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Auswertestrategien

Im Dokument Reihe C Dissertationen Heft Nr. 805 (Seite 47-51)

Deformations- und Überwachungsmessung

3.1 Auswertestrategien

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Kapitel 3

46 Laserscanning in der geodätischen Deformations- und Überwachungsmessung

Abbildung 3.1:Auswertestrategien und Deformationsmodelle für Punktwolken

Standpunkten aus erfolgen kann. Sonderformen dieses Ansatzes können profil- oder punktartige Messungen mit einem Laserscanner sein, wobei hier die hohe Messfrequenz eines Laserscanners für Analysen im Fre-quenzraum verwendet werden kann – so geschehen bei Schwingungsmessungen an einer Windkraftanlage (Kutterer u. a., 2009).

Die Anwendung punktbasierter Modelle eignet sich prinzipiell nur bei einem günstigen Signal-zu-Rausch-Verhältnis (Vosselmann u. Maas, 2010), erfüllt aber aufgrund der Beobachtung homologer Punkte in unter-schiedlichen Epochen am ehesten die Kriterien für eine strenge Deformationsanalyse.

3.1.2 Punktwolkenbasierte Ansätze

Oftmals wünschenswert ist ein direkter Vergleich zweier Punktwolken insbesondere dann, wenn es sich um die Detektion grundlegender (grober) Veränderungen in der erfassten Szenerie handelt. (Girardeau-Montaut u. a., 2005) beschreiben hierfür ein Verfahren, das sich auf die Anwendung innerhalb einer Baugrube, aber auch innerhalb von Gebäuden konzentriert. Zur schnellen Analyse großer Datenmengen einer komplexer Umgebung bedienen sie sich zunächst einer effizienten Octree-Strukturierung, gekoppelt mit verschiedenen cloud-to-cloud Vergleichsalgorithmen, wie der Hausdorff-Metrik. Hierbei werden innerhalb zweier homologer Punktwürfel die Distanzen zwischen allen Punkten des ersten Würfels zu ihren nächsten Nachbarpunkten des zweiten Würfels berechnet. Wesentliche Einschränkung dieses Ansatzes ist die begrenzte Genauigkeit der abgeleiteten Deformationskarte.

Auch wenn dieser Ansatz von zwei erfolgreich registrierten Punktwolken ausgeht, kann er zudem als Nähe-rungslösung für zwei zu registrierende Punktwolken angesehen werden. Darauf aufbauend können der viel zitierteiterative Closest Point-Algorithmus, kurz ICP von Besl u. McKay (1992) oder alternative Verfahren mit der Bezeichnung LS3D (Akca u. Gruen, 2005) und ICProx (Wujanz u. a., 2014) eingesetzt werden – Weitere Feature MatchingMethoden werden in (Wang, 2013) vorgestellt. Ursprünglich konzipiert zur Feinregistrierung ohne Zuhilfenahme von Passpunkten, liefern beide Verfahren ein zuverlässigesMatchingzweier Punktwolken, da sie die Gesamtinformation beider Punktwolken verwenden und diese für eine sukzessive Optimierung der Transformationsparameter einsetzen können. Eine Grundvoraussetzung hierfür ist, dass beide Teilmengen un-verändert bleiben. Liegen Deformationen vor, ist mit einem verfälschten Ergebnis zu rechnen. Ist man jedoch in der Lage, stabile von unstabilen Bereichen zu trennen, können diese Algorithmen zur Ableitung von in diesen Bereichen gültigen Transformationsparametern herangezogen werden.

3.1 Auswertestrategien 47 Monserrat u. Crosetto (2008) weisen die Tauglichkeit einer solchen Herangehensweise experimentell nach, indem sie eine Topographie simulierten Deformationen unterziehen. Nach einer manuellen Segmentierung der einzelnen Deformationsbereiche werden diese mit Hilfe des LS3D der Referenzpunktwolke angeglichen. Als Ergebnis kann für alle Testbereiche je eine Starrkörperbewegung durch drei Rotationen und drei Translationen nachgewiesen werden. Von Striegl (2008) wurde ein ICP-Ansatz in Verbindung mit der Automatisierung des tachymetrischen Scanprozesses implementiert. Von einer automatischen Segmentierung der Punktwolken in stabile und instabile Teilbereiche auf Basis von Octree-Zellen wird in (Friedli u. Wieser, 2016) berichtet. Hier werden zudem Datensätze einer alpinen Gletschervermessung analysiert und somit die Praxistauglichkeit unter realen Bedingungen nachgewiesen.

Diese Methode scheint demnach insbesondere zur Überwachung natürlicher Objekte geeignet zu sein, wobei anzumerken ist, dass die Qualität der detektierbaren Deformationen nicht zuletzt abhängig von der Größe der Teilbereiche bzw. der Anzahl der darin enthaltenen Laserscanpunkte ist.

3.1.3 Oberflächenbasierte Ansätze

Unter oberflächenbasierten Modellen sollen an dieser Stelle jene Ansätze verstanden werden, bei denen min-destens eine der beiden zu vergleichenden Punktwolken als Oberflächenmodell dargestellt wird – bei Lasers-canningdaten erfolgt dies oftmals durch eine Dreiecksvermaschung.

Studien von Bitelli u. a. (2004) und Hesse u. Stramm (2004), sowie Schäfer u. a. (2004) vergleichen derartige Oberflächenmodelle verschiedener TLS-Kampagnen, um daraus Objektdeformationen abzuleiten; in letzte-rem Beispiel die Verformung eines Schleusentores in Bezug zu einer vertikalen Ebene. Grundlegend basieren diese Ansätze auf einem Interpolationsansatz, bei dem die vorhandenen Oberflächen an reproduzierbaren Stützstellen (z. B. an regelmäßigen Gitterpunkten) neu berechnet werden. Anschließend werden die inter-polierten Koordinaten (z. B. eine z-Komponente) einem punktbasierten Differenzmodell (vgl. Abschnitt 3.1.1) unterzogen. Schlussfolgernd handelt es sich hierbei um eine eindimensionale Deformationsmessung, die im Vorfeld auf das zu überwachende Objekt abzustimmen ist. Angesichts des 3D-Charakters einer Punktwolke, stellt dies zunächst eine empfindliche Einschränkung dar.

Zudem weist das Modell eine verringerte Empfindlichkeit für kleine Deformationen auf, da die Messunsicher-heiten zweier Messpunkte direkt über das Varianzfortpflanzungsgesetz in das Deformationsmodell eingehen – das Potenzial einer Punktwolke wird also nicht vollständig ausgeschöpft. Ohlmann-Bartusel (2008) und Ohlmann-Bartusel u. a. (2009a) beschreiben zur Lösung dieser Problematik einen adaptiven Filteralgorith-mus und wenden diesen exemplarisch an einer mit Spritzbeton gesicherten Tunnellaibung sowie einer Orts-brust an. Besagter Algorithmus erkennt und eliminiert zum einen Störpunkte, berücksichtigt zum anderen aber auch die lokalen Nachbarschaften von Messpunkten, um die Präzision im Deformationsbild zu erhö-hen.

Um den Mehrwert der dreidimensionalen Punktwolke auch auf das Deformationsmodell zu übertragen, kann auch nur eine der beiden Punktwolken als Dreiecksvermaschung dargestellt werden. Der räumliche Vergleich basiert in diesem Fall auf dem kürzesten Abstand jedes Punktes der Punktwolke zu einem korrespondieren-den Dreieck der Bezugspunktwolke resp. -dreiecksvermaschung. Da auch hier der Lotfußpunkt innerhalb des korrespondierenden Dreiecks als Interpolationspunkt, also nicht als Originalpunkt der Punktwolke, anzusehen ist, beschränkt sich auch dieser räumliche Ansatz auf eine Näherungslösung. (Wiedemann, 2010) berichtet in diesem Zusammenhang unter Verwendung der kommerzieller Software GEOMAGICund dem darin enthaltenen Werkzeug3D-Comparevon einer Deformationsauswertung einer Felswand.

3.1.4 Geometriebasierte Ansätze

Unter der Annahme, dass Deformationen für Objektregionen als Starrkörperbewegungen auftreten, können diese Bereiche mittels geometrischer Formen für eine Deformationsanalyse beschrieben werden. In der Regel lassen sich alle Ingenieurbauwerke konstruktionsbedingt durch einfache geometrische Formen (z. B. Ebenen) oder durch Flächen zweiter Ordnung (z. B. Zylinder, Kegel, Ellipsoide, Hyper- oder Paraboloide) beschreiben.

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Mit einem Ausgleichungsansatz lässt sich diese bestangepasste Geometrie schätzen, wobei die Verteilung und Standardabweichung der Residuen die Güte der Approximation zeigen.

Objektdeformationen lassen sich schließlich durch die Änderung der Lage und Orientierung der geometri-schen Objekte ableiten. Hierfür können beispielsweise für Ebenen der Normalenvektor oder für Zylinder die Rotationsachse betrachtet werden. Ebenso können leicht interpretierbare Parameter wie der Radius eines Zylinders oder der Winkel zweier Ebenen für die Bestimmung der Objektdeformation herangezogen werden.

Bajtala u. a. (2011) nutzen in diesem Sinne einen geometriebasierten Ansatz bei einem 120 m hohen Indus-trieschlot, indem alle fünf Höhenmeter Querschnitte durch die Punktwolke gelegt werden. Die Beurteilung der Kreismittelpunkte führt schließlich zu einer Überprüfung der Lotrechtstellung.

Aber auch die Analyse der Residuen zur modellierten Oberfläche können Rückschlüsse auf Deformationen, beispielsweise in Bezug zu einer Sollgeometrie, liefern. Zur Dokumentation und Schadenskartierung eines ar-chitektonischen Baukörpers in Gestalt eines Ellipsoids wird eine solche Analyse in (Ratke, 2006) beschrieben.

Eine Untersuchung lastbedingter bzw. elevationsabhängiger Verformungen an einem Radioteleskop hinter-legt ein Paraboloid als Referenzfläche – neben den Residuen zur Darstellung lokaler Deformationen wer-den in (Holst u. Kuhlmann, 2011) aber auch Parameter zur Bestimmung der Brennweitenvariationen vorge-stellt.

Ein hierzu abweichender, aber trotzdem auf einer geometrischen Modellierung basierender Ansatz ist in (Eling, 2009) beschrieben: Die Arbeit beschreibt die Gewinnung von reproduzierbaren und repräsentativen Objekt-punkten mittels einer Oberflächenmodellierung durch bestangepasste regionale Geometrien und einem für das Bauwerk im Vorfeld definierten Blockgittermodell, welches das Bauwerk in Regionen gliedert. Vorhandene Stützpunkte und die aus der Modellierung abgeleiteten, repräsentativen Objektpunkte inklusive deren Varianz-/Kovarianz-Informationen bilden die Grundlage für die Anwendung einer klassischen Deformationsanalyse mit Signifikanztest auf die TLS-Datensätze.

Der Hauptvorteil geometriebasierter Ansätze liegt in der Ausnutzung der hohen Redundanz zur Schätzung der geometrischen Flächen. Die Herausforderung besteht jedoch darin, jene Bereiche aus der Punktwolke zu extrahieren, die die Modellgeometrien auch tatsächlich repräsentieren und zudem das Deformationsverhal-ten auch plausibel charakterisieren. Aufbauend auf der Approximation von geometrischen Flächen, lässt sich ein Signifikanztest zur Aufdeckung von Objektdeformationen unmittelbar auf Basis der aus einer Kleinsten-Quadrate-Ausgleichung hoch redundant geschätzten Parameter durchführen.

3.1.5 Parameterbasierte Ansätze

Parameterbasierte Modelle können als Weiterentwicklung der geometriebasierten Modellierung verstanden werden – wurden im vorherigen Ansatz bereits leicht interpretierbare geometrische Größen wie Kreisradien oder Brennweiten angesprochen, beziehen sich parameterbasierte Ansätze auf schwer(er) interpretierbare Kenngrößen. Die für eine Deformationsanalyse geeigneten Parameter lassen sich demnach in geometrisch deutbare und nicht (unmittelbar) deutbare Parameter unterteilen. Beispiele für transparente Größen sind die Parameter von Flächen 2. Ordnung. Als komplexe Parameter können z. B. die Polynomkoeffizienten von Flä-chen höherer Ordnung (vgl. Formel 6.2) oder Polynome bzw. Kontrollpunkte von FreiformfläFlä-chen angesehen werden.

Friedel (2011) entwickelt für einen Profilscanner eine Echtzeitanwendung zur Auswertung von Deformationen an einem ebenen Testkörper, der um definierte Winkelbeträge gegenüber der Messrichtung verdreht werden kann. Zwar ist der zu beurteilende Parameter geometrisch leicht interpretierbar (und daher noch den geome-triebasierten Ansätzen zuzuordnen), aber die Arbeit beinhaltet auch einen automatisierten Tests der Geraden-gleichung auf signifikante Änderungen gegenüber der Referenz- und Vorepoche und ist zudem problemlos erweiterbar auf Polynomkurven und Flächen höheren Grades.

Bereits in (Rudig, 2005) wird durch Approximation von B-Spline-Flächen das Messrauschen der Laserscan-nerdaten an einer Bogenstaumauer reduziert und für eine Analyse flächenhafter Deformationen herangezo-gen. Braun (2011) untersucht die Eignung der Freiformflächenmodellierung in Hinblick auf eine hochgenaue Ableitung von flächenhaften Deformationen an einem Testkörper. Für eine Visualisierung der Deformationen

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