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Diskussion der Zukunftsperspektiven der Bauern

Im Dokument Konkurrenz um die Ressource Wasser (Seite 91-94)

III. Die Wasserproblematik beim Reisanbau auf Bali:

8. Das Ayung-Projekt als Beispiel zentralistischen, fehlerhaften Wassermanagements

10.6 Diskussion der Zukunftsperspektiven der Bauern

Bei der Beteiligung mehrerer Nutzungskonkurrenten lassen sich weder monokausale Erklärungen noch Lösungsmöglichkeiten formulieren. Abgesehen von nur einer Person, bei der ich kein Problembewusstsein feststellen konnte, haben die Bauern ein klares Bild ihrer Zukunftsperspektive für den Nassreisanbau gezeichnet. Sie nehmen eine Verschiebung des Mächteverhältnisses wahr, da der Nassreisanbau spürbar an wirtschaftlicher Priorität verliert und die Regierung den Bauern in einer Region, wo der Tourismus vorherrscht, weniger Unterstützung zuteil werden lässt. Viele Bauern sind zufrieden mit ihrer Arbeit und möchten sie nicht aufgeben, aber sie sehen die Gefahr, dass die Urbanisierung in Sanur soweit fortschreitet, dass der Ort v.a. die Felder am Rande

„schluckt“. Mehrere Bauern prognostizierten, dass in 5 Jahren im Gebiet des Subak Rajin Sari keine Nassreisfelder mehr existieren würden.

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„Jetzt reicht das Wasser noch für eine Ernte im Jahr. Aber die Sawah werden hier immer weniger. Als ich herkam, war hier alles noch Sawah, jetzt ist schon ganz viel bebaut worden. Ich glaube, in 5 Jahren sind hier alle Sawah weg und es gibt niemanden mehr, der hier noch Reis anbaut“ (Putu Winde 13.2.06).

Die Zukunftsaussichten des Bewässerungsanbaus in Südbali werden als schlecht beurteilt, und obwohl keiner meiner Gesprächspartner die eigentlich „traditionellen“ Verhältnisse vorkolonialer Zeit erlebt hat, wird die Gegenwart im Vergleich zu früheren Bedingungen als sehr negativ skizziert.

Der Unterschied besteht hauptsächlich darin, dass Bauern aufgrund des Risikos von Missernten und Wassermangel vor der Entscheidung stehen, ihre Felder weiterzubearbeiten oder sie zu Bauzwecken zu verkaufen, was eigentlich niemand möchte. Ihre gesamte Lebensweise wird dadurch in Frage gestellt und ihr Auskommen bedroht. Der geplante Bau von Tiefbrunnen auf den Sawah trifft auf allgemeine Zustimmung, da dies die Unabhängigkeit vom Flusswasser (und somit von zukünftiger Erteilung von Nutzungsrechten durch die Regierung) verspricht. Schon Waldner (2000) befürchtet eine Destabilisierung des Bewässerungssystems aufgrund der Zersiedelung und damit eine Gefährdung des Wassertempelnetzes (Waldner 2000: 28). Die Nutzung von Grundwasser zur Bewässerung ist eine Neuheit und würde auch eine Loslösung vom hierarchischen Tempelsystem mit sich bringen. Die Subak am Ende der mit dem Kratersee beginnenden Bewässerungskette würden somit eine Sonderstellung erhalten, die ihnen einen gewissen Grad an Autonomie über die Ressource Wasser gewährt. Meines Erachtens handelt es sich hierbei jedoch um eine kurzfristige Lösung, die die Bauern aus dem Konkurrenzverhältnis um das Ayung-Wasser auskoppelt, was einer Aufgabe ihrer Rechte auch in Zukunft gleichkommt. Das Grundwasserpotential Balis ist gering und seine Nutzung als Bewässerungswasser bietet nur eine kurzfristige Lösung, nach deren Erschöpfung eine Rückkehr zur Nutzung von Flusswasser schwierig erscheint.

Bei der Ressourcenzuteilung für Wasser widersprechen sich die beiden nationalen Regierungsprioritäten Förderung des Tourismus und Wiedererlangung der Autonomie in der Reisproduktion. Auch wenn die Bevorzugung des Tourismus von Regierungsseite so klar nie formuliert würde und sich auch nicht in finanzieller Förderung ausdrückt (vgl. Pitana 2005), hat sie auf der Mikroebene des Fallbeispiels eben die Auswirkung, dass aufgrund der Schlüsselressource Wasser der Tourismus den Reisanbau verdrängt. Die touristische Erschließung gelang auf keiner anderen indonesischen Insel so wie auf Bali und auch die Bedingungen für den Reisanbau sind nur auf Java und Bali ideal. Es wäre demnach anzustreben, beide zu fördern, im Sinne eines Kulturtourismus, der auf der Landwirtschaft und damit auf dem Nassreisanbau basierenden Kultur Balis gründet (Pitana 2005: 257, 261). Die derzeitige Planung seitens der Regierung kommt einer Verkennung der Tatsachen gleich, indem die vorhandenen Wasserressourcen mehrheitlich zugunsten des Tourismus vergeben werden und so dem Bewässerungswasser geringe Bedeutung

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beigemessen wird. Auch wenn der Import von Reis für Tourismusdevisen in Kauf genommen wird, hat dies langfristige Konsequenzen in Form von Aufgabe von Feldern, Urbanisierung und einer weiter schwindenden Reisproduktion. Bei gleichzeitiger Förderung beider Sektoren, bei der der Nassreisanbau und das Subaksystem Basis und Anziehungspunkt für den Tourismus sind und dieser wiederum einen Markt für landwirtschaftliche Produkte bietet, sollte Vorsorge getroffen werden, dass sich beide nicht weiter auf gewisse Regionen beschränken. Es besteht eventuell die Tendenz, dass die touristische Infrastruktur sich im Süden Balis (der Untersuchungsregion) konzentriert und der Nassreisanbau auf die typischen Reisterassen als Ausflugsziele z.B. um Ubud begrenzt wird.

Pitana spricht das Verhältnis beider Sektoren nur baliweit an, es ist aber die regional unterschiedliche Entwicklung, welche gerade den Reisanbau durch Flächenaufgabe in Südbali bedroht (Pitana 2005:

256-262). Der Reisanbau in Südbali muss ökonomisch rentabel bleiben, damit er nicht verdrängt wird. Als touristische Sehenswürdigkeit wurden die Reisfelder in Sanur bislang nicht hervorgehoben, da sie auch nicht die fürs zentrale Inland typischen Terrassen aufweisen. Bali ist bislang nicht eigentlich als Zielort für ökologisch verträglichen Tourismus prädestiniert gewesen, da die Landschaft stark anthropogen geprägt ist und im Gegensatz zu anderen Inseln Indonesiens wenig

„Natur“ aufweist, die Ökotouristen zumeist suchen. Trotz vieler Individualreisender war ein Großteil der Balireisenden vom Typ „Pauschal- und Luxustouristen“, was eine stärkere Orientierung des Tourismus in Richtung landwirtschaftlich basierten Tourismus (agrowisata), wie ihn Pitana und Sutawan vorschlagen, erschwert (Pitana 2005: 256, Sutawan 2005: 11). Zudem wurde mir als Antwort auf mein Interesse am Reisanbau Südbalis von Balinesen oft entgegnet, dass die Reisfelder im Großraum Denpasar nicht erwähnenswert seien, während die eigentlichen Reisterrassen weiter nördlich z.B. um Ubud herum wahre Sehenswürdigkeiten darstellten. Die Alternative des

„Agrotourismus“ ist daher vermutlich nur als eine Variante des Kulturtourismus zu verwirklichen und wird sich wohl nicht zum Rettungsanker des Nassreisanbaus in Südbali ausbauen lassen.

Allerdings ist eine weitere Entwicklung des Tourismus nicht möglich ohne eine Umstellung der Planung und Umsetzung in Richtung eines geringeren Ressourcenverbrauches pro Person und diesem Konzept könnte der „Agrotourismus“ entsprechen.

Bei meiner Untersuchung stach hervor, dass keinem Bauern Zahlen bekannt waren, die genaue Anteile des Zugangs zur Ressource Wasser beziffern könnten, sondern dass der Konflikt neben der konkret wirtschaftlichen Ebene ganz stark auf einer symbolischen Ebene besteht: Es handelt sich um die Konkurrenz von Lebensweisen, deren unterschiedliche gesellschaftspolitische Anerkennung sich im Zugang zu Wasserressourcen äußert.

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„Seen in this light, struggles over resources are seen as simultanously struggles over meaning (Agarwal, 1994), where the use and control of resources may be both material and symbolic means of renegotiating one´s social position within broader social networks” (Mehta et al. 1999: 21).

Nach der Darstellung der emischen Perspektive der Mitglieder des Munduk Tegeh Agung als Ergebnis meiner empirischen Studie und ihrer Interpretation durch Zusammenführung mit der Literatur sollen nun konkrete Schwächen des Wasserressourcenmanagements in Südbali bzw.

insgesamt für Bali diskutiert werden und Möglichkeiten des integrierten Wassermanagements unter besonderer Betrachtung der Subakgemeinschaften aufgezeigt werden.

Im Dokument Konkurrenz um die Ressource Wasser (Seite 91-94)