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Grenzen des Laserscannings in der Deformationsmessung

Im Dokument Reihe C Dissertationen Heft Nr. 805 (Seite 54-57)

Deformations- und Überwachungsmessung

3.3 Grenzen des Laserscannings in der Deformationsmessung

52 Laserscanning in der geodätischen Deformations- und Überwachungsmessung

Diese beiden Beispiele lassen vermuten, dass sich das terrestrische Laserscanning auch auf diesem Gebiet künftig stärker etablieren wird. Dennoch findet das Messverfahren in der Empfehlung des Schweizerischen Tal-sperrenkomitees kaum Erwähnung für den Einsatz der geodätischen Deformationsmessung bei Stauanlagen (Talsperrenkomitee, 2013). Des Weiteren weisen aktuelle Publikationen darauf hin, dass flächenhafte Defor-mationsmessungen an Talsperren und in deren alpiner Umgebung künftig eher mittels Radarinterferometrie erfolgen könnten (Jacquemart u. Meier, 2014).

3.2.4 Brückenbauwerke

Für die Inspektion und schließlich für die Beurteilung der Standsicherheit von Brückenbauwerken sind neben verformungsbasierten und schwingungsbasierten Überwachungsmessungen auch zuverlässigen Bestandsun-terlagen (As-Built-Dokumentationen) unerlässlich. Sind diese z. B. bei historischen Brückenbauwerken nicht vorhanden, ermöglicht bereits hier ein hochauflösender Laserscan und eine anschließende Modellierung eine detaillierte Erfassung der Geometrien (Retze, 2007). Die gewonnenen Daten sind zudem mit einem gewissen Mehraufwand auch als Grundlage für einBuilding Information Modelling(kurz: BIM; deutsch: Gebäudedaten-modellierung) verwendbar und mit aktuellen und zukünftigen Brückeninspektionen und -bewertungen zu ver-knüpfen (Borrmann u. a., 2015). Chen (2012) listet das Potenzial von Laserscanningmessungen zur Brücken-überwachung auf und bringt die Anwendungsmöglichkeiten mit erforderlicher Auflösung und Messgenauigkeit in Verbindung. Dabei werden einfache geometrische Analysen wie die Bestimmung von lichten Durchfahrts-höhen bis hin zur komplexeren Überwachungsmessungen wie Durchbiegungsmessungen und Rissdokumen-tationen diskutiert.

Mit dem Hintergrund der Deformationsmessung wurden im Zusammenhang mit anstehenden Instandsetzungs-arbeiten an einer Autobahnbrücke Belastungsversuche zur Untersuchung von Ermüdungsproblemen und zur Verbesserung der Berechnungsmodelle durchgeführt. Zogg u. Ingensand (2008) beschreiben ihre Herange-hensweise und stellen die gewonnenen Ergebnisse einem Präzisionsnivellement gegenüber. Aufbauend auf der tachymetergestützten Projektarbeit zur Bauwerksüberwachung der Hochbrücke Freimann, wurden von Ohlmann-Bartusel u. Mayr (2007) zwei Panoramascanner unterschiedlicher Fabrikate eingesetzt, um eine et-waige Höhenänderung der Brückendecke aus Punktwolken abzuleiten. Dabei wurde das Erfordernis erkannt, das Messrauschen zum Nachweis geringer Deformationen zu reduzieren. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit lag daher auf der Entwicklung geeigneter Filtermethoden mit dem Ziel, repräsentative Punkte für eine Deformati-onsanalyse zu extrahieren.

Im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsvorhaben des Institutes für Massivbau und des Geodätischen Institutes der Universität Hannover wurden von 2010 bis 2013 Strategien und Methoden des Life-Cycle-Engineerings für Ingenieurbauwerke und Gebäude entwickelt. Ziel der Kooperation war die Erfassung sta-tischer und dynamischer Auswirkungen des Schwerlastverkehrs auf Spannbetonbrücken. Parallel zu Beob-achtungen mit Mitteln der Baumesstechnik (Dehnungsmessstreifen und optische Sensoren) wurden auch Messungen mit einem terrestrischen Laserscanner durchgeführt (Schmitt u. a., 2013b). Grundsätzlich ist es gelungen, die Dehnung der Brücke über die gemessene Durchbiegung zu modellieren (Schmitt u. a., 2013a;

Neuner u. a., 2015). Aufgrund der Verwendung der hochfrequent erfassten Profildaten und deren anschließen-der Approximation und Zeitreihenanalyse, spricht die Forschungsgruppe in diesem Zusammenhang auch von kinematischem Laserscanning, kurz k-TLS – dabei resultiert die Kinematik allerdings aus der Objektbewegung, und nicht aus der Bewegung der Messplattform wie beispielsweise beiMobile-Mapping-Systemen, dem die Be-zeichnung k-TLS vermutlich entspringt. Letztgenanntes Beispiel gibt daher bereits einen Ausblick auf zukunfts-weisende Messverfahren, wie sie abschließend in Kapitel 7 diskutiert werden.

Epo-3.3 Grenzen des Laserscannings in der Deformationsmessung 53 chen. In Relation zu den Messgenauigkeiten werden die Differenzen statistisch geprüft, um so signifikante geometrische Veränderungen bestimmen zu können. Diese statistischen Tests im Sinne einer strengen De-formationsanalyse können nur auf Punkte angewendet werden, die in jeder Epoche als identische Punkte vorliegen.

Werden sehr große Flächen mittels Laserscanning in Punktwolken abgebildet und diese nach lokalen Defor-mationen abgesucht, kann die oben beschriebene Strategie nicht 1:1 angewendet werden. Bisherige Auswer-teverfahren wie in Abschnitt 3.1 beschrieben, basieren zumeist auf der Ermittlung von Differenzen zwischen Punktwolken. Dabei werden bei scannenden Verfahren in zwei Epochen naturgemäß eben nicht exakt die identischen Rasterunkte wiederholt gemessen – wenngleich dies aufgrund der inzwischen hohen Punktdichte immerhin näherungsweise zutrifft. Hinzu kommt, dass bei Deformationen nicht nur von Verformungen, son-dern auch von globalen Verschiebungen ausgegangen werden muss: Verschiebt sich ein zu beobachtender, nicht signalisierter Objektpunkt, kann dieser ebenfalls nicht mit reinen Laserscanmethoden wiederholt ange-zielt und gemessen werden. Ein Ansatz hierzu liefert die Kombination aus Messungen zu signalisierten und nicht signalisierten Punkten, wie er in Kapitel 6 ausführlich vorgestellt wird.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zur klassischen Deformationsanalyse besteht in den Redundanzan-teilen der Beobachtungen. Betrachtet man ein geodätisches (z. B. ein tachymetrisches, satellitengestütztes oder hybrides) Netz, besteht dieses aus einer Vielzahl von unabhängigen Beobachtungselementen von un-terschiedlichen Netzpunkten zu den Objektpunkten. Die daraus resultierende Redundanz des Netzes ent-spricht der Anzahl der überschüssigen und unabhängigen Beobachtungen abzüglich der für die eindeutige Lagerung erforderlichen Parameter und den unbekannten, zu schätzenden Punktkoordinaten und ist für die Beurteilung der inneren und äußeren Zuverlässigkeit des Netzes erforderlich. Nur mit einer hohen Redun-danz können zuverlässige Aussagen über erzielte Punktgenauigkeiten getroffen und schließlich zwischen signifikanten und nicht signifikanten Punktveränderungen zwischen zwei Messepochen unterschieden wer-den.

Bei TLS-Netzen findet sich diese Redundanz oftmals in der Einpassung in das übergeordnete Festpunktfeld mit Hilfe von Passmarken. Die Punktwolke an sich besteht de facto aber lediglich aus Polarpunkten. Lediglich in den vom Scanner erfassten Überlappungsbereichen besteht das Potenzial einer Redundanz zu den Ob-jektpunkten. Diese Überlappungsbereiche können und werden zwar in die Feinregistrierung mit einbezogen, die statistischen Maße hierfür werden aber nicht in der Deformationsauswertung berücksichtigt. Dafür bietet die hohe Punktdichte die Möglichkeit durch geeignete Filtermethoden das Messrauschen in einer lokalen Um-gebung zu reduzieren – die Ableitung etwa eines mittleren Punktes liefert dabei ein stochastisches Maß für die Präzision des Messpunktes. Kombiniert mit weiteren Genauigkeitsmodellen zu den in Kapitel 4 erläuterten Fehlereinflüssen kann so ebenfalls eine Abschätzung der 3D-Punktgenauigkeit getroffen werden. Diese sind allerdings nicht mit der Redundanz im Sinne einer äußeren Genauigkeit gleich zu setzen und dienen somit eher als Netzprognosen.

Ein direkter Nachweis von Veränderungen der Punktwolke gelingt beim Laserscanning durch Punktverglei-che. Bei einem solchen Epochenvergleich können Punktbewegungen durchaus aufgedeckt werden und man kann von einer Bewegungsanalyse sprechen. Die Deformationsanalyse hingegen vergleicht nicht Punktwol-ken sondern Netze miteinander, da nur aus der Kenntnis aller Beobachtungen die Genauigkeit der Koordinaten abgeleitet und somit eine gesicherte Aussage über die Signifikanz der Veränderungen getroffen werden kann.

Aussagekräftige und belastbare Resultate auch aus laserscanbasierten Überwachungsmessungen zu gewin-nen, stellt demnach weiterhin einen Gegenstand der Forschung dar (Wunderlich u. a., 2016). Die Kombination von tachymetrischen und scannenden Verfahren (vgl. Abschnitt 2.4.3) zur hochpräzisen Messung von signa-lisierten Einzelpunkten einerseits und der schnellen, flächenhaften Erfassung von Punktwolken andererseits eröffnen dabei neue Möglichkeiten für die geodätische Deformationsmessung. Aktuelle Entwicklungen der hy-briden Messtechnik kommen dieser Entwicklung stark entgegen (Wagner, 2017).

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Kapitel 4

Instrumentelle Einflussfaktoren auf das Messergebnis

Nach einem einführenden Abschnitt über die Terminologie von Prüf-, Kalibrier- und Justierverfahren behan-delt der Inhalt dieses Kapitels die grundlegenden instrumentellen Einflussfaktoren auf die Winkel- und Stre-ckenmessung. Insbesondere die Fehlergrößen der reflektorlosen Distanzmesseinheit dienen hierbei als Ent-scheidungsgrundlage für die grundsätzliche Eignung des tachymetrischen Scannings für geodätische Über-wachungsmessungen. Die Prüfergebnisse des eingesetzten Instrumentariums werden abschließend heran-gezogen, um die systematischen Auswirkungen von unberücksichtigten Korrekturen durch eine Simulation zu veranschaulichen. Diese visuellen Abschätzungen können bei der Analyse von vorliegenden Deformationen herangezogen werden, um Effekte etwaiger unerkannter Resteinflüsse von realen Deformationen zu trennen und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Im Dokument Reihe C Dissertationen Heft Nr. 805 (Seite 54-57)