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Hilfe leichter annehmen

Im Dokument Zukunftswerkstatt Demenz (Seite 80-83)

Fachtitel: P.A.u.S.E. – für pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz

80 Unterstützung der pflegenden Angehörigen

betreuung mit den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern besprechen, planen und im Anschluss an den Kurs wahrnehmen.

Ergebnisse

Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer lassen sich mehr helfen

Insgesamt wurden 17 gemeinsame Pflegekurse durchgeführt und 130 pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz geschult. Pflegende Angehö-rige, die an einem gemeinsamen Pflegekurs teilge-nommen hatten (Interventionsgruppe), nahmen im Anschluss häufiger ehrenamtliche Entlastungsbe-treuung in Anspruch als Angehörige, die einen Pfle-gekurs ohne ehrenamtliche Helferinnen und Helfer besucht hatten (Kontrollgruppe). Sechs Monate nach dem Kursbesuch stieg die Inanspruchnahme bei den Teilnehmenden der Interventionsgruppe um 16,7 Prozent, in der Kontrollgruppe nur um 2,9 Prozent.

Bei der anschließenden häuslichen Betreuung übernahmen die Ehrenamtlichen die Betreuung der demenziell erkrankten Menschen ein- bis zweimal pro Woche für zwei bis vier Stunden.

Weniger Vorbehalte

Vorurteile und Vorbehalte von Angehörigen ge-genüber ehrenamtlichen Hilfen waren bei den Angehörigen nach dem Besuch eines gemeinsa-men Pflegekurses sowohl kurzfristig (unmittelbar nach dem Kurs) als auch langfristig (sechs Monate danach) deutlich geringer als bei den Angehörigen, die einen Kurs ohne ehrenamtliche Helferinnen und Helfer besucht hatten. Außerdem hatten sie sowohl kurz- als auch langfristig wesentlich bessere Kennt-nisse und Vorstellungen über das Angebot einer ehrenamtlichen Entlastungsbetreuung. Die Annah-me, dass gemeinsame Pflegekurse das Vertrauen der Angehörigen gegenüber den Helferinnen und Hel-fern positiv beeinflusst, konnte anhand der durch-geführten Analysen weder im kurzfristigen noch im langfristigen Verlauf nachgewiesen werden.

Praxisnah und einfach übertragbar

Gemeinsame Pflegekurse mit ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern scheinen geeignet, die Inanspruchnahme häuslicher Entlastungsbetreuung durch pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz zu erhöhen. Entscheidend für die positivere Einstellung ist dabei der Kontakt zwischen Ange-hörigen und Ehrenamtlichen. Da es bereits sowohl Pflegekurse für Angehörige als auch für ehrenamt-liche Helferinnen und Helfer gibt, die nach § 45c SGB IX von den gesetzlichen Pflegekassen finan-ziert werden, lässt sich P.A.u.S.E. gut in die aktuelle Versorgungsstruktur übertragen. Es müssen keine neuen Unterstützungsangebote implementiert, sondern bestehende Angebote lediglich zusammen-geführt werden. Ohne zusätzliche Kosten entsteht so ein Synergieeffekt, der die Zugangsbarrieren für die Inanspruchnahme abbaut und pflegende Angehö-rige bei der häuslichen Versorgung von demenziell erkrankten Menschen effektiv unterstützt.

Männer an Bord

Meistens pflegen Frauen ihre an Demenz erkrankten Angehörigen, insbesondere Ehefrauen und Töchter übernehmen diese Aufgabe häufig. P.A.u.S.E. richtete sich jedoch an beide Geschlechter. Deshalb wurde bei der Gewinnung von ehrenamtlichen Helferin-nen und Helfern sowie pflegenden Angehörigen darauf geachtet, dass sich auch Männer angespro-chen fühlen. So konnten für die gemeinsamen Pflegekurse 11 Prozent Männer als ehrenamtliche Helfer gewonnen werden. Von den teilnehmenden Angehörigen waren knapp 24 Prozent Männer.

Nachhaltige Strukturen

In Leipzig und Umgebung wirkt P.A.u.S.E. auch nach Abschluss der BMG-Förderung nach: Sechs Kooperationspartner bieten weiterhin gemeinsame Pflegekurse unabhängig von den P.A.u.S.E.-Projekt-mitarbeiterinnen und -mitarbeitern an. Der Verein

„SelbstBestimmt Leben Leipzig und Umgebung e.V.“

übernahm das aufgebaute Helferinnen- und Helfer-Netzwerk von 62 Ehrenamtlichen. Vier

Angehöri-Unterstützung der pflegenden Angehörigen 81

gengruppen gründeten sich im Verlauf des Projekts neu. Außerdem entstand ein Expertenpool aus Fachreferentinnenen und -referenten für Pflegekur-se mit Schwerpunkt Demenz, der die Anbieter bei der Durchführung von Pflegekursen unterstützt.

Kontakt

Prof. Dr. Gesine Grande

Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Karl-Liebknecht-Straße 132

04277 Leipzig

E-Mail: gesine.grande@htwk-leipzig.de Internet: www.pause-fuer-angehoerige.de Prof. Dr. Astrid Sonntag

Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Fakultät Architektur und Sozialwissenschaften Karl-Liebknecht-Straße 145

04277 Leipzig

E-Mail: astrid.sonntag@htwk-leipzig.de Internet: www.pause-fuer-angehoerige.de

82 Unterstützung der pflegenden Angehörigen

Vielfach wird die Pflege von Menschen mit Demenz von Ehepartnerinnen bzw. -partnern und Kindern übernommen – auch über Jahre hinweg. Die Be-treuung bringt für die Angehörigen körperliche und seelische Belastungen mit sich. Gesundheitliche Beeinträchtigungen wie depressive Symptome und körperlichen Beschwerden sind bei ihnen im Ver-gleich zu anderen Personen in der Ver-gleichen Bevölke-rungsgruppe deutlich höher ausgeprägt. Auch sind sie in der täglichen Pflege in der Regel stark einge-spannt, sodass wenig Flexibilität für die persönliche Alltagsgestaltung bleibt.

Die Idee: Telefonische psychotherapeutische Unterstützung

Die Beratungsstellen der Alzheimer Gesellschaften bieten Angehörigen vor Ort vielfältige Unterstüt-zung an. Das Modell „Tele.TAnDem“ verstand sich daneben als ein standortunabhängiges Angebot:

Pflegende Angehörige konnten zwölf Psychothe-rapieeinheiten à 50 Minuten in Anspruch nehmen.

Anders als klassische Therapiesitzungen erfolgten die Gespräche jedoch am Telefon, sodass sich die Termine in den häuslichen Alltag pflegender An-gehöriger einfügten. Ziel der Intervention war die Entlastung der pflegenden Familienmitglieder und die Förderung ihrer Gesundheit bzw. ihres Wohlbe-findens.

Basierend auf der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) wurden die Therapeutinnen und Therapeuten für Tele.TAnDem in einem zweitägigen Training und mithilfe eines begleitenden Handbuchs vorbereitet.

Im Rahmen der Ressortforschung zum „Leucht-turmprojekt Demenz“ des Bundesministeriums für Gesundheit (2008 bis 2009) konnte die gesundheits-fördernde Wirkung der telefonbasierten Interventi-on bereits bestätigt werden. Für das aktuelle Ange-hörigenprojekt sollte Tele.TAnDem jetzt erstmalig in etablierten Versorgungsstrukturen angewendet und unter praxisnahen Bedingungen überprüft werden.

Mithilfe der gewonnenen Erkenntnisse sollten Ver-sorgungssituationen optimiert und so die Situation

sowohl der pflegenden Angehörigen als auch der Menschen mit Demenz verbessert werden.

Vorgehensweise

Therapie vis-à-vis, am Telefon oder gar nicht

322 pflegende Angehörige nahmen an der aktuellen Studie teil. Sie wurden in drei Gruppen unterteilt:

49 hatten ihren Lebensmittelpunkt in den Großräu-men Berlin, Jena oder München und konnten die Gespräche mit ihren Therapeutinnen bzw. The-rapeuten von Angesicht zu Angesicht führen; 139 Teilnehmende nutzten stattdessen die telefonbasier-te Intelefonbasier-tervention Tele.TAnDem und 134 Angehörige bildeten die Kontrollgruppe. Letztere nahmen die Regelversorgung in Anspruch.

Im Erstgespräch wurden gemeinsam mit den Angehörigen Problembereiche definiert und Ziele für die therapeutische Unterstützung festgelegt. In zwölf Gesprächen, die innerhalb eines halben Jahres erfolgten, wurden die Angehörigen u. a. hinsicht-lich ihrer Problemlösefähigkeiten, Umgang mit der Erkrankung, Selbstfürsorge, Emotionsregulation und Akzeptanz der erkrankungsbedingten Verluste unterstützt. Unabhängige Interviewerinnen und Interviewer befragten die Teilnehmenden zu drei Messzeitpunkten: vor der Intervention, direkt da-nach und ein halbes Jahr da-nach den Gesprächen.

Im Hinblick auf die Bewertung der Programmwirk-samkeit wurden primäre und sekundäre Zielvariab-len definiert. Die primären ZielvariabZielvariab-len der Studie umfassten das emotionale Wohlbefinden, depres-sive Symptome, pflegebezogene Einstellungen, die Bewältigung von Trauer, die Stressbewältigung der pflegenden Angehörigen und das Erreichen von individuellen Zielstellungen. Als sekundäre Zielvari-ablen wurden Körperbeschwerden, Lebensqualität, Ängstlichkeit und das Ausmaß des pflegebezogenen Belastungserlebens der pflegenden Angehörigen erhoben. Des Weiteren wurde die Akzeptanz und

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