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7 Hilfen zur Erziehung, Hilfe für junge Volljährige und Eingliederungshilfe

7.4 Hilfearten und Ziele

Innerhalb der Erziehungshilfen wird unterschieden zwischen ambulanten, teilstationären und stationären Hilfen. Ambulante Hilfen belassen die jungen Menschen im familiären Rahmen.

Sie ergänzen die elterliche Erziehung durch punktuelle pädagogische Unterstützung, die sich schwerpunktmäßig an Eltern oder an Kinder und Jugendliche richten kann und entweder in einer Beratungsstelle, pädagogischen Praxis o. ä. geleistet wird oder im Zuhause der Fami-lie. Teilstationäre Hilfen werden – i .d. R. an Wochentagen - tagsüber außerhalb der Familie in einer Einrichtung erbracht, der junge Mensch lebt weiter in seiner Familie. Bei stationären Hilfen lebt das Kind bzw. Jugendliche nicht mehr in seiner Familie, sondern wechselt den Lebensort, der dann in einer Pflegefamilie oder einer Heimwohngruppe sein kann. Stationäre Hilfen können vorübergehend sein oder auf Dauer angelegt bis zur Verselbständigung des jungen Menschen.

Das SGB VIII benennt eine breite Palette möglicher Hilfearten mit jeweils eigenem fachlichen Profil. Ausdrücklich ist keine Rangfolge der einzelnen Hilfearten vorgesehen, es ist von einer Gleichrangigkeit der verschiedenen Hilfen auszugehen. Für den Einsatz einer intensiven Hilfe ist es nicht notwendig, dass vorher eine weniger intensive Hilfe ausprobiert wurde.

Ebenso gibt es keinen gesetzlichen Vorrang ambulanter vor stationären Hilfen.

Aus fachlichen Gründen werden in jedem Einzelfall stets vorrangig die Möglichkeiten geprüft, das familiäre Zusammenleben und das Sozialisationsumfeld des jungen Menschen zu erhal-ten und zu stützen.

Das SGB VIII benennt die klassischen Hilfearten, die relativ flächendeckend zur Verfügung stehen. Ausdrücklich enthält das Gesetz eine Öffnungsklausel, die dazu auffordert, neue Konzepte und Lösungsversuche zu entwickeln und unkonventionelle Hilfen für konkrete Ein-zelfälle zu erbringen („Hilfe nach Maß“). Entscheidend sind der erzieherische Bedarf und die Geeignetheit der Hilfe im Einzelfall.

Folgende Hilfearten sind im SGB VIII benannt:

§ 19 - gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder33

sollen Alleinerziehende bei der Pflege und Erziehung eines Kindes unter 6 Jahren unterstüt-zen, ihre Persönlichkeitsentwicklung fördern und in Ausbildung oder Berufstätigkeit integrie-ren.

§ 20 – Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen

soll im elterlichen Haushalt den Ausfall des Elternteils überbrücken, der das Kind überwie-gend betreut und hat das Ziel, dem Kind den vertrauten familiären Raum zu erhalten.

§ 21 – Unterstützung bei notwendiger Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht

soll in Fällen, in denen ständige Ortswechsel wegen der beruflichen Tätigkeit der Eltern er-folgen, durch eine stationäre Unterbringung des Kindes oder Jugendlichen die Erfüllung der Schulpflicht sicherstellen. Diese Hilfe richtet sich in der Praxis insbesondere an Schausteller- und Zirkusfamilien. Durch den mobilen Einsatz der „Schule für Kinder beruflich Reisen-der“ der Schule am Geisberg reduziert sich die Notwendigkeit der Unterbringung dieser Kin-der.

§ 27 Abs.3 - sozialpädagogisch begleitete Ausbildungsmaßnahmen

sollen berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und soziale Integration sozial benachteiligter und entwicklungsbeeinträchtiger junger Menschen fördern.

33 Die Hilfen nach §§ 19, 20 und 21 gehören gesetzessystematisch nicht zu den Erziehungshilfen, werden aber wegen vergleichbarer Bearbeitungsstandards in diesem Bericht einbezogen.

§ 28 - Erziehungsberatung

soll bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme, bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Scheidung unterstützen.

§ 29 - Soziale Gruppenarbeit

soll älteren Kindern und Jugendlichen bei der Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen helfen, soll die Entwicklung durch soziales Lernen in der Gruppe fördern.

§ 30 - Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer

sollen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen unterstützen und Verselbständigung fördern.

§ 31 - sozialpädagogische Familienhilfe

soll Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen, im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen, Hilfe zur Selbsthilfe geben, ist auf längere Dauer angelegt und erfordert Mitarbeit der Familie.

§ 32 - Erziehung in einer Tagesgruppe

soll die Entwicklung durch soziales Lernen in einer Gruppe, Begleitung der schulischen För-derung und Elternarbeit unterstützen und Verbleib in Familie sichern.

§ 33 – Vollzeitpflege

soll in einer anderen Familie eine zeitlich befristete oder auf Dauer angelegte Lebensform bieten.

§ 34 - Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform

soll durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen An-geboten junge Menschen in ihrer Entwicklung fördern und in Fragen der Ausbildung und Be-schäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung unterstützen. Sie soll eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.

§ 35 - Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung

soll intensive Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Le-bensführung leisten und ist auf längere Zeit angelegt, richtet sich meist an Jugendliche in besonders gefährdenden Lebenssituationen.

§ 35a - Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche

soll drohende Behinderung verhüten oder Folgen der Behinderung mildern, die altersent-sprechende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen. Die Hilfe kann ambulant, teilstationär oder stationär erbracht werden.

§ 41 - Hilfe für junge Volljährige

soll Persönlichkeitsentwicklung fördern und eigenverantwortliche Lebensführung unterstüt-zen, wird ausgestaltet durch die vorangehend beschriebenen Hilfearten und endet i. d. R.

spätestens mit Vollendung des 21. Lebensjahres.

§ 27 - zusätzlich entwickelte Hilfen

In Wiesbaden wurden im Rahmen der Öffnungsklausel aufgrund festgestellter Bedarfslagen spezifische Hilfeformen entwickelt, die z. T. nur in einem oder sehr wenigen Fällen zum Ein-satz kommen, z. T. aber auch zu einem Regelangebot weiterentwickelt wurden.

Dazu gehören insbesondere:

• Außerschulische integrative Lerntherapie

soll Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter in ihrem Selbstvertrauen bei der Bewäl-tigung der psychischen Folgen ihrer Teilleistungsstörung stärken. Es handelt sich um eine ambulante Einzelfallhilfe, die i. d. R. in pädagogisch-therapeutischen Praxen erbracht wird.

• SoKom - Soziales Kompetenztraining

soll im Rahmen eines kombinierten Einzel- und Gruppenangebots junge Menschen beim Abbau auffälligen Verhaltens im Kontakt mit anderen und der Entwicklung sozialer Kompe-tenz fördern und durch begleitende Elternberatung ihre Erziehungsleistung stärken.

• ProFiel – professionelle Familienbetreuung im eigenen Lebensumfeld

(oder auch: „Heim daheim“) soll insbesondere in Familien mit mehreren Kindern, bei denen eine Fremdplatzierung droht, durch Teilübernahme der Erziehung und Haushaltsorganisati-on den Schutz, die Versorgung und Erziehung im elterlichen Haushalt sicherstellen. Die Hil-fe ist meist langfristig erforderlich.