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II. Fächerübergreifende und fachbezogene Unterrichts- und Erziehungsaufgaben

3. Hilfen zur persönlichen Lebensgestaltung

Die Schüler der Hauptschule durchleben während ihrer Schulzeit einen be-deutsamen körperlichen und seelischen Entwicklungsprozess. Sie lösen sich

allmählich aus dem Elternhaus und übernehmen zunehmend Verantwortung für ihre persönliche Lebensführung. Dabei werden Problemsituationen auftre-ten, denen sie sich stellen müssen, statt der Realität zu entfliehen.

Gesundheit 3.1 Die Schüler werden sich bewusst, dass körperliche und geistig-seelische Gesundheit ein hohes Gut ist, dass aber auch mit Krankheit und Behinderung Leben gelingen kann. Sie werden angeleitet zu vernünftiger Lebensgestaltung und aktiver Gesundheitsvorsorge. Im Einzelnen sind zu nennen: richtige Er-nährung, gesundheitsfördernde Bewegung, Vermeidung Gesundheitsgefähr-dender Verhaltensweisen in Beruf, Freizeit und Verkehr, Entwicklung von Stra-tegien zur Bewältigung geistig-seelischer Belastungen, Aufklärung über Aids und über Suchtgefahren (Alkohol, Nikotin, illegale Drogen).

Die Schüler lernen Ursachen und Folgen von Sehschädigungen kennen und werden fähig, mit persönlichen Einschränkungen umzugehen. Die Lehrkräfte fördern die Bereitschaft, die verordneten Sehhilfen sachgerecht zu benützen.

Die Bewältigung des täglichen Lebens stellt für Schüler mit eingeschränktem Sehvermögen eine hohe körperliche und geistige Anforderung dar. Deshalb brauchen sie angemessene Phasen der Entspannung.

Zusammenleben mit anderen

3.2 Die Schule gibt Raum für vielfältige soziale Erfahrungen und ermöglicht soziales Lernen und Handeln. Der Umgang mit Gleichaltrigen, Erwachsenen, Menschen anderer Nationalitäten, Kulturen und Religionen erfordert Respekt und Toleranz. Ein gemeinsam entwickeltes und von allen getragenes Erzie-hungskonzept fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl, hilft bei der Lösung von Konflikten und kann Gewalt an der Schule verhindern. Zur Prävention und bei der Aufarbeitung von Konfliktsituationen sind Schüler altersgemäß zu betei-ligen, z. B. als Tutoren bei der Betreuung von Mitschülern oder im Rahmen von Streitschlichterprogrammen.

Die Schüler begegnen auch Menschen, die krank oder behindert oder aus anderen Gründen auf Hilfe angewiesen sind. Sie lernen, die Situation dieser Menschen richtig einzuschätzen, Rücksicht zu nehmen und sich ihnen gegen-über taktvoll zu verhalten. Sie entwickeln und erproben Möglichkeiten, wie sie ihnen helfen und mit ihnen zusammenleben können.

Die Hauptschulstufe fördert die Bereitschaft der Schüler mit eingeschränktem Sehvermögen zur Anbahnung und Pflege von Sozialkontakten. Intensive Zu-sammenarbeit mit der allgemein bildenden Schule, wechselseitige Informati-onsbesuche, gemeinsame Schullandheimaufenthalte und Kontakte zu Men-schen mit anderen Behinderungen fördern das Verständnis füreinander. Ge-meinsames Lernen im Unterricht mit Schülern ohne sonderpädagogischem Förderbedarf in geöffneten Klassen am Förderzentrum, Förderschwerpunkt Sehen sowie zusätzliche Begegnungen zwischen Behinderten und Nichtbehin-derten unterstützen das Miteinanderlernen und Miteinanderleben. Bei der inte-grativen Beschulung von Schülern mit Sehschädigungen an der allgemein bildenden Schule ist soziale Integration gezielt zu fördern.

Sexualität, Partner-schaft, ElternPartner-schaft, Familie

3.3 Die Schüler erfahren die Phasen ihrer körperlichen und seelischen Ent-wicklung als Herausforderung und Bereicherung ihrer Lebensmöglichkeiten. Es ist wichtig, dass sie ihre geschlechtsspezifische Eigenart annehmen und sen-sibel werden für die Chancen und Risiken von Freundschaft und Partnerschaft.

Dazu gehört vor allem die Achtung vor der Würde und Selbstständigkeit der Anderen. Die Bedeutung von Ehe, Elternschaft und Familie für die Verlässlich-keit menschlicher Beziehungen und für den Fortbestand der Gemeinschaft soll frühzeitig erkannt werden.

Besonders bei blinden Schülern ist dieser Bereich teilweise mit Unsicherheit und wirklichkeitsfernen Vorstellungen verbunden. Der Sonderschullehrer be-rücksichtigt daher ihre unterschiedlichen Lebenserfahrungen, Bedürfnisse und Interessen. Im Umgang miteinander wird ihnen deutlich, dass jeder Mensch das Recht auf eine persönliche Privat- und Intimsphäre hat, die zu respektieren ist.

Freizeit 3.4 Die Schüler erfahren, welche Bedeutung die Zeit für das eigene Leben hat:

als Arbeitszeit, Freizeit, Zeit zur Muße. Sie sehen die Chancen, aber auch die Gefahren der Freizeitgestaltung. Sie erkennen, dass sie besonders in der Frei-zeit Neigungen und Begabungen entwickeln und selbstständig und

verantwort-lich handeln können. Sie setzen sich mit unterschiedverantwort-lichen Mögverantwort-lichkeiten der Freizeitgestaltung auseinander und lernen, Freizeitangebote zu bewerten und für das eigene Leben richtige Entscheidungen zu treffen. Am wirkungsvollsten ist der Beitrag der Schule, wenn sie den Schülern in den Unterrichtsfächern, in freien Arbeitsgemeinschaften und in außerschulischen Angeboten Erfahrungen ermöglicht, wenn sie Fertigkeiten einübt und durch das Tun Interessen weckt, die in entsprechenden Freizeitaktivitäten weitergeführt werden können.

Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt Sehen sind im Bereich ihrer Freizeitaktivitäten ihres individuellen Sehvermögens we-gen in unterschiedlicher Weise eingeschränkt. Deshalb ist es nötig, individuelle Möglichkeiten zu entdecken und Gemeinsamkeiten zwischen Jugendlichen mit sonderpädagogischem und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf in der Freizeitgestaltung zu unterstützen. Durch spezifische Angebote in der Schule etwa in Form von Arbeitsgemeinschaften und in der Zusammenarbeit mit Inter-nat und heilpädagogischer Tagesstätte werden individuelle Interessen geför-dert. Blinde Schüler benötigen bei verschiedenen sportlichen Aktivitäten se-hende Begleitung, wie etwa beim Tandem fahren, Rudern oder Klettern. Musi-kalische und kreative Freizeitangebote kommen den besonderen Fähigkeiten und Interessen von blinden und sehbeeinträchtigten Schülern entgegen. Ver-eine, kirchliche Gruppen, Behindertenverbände sowie private Gruppen bieten vielfältige Möglichkeiten der Freizeitgestaltung.

Verbraucherverhalten 3.5 Sowohl im weiteren gesellschaftlichen Umfeld als auch in ihrem unmittelba-ren sozialen Erfahrungsraum erleben die Schüler Widersprüche zwischen Kon-sumwünschen und Konsummöglichkeiten. Sie verfügen über Geld, kaufen, verbrauchen Ressourcen und Güter und messen sich und andere an Besitz, Kleidung und Statussymbolen. In handlungsorientierten Lernsituationen wie Projekt oder Planspiel und aus aktuellem Anlass setzen sich die Schüler mit ihrem eigenen Verbraucherverhalten auseinander. Sie erfahren die Notwen-digkeit überlegter Planung, lernen finanzielle Möglichkeiten realistisch einzu-schätzen, verantwortlich mit Geld und Gütern umzugehen und notwendige Einschränkungen zu akzeptieren. Sie erfahren auch, wie ihr Verhalten als Verbraucher durch Marketingmaßnahmen, durch Medien und das soziale Um-feld beeinflusst wird.

Medien 3.6 Die Schüler werden ermutigt, vielfältige Primärerfahrungen mit Menschen, Natur und Kultur zu machen. Die Medien können diese Erfahrungen ergänzen.

Sie bieten die Chance, die eigene Welterfahrung zu erweitern. Die Schüler sollen aber auch Risiken und Gefahren erkennen, denen sie durch Wirklich-keitsverfälschende, manipulierende und die Menschenwürde missachtende Angebote der Medien und unkritischen Gebrauch ausgesetzt sind. Dazu müs-sen sie deren Verbreitung und Wirkung, Leistungsfähigkeit und Grenzen ken-nen, ihren Charakter und Wirklichkeitsgrad beurteilen und die Interessen ein-schätzen können, die offen oder versteckt hinter den "Botschaften" stehen. Nur dann können sie Medien sinnvoll nutzen, statt sich von ihnen beherrschen zu lassen.

Elektronische Medien sind für die Schüler von zukunftsweisender Bedeutung, um ein möglichst hohes Maß an schulischer, beruflicher und gesellschaftlicher Teilnahme sowie an selbstständiger Lebensgestaltung zu erreichen. Der Ein-satz dieser Medien ermöglicht es vor allem blinden Schülern, einen weitgehen-den Zugang zur Welt der Sehenweitgehen-den zu erlangen. Der Computer, häufig als Laptop, erleichtert den Unterricht nicht nur für die Schüler, sondern auch für den Lehrer. Neben der kompensatorischen Funktion des Computers ist dieser auch als Unterrichtsgegenstand selbst zu verwenden. Für blinde Nutzer ist eine Braillezeile zum Lesen der Bildschirminhalte notwendig. Letztere können auch über die Sprachausgabe akustisch erfasst werden. Schüler mit individuell beeinträchtigem Sehvermögen benötigen spezifische Hilfen zur Texteingabe wie etwa Lupe oder Vergrößerungs-Software in Kombination mit einem Text-verarbeitungsprogramm. Die Orientierung am Monitor erleichtert eine über-sichtliche Bildschirmaufteilung mit angepasstem Zoom-Faktor.

Verkehrserziehung, Sicherheitserziehung

Orientierungs- und Mobilitätstraining

3.7 Heranwachsende Menschen betrachten die Mobilität und die durch sie ermöglichte zeitliche und örtliche Unabhängigkeit als einen bedeutsamen Teil ihrer individuellen Lebensqualität. Gleichzeitig müssen sie wahrnehmen, dass sie zunehmend Verantwortung tragen. In Schule, Beruf, Freizeit und Verkehr sollen sie sich partnerschaftlich verhalten, Risiken richtig einschätzen und die Auswirkungen des eigenen Verhaltens auf sich, auf andere und auf ihre Um-welt kennen. Auch mit Blick auf eine altersbedingt immer häufiger motorisierte Teilnahme am Straßenverkehr werden sie befähigt, Gefahren zu erkennen, zu vermeiden, zu bewältigen und zu beseitigen sowie sich nach Verkehrsunfällen angemessen zu verhalten. Dazu sollen sie ihre Wahrnehmungs- und Reakti-onsfähigkeit entwickeln, verkehrskundliches und verkehrstechnisches Wissen erwerben und umsetzen sowie situationsgerecht und vorausschauend handeln können. Die Teilnahme am Verkehr erfordert Rücksichtnahme und gegebenen-falls den Verzicht auf die Durchsetzung eigener Rechte. Darüber hinaus sollen sich Schüler kritisch mit den Auswirkungen des Verkehrs auf Mensch und Na-tur, seinen jetzigen und zukünftigen Folgen beschäftigen und nach Lösungs-möglichkeiten für auftretende Probleme suchen. Allen Schülern soll ein Erste-Hilfe-Kurs angeboten werden.

Orientierung und Mobilität sind grundlegende fächerübergreifende Aufgaben zur spezifischen Förderung von Schülern mit eingeschränktem Sehvermögen.

Bewegungserziehung, Sinnesschulung oder Begriffsbildung liefern hierzu wich-tige Förderbeiträge. Ferner gibt es Bereiche, die in Form von individuellem Orientierungs- und Mobilitätstraining angeboten werden. Orientierungs- und Mobilitätstechniken sind eng aufeinander bezogen. Voraussetzungen hierzu sind Bewegungsfähigkeit, Wissen und Verstehen von Umweltkonzepten sowie Entwicklung von Zeit- und Raumvorstellung. Wichtige Förderaspekte sind die Nutzung des vorhandenen Sehvermögens, die Sensibilisierung der anderen Sinne, der Schutz des eigenen Körpers und der Aufbau von Mut und Selbstver-trauen.

Lebenspraktische Fertigkeiten

3.8 Lebenspraktische Fertigkeiten umfassen eine Vielzahl von speziellen Hilfen und Trainingsangeboten. Sie ermöglichen es den Schülern, im Alltag weitge-hend sicher und selbstständig bestehen zu können. Die Kenntnis von Funkti-onsabläufen, von effektiven Hilfen und Methoden ist grundlegende Vorausset-zung, um gezielte Handlungsstrategien zur Bewältigung lebenspraktischer Aufgabenstellungen entwickeln zu können. Bei der Förderplanung wird die aktuelle Lern- und Lebenssituation des einzelnen Schülers in Bezug auf die Auswahl von Inhalten und Techniken aus dem breiten Spektrum der Möglich-keiten berücksichtigt. Schulung der Orientierung, effektive Nutzung der Rest-sinne sowie der Gebrauch blinden- und sehbehindertenspezifischer oder adap-tierter Hilfsmittel sind Inhalte der Schulung in den Lebenspraktischen Fertigkei-ten. Grundlage ist eine ganzheitliche Einschätzung des Schülers, das Wissen um seine Fähigkeiten und Stärken, aber auch um seine Grenzen. Die Förde-rung Lebenspraktischer Fertigkeiten findet überwiegend in Form von individuel-lem Training durch Fachdienste statt.