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Die folgenden organisatorischen und methodischen Grundsätze dienen als Leit-gedanken für die Durchführung der Workshops. Jedes Teammitglied richtet seine Arbeit daran aus und gewährleistet damit die Qualität der Angebote.

Organisatorische Grundsätze

• Das Alter der Teilnehmenden sollte 14 Jahre nicht unterschreiten.

Gruppengröße niedrig ansetzen: Die Anzahl von 16 Jugendlichen sollte nicht überschritten, die von sechs nicht unterschritten werden.

Aufteilung der Gruppe nach geschlechtlichen Identitäten in Betracht zie-hen, auch in Konsultation mit der Gruppe. Geschlechtshomogene Gruppen funktionieren jedoch nur mit Cis-Jugendlichen5. In geschlechtlich diversen Gruppen sollte eher in Betracht gezogen werden, die Gruppen thematisch aufzuteilen oder auch eine gemischte/all-gender Gruppe anzubieten.

Methodische Grundsätze

Partizipation: Die Angebote der Präventionsarbeit sollen den Bedürfnissen der Jugendlichen entsprechen. Die Veranstaltungen sollen interaktiv ablau-fen und die Beteiligung der Teilnehmenden fördern.

Adaptierung: Die Inhalte müssen an die Vorkenntnisse der Gruppe ange-passt werden. Themenschwerpunkte sind von der konkreten Situation und Gruppe abhängig. Um das Programm anpassen zu können, empfiehlt sich eine Vorabfrage mit dem Anmeldebogen. Didaktische Entscheidungen sol-len sich an den spezifischen Bedingungen der jeweiligen Gruppe orientieren.

Qualitätsentwicklung: Methoden und Abläufe sollen kontinuierlich über-prüft und hinterfragt werden, um sie weiterzuentwickeln. Hierzu gehört u. a. regelmäßig die Rückmeldungen der Teilnehmenden einzuholen.

Ziel der Arbeit bleibt die Selbstbestimmung der jungen Menschen anhand offe-ner Gespräche und Auseinandersetzung mit den Themen. Die Jugendlichen dür-fen nicht mit „erwünschten“ Meinungen überrumpelt und so am eigenen Den-ken gehindert werden. Die Entwicklung eigener Meinungen und Haltungen spielt eine zentrale Rolle.

5 Menschen, die sich dem Geschlecht zugehörig fühlen, das ihnen zur Geburt zugewiesen wurde, werden als cisgeschlechtlich bezeichnet. Der Gegensatz hierzu ist transgeschlechtlich.

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Umgang mit unterschiedlichen Meinungen und Positionen

Moderierende orientieren sich an den Interessen der Gruppe. Wo dies nicht möglich ist, erläutern sie, warum sie auf bestimmte Themen nicht näher eingehen wollen und / oder können.

Auch Moderierende, besonders wenn sie Peer-Edukator:innen sind, sollen ihre Meinungen, Einstellungen und Gefühle äußern können. Dabei müssen sie sich ihrer Leitungsrolle bewusst sein und Zeitpunkt und Ausdrucksweise so wählen, dass andere nicht dominiert werden – z. B. indem sie darauf hin-weisen, dass sie gerade aus ihrer persönlichen Perspektive, nicht als Mode-rierende sprechen.

Peer-Edukator:innen müssen keine Positionen vertreten, die nicht ihrer eigenen Überzeugung entsprechen.

Die in den Workshops verwendete Sprache spielt eine entscheidende Rolle. Sie bestimmt die Gruppenatmosphäre und Beteiligung der Teilnehmenden wesent-lich. Menschen nehmen Sprache individuell auf, assoziieren eigene Bedeutungen und bewerten sie.

Fachbegriffe wirken häufig technisch und kalt, sie sind nicht immer für die Arbeit mit jungen Menschen geeignet. Kulturelle Tabus können dazu führen, dass man-che sich an bestimmten Themen nicht beteiligen können, wenn die verwendete Sprache sie mit ihren Werten und Normen in Konflikt bringt. Junge Menschen mit vielfältigen geschlechtlichen Identitäten können unterschiedliche Ausdruckswei-sen verwenden. Auch Cliquen-Jargon kann andere ausgrenzen. Es gibt also kaum neutrale Begriffe zum Thema Sexualität und unser Sprachverständnis verändert und entwickelt sich ständig.

Hinweise zum Sprachgebrauch in Workshops

• Verständliche Ausdrücke wählen

• Fach- und Umgangssprache mischen

• Verschiedene Sprachstile für unterschiedlichen Situationen zur Verfü-gung haben

• Kultursensibel formulieren

• Ungewohnte Fachbegriffe (z. B. Vulva) und die gendersensible Sprache (z. B. Menschen mit Penis) bei der ersten Verwendung erklären.

• Sensibel mit Subkultur-Sprachen (Cliquen-Jargon) umgehen und ggf.

stellvertretend für die Gruppe nachfragen (z. B. „Haben alle verstanden, was damit gemeint ist?“) und von den Anwender:innen erklären lassen

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Eine der ersten Aufgaben am Beginn eines Workshops ist, die Gruppenvereinba-rungen zu treffen. Sie sollen mit der Gruppe gemeinsam erarbeitet werden.

Beispiele für Gruppenvereinbarungen

• Handys bleiben aus oder auf lautlos.

• Wir duzen uns.

• Alle Fragen sind erlaubt – es gibt keine „dummen“ Fragen.

• Wir lachen miteinander, nicht übereinander.

• Wortmeldungen sind nicht nötig, wenn alle darauf achten, sich gegensei-tig ausreden zu lassen.

• Die Teilnahme ist freiwillig. Solltet ihr an einer bestimmten Aktivität nicht teilnehmen oder zuhören wollen, dürft ihr euch ausklinken, aber nicht den Lernprozess der anderen stören.

• Alles, was wir hier besprechen, bleibt unter uns („Wir werden nichts an eure Lehrer:innen weitergeben. Dazu haben wir alle eine Schweige-pflichtserklärung unterschrieben. Äußerungen, Fragen und Erfahrungen aus den Veranstaltungen bleiben anonym und innerhalb des Teams.“).

Offenheit für Feedback und kritische Reflexion sind wichtig und wertschätzen die Erfahrungen der Peer-Edukator:innen und der Teilnehmenden. Die Reflexion der Methoden gemeinsam mit den Jugendlichen dient einerseits der Qualitäts-entwicklung, andererseits der Förderung des kritischen Denkens und des Aus-tauschs. Grundsätzlich kann nach jeder Methode reflektiert werden.

Musterfragen für die gemeinsame Reflexion

• Wie fandet ihr die Methode? Was hat euch gefallen? Was hat euch nicht gefallen?

• War es für euch eher einfach oder schwer, eure Meinung auszudrücken?

Wieso?

• Habt ihr schon einmal über dieses Thema gesprochen? Bei welcher Gele-genheit? Mit wem? Auch mit Menschen, die eine andere geschlechtliche Identität haben als ihr?

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Moderierende sollten darauf vorbereitet sein, dass auch bei (scheinbar) einfa-chen Methoden unvorhergesehene und überraseinfa-chende Situationen auftreten können. Auch vermeintlich lockere Übungen und Themen können bei einzelnen Teilnehmenden unangenehme Gedanken und Gefühle auslösen. Hier sind Auf-merksamkeit und Flexibilität gefragt, um angemessen zu reagieren. Auch des-halb sollten immer zwei Moderierende zusammenarbeiten.

Beispiel für unerwartete Reaktionen

Die Gruppenleitung gibt vor, dass alle Teilnehmenden, die ein Haustier besitzen, sich auf der linken Seite des Raumes versammeln sollen und dieje-nigen, die keines besitzen, auf der rechten. Ein Mitglied der Gruppe beginnt zu weinen, weil ein geliebtes Haustier kürzlich gestorben ist.