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6.3 Ergebnisse für das Rissöffnungsintegral in der nichtlinearen Elastizität

6.3.2 Hyperelastisches nichtlineares Materialverhalten

Bisher wurde nur der Linearisierungsfehler für finite Risse in linear elastischen Materialien untersucht. Um den Grad der Nichtlinearität weiter zu erhöhen wird als Klebstoff das Silikon DC993 mit hyperelastischem Materialverhalten verwendet. Dieses Materialverhalten kann gut mit einem Neo-Hooke-Materialgesetz abgebildet werden. Im Fassadenbau werden

(a) Inkrementelle Energiefreisetzungsrate, Mixed-Mode-Verhältnis und Linearisierungsfehler als Funktion der Risslänge.

(b) Inkrementelle und differentielle Energiefreiset-zungsrate und die zugehörigen Linearisierungs-fehler als Funktion der Risslänge.

Abbildung 6.9:Konfiguration: Fügeteile aus Texipreg HS 160 RM mit Klebstoff DC993 mit äußerer Last in horizontaler Richtung, 2c= 30 mm, t= 1 mm,l1 =l2 = 100 mm,h1=h2 = 2 mm

Glasscheiben mit Silikon verklebt, wobei große Klebschichtdicken ein technisch relevantes Problem darstellen, Staudt et al. (2016). Dies zeigt sich auch im ETAG002 Prüfkörper der ETAG Richtlinie für Fassadenklebungen. Speziell im Fall von dicken Klebschichten aus Silikon zeigt sich der Einfluss der Integration in einem lokalen, mitbewegten Koordinatensystem sehr deutlich. Zunächst wird aber der Einfluss der Integration auf die Energiefreisetzungsrate in einem ortsfesten Koordinatensystem betrachtet.

Zuerst wird eine einschnittige Silikonklebung mit einer Klebschichtdicke von t=1 mm be-trachtet. In Abbildung 6.9a wird die mittels Integration berechnete inkrementelle Energiefrei-setzungsrate GInt mit der linearisierten inkrementellen EnergiefreisetzungsrateGMul für einen Riss in der Klebschicht verglichen. Zur Validierung der Ergebnisse wurden die Energiefrei-setzungsraten nochmals über potentielle Energien nach Gleichung(2.107) berechnet und als G∆Π aufgetragen. Hier kann eine sehr gute Übereinstimmung mit den aus der Integration berechneten Werten festgestellt werden. Das ebenfalls aufgetragene Mixed-Mode-Verhältnis φG zeigt, dass die Energiefreisetzungsrate der Silikonklebung unter horizontaler Lastein-leitung hauptsächlich aus Modus II Beiträgen besteht. Da der Linearisierungsfehler Err 18% für lange Risse und bis zu 30% für kurze Risse beträgt, zeigt sich deutlich, dass dieG

Linearisierung für stark nichtlineares Verhalten keine Gültigkeit besitzt. In Abbildung 6.9b ist zusätzlich der Einfluss der Linearisierung auf die differentielle Energiefreisetzungsrate aufgetragen. Sowohl die linearisierte differentielle Energiefreisetzungsrate GMul als auch die nicht linearisierte differentielle Energiefreisetzungsrate GInt werden mit Gleichung (2.109) aus dem entsprechenden inkrementellen Energiefreisetzungsraten abgeleitet. Darüber hinaus ist die aus dem J-Integral berechnete differentielle Energiefreisetzungsrate GJ zur Validierung der Ergebnisse aufgetragen. Hier zeigt sich für lange Risse eine maximale Abweichung von 6% im Vergleich zur über Integration berechneten differentiellen Energiefreisetzungsrate.

Weiterhin sind die Linearisierungsfehler Err

G und ErrG aufgetragen. Die Ergebnisse zeigen, dass die differentielle Energiefreisetzungsrate sensitiver auf nichtlineare Einflüsse reagiert als die inkrementelle Energiefreisetzungsrate. Wie in Abbildung 6.9b zu sehen ist, ist der Linearisierungsfehler für die differentielle Energiefreisetzungsrate besonders groß in Bereichen großer Risslängen in denen die Steigungen von GMul und GInt stark voneinander abweichen.

Der Grund hierfür wird leicht anhand des zweiten Terms in Gleichung (2.109) ersichtlich.

6.3 Ergebnisse für das Rissöffnungsintegral in der nichtlinearen Elastizität 93

(a) Inkrementelle Energiefreisetzungsrate, Mixed-Mode-Verhältnis und Linearisierungsfehler als Funktion der Risslänge.

(b) Inkrementelle und differentielle Energiefreiset-zungsrate und die zugehörigen Linearisierungs-fehler als Funktion der Risslänge.

Abbildung 6.10: Konfiguration: Fügeteile aus Texipreg HS 160 RM mit Klebstoff DC993 mit äußerer Last in vertikaler Richtung, 2c= 10 mm,t= 10 mm,l1 =l2= 10 mm, h1 =h2 = 3 mm

Berechnungen für größere Risslängen waren aufgrund von Konvergenzproblemen während der Finte-Elemente-Routine nicht möglich. Die Konvergenzprobleme resultieren daraus, dass die Klebschicht unter einer horizontalen Last stark unter Schub belastet ist und deshalb während der Rissöffnung große Verdrehungen und stark deformierte Elemente auftreten.

Im folgenden wird die eine Silikonklebung in vertikaler Richtung belastet, um den Anteil der Modus II Rissöffnung zu veringern. In Abbildung 6.10 sind die Ergebnisse für diesen Lastfall aufgetragen. In Abbildung 6.10a werden wieder die inkrementellen Energiefreisetzungsraten und der zugehörige Linearisierungsfehler betrachtet. Hier zeigt sich ein Linearisierungsfehler ErrG von bis zu 25% für lange Risse. Im Gegensatz zum vorherigen Lastfall mit höherem Modus II Anteil nimmt der Linearisierungsfehler für kurze Risse ab. In Abbildung 6.10b zeigt sich, dass zwischen der differentiellen Energiefreisetzungsrate berechnet mittels Integration bzw. aus dem J-Integral eine sehr gute Übereinstimmung vorliegt. Auch hier reagiert die differentielle Energiefreisetzungsrate wieder sensitiver auf nichtlineare Einflüsse.

Einflüsse eines mitbewegten lokalen Koordinatensystems

Bisher wurde gezeigt, dass die Linearisierung der Gleichungen für das Rissöffnungsintegral einen großen Fehler in den Energiefreisetzungsraten erzeugen kann. Deshalb sollte für stark nichtlineares Verhalten immer die Integration ausgeführt werden. Im Folgenden soll der Einfluss der Integration in einem lokalen mit dem Knoten mitbewegten Koordinatensys-tem untersucht werden. Da dieses Vorgehen während der gesamten Rissöffnung die Anteile normal und tangential zu den Rissflanken trennt, ist im Vergleich zu einem stationären Koordinatensystem ein großer Einfluss auf das Mixed-Mode-Verhältnis zu erwarten, falls die Rissflanken während der Entlastung große Deformationen durchlaufen. In Abbildung 6.11 ist die Energiefreisetzungsrate nach Rissöffnungsmoden getrennt aufgetragen. Für beide Moden ist die inkrementelle Energiefreisetzungsrate aufgetragen in linearisierter Form (·)Mul, ausge-wertet mittels Integration in einem stationärem Koordinatensystem (·)Int und ausgewertet mittels Integration in einem lokalem mitbewegtem Koordinatensystem (·)Loc. Zu sehen ist, dass durch die Linearisierung der Absolutwert der Energiefreisetzungsrate und auch das

(a)Rissöffnungsmodus I: Unterschied der Integration in einem stationärem Koordinatensystem bzw.

lokalem mitbewegtem Koordinatensystem

(b)Rissöffnungsmodus II: Unterschied der Integra-tion in einem staIntegra-tionärem Koordinatensystem bzw. lokalem mitbewegtem Koordinatensystem

Abbildung 6.11: Konfiguration: Fügeteile aus Texipreg HS 160 RM mit Klebstoff DC993 mit äußerer Last in vertikaler Richtung, 2c= 10 mm,t= 10 mm,l1 =l2 = 10 mm, h1 =h2 = 3 mm

Mixed-Mode-Verhältnis falsch wiedergegeben wird. In diesem Beispiel ist der Absolutwert der linearisierten Betrachtung zu klein wie auch schon in der vorherigen Betrachtung, in Abbildung 6.10a, zu sehen war. Außerdem wird der Beitrag der Modus I Rissöffnung durch die Linearisierung unterschätzt. Die Auswertung in lokalen mitbewegten Koordinaten liefert den geringsten Beitrag der Modus I Rissöffnung im Vergleich zu den stationären Koordi-naten oder der linearisierten Auswertung. Der Anteil, um welchen der Modus I Anteil der Energiefreisetzungsrate in lokalen Koordinaten reduziert, ist wird durch das Mitbewegen des Koordinatensystems in einen Modus II Anteil überführt. Wird ein lokales Koordinatensystem verwendet, wird also Energie zwischen den einzelnen Moden transferiert, wie es zu Beginn dieses Kapitels in Abbildung 6.3 thematisiert wurde. Die Integration in lokalen Koordinaten führt dazu, dass die einzelnen Beiträge während der Rissöffnung streng in Beiträge normal und tangential zu den Rissflanken aufgespalten werden.