• Keine Ergebnisse gefunden

I FALLBERICHT I

Abb. 1–18: Jeremias Hey

- 299

-Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2017 I 33 I 04 einzuhalten, wurde ein Implantat mit einem Durchmesser von 3,3 mm gewählt (Strau-mann GmbH, Freiburg). Die Implantat-schulter positionierten wir 3 mm unterhalb des angestrebten Gingivalsaumverlaufs (→ Abb. 4a). Der krestale Bereich des Al-veolarfortsatzes war gut ausgebildet, so-dass eine Knochenwandstärke von gut 2 mm erreicht werden konnte ( Abb 4b).

Allerdings bestand beidseits eine deut-liche Einziehung der vestibulären Alveo-larfortsatzbasis, die eine ausgeprägte Nei-gung der Implantatachsen erforderlich machte ( Abb. 5a/b). Eine palatinale Verschraubung der geplanten Kronen war hierdurch nicht möglich ( Abb. 8a/b).

Der Heilungsverlauf war vollkommen komplikationsfrei, sodass nach 5 Monaten

die Freilegung des Implantats mittels Biopsiestanze erfolgte ( Abb. 6, 7).

Zur Ausformung des Zahnfleischs ver-sorgten wir die Implantate zunächst mit einteilig verschraubten Provisorien. Auf-grund der Achsneigung befand sich der Schraubenkanal im sichtbaren Bereich (Abb. 8a/8b).

Die Ausformung der Schleimhaut er-folgte über einen Zeitraum von 6 Monaten.

MAßNAHMEN ZUR HARMONI-SIERUNG DER ÄSTHETIK

Im Verlauf der Behandlung stieg die Er-wartungshaltung der Patientin hinsichtlich ihrer dentogenen Ästhetik. Sie äußerte zu-nehmend den Wunsch, den gesamten Frontzahnbereich zu harmonisieren. Mit

Bezug auf das Piercing zeigte sie sich je-doch weiterhin beratungsresistent. Zur Vi-sualisierung der ästhetischen Möglichkei-ten wurde ein idealisiertes Wax-up erstellt ( Abb. 9). Der Verlauf der Schneidekan-ten orientierte sich am Verlauf der Unter-lippe [6]. Die erstellte Situation wurde in-traoral mittels Tiefziehschiene und Provi-sorienkunststoff (Voco GmbH, Cuxhaven) geprüft ( Abb. 10a/10b).

Für die gewünschte Umsetzung war ei-ne Veränderung des Gingivalsaumver-laufs erforderlich. Idealerweise befinden sich der Gingivalsaum der mittleren Schei-dezähne und Eckzähne auf einer Linie, während derjenige der seitlichen Schnei-dezähne geringfügig darunterbleibt [9]. Um sich dieser Situation anzunähern, wurden Abb. 8 a/b: Versorgung der Implantate mit verschraubten Provisorien: Der Schraubenkanal

be-findet sich im sichtbaren Bereich.

Abb. 9: Wax-up mit idealisierter Frontzahnlän-ge und -stellung

Abb. 10 a/b: Mock-up auf Grundlage des Wax-up: Die Länge und Stellung der Frontzähne folgt dem Verlauf der Unterlippe beim Lächeln.

Abb. 12: Silikonschlüssel als Präparationshilfe für die Veneerversorgung

Abb. 11 a/b: Parodontalchirurgische Verlängerung der mittleren Frontzähne, unmittelbar und 11 Tage nach der Operation

Abb. 13: Meistermodell mit Vollkeramikabut-ments aus Zirkoniumdioxid

I FALLBERICHT I

die mittleren Schneidezähne parodontal-chirurgisch verlängert (→ Abb. 11) [4]. Um einen sicheren Gingivalsaumverlauf zu er-reichen, erfolgte erst nach 3 Monaten die Präparation für die Veneers. Zur Optimie-rung der Präpara tion wurde ein Silikon-schlüssel verwendet ( Abb. 12).

Die Veneers wurden aus Lithiumdi -silikatkeramik (Ivoclar Vivadent AG, Schaan, Lichtenstein) angefertigt und adhä-siv (Kuraray Europe GmbH, Hattersheim am Main) eingesetzt. Die Implantate wurden mit individuellen Zirkoniumdioxidabutments (Etkon, Gräfelfing) und vollkeramischen Kronen (Rübeling + Klar Dental-Labor-GmbH, Berlin) versorgt ( Abb. 13, 14).

Im Bereich der Implantate ist es trotz der starken vestibulären Knochenlamelle zu

ei-ner Resorption des Alveolarfortsatzes und zur Reduktion der Gingiva gekommen ( Abb.15, 16). Vielleicht hätte bei der Freile-gung eine zusätzliche Weichgewebsaug-mentation zu einem besseren Langzeitre-sultat bezüglich der Rot-Weiß-Ästhetik im Eckzahnbereich geführt [2]. Trotz dieser Komplikation ergab sich eine deutliche Har-monisierung der Frontzahnästhetik und die Patientin ist zufrieden ( Abb. 17a/b).

DISKUSSION

Bei Nichtanlage der oberen seitlichen Schneidezähne kann es vorkommen, dass die Eckzähne an ihrer Position durchbrechen. In derartigen Fällen ist es mit hohem Aufwand und Risiko verbun-den, die langen Eckzahnwurzeln

körper-lich zu distalisieren. Eine Kippung der Eck-zahnkrone nach distal würde zwar im ko-ronalen Bereich den erforderlichen Platz schaffen, jedoch kein ausreichendes Platzangebot im Knochen für ein späteres Implantat ermöglichen. In derartigen Fäl-len kann es sinnvoll sein, die Eckzähne nach mesial derart einzugliedern, dass ausreichendes Knochenangebot in der ur-sprünglichen Eckzahnregion für eine Im-plantation verbleibt. Grundsätzlich sollte diese Maßnahme erst nach Abschluss des Kieferwachstums erfolgen. Bei weiterem Wachstum würde die Position des Implan-tats verharren und es bestünde die Gefahr der Infraposition [7, 10]. Zudem muss bei den Lücken insbesondere die Lage der benachbarten Zahnwurzeln geprüft wer-Abb. 14: Meistermodell mit den Veneers und

Implantatkronen aus Lithiumdisilikatkeramik

Abb. 15 a/b: Detailaufnahmen des Gingivalsaumverlaufs nach der Freilegung und provisorischen Versorgung der Implantate: Der Saum verläuft auf einer Linie mit den Eckzähnen.

Abb. 16 a/b: Detailaufnahmen des Gingivalsaumverlaufs unmittelbar nach dem Einsetzen der definitiven Arbeit: Deutlich sichtbar ist der Rückgang der marginalen Gingiva im Bereich des Im-plantats im II. Quadranten.

Abb. 17 a/b: Extraorale Ansicht der endgültigen Arbeit Abb. 18 a/b: Zahnfilme der Implantate: Man beachte den geringen Abstand zur den be-nachbarten Zahnwurzeln.

I FALLBERICHT I

- 301

-Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2017 I 33 I 04 den ( Abb. 18a/b). Eine dreidimensiona-le Planung und Durchführung der Implan-tation im Guided-Verfahren kann das Risi-ko der Verletzung der Nachbarwurzeln mi-nimieren. Der Eingriff scheint so auch für einen Neuling im Bereich der Implantation problemlos möglich zu sein.

Die Einstellung eines regelrechten Gingivalsaumverlaufs erfordert bei Im-plantationen im Frontzahnbereich jedoch stets ein hohes Maß an Erfahrung. Die im-plantologische Versorgung von Einzel-zahnlücken im sichtbaren Bereich nach der SAC-Klassifikation ist immer an-spruchsvoll bis komplex und daher für den Anfänger nicht zu empfehlen [1].

Die hervorragenden funktionellen und ästhetischen Langzeitergebnisse spre-chen aktuell für die Empfehlung einer ein-flügeligen, vollkeramischen Klebebrücke, sofern die Lücke im Bereich der seitlichen Schneide offengehalten werden kann [5].

Klebebrücken sind minimalinvasiv, bieten gute, vorhersehbare Ergebnisse und kön-nen bereits ab einem Alter von etwa 10 Jahren angewendet werden. Auswir-kungen auf das Wachstum der Kiefer sind nicht zu erwarten. Die Kosten sind ver-gleichsweise moderat. Im Zweifelsfall stel-len sie bei ausreichendem Knochenange-bot einen guten Platzhalter für eine spätere Implantation dar.

Interessenkonflikt

Für PD Dr. Jeremias Hey, Dr. Ramona Schweyen und PD Dr. Arne Boeckler be-stehen keine Interessenkonflikte.

Literatur

1 __ Dawson A, Chen S (Hrsg.): Die SAC-Klassifikation in der zahn-ärztlichen Implantologie. Berlin Quintessenz, 1. Aufl. 2011 2 __Deeb GR, Deeb JG: Soft

Tis-sue Grafting Around Teeth and Implants. Oral Maxillofac Surg Clin North Am 2015; 27:

425–448

3 __Escudero-Castaño N, Perea-García MA, Campo-Trapero J, Cano-Sánchez A, Bascones-Martínez A: Oral and perioral piercing complications. Open Dent J 2008; 2: 133–136 4 __Hess D, Magne P, Belser U:

Combined periodontal and prosthetic treatment. Schweiz Monatsschr Zahnmed 1994, 104: 1109–1115

5 __Kern M: Adhäsivbrücken: Mi-nimalinvasiv – ästhetisch – bewährt. Berlin Quintessenz, 1. Aufl. 2016

6 __Lombardi RE: The principles of visual perception and their clinical application to denture esthetics. J Prosthet Dent 1973; 29: 358–382

7 __Odman J, Gröndahl K, Lek-holm U, Thilander B: The ef-fect of osseointegrated im-plants on the dento-alveolar development. A clinical and radiographic study in growing pigs. Eur J Orthod 1991; 13:

279–286

8 __Robertsson S, Mohlin B: The congenitally missing upper la-teral incisor. A retrospective study of orthodontic space closure versus restorative

treatment. Eur J Orthod 2000;

22: 697–710

9 __Rufenacht CR: Fundamentals of esthetics. Berlin Quintes-sence, 1982: 188–192 10 _Thilander B, Odman J,

Lek-holm U: Orthodontic aspects of the use of oral implants in adolescents: a 10-year follow-up study. Eur J Orthod 2001;

23: 715–731

11 _Zitzmann NU, Özcan M, Scherrer SS, Bühler JM, Wei-ger R, Krastl G: Resin-bonded restorations: a strategy for managing anterior tooth loss in adolescence. J Prosthet Dent 2015; 113: 270–276

PD DR. JEREMIAS HEY Oberarzt an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universitätspoliklinik für

Zahnärztliche Prothetik jeremias.hey@uk-halle.de

DR. RAMONA SCHWEYEN Oberärztin an der Martin-Luther-Universität

Halle-Wittenberg, Universitätspoliklinik für Zahnärztliche Prothetik

ramona.schweyen@uk-halle.de

PD DR. ARNE BOECKLER Zahnheilkundezentrum Halle/Saale

arne.boeckler@web.de

I PRO & CONTRA / ?????????? I

Die digitale Abformung ist ein von Patien-ten und ZahnärzPatien-ten lang ersehntes Tool, das viele Vorteile hat. Für unsere Patien-ten ist der „Abdruck“ − das Wort an sich ist schon furchteinflößend − nahezu genau so unangenehm wie Extraktionen oder die Betäubungsspritze. Nicht selten fürchten Patienten, dass mit der Abdruckentnahme durch den materialbedingten festen Sitz des Abdrucks auch die Zähne extrahiert werden. Die Industrie hat ihre Hausaufga-ben gemacht und unter Nutzung moderner Technologien zahlreiche Systeme zur Entwicklung gebracht. Die neuen Intra -oralscanner (IOS) sind handlicher gewor-den, die lästige Puderei entfällt bei den meisten Herstellern und eine digitale Ver-netzung ist ebenfalls problemlos möglich.

Das Handling spielt für den Zahnarzt natürlich die wichtigste Rolle. Weiterent-wicklungen führen zu immer kleineren, leichteren Kameras, die unter Umständen nur mittels eines Laptops betrieben wer-den. Damit ist mittlerweile auch die Erreich-barkeit distal am letzten Molaren gewähr-leistet. Eine entscheidende Errungenschaft in der Anwendbarkeit war die Elimination des Puderns. Seither lassen sich auch in-traoperativ, z.B. während oder nach der Im-plantation, gefahr- und berührungslos Ab-formungen durchführen. Damit lassen sich sehr einfach Konzepte wie das

„One-Abut-ment/One-Time-Konzept“ mit all seinen Vorteilen in den Alltag integrieren.

Die unmittelbare Rückkopplung über das klinisch erreichte Ergebnis erweitert in der konventionellen wie in der implantat-prothetischen Zahnheilkunde die Möglich-keiten in der Qualitätskontrolle und -ver-besserung. Beispielsweise kann die Prä-paration direkt nach der digitalen Abfor-mung in allen Ebenen beurteilt werden.

Bei Bedarf können Teile des Scans belie-big oft wiederholt werden, ohne die ge-samte Abformung wiederholen zu müs-sen. Bei der Abformung des periimplantä-ren Emergenzprofils nach der Gingivaaus-formung mit einem Provisorium kommt es auf die schnelle Übertragung nach der Entfernung des Provisoriums oder Gingi-vaformers an, da das periimplantäre Weichgewebe innerhalb von Minuten kol-labiert. Damit seien nur wenige Vorteile der Intraoralscanner (IOS) genannt.

Die Lernkurve des Anwenders ist ex-trem steil, sodass nach nur wenigen

Scans ein Scanpfad etabliert und routiniert angewendet werden kann. Die Software leistet ihren Beitrag durch die einfache Be-dienbarkeit, die den Zahnarzt durch den Prozess führt. Die Weiterverarbeitung der Daten ist auf vielen Wegen möglich, so et-wa chairside, im zahntechnischen Labor oder zentralisiert zur Herstellung von Zahnersatz sowie Modellen.

Nicht zuletzt beeinflusst auch die „Freu-de am Spielen“ die Nutzung „Freu-der neuen IOS.

Es macht einfach Spaß und die Patienten sind nachhaltig beeindruckt von der moder-nen Zahnheilkunde. Nicht zu unterschät-zen ist auch die unmittelbare Nutzung für Demonstrations- und Aufklärungszwecke.

Die Präzision, mit der dentale und gingivale Strukturen erfasst werden, ist auch für den Patienten offensichtlich. Viele Patienten er-warten die zunehmende Digitalisierung der Prozesse auch in der Zahnarztpraxis, da das für sie zu einer modernen Zahnheilkun-de einfach dazu gehört.

Die Industrie ist gefragt, die Systeme weiterzuentwickeln und die Schwächen zu beheben. Die Wissenschaft muss die Evi-denz liefern, aber gleichzeitig müssen Zahnärzte und Patienten bereit sein, die Innovationen anzuwenden. Nicht zuletzt ist es unsere Aufgabe als Hochschulleh-rer, die Konzepte und Systeme in die Aus-bildung zu integrieren.

UNIV.-PROF. DR. FLORIAN BEUER, MME Abteilungsleiter CharitéCentrum Zahn-, Mund-

und Kieferheilkunde CC 3, Zahnärztliche Prothetik, Alterszahnmedizin

und Funktionslehre florian.beuer@charite.de