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2.1 Arterieller Blutdruck

2.1.4 Pathophysiologische Situationen

2.1.4.2 Hypotension

Die Hypotension ist ein Zustand, bei dem der Blutdruck pathologisch erniedrigt ist.

Sinkt der MAD < 60 mmHg kann es zu einer Minderperfusion der Vitalorgane, wie dem Gehirn, dem Herzen und den Nieren und in deren Folge zu Dysfunktionen der genannten Organe kommen (GAYNOR et al. 1999; HASKINS 2015). Daher ist die Identifizierung und Behandlung der Hypotonie essentiell, um die Entwicklung eines schweren Schocks sowie Organversagens vorzubeugen (WADDELL 2010). Die Hypotension kann in eine milde, moderate und schwere Form eingeteilt werden.

HENKE et al. (2007) beschreiben eine milde Hypotonie bei Werten (SAD/DAD) < 90/60 mmHg, eine moderate Hypotonie bei < 80/50 mmHg und eine schwere Hypotonie bei

< 60/40 mmHg. In der Studie von RUFFATO et al. (2015) wird eine behandlungsdürftige, intraoperative Hypotension mit Werten für SAD < 87 ± 8 mmHg und MAD < 62 ± 4 mmHg definiert. Die Beurteilung des MAD ist wichtig, da dieser ein Maß für die Beurteilung der Organperfusion darstellt (SPÖRRI 1987).

Die Hypotonie ist, je nach Gesundheitszustand, mit 7 bis 37,9 % eine der häufigsten Anästhesiekomplikationen beim Hund (GAYNOR et al. 1999; CHEN et al. 2007;

REDONDO et al. 2007). Grundsätzlich können die Ursachen einer Hypotonie eine verminderte Vorlast, eine erniedrigte Herzfunktion oder ein reduzierter Gefäßtonus sowie eine Kombination dieser Faktoren (WADDELL 2010; HASKINS 2015) sein. Als Ursachen kommen hierfür verschiedene Erkrankungen und Therapeutika (s. Kapitel 2.3) in Frage.

Methoden zur Messung des arteriellen Drucks

In der Human- und Veterinärmedizin gibt es verschiedene, sowohl invasive als auch nichtinvasive Methoden zur Messung des Blutdrucks.

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2.2.1 Invasive Methoden

Als invasive Blutdruckmessmethoden bezeichnet man Kathetersysteme, welche in Arterien platziert werden und mithilfe von Sensorgeräten sowie Druckwandlern direkt den arteriellen Druck messen. Hierbei unterscheidet man zwischen flüssigkeitsgefüllten Kathetersystemen mit externen Druckwandlern, Radiotelemetrie und Trandsducer-Tipped-Kathetern mit in der Katheterspitze integrierten Druckwandlern. Die Invasivität der Methoden beruht auf der Punktion oder dem chirurgischen Einbringen des Katheters in periphere oder zentrale Arterien.

2.2.1.1 Flüssigkeitsgefüllte Kathetersysteme

Die Messung des Blutdrucks mittels flüssigkeitsgefüllter Katheter stellt die älteste und am weitesten verbreitete direkte Methode dar (KURTZ et al. 2005). Hierbei wird ein mit (eventuell heparinisierter) Flüssigkeit gefüllter Katheter in eine zentrale oder periphere Arterie durch perkutane Punktion oder „cut-down“-Technik eingebracht. Das distale Ende des Katheters wird an einen Druckwandler, welcher über einen Messverstärker mit einem Monitor verbunden ist, angebracht. Die zugrundeliegende Technik moderner Druckwandler beruht auf der Messung druckabhängiger Widerstandsänderungen, welche heutzutage mithilfe von piezoelektrischen Materialien innerhalb einer Wheatstone’schen Brücke erreicht werden (LAMBERT u. WOOD 1947; SMITH 1978).

Dabei werden die gemessenen Druckdifferenzen durch den Druckwandler in elektrische Signale umgewandelt, die mithilfe des Messverstärkers am Monitor wiedergegeben werden.

Die Methode ist vielseitig einsetzbar und kann sowohl für akute als auch chronische Instrumentierungen verwendet werden. So können Hunde beispielsweise bis zu 454 Tage mit einem solchen Kathetersystem instrumentiert werden (PALM et al. 1991). Bei kleineren Tieren, wie Ratten und Mäusen, ist die Langlebigkeit des Katheters deutlich kürzer. Für Ratten sind chronische Instrumentierungen von sechs Wochen (KUO et al.

2001), für Mäuse von vier bis fünf Wochen (MATTSON 1998) beschrieben. Das flüssigkeitsgefüllte Kathetersystem mit externem Druckwandler liefert direkte, kontinuierliche Blutdruckmesswerte an wachen und anästhetisierten Versuchstieren

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und gilt als akkurat und verlässlich (WAGNER u. BRODBELT 1997, KURTZ et al.

2005).

Ein Vorteil dieser Methode ist, dass sie die akkurateste Technik für die direkte Messung des MAD darstellt (KURTZ et al. 2005). Dies beruht auf der Tatsache, dass jederzeit Kalibrationen durchgeführt werden können, welche einen potentiellen Drift der Basisline oder Veränderungen der Sensitivität, die bei Messungen über einen langen Zeitraum auftreten können, verhindern. Zusätzlich ist die Methode im Verhältnis zu anderen invasiven Blutdruckmesstechniken kostengünstig (KURTZ et al. 2005). Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die Zugänglichkeit zum arteriellen Gefäßsystem. So können zum Beispiel arterielle Blutproben zur Blutgasanalyse entnommen werden (SMITH 1978; GOYETTE 1981; WAGNER u. BRODBELT 1997). Dies steht im Gegensatz zu anderen invasiven und nichtinvasiven Methoden, bei welchen kein Zugang zum arteriellen Gefäßsystem besteht.

Es gibt Nachteile dieser Methode, allerdings können die meisten durch ordnungsgemäße Anwendung der Technik reduziert werden.

Einen Nachteil stellen die möglichen Risiken der invasiven Blutdruckmessung dar.

Dabei handelt es sich vor allem um Infektionen, Thromboembolien, Blutungen sowie Nekrosebildungen distal des arteriellen Katheters (SMITH 1978; WADDELL 2000).

Das Minimieren des Infektionsrisikos wird primär durch Arbeiten unter sterilen Kautelen, tägliches Reinigen der Punktionsstelle sowie Wechseln des Verbandsmaterials erreicht. BAND u. MAKI (1979) weisen darauf hin, dass sich Infektionen bei längerem (≥ 96 Stunden) Verweilen des arteriellen Katheters häufen.

Außerdem stellen sie fest, dass eine prophylaktische Antibiotikagabe das Risiko einer Infektion nicht senkt. So traten in ihrer Studie beim Menschen auch Katheter-bedingte Infektionen und darauffolgend Sepsen bei Patienten auf, welche mit einem Antibiotikum vorbehandelt wurden. Ein erhöhtes Risiko trat ebenso bei Anwendung der „cut-down“-Technik für das Einbringen des arteriellen Katheters auf.

Das Entstehen eines Thrombus im arteriellen Katheter birgt mehrere Gefahren.

Einerseits kann es zur Dämpfung der arteriellen Druckkurve bzw. zum kompletten Funktionsverlust des Katheters und andererseits zur Bildung von Thromboembolien führen (SMITH 1978; KURTZ et al. 2005). Die Bildung eines Thrombus oder fibrösem

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Gewebes auf der Katheterspitze kann durch regelmäßiges Spülen des Systems mit heparinisierter Kochsalzlösung verhindert werden (KITTLESON u. OLIVIER 1983;

RANDOLPH et al. 1998). Ein weiteres Risiko ist die Entstehung einer Luftembolie durch auftretende Luftblasen in den verwendeten Infusionsleitungen. Dieses Risiko kann durch sorgfältiges Kontrollieren der Infusionsleitungen und Entfernen von Luftblasen aus dem System minimiert werden.

Ein weiterer Nachteil ist, dass es zu einer übermäßigen oder verringerten Dämpfung des Systems kommen kann. Hierunter fallen beispielsweise Lecks oder Luftblasen im System, das Abknicken des Katheters, die Verwendung sehr kleiner Katheter oder die vorherrschende Frequenz des verwendeten Systems im Verhältnis zur Herzfrequenz (KURTZ et al. 2005; HASKINS 2015). Die übermäßige oder zu geringe Dämpfung des Systems kann zu verfälschten Blutdruckmesswerten führen. Die Beeinträchtigung der Blutdruckmesswerte durch die Dynamik des Systems tritt vor allem beim SAD, zu einem geringeren Ausmaß beim DAD, im Gegensatz dazu nicht beim MAD auf (SHINOZAKI et al. 1980). HASKINS (2015) beschreibt, dass eine übermäßige Dämpfung des Systems in einer abgeflachten Druckkurve mit fälschlich niedrigem SAD und zu hohem DAD resultiert. Außerdem führt eine zu geringe Dämpfung des Systems zu einer überspitzten Druckkurve mit fehlerhaft hohem SAD und DAD (DRYNAN u. RAISIS 2013). Mithilfe von „Fast-Flush-Tests“ kann der kritische Dämpfungsgrad sowie die Resonanzfrequenz des verwendeten Systems regelmäßig überprüft werden (KLEINMAN et al. 1992). Ob die gemessenen systolischen Druckspitzen und der DAD akkurat sind, kann mithilfe dieser Technik kontrolliert werden (GARDNER 1981).

SHINOZAKI et al. (1980) beschreiben Vorgehensweisen, die die Genauigkeit der Druckmessungen maximieren, indem die Über- bzw. Unterdämpfung des Systems verhindert wird. Im Vordergrund stehen 1) die Verwendung kurzer druckstabiler Infusionsleitungen und möglichst großlumiger Katheter, 2) die akribische Vermeidung von Luftblasen im System und 3) die Verwendung von Infusionsleitungen, welche tendenziell am wenigsten Luft einschließen und am einfachsten von eingeschlossener Luft befreit werden können.

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Bei kleinen Tieren kann das Katheterisieren Schwierigkeiten bereiten, sodass ein gewisses Maß an Übung erforderlich ist. Allerdings beschreiben KURTZ et al. (2005) Katheterisierungserfolgsraten von 100% bei Hunden sowie 90% bei Ratten.

2.2.1.2 Radiotelemetrie

Die Radiotelemetrie-Methode eignet sich vor allem für Studien, welche eine Langzeitüberwachung des Blutdrucks anstreben (VAN CITTERS u. FRANKLIN 1966;

BROCKWAY et al. 1991). Hierbei wird dem Tier chirurgisch ein Katheter in zentral gelegene Arterien (zum Beispiel A. carotis oder Aorta abdominalis) platziert und durch eine „finger-trap“ Naht an der Arterie befestigt. Der Katheter ist über Kabel mit dem Telemetriegerät verbunden, welches entweder an der Abdomenwand oder unter der Haut im Flanken- oder Schulterbereich angebracht wird und die gemessenen Daten an einen, außerhalb des Tieres gelegenen, Receiver übermittelt (FRANKLIN et al.

1966; BROCKWAY et al. 1991).

Die Radiotelemetrie-Methode liefert direkte, kontinuierliche Blutdruckmessdaten an freibeweglichen, wachen Versuchstieren und kann akute Blutdruckveränderungen akkurat detektieren (GUIOL et al. 1992; BROOKS et al. 1996; KRAMER et al. 2001).

Ein Vorteil dieser Technik ist, dass beim Messen das Anschließen des Tieres an einen externen Druckwandler und damit die Fixation des Versuchstieres entfällt. Es kommt dementsprechend zu keiner Intervention zwischen dem Untersucher und dem Versuchstier, sodass Stressartefakte vermieden werden (GUIOL et al. 1992; MILLER et al. 2000; KRAMER et al. 2001). Der Katheter und das Telemetriegerät können, abhängig von der Batterielaufzeit des Gerätes, bei Hunden bis zu 75 Wochen, im Tier belassen werden (BROOKS et al. 1996). Ein weiterer Vorteil ist, dass kein Spülen oder andere Formen der Wartung der Vorrichtung während ihres wochen- bis monatelangen Einsatzes erfolgen müssen. Durch den antithrombotischen Film sowie die Gelmembran an der Spitze des Katheters ist außerdem keine antithrombotische Therapie bei der Anwendung notwendig (BROCKWAY et al. 1991).

Ein großer Nachteil dieser Technik sind die verhältnismäßig hohen Kosten für die Anschaffung der Gerätschaften sowie deren Wartung (BUTZ u. DAVISSON 2001;

KURTZ et al. 2005). Einen weiteren Nachteil stellt die hohe Invasivität und Schwierigkeit des Instrumentierens, vor allem bei kleinen Tieren dar (MENETON et al.

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2000; MILLS et al. 2000; BUTZ u. DAVISSON 2001). Die instrumentierten Versuchstiere benötigen nach der chirurgischen Intervention unterschiedlich lange Erholungszeiten, um wieder physiologische Blutdruck- und Herzfrequenzbereiche zu erreichen. So sind Erholungszeiten bei Mäusen zwischen vier und sieben Tagen (MENETON et al. 2000; BUTZ u. DAVISSON 2001) und bei Hunden von einer Woche beschrieben (MISHINA et al. 1999).

Im Gegensatz zu anderen arteriellen Kathetersystemen kann während eines laufenden Versuchs die Kalibration des Systems nicht überprüft werden. Zudem sind am Ende einer jeden Studie Untersuchungen auf einen Drift der Basislinien erforderlich (KURTZ et al. 2005). Diese treten typischerweise nach sechs bis acht Monaten auf (MILLER et al. 2000). Die Schwierigkeit des Erkennens von Abweichungen stellt einen signifikanten Nachteil dieser Methode dar, da kein Zugang zum arteriellen System verfügbar ist, um zu validieren, ob der Offset des Übertragungsgerätes abgewichen ist (BROCKWAY et al. 1991).

Wie bei allen invasiven Methoden birgt auch die Radiotelemetrie potentielle Komplikationen in Form von Infektionen (KURTZ et al. 2005).

2.2.1.3 Transducer-Tipped-Katheter

Bei der invasiven Blutdruckmessung mittels Transducer-Tipped-Kathetern befinden sich der Sensor sowie der Transducer in einer Einkerbung an der Spitze des Katheters.

Der Katheter wird in eine zentral gelegene Arterie, in der ein schneller Blutfluss herrscht, eingebracht.

Da der Transducer in der Katheterspitze liegt, entfällt die Verwendung flüssigkeitsgefüllter Infusionsleitungen. Dies führt dazu, dass eine Dämpfung durch beispielsweise Verwendung zu langer, nicht druckstabiler Infusionsleitungen oder Luftblasen im System nicht auftreten kann. Daher gilt diese Methode in Bezug auf die Messgenauigkeit als eine Art „Goldstandard“-Methode. Laut KITTLESON u. OLIVIER (1983) liefern diese Systeme einen exzellenten Frequenzbereich, allerdings ist ihre Verwendung aus Kostengründen, aufgrund ihrer Größe und Fragilität limitiert. Des Weiteren birgt die Invasivität beim Einbringen des Katheters mithilfe der „cut-down“-Technik zusätzliche Risiken, da diese „cut-down“-Technik bei arteriellen Kathetern generell mit einem höheren Komplikationsrisiko verbunden ist (BAND u. MAKI 1979).

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Weil der Katheter über kein Lumen verfügt, besteht kein Zugang zum arteriellen Gefäßsystem, sodass keine arteriellen Blutproben entnommen werden können.

Außerdem kann das System nicht gespült werden. Der Spülvorgang ist allerdings eminent wichtig, um eine Thrombusbildung am Katheter bzw. auf dem Sensor zu verhindern, da diese eine Dämpfung des Systems zur Folge haben können (KITTLESON u. OLIVIER 1983). Eine Dämpfung des Systems ist zusätzlich nicht detektierbar, da keine Überprüfung mittels „Fast-Flush-Tests“ erfolgen kann.

2.2.2 Nichtinvasive Methoden

Als nichtinvasive Blutdruckmessmethoden bezeichnet man Techniken, die mithilfe einer Druckmanschette periphere Arterien okkludieren und unter langsamen Ablassens des Manschettendrucks den wiedereinsetzenden Blutfluss erfassen. Hierzu zählen verschiedene Methoden, wie die palpatorische (nach Riva-Rocci), auskultatorische (nach Korotkoff), oszillometrische, high-defintion-oszillometrische oder Doppler-Ultraschall-Methode. In der Veterinärmedizin kann beispielsweise die auskultatorische bzw. Korotkoff-Methode, die in der Humanmedizin häufig Anwendung findet, nicht oder nur schwer verwendet werden (MCLEISH 1977; RIEBOLD u. EVANS 1985).

Im Folgenden liegt daher der Fokus auf der Doppler-Ultraschall-Methode sowie der oszillometrischen und high-definition-oszillometrischen Methode, da diese Techniken in der Veterinärmedizin die wichtigste Rolle spielen.

2.2.2.1 Doppler-Ultraschall-Methode

Das Prinzip der Ultraschall-Methode basiert auf dem Phänomen des Doppler-Shifts (MCCUTCHEON u. RUSHMER 1967). Hierbei werden Ultraschallwellen in einer bestimmten Frequenz von einer Ultraschallsonde mithilfe eines piezoelektrischen Kristalls in das darunterliegende Gewebe ausgesendet. Die Ultraschallwellen werden von den sich in der Arterie fortbewegenden Erythrozyten reflektiert und verändern dadurch die Frequenz der Ultraschallwellen. Diese werden von einem zweiten piezoelektrischen Kristall des Flussmessers empfangen, in ein elektrisches und dann akustisches Signal umgewandelt und verstärkt (RUSHMER et al. 1966; STEGALL et al. 1968; MCLEISH 1977). Diese Frequenzänderung wird als Doppler-Shift bezeichnet

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und kann als hörbares Signal mittels Lautsprecher oder Kopfhörer vom Untersucher detektiert werden (STEGALL et al. 1966). Für die Messung mittels Doppler-Ultraschall-Methode wird der Bereich einer peripheren Arterie geschoren, mit Ultraschallgel präpariert und die Doppler-Ultraschallsonde darauf platziert bis das typische Strömungsgeräusch hörbar ist. Proximal der Ultraschallsonde wird die Arterie mithilfe einer auf einen suprasystolischen Druck aufgepumpten Druckmanschette, welche mit einem Manometer verbunden ist, okkludiert, und daraufhin der Druck langsam (2 - 3 mmHg/Sekunde) abgelassen, um den genauen Druck bei wiedereinsetzendem Ton zu detektieren. Der erste wahrnehmbare Ton ist bei Hunden mit dem SAD gleichzusetzen (ROWBERG et al. 1969).

Vorteil dieser Methode ist die Einfachheit der Messung und vor allem die Verwendbarkeit als akustisch wahrnehmbares Gerät, mit dem der arterielle Puls und der periphere Blutfluss kontinuierlich detektiert werden können. Außerdem ist das Gerät im Vergleich zu anderen invasiven und nichtinvasiven Messmethoden relativ kostengünstig (BINNS et al. 1995; WAGNER u. BRODBELT 1997).

Ein großer Nachteil der Methode ist, dass der MAD nicht und der DAD nur schwer messbar ist. Zur Messung des DAD wird nach dem ersten wahrnehmbaren Ton der Manschettendruck weiter abgelassen bis eine tiefe bzw. gedämpfte Tonveränderung des Strömungsgeräusches wahrzunehmen ist. Diese Tonveränderung ist häufig schwierig zu identifizieren. So konnte beispielsweise in der Studie von JEPSON et al.

(2005) lediglich in 51,4 % der Messversuche der DAD detektiert werden. In derselben Studie konnte im Gegensatz dazu in 100 % der Fälle der SAD bestimmt werden.

Darüber hinaus muss der Untersucher jede Messung selbst aktiv durchführen (WAGNER u. BRODBELT 1997). Bei Verwendung elektrochirurgischer Geräte (z.B.

Elektrokauter) können hörbare Interferenzen auftreten, welche die Messung behindern oder sogar unmöglich machen (LOWRY et al. 1973; BEDFORD u. SHAH 1995).

RUSHMER et al. (1966) beschreiben, dass die größte Variabilität des Dopplerflusssignals aus der Positions- und Winkeländerung des Transducers (und damit der Strömungskanäle) in Bezug auf das Gefäß resultiert. Hierdurch kann die Amplitude des Flusssignals massiv verändert werden. Ein weiterer wichtiger Nachteil stellt die Interobserver-Variation der Messungen dar. Diese sind demnach stark von

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der Detektion des Dopplersignals und der Interpretation der Variationen der Flussgeräusche durch den Untersucher abhängig (CHETBOUL et al. 2010). In diesem Zusammenhang zeigt die Untersuchung von GOUNI et al. (2015) den Effekt der Untersuchererfahrenheit auf die Blutdruckmessung mittels Doppler-Ultraschall-Methode an wachen, gesunden Katzen sowie, dass der Variationskoeffizient der Messungen bei Untersuchern mit der geringsten Erfahrung am höchsten ist. Aus einem Vergleich der Studien von GOUNI et al. (2015) und CHETBOUL et al. (2010) kann geschlussfolgert werden, dass die Blutdruckmessung mittels Doppler-Ultraschall-Flussdetektor bei Katzen im Vergleich zu Hunden ein noch höheres Maß an Training erfordert.

Die Übereinstimmung der Doppler-Ultraschall-Methode mit invasiv gemessenem Blutdruck wird in vielen Studien an Hunden und Katzen untersucht. Zur Evaluation der Übereinstimmung dienen dabei häufig die Standards der AAMI (Association for the Advancement of Medical Instrumentation) aus der Humanmedizin in Bezug auf das Bias und die Standardabweichung (5 mmHg ± 8 mmHg) sowie des ACVIM (American College of Veterinary Internal Medicine; Bias und Standardabweichung: 10 mmHg ± 15 mmHg) aus der Tiermedizin (PRISANT et al. 1995; BROWN et al. 2007). Eine weitere Einschätzung wird laut dem ACVIM durch den prozentualen Anteil an Messwerten, welche innerhalb ± 10 mmHg und ± 20 mmHg der Referenzmethode liegen, erreicht. Eine gute Übereinstimmung liegt vor, wenn ≥ 50% innerhalb ± 10 mmHg und ≥ 80% aller Messungen innerhalb ± 20 mmHg der Referenzmethode liegen.

Die verschiedenen Vergleichsstudien erhalten bei ihren Untersuchungen unterschiedliche Ergebnisse. Bei Hypo- und Normotension können nur wenige Studien eine Übereinstimmung des Doppler-Ultraschall-Gerätes mit invasiv gemessenem SAD, die den Empfehlungen des ACVIM entsprechen, detektieren (DYSON 2007;

KENNEDY u. BARLETTA 2015). Die Ergebnisse der Validierungsstudie von SELISKAR et al. (2013) bei anästhesierten Hunden stimmen mit einer Überschätzung des SAD (Bias: 27 mmHg) und 10 % bzw. 34 % der Messungen die innerhalb von ± 10 mmHg bzw. ± 20 mmHg der invasiven Methode (flüssigkeitsgefülltes arterielles Kathetersystem in der A. metatarsalis dorsalis) liegen, nicht mit den Kriterien der ACVIM überein. Nach GAROFALO et al. (2012) ist die Fähigkeit des Doppler-Gerätes

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die Kriterien der ACVIM zu erreichen bei hypotensiven Bereichen (invasiv gemessener SAD (iSAD) < 90 mmHg) abhängig von der Manschettenlokalisation. So wird bei Hunden die beste Genauigkeit für den SAD erreicht, wenn die Manschette oberhalb des Tarsus platziert ist (Bias ± SD: 0,2 mmHg ± 16 mmHg). Das Doppler-Ultraschall-Gerät überschätzt in hypotensiven Zuständen den invasiv gemessenen SAD (BINNS et al. 1995; BOSIACK et al. 2010). In der Vergleichsstudie von BINNS et al. (1995) wird der invasive Blutdruck bei anästhesierten Katzen mittels Transducer-Tipped-Kathetern in der A. femoralis bzw. dem distalen Teil der Aorta abdominalis gemessen, die Messung des Doppler-Ultraschall-Gerätes erfolgt an der Hintergliedmaße sowie an der Schwanzbasis. BOSIACK et al. (2010) verwenden für die invasive Messung bei kranken Hunden ein flüssigkeitsgefülltes Kathetersystem, welches in der A.

metatarsalis dorsalis eingebracht ist, und platzieren die Sonde des Doppler-Ultraschall-Gerätes über der A. metatarsalis dorsalis der kontralateralen Hintergliedmaße. Viele Studien stellen eine Unterschätzung des SAD bei Hypertension und eine Verschlechterung der Übereinstimmung bei steigendem Druck fest (HABERMANN et al. 2006; DYSON 2007; GAROFALO et al. 2012; DA CUNHA et al.

2014). Dies steht im Gegensatz zu den Ergebnissen von BOSIACK et al. (2010), die den niedrigsten Bias (8,2 mmHg) bei Hypertension (invasiv gemessener MAD (iMAD)

≥ 100 mmHg) detektieren. Aufgrund der vielfach gezeigten Unterschätzung des Blutdrucks raten einige Untersucher, den ermittelten Messwert des Doppler-Gerätes mit dem Korrekturfaktor 14 bzw. 14,7 zu addieren (GRANDY et al. 1992; BINNS et al.

1995).

CAULKETT et al. (1998) beobachten bei anästhesierten Katzen eine bessere Übereinstimmung des Doppler-Ultraschall-Gerätes, wenn der invasive Messwert mit dem MAD anstatt dem SAD verglichen wird. Dies wird von BOSIACK et al. (2010) und KENNEDY u. BARLETTA (2015) an Hunden sowie von DA CUNHA et al. (2014) an anästhesierten Katzen nicht bestätigt. DA CUNHA et al. (2014) stellen insgesamt eine schlechte Übereinstimmung des Gerätes mit, anhand von flüssigkeitsgefüllten Kathetersystemen, invasiv gemessenem Blutdruck fest. Die Messung des Doppler-Ultraschall-Gerätes wird auf der palmaren Seite des Karpus durchgeführt. Die Wissenschaftler dieser Studie warnen vor inakkuraten Ergebnissen, welche

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irreführend sein können und mit Vorsicht, anhand der klinischen Erscheinung des Patienten, gedeutet werden müssen. Die Ermittlung eines Blutdrucktrends halten sie allerdings bei Verwendung von nur einer Messlokalisation und Durchführung durch den gleichen Untersucher für möglich.

2.2.2.2 Oszillometrie

Die oszillometrisch messenden Blutdruckgeräte detektieren Arterienwandschwingungen, die durch Okklusion und langsames Öffnen der Arterie mittels einer Druckmanschette entstehen. Die gemessenen Schwingungen haben dabei unterschiedlich hohe Amplituden, welche vom Manschetten- bzw. Blutdruck abhängig sind (WAGNER u. BRODBELT 1997). Diese verlaufen in Form einer Glockenkurve. Dabei treten die ersten Schwingungen, sogenannte „präsystolische“

Amplituden, vor dem SAD auf. Diese resultieren aus den auf die okkludierte Arterie treffenden Pulswellen. Durch weiteres Ablassen des Manschettendrucks erfolgt das zunehmende Öffnen des Gefäßes, das mit einem größeren Blutfluss unter der Manschette einhergeht. Wird der Druck in der Manschette weiter reduziert, steigen die Amplituden zunächst, erreichen ein Maximum und sinken schlussendlich wieder ab.

MAUCK et al. (1980) stellen fest, dass das Amplitudenmaximum den MAD wiederspiegelt, sofern das Volumen der Manschettenluftkammer ausreichend klein ist.

Die Kriterien zur Identifikation des SAD und DAD durch verschiedene oszillometrische Geräte werden in den seltensten Fällen von Herstellern zugänglich gemacht (GEDDES et al. 1982). Es ist weiterhin bekannt, dass viele Geräte Algorithmen für die Berechnung des SAD und DAD verwenden. Die Untersuchungen von GEDDES et al.

(1982) an Menschen und Hunden zeigen, dass der SAD auf Höhe der Hälfte der

(1982) an Menschen und Hunden zeigen, dass der SAD auf Höhe der Hälfte der