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Hausach An der vergangenen

Im Dokument W IE W O LLE N WI R L E B EN? (Seite 53-56)

„Wir Politiker reden von der interkommunalen Zusammenarbeit,

ihr Jugendlichen setzt sie um!“

Bürgermeister Wolfgang Herman, Hausach

LAN D OH N E ÄRZTE, L AND MIT ID E EN

01.

Was leistet die Initiative Gesundes Kinzigtal?

Dorte Tillack

In unseren Praxen sind wir oft Einzelkämpfer. Darum haben wir uns Ärztinnen und Ärzte im Tal zusammen-geschlossen. Wir organisieren Fortbildun-gen oder zuletzt die Corona-Ambulanz.

Wir versuchen, Allgemein- und Fachmediziner in der Region zu vernetzen und uns auszutau-schen – zum Wohl der Patien tin-nen und Patienten, etwa indem wir doppelte oder unnötige Untersu chungen vermeiden. Dabei hilft eine gemeinsame Patientenakte, die in der Entstehung ist. Mit den Gemeinden ver-suchen wir, die Perspektiven für junge Medi-zinerinnern und Mediziner zu verbessern. Ich habe nichts davon, wenn ich in fünf Jahren allein hier stehe und alle behandeln muss, die hier wohnen.

02.

Sie sprechen das Problem an, Nach- folger zu finden. Woran liegt das?

Noch sind wir hier vergleichsweise gut aus-gestattet. Doch in den kommenden Jahren verabschieden sich etliche Hausärzte in den Ruhestand. Für junge Medizinerinnen und Mediziner ist der ländliche Raum unattraktiv.

Die alten Hausärzte, die zu jeder Tages­

und Nachtzeit bereitstanden, sind selten geworden. Viele der jetzigen Generation wol-len nicht mehr 24 Stunden lang, sieben Tage in der Woche abrufbereit sein.

Im Studium spielt das Thema Hausarzt-praxis leider eine untergeordnete Rolle.

Dadurch kommen all die positiven Punkte, die mit der Arbeit im ländlichen Raum ver-bunden sind, gar nicht zur Sprache. Ich

schätze etwa das Vertrauensverhält-nis zwischen meinen Patienten und mir, den engen Austausch unter Kolle-gen, die kurzen Wege …

03.

Was bedeutet für Sie Leben und Arbeiten im ländlichen Raum?

Ich stamme aus den neuen Bundesländern, kam während meiner Ausbildung nur durch Zufall in die Region. Als ich meine Praxis 2009 übernahm, gab es keine Kinderbetreuung für Einjährige oder eine Ganztages betreuung in der Gemeinde. Heute sind meine Kinder elf und dreizehn. Und es hat sich vieles ver-bessert. Leben im ländlichen Raum heißt für mich regionale Gestaltungsmöglichkeiten, eine wertvolle Landschaft, aber auch, sich ehrenamtlich zu engagieren. Gemeinsam mit meinem Mann leite ich das Kinderkletter-training bei den Naturfreunden Haslach.

„Gesundes Kinzigtal“ in Hausach wurde 2005 als Projekt der Integrierten Versorgung gegründet. Mittlerweile arbeiten mehr als 800 Personen direkt oder indirekt für die Verbesserung der Gesundheit in der Region. Dazu zählen Arztpraxen,

Psycho­ und Physiotherapeuten, Pflegeheime und ­dienste, Krankenhäuser, Vereine, Apotheken und Fitnessstudios.

Das Medizinische Qualitätsnetz Kinzigtal als Gesellschafter verbindet die beteiligten Ärztinnen und Ärzte.

Drei Fragen an die Vorsitzende Dörte Tillack, 49, Fachärztin für Innere Medizin in Haslach

Hausach An der vergangenen 72-Stunden-Aktion im Mai 2019 nahmen uber 160.000 Mitwirkende in 3.400 Gruppen teil.

Hausach

ENGAGEMENT

DANN MACH ICH’S EBEN SELBST 051

052 ENGAGEMENT HIER BESTIMMEN WIR

053 ENGAGEMENT

DANN MACH ICH´S EBEN SELBST

Hans-Peter Schreijag

Der Stellen-wert der Tageszeitung ist gesunken. Die Medienwelt hat sich gewandelt. Doch noch spielen wir eine zentrale Rolle im ländlichen Raum. Die Entwicklung ist wenig erfreulich, keine Frage. Mit der klassischen Printzeitung gewinnen wir heute kaum jüngere Leser. Doch kommu-nale Debatten, lokalpolitische Diskussi-onen, Rivalitäten zwischen Ortschaften, gemeinsame Aktionen, Veranstaltungen:

All das spielt sich bei uns ab. Lokalzeitun-gen gehören zu den letzten Institutionen, die regionale Identität stiften. Wir schlagen, weitergehend noch als beispielsweise Ver-eine, den großen Bogen, halten die Men-schen so ein Stück weit zusammen. Wenn auch leider nicht mehr so stark über die Generationen hinweg, wie wir es uns wün-schen. Viele junge Leute informieren sich eher in Blogs und über soziale Medien.

Unsere Reporterinnen und Reporter sind überall unterwegs, bleiben nicht im Stu-dierstübchen sitzen. Im Lokalen, im Regi-onalen sind wir demokratierelevant. Das spüren wir gerade heute: sei es, wenn es um Rechtsextremismus geht oder zuletzt um Corona. Die Menschen haben einen enormen Informationshunger. Verschwö-rungstheorien, Fake News, krude Grup-pierungen spalten. Gerade lokaljournalis-tische Arbeit wird von einigen diskreditiert.

Dabei ist sie umso wichtiger in dieser Zeit.

Doch ich will nicht das übliche Klagelied

singen. Wir genießen Vertrauen, stehen für viele für Verlässlichkeit.

Unser Verbreitungsgebiet ist groß. Für uns liegt die Kunst darin, eine Zeitung zu machen, die sich über einen so vielfältigen Raum erstreckt: Wir erscheinen vom Nord- bis zum Südschwarzwald, in allen drei frü-heren Landesteilen, in Baden, Württem-berg und Hohenzollern. Wir decken alle Regierungsbezirke ab: Freiburg, Karls-ruhe, Tübingen, Stuttgart. Wir haben eine Auflage von 110.000 Exemplaren, knapp 200.000 Leserinnen und Leser.

Zu über 90 Prozent erscheint der

„Schwabo“ außerhalb des Verlags sitzes Oberndorf am Neckar. Es sind kleine Strukturen, viele Dörfer. Ganz elementar für uns ist die Leser-Blatt-Bindung: Zwar sinkt die Zahl der Abonnentinnen und Abonnenten seit Jahren – überall. Doch wir bekommen heute zunehmend mehr Post von Lesern, die sich positionieren wollen.

Es ist wichtig, dass sich nicht nur Studi-enräte einbringen, sondern sich die breite Bevölkerung zu Wort meldet. Nur so ent-steht ein lebendiger Gedankenaustausch.

Ich kann es mir nur schwer vorstellen, in der Großstadt zu leben. Ich stamme von der Schwäbischen Alb, wohne noch immer dort in Bisingen. Seit gut 40 Jahren arbeite ich beim „Schwabo“. Deutsch-landweit ist kaum ein Gebiet so bekannt wie der Schwarzwald. Unsere Region ist eine Marke. Es ist für uns ein Glücksfall,

diesen Namen zu tragen. Das Image des Schwarzwalds hat das Dunkle verloren, das ihm anhaftete, die düsteren Täler, die Hin-terwäldler-Klischees sind vergessen. Das freundliche Image als Urlaubsziel blieb.

Ich glaube nicht, dass Corona und die Nachwirkungen nun zur Stadtflucht führen, aber zu einer Orientierung hin zum ländli-chen Raum. Wenn wir die Vorzüge einer globalen und digitalen Arbeitsstruktur ver-einen können, nicht mehr darauf angewie-sen sind, in einen Bürokomplex in die Stadt zu fahren, entscheiden sich vielleicht mehr Menschen für das Leben außerhalb. Das Landleben bedeutet nicht Verzicht. Natür-lich haben wir nicht das Nachtleben einer Großstadt und auch nicht die Kulturszene.

Doch in Baden-Württemberg haben wir den Vorteil, dass auch der ländliche Raum nicht abgehängt ist, wirtschaftlich gesehen.

Das Potenzial verblüfft mich immer wieder.

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