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Gittenhold. Der Hauptmantt

Im Dokument As KuUgen. (Seite 38-41)

Gittenhold. Ich habe meine Herrschaft in den Schlitten ge­

hoben , wünsche aber , daß sie auf dem Wege keine neue Ursache bekämen verdrMich zu seyn.

Hauptmann. Wie so?

Sittenhold. Der Kutftlxr muß die Gewohnheit zu saufen nicht verlieren wollen, darum hat er den ersten Tag im neuen Jahr so gut eingeweyhet. Er taumelte ziemlich, und muß heut kein gutes Gesicht haben, weil er so gar die unrechten Pferde ange-spannet hat. Ich bemerkte dieses; allein man zog die Schultern und hieß ihn fahren. Sagen Sie mir doch; in welcher Stellung trafen Sie ihren Herrn Vater an, und was haben Sie bey ihm ausgerichtet?

Hauptmann. Es ist alles nach meinem Wunsch abgelausten, und ich schmeichele mich mit der süßen Hosnung, daß sich Glück und Freude heut mit mir versöhnen sotten. Dieser Tag wird mir de?

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Ver freundlichste unter allen seyn, die ich seit vielen Monaten in meinem Vaterlande zugebracht habe. Ich fühle schon vor regem Vergnügen eine leichte Wallung meines ganzen Geblüts. Die vielen Wiederwartigkeiten sind so viel Stürme, die meinen Va­

ter in den Hafen der Ruhe jagen. Ich nahm Theil an seinem Schmerz, und redete mit Thränen. Ich sähe ihn Hülflos, hö-rete ihn mehr als einmahl seinen Zustand bedauren, auf heilsame Mittel sinnen, und mir die Freyheit wieder schenken, Herr von meinem eigenen Herzen zu seyn. Es fiel dabey nicht wenig vor.

Alles aber diente meinen Vater beßer kennen zu lernen, und sein im Grunde gutes Gemüth anzumerken. Mein Herr U bermaß hat uns mit seiner ächzenden Mine aufs neue die Comödie ge­

macht. Seine betrübte Nachrichten sehen ihm immer gleich; und vb ich ihn gleich oft verwünschete: so bin ich ihm doch einen wirk­

lichen Danck schuldig, in so fern er zu meinem Hauptzweck nichts geringes beygetragen

hat-Sittenhold. Ich wünsche Ihnen , mein liebster Herr Haupt­

mann ! aus dem innigsten meines Herzens Glück zu diesem guten Anfang, landein bvnz caula triumpkar. Ein Mann, der nicht ganz unvernünftig ist , und nur etliche Augenblicke der Wiederkehr in sich selbst hat, der nicht ganz fühllos ist, sondern noch die Sehn­

sucht nach einem stillen Frieden nähret, wird ja nicht immer selbst sein eigener Hencker seyn. Konnte man ihn nur zu einer Reise von ein oder zwey Jahren überreden: so würde ohne andere tau­

send Annehmlichkeiten und Ergö;ungen der Seele, die Veränderung der Lust und Bewegung des Leibes allein ihm ungemein zuträ­

glich seyn; und ick) wellte alles verwetten, daß man aus ihm den vergnügtesten und holdseeligsten Mann machen könnte. Wie viele würden eine solche Gelegenheit mit innigster Freude ergreifen und für ihr größtes Glück ansehen! Die Königin Chnjnna verließ Thron und Scepter ohne Nachreue, um sich eines geringer« Zwangs zu entledigen, und das VortresMe und Erhabene der Welt in remer Freyheit zu kosten. Ste wäre ohne dieses weniaer unster­

blich geworden. Und was würde Dcro Herr Vater hlebey ein­

büßen? Nichts als das Andenken eines langwierigen Kummers, wodurch schon viele hier im Lande miizsüchtig geworden. Zu ye-schweigen, daß der Einkauf solcher Waaren , die man dort an ih­

rer Quelle besser und wohlfeiler hat, und die auf künftige Zeiten so

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so nuzbare Bekanntwerdung mit ansehnlichen Kaufleuten, welches allhier denen m.isten Herren von Adel zu ihrem wahren Nachtheil fehlet, den größten Theil seiner Reiseunkosten ersezen müßten. Ich aber würde mich noch ganz besonders über diesen glücklichen Zeit-pnnct für meinen jungen Herrn zu freuen haben. Was hilft der beste Grund, wann der übrige Bau nichts taugt? Und wie zu-verlaßig ist die Sittenlehre, wann schlechte Beyspiele einer jun­

gen Erfahrung entgegen gesezet werden?

Hauptmann. Min Bruder ist wahrlich mehr als glücklich zu schäzen, daß er unter so gute Hände gerathen ist. Ich wüste Ihnen, mein geliebter Herr Sittenhold! wann ich Ihrer Be-scheidenheit zu gefallen meinen Ausdruck zwingen soll, in meinem Vaterlande keinen Gleichen all die Seite zu sezen- Tugendhafte und geschickte Männer dürfen nicht lange ihrem eigenen Nuzen allein dienen ; sie sind allenthalben annehmungswürdig und beliebt, und daher kommts, daß ihrer jo wenig hieher ziehen, und die Ju­

gend durch falschen Unterricht und wilde Erziehung hier so versäu­

met wird. Vor diesem hatte man Universitäten aufzuweisen ; jezt aber behilft man sich mit kleinen verhaften und schlecht unterstüzten

Llcademien, weil man auf denen Landtagen ganz andere Ausga­

den und wichtigere Dinge auszumachen findet, die wider alle neuerliche Erweise der Wircklichkeit eines Dinges: wann. man weder selbst noch ein anderer wiederspricht, dennoch öfters, nur möglich bleiben. Alle andere adeliche Leibesübungen sieht man bey diesen schlechten Preisen auch für überflüßig an, weil nun die Na­

tur dasjenige ersezet, was sonst die lange Kunst der alten Ritter

war-Sittenhold. Man sucht nach guten Leuten ; wo sind sie ? und Host auf bcßre Zeiten; wann kommen sie? Wir wurden neu­

lich in unserer Unterredung gestöret. Warum sind die Gäste so früh hergebeten 4

Haitptmann. Damit so wohl meine Eltern als ich selbst sie genauer kennen und vielleicht verachten lernen. Mein Kammerdie­

ner sott meine Person unter einer lacherlichen Gestalt vorstellen;

und kan er das Fräulein in sich verliebt machen: so habe ich das Spiel gewonnen«

Sitte m

Sittenhold Ich verstehe. Bleibt hier aber nichts zu beden­

ken übrig? Man muß alle Falle voraus sehen. Was werden De­

ro Eltern hiezu sagen ? Wird der Herr von Mtßwachs hiedurch nicht beleidiget werden?

Hauptmantt. Meinen Eltern werden die Augen aufgehen.

Die andern werden sich schämen und stillschweigen; ich aber wer­

de allenfalls mit einem Scherz oder einer vorgeschüzten Unwissen­

heit alles ablehnen und meine Absicht erreichen. Nun wollen wir sehen ob FlHrmann schon verkleidet ist.

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