial wurden ein Mobiltelefon und ein daran angeschlossenes externes Mikrofon verwendet. Die Aufnahmen mussten anschließend mit dem Videomaterial synchronisiert werden. Hierzu wurde das freie Tool Kdenlive1verwendet. Bei der Bearbeitung mit Kdenlive können mehrere Audio- und Videospuren hinterlegt und aufeinander angepasst werden. Das Ausgabeformat kann ebenfalls bestimmt werden.

Transkription Um die Aussagen der Probanden evaluieren und vergleichen sowie deren Handlungen kontextuell einordnen zu können, musste das vorliegende, synchronisierte Ma-terial transkribiert werden. Zu diesem Zweck wurde das freie, an der Universität Hamburg entwickelte Tool EXMERaLDA2verwendet. Es ist, unter anderem, ein Partituren-Editor, der es ermöglicht, die gesprochenen Sequenzen einer Aufnahme zu erfassen, diese zu verwalten und zu analysieren. Es können Spuren für verbale Aussagen von mehreren Sprechern erfasst werden. Zusätzlich können Annotationen zu nonverbalen Geschehnissen gemacht und diese anschließend ebenfalls ausgewertet werden.

Ein Beispiel einer Transkription kann der Abbildung2entnommen werden.

1https://kdenlive.org/

2http://www.exmaralda.org/en

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Proband [verbal]Ja, also ich komme in das Hotelzimmer rein und das ist alles freundlich und hell und so. Ich will [2]

.. 2 [00:13.9]

Proband [verbal] eigentlich nur noch ins Bett, bin auch total müde mache nur eine Bewegung, damit die Jalousien runter

Proband [nonverbal] Macht mit der rechten Hand, die in Richtung

[3]

.. 3 [00:18.3]

Proband [verbal] gehen Dann lege ich mich ins Bett. Also ziehe

Proband [nonverbal]Fenster gerichtet ist, eine Bewegung von oben nach unten [4]

.. 4 [00:25.1]

Proband [verbal] mich aus, lege ich mich ins Bett und wie bei jedem guten Licht drücke ich nur auf den Schalter

Proband [nonverbal] Bewegt die Hand in Richtung Nachttisch, wie wenn man nach

[5]

..

Proband [verbal]

Proband [nonverbal]einem Schalter einer Nachttischlampe greift. Versuch mit der Hand den imaginären Schalter [6]

.. 5 [00:31.7]

Proband [verbal] Der natürlich nicht da ist, sondern nur ein imaginärer Schalter, und Proband [nonverbal]auf der Oberfläche zu drücken.

[7]

.. 6 [00:36.9] 7 [00:41.2] 8 [00:44.9]

Proband [verbal]dann geht das ganze Licht aus und dann kann ich auch gleich schön einschlafen und.. ja, morgens [8]

.. 9 [00:52.9]

Proband [verbal] wäre es halt genau andersrum das ich wie bei einer Nachttischlampe einfach die Bewegung mache, dass Proband [nonverbal] Fasst mit der Hand auf den Nachttisch, als ob ein Schalter einer [9]

.. 10 [01:00.2] 11 [01:05.8]

Proband [verbal] das Licht angehen kann Dann kann man langsam aufstehen und ja, dann

Proband [nonverbal]Nachttischlampe von ober gedrückt werden sollte Zeigt

[10]

.. 12 [01:10.4]

Proband [verbal] könnte man die Jalousie praktisch wieder anheben um den Tag rein Proband [nonverbal]mit der Hand in Richtung Fenster und führt mit dem Arm von unten nach oben.

[11]

.. 13 [01:13.1] 14 [01:19.8]

Proband [verbal]zu lassen so

Abbildung 2: Beispiel einer Transkription

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Die dokumentarische Methode Die dokumentarische Methode wurde als Bestandteil von Forschungsprojekten in der qualitativen SozialforschungBohnsack u. a.(2013) entwickelt, um Alltagssituationen methodisch beschreiben und interpretieren zu können. Es ist ein Hilfsmit-tel zur strukturierten Auswertung von qualitativen Daten, die z.B. in Gruppendiskussionen, Interviews oder Alltagsgesprächen dokumentiert wurden. Der vorliegende Sachverhalt, näm-lich der Bericht der Probanden über die durchgeführten Aktionen und die Eindrücke der im Experiment gemachten Erfahrung, eignen sich ebenfalls gut dazu, mit der dokumentarischen Methode analysiert zu werden. Als Basis dienen hier die transkribierten Aussagen der Proban-den, die während des explorativen Versuchs aufgezeichnet wurProban-den, sowie das Videomaterial, dem die Handlungen der Probanden entnommen werden können.

Der gesamte Auswertungsprozess auf Basis der dokumentarischen Methode wird hier nicht beschrieben, denn dies würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Eine detaillierte Beschrei-bung aller notwendigen Schritte sowie einen Überblick über die dokumentarische Methode wird die Masterarbeit der Autorin liefern.

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