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Hintergründe der sich weltweit verschärfenden Wasserkrise

Im Dokument Konkurrenz um die Ressource Wasser (Seite 18-21)

II. Die globale Wasserkrise und ihre ökologische, zeitliche, anthropogene und

1. Hintergründe der sich weltweit verschärfenden Wasserkrise

Die folgende allgemeine Darstellung der globalen Wasserkrise soll das Ausmaß und die Aktualität des Wasserproblems und seine globale Relevanz vermitteln und gleichzeitig Kritik an der derzeitigen Debatte in der Humanökologie üben. Diese stellt eine Schnittstelle von Ökologie, Hydrologie, Geographie, Naturschutz, Entwicklungspolitik, Friedens- und Konfliktforschung und anderen Disziplinen dar, welche sich mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt, in diesem Fall speziell mit der Nutzung der Ressource Wasser befassen. Aufbauend auf der Darstellung humanökologischer (naturwissenschaftlicher) Hintergründe der Verknappung der Ressource Wasser soll der Umgang mit der Wasserkrise in der Literatur der Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik beleuchtet werden, auf die ich mich hier schwerpunktmäßig beziehe (Nohlen 2002, Nuscheler 2004, OECD 1998, FAO 2003). Im Folgenden gebe ich einen Überblick über das natürliche Süßwasservorkommen auf der Erde, welches für den Menschen nutzbar ist. Dann folgt eine Analyse der Faktoren, die Wasserknappheit verursachen können, nämlich einerseits ein globaler Anstieg der Wassernachfrage aufgrund von Konsumverhalten, andererseits eine ungleiche saisonale und geographische Verbreitung. Darauf erfolgt eine Diskussion von Wasserknappheitsindices und ihrer Einschränkungen sowie der Verteilung der Wassernutzung auf einzelne Sektoren (Landwirtschaft, Tourismus, Haushalte, Umwelt, Industrie). Im Anschluss stelle ich zusammenfassend das Konfliktpotential von Knappheitssituationen dar. Abschließend folgt eine Vorstellung des aktuellen Ansatzes des integrierten Wasserressourcenmanagements und seiner Strategien und Instrumente. Auf dieser globalen Analyse soll im Regionalteil aufgebaut werden, um das Wasserressourcenangebot Indonesiens bzw. Balis beurteilen und die Möglichkeiten und Chancen seines Managements abschätzen zu können.

Weltweit ist dem Menschen jährlich eine Süßwassermenge von ca. 120.000 km³ (den erneuerbaren Wasserressourcen) direkt zugänglich, davon sind die 44.500 km³ Oberflächenwasser (Flusswasser) die Hauptquelle (Wallacher 1999: 23, Nohlen 2000: 867). 10,5 Mio. km³, rund 30 % der Gesamt-Süßwasservorräte10 weltweit, bilden die fossilen Grundwasserspeicher der Erde, die teilweise sehr tief unter der Erdoberfläche liegen, schwer zu erreichen sind und einen praktisch nicht erneuerbaren Rohstoff bilden (Wallacher 1999: 22, Hauchler et al. 2001: 348). Als effektiv nutzbare Wassermenge verbleiben nur etwa 9.000-14.000 km³, etwa 1 % aller Süßwasservorräte und 0,0007 % allen Wassers

10 Die Gesamtsüßwasservorräte der Erde betragen 35 Mio. km³ (Wallacher 1999: 22).

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(Wallacher 1999: 23, Fischer 2006: 727). Die Wasserverfügbarkeit variiert in Abhängigkeit von ökologischen und biophysischen Faktoren wie Klima, Jahreszeiten und Temperaturen (Mehta 2000:

4). Zusätzlich machen Niederschlag und Vegetation die Wasserverfügbarkeit in vielen Regionen unsicher und stellen die zeitliche und zyklische Dimension der Wasserkrise dar. Niederschläge konzentrieren sich u.U. auch bei ausreichenden Jahrsdurchschnittsmengen oft auf nur wenige Tage oder Wochen im Jahr, so dass in Asien 75 % der jährlichen Niederschlagsmenge im Monsun innerhalb von nur vier Monaten (von Juli bis Oktober) fallen (Wallacher 1999: 28). Um eine Einschätzung der Wasserverfügbarkeit eines Landes bzw. einer Region machen zu können, muss die vorhandene Wassermenge immer auf die Bevölkerungsdichte bezogen werden (vgl. Wallacher 1999:

29). In der gemäßigten Zone ist eine ausreichende Pro-Kopf-Wassermenge vorhanden, während in den ariden und tropischen Regionen, wo vielerorts die Bevölkerungsdichte hoch ist, die begrenzten Wasserreserven in Abhängigkeit vom Niederschlag sowie die Durchflussmenge von Flüssen sehr ungleich verteilt sind und daher das Angebot dort knapp wird (Swain 2004: 2). Die gemäßigten und trockenen Breiten mit hoher Bevölkerungskonzentration besitzen einen geringen Teil der Oberflächenabflussmengen und sind daher besonders von Wasserknappheit betroffen (Wallacher 1999: 26, Swain 2004: 3). Ein erheblicher Teil des Wasserangebotes ist für die Aufrechterhaltung der natürlichen Ökosysteme notwendig. Bei der Darstellung von Wasservorräten einzelner Regionen und Länder muss zwischen erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Ressourcen differenziert werden, da für eine langfristige Nutzung nur die erneuerbaren Wasservorräte genutzt werden können (Wallacher 1999: 23, 47).11 Entscheidend für die Beurteilung der Wasserknappheit sind Aspekte der Verteilung. Der Zugang zu und die Kontrolle von Wasserressourcen ist von Ungleichheit geprägt.

Wasserknappheit ist kein universelles und absolutes Phänomen, sondern muss mit sozio-politischen, institutionellen und hydrologischen Faktoren verknüpft werden (Mehta 2000: 5). Neben dem Verteilungsaspekt ist die anthropogene Dimension von größter Bedeutung, da Knappheit häufig durch menschliche Intervention ins Ökosystem ausgelöst wurde (z.B. durch Staudämme, Übernutzung durch Pumpen oder schadhafte Leitungen). In der Debatte um die globale Wasserkrise, Wasserknappheit und Wasserkriege findet häufig eine Naturalisierung und Reduzierung auf Zusammenhänge mit Bevölkerungswachstum statt, während zwischen „wirklicher“ und

„gemachter“ Knappheit zu differenzieren ist und die Machtbezüge des Diskurses um Wasser herzustellen sind (Mehta 2000: 5).

Nachdem sich der Wasserverbrauch durch Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und Industrialisierung bzw. wasserintensive Wirtschaftsweisen allein im 20. Jh. versechsfacht hat, schwindet weltweit die Wasserverfügbarkeit (Nohlen 2000: 867, Fischer 2006: 727). Nach UN-Schätzungen werden im Jahre 2025 mindestens ein Drittel der Weltbevölkerung in Ländern mit

11 Zur Definition von Fachtermini siehe Glossar.

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chronischem Wassermangel (unter 1.000 m³ pro Kopf und Jahr) leben (Nohlen 2000: 867 OECD 1998: 3, Swain 2004: 4, vgl. Diagramm 1 im Anhang). 90 % des Bevölkerungswachstums findet in den Entwicklungsländern12 statt. Die Verfügbarkeit des nutzbaren Süßwassers kann nicht entsprechend gesteigert werden (Swain 2004: 3). Nach dem Anfang 2003 vorgelegten Weltwasserbericht der UNESCO verfügen 1,2 Mrd. Menschen (19 % der Weltbevölkerung) nicht über die für ein gesundes Leben notwendige Mindestmenge an sauberem Trinkwasser, weitere 10 % leben derzeit schon in Ländern mit chronischem Wassermangel (Nuscheler 2004: 393). Der weltweit bekannteste Wasserknappheitsindikator zur Einschätzung der Wasserverfügbarkeit ist das „Water barrier concept“ der Hydrologin Malin Falkenmark, ein einfacher Index der jährlichen Pro-Kopf-Verfügbarkeit eines Landes (Wallacher 1999: 31, vgl. Tab. 1, Anhang). Es handelt sich hierbei um allgemein anerkannte Schwellenwerte. Die 1.000 m³-Untergrenze wird von der Weltbank als Indikator für Wassermangel bestätigt (Wallacher 1999: 32). Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch im globalen Durchschnitt beträgt 7.700 m³ (1990), wird aber in den nächsten Jahren durch das verringerte Angebot zwangsläufig um ein Drittel zurückgehen (Fischer 2006: 727).

Wasserknappheitsindices wie das Water-Barrier-Konzept von Falkenmark berücksichtigen zwar das Wasserangebot und die Bevölkerungszahl, geben aber keinen Aufschluss über transnationale Wasservorräte, ökonomische Aktivitäten, den Landwirtschaftstypus, Viehhaltung oder Lebensstil, welche den Wasserverbrauch pro Person stark beeinflussen (Swain 2004: 6). Aufgrund lokaler Unterschiede in Vorkommen und Qualität, die sich auf nationaler Ebene schwer erfassen lassen, kann es leicht zu Fehlplanungen und -einschätzungen in Bezug auf das Wasserangebot kommen, welche lokale Wasserknappheit bedingen und zu Konflikten führen können (FAO 2003: 6). Weder die Wassernachfragestruktur noch die technischen und finanziellen Möglichkeiten zur Kompensation von Wassermangel (das Problemlösungspotential) werden einbezogen (Wallacher 1999: 49). Viele Länder tauchen in den kritischen Kategorien nicht auf, obwohl sie saisonale und regionale Wasserknappheitssituationen aufweisen (Swain 2004: 7). Hier ist wiederum der entscheidende Aspekt der differenzierte Zugang zum Wasser. Auch wenn ein Land laut Index im nationalen Durchschnitt nicht unter Wasserknappheit leidet, hat evtl. eine große Anzahl von Menschen aufgrund geographischer Barrieren, einer unterentwickelten Wirtschaft, Versagen des Staates und seiner Institutionen oder staatlicher Nutzungsprioritäten keinen Zugang zu den grundlegenden Wassermengen.13 Im Jahr 1990 war Indonesien eines von 55 Ländern, die den

12 Unter Entwicklungsländern werden diejenigen Länder betrachtet, die laut Weltbank in die Gruppe der „Länder mit niedrigem Einkommen“ (BPS pro Kopf und Jahr im Jahr 1989 580 US Dollar und weniger) und in die Gruppe der „Länder mit mittlerem Einkommen“ (BPS pro Kopf mehr als 580 US Dollar, aber weniger als 6000 US Dollar fallen (BMZ 1995: 96). Der Verfasserin ist bewusst, dass der Begriff Entwicklungsländer aufgrund der Gefahr einer evolutionistischen Perspektive umstritten ist. Wenn die Begriffe Entwicklungsland und Industrieland im Folgenden verwendet werden, dann niemals in diesem Sinne.

13 Der physiologische Wasserbedarf des Menschen liegt bei 3-5 l pro Tag (Wallacher 1999: 6-7). Verschiedene internationale Organisationen wie WHO und Weltbank machen Empfehlungen von 20-40l pro Kopf und Tag für Trinkwasser und Hygiene, ähnlich

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Grundbedarf nicht erfüllen konnten (Swain 2004: 7-8). Wasserqualität ist ein zusätzlicher Aspekt, der in vielen Surveys nicht erfasst wird und wiederum nicht absolut, sondern in Bezug auf soziale Gruppen analysiert werden muss (Swain 2004: 7).

Die katastrophalen Auswirkungen der Wasserknappheit sind immer korreliert mit einem ungleichen Mächteverhältnis zwischen Staaten, z.B. aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeit infolge ehemaliger Kolonisierung, oder zwischen Gruppen innerhalb eines Landes, wo machtvolle Akteure die Ressource und ihr Management kontrollieren, wodurch andere Gruppen stark benachteiligt werden können. Dies zeigt sich besonders deutlich anhand der Veränderungen der Anteile der Nutzungskonkurrenten im Zuge der Industrialisierung und ihrer unterschiedlichen Bedeutung für die staatliche Prioritätensetzung. Die im Regionalteil wichtigen Nutzungssektoren 1) Landwirtschaft, 2) sekundärer Sektor mit industrieller Produktion und Energieerzeugung, 3) Haushalte und kommunale Einrichtungen und 4) Ökosystem werden im folgenden in globaler Perspektive skizziert.

Im Dokument Konkurrenz um die Ressource Wasser (Seite 18-21)