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3. Technik und Taktik im Boxen

3.6 Die geraden Schläge

In dieser Arbeit werde ich nur auf gerade Schläge eingehen, weil sie die wich-tigsten Schläge im modernen Boxen sind, desgleichen sind sie die dominieren-den Schläge bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Es gibt außer-dem einen gegenseitigen Zusammenhang zwischen Finten und geraden Schlä-gen, weil der Boxer nach einfachen oder kombinierten Finten schnell gerade Schläge aus der weiten Distanz machen kann, aber für die anderen Schläge (Seitwärtshaken, Aufwärtshaken, etc.) braucht der Boxer eine Fortbewegung nach vorne mit den Beinen, um sich über eine kurze oder nahe Distanz fortzu-bewegen; erst dann kann er die Seitwärtshaken oder Aufwärtshaken schlagen.

Somit sind die geraden Schläge die logischen Schläge im Zusammenhang mit Finten. Wie oben gesehen, sind sie zudem die schnelleren Schläge.

1) Die geraden Schläge mit der Führungshand zum Kopf: Wendet der Boxer häufig an, weil es leichte und schnelle Schläge sind. Die Anwendung im Angriff aus weiter Distanz und die Anwendung im Manöver und die Finten sind auch wichtige Schläge, um viele Punkte zu bekommen.

1.1) Die Gerade mit der Führungshand zum Kopf aus dem Stand: Bei den meisten Menschen ist es die linke Hand, die ungeschickter ist. Sie wird meis-tens weniger eingesetzt, somit ist in der Regel die linke Hand als die Führungs-hand zu bezeichnen. Im früheren Boxsport diente sie nur der Vorbereitung für den Einsatz der kräftigeren Hand, der so genannten Schlaghand. Die Füh-rungshand soll den Einsatz der Schlaghand vorbereiten, kann aber auch selbst enorme Kraft entwickeln. Der Schlag der Führungshand ist keine Armstreckung, sondern eine Ganzkörperbewegung. Verbunden mit dem Strecken des linken Arms ist der Zehenballenabdruck des rechten Beins, der eine Gewichtsverlage-rung auf den linken Fuß einleitet. Linke Beckenseite und linke Schulter werden gleichzeitig mit der Armstreckung nach vorn gebracht. Die linke Schulter berührt dabei die linke Seite des Kinns. Wird der Kopf nicht in diese Gesamtbewegung einbezogen, entwickeln sich Fehler, die später nur noch schwer zu korrigieren sind. Wird der Schlag mit einem Schritt ausgeführt, verlagert sich das Gewicht ruckartig auf den vorderen Fuß, der kurz vor dem Auftreffen beim Stoß der lin-ken Faust fest stehen muss. Unter extremen Bedingungen werden so die Kraft des hinteren Beines, die Rumpfkraft und die Armkraft in die gesamte Stoßkraft eingebracht. Dabei gilt aber, dass die Schrittgröße die Schnelligkeit des Schla-ges bestimmt: Je größer der Schritt, desto langsamer die Gesamtbewegung und somit der Schlag. (vgl. SONNENBERG, 1978; WEISE, 1995; ELLWAN-GER; ELLWANGER, 1998)

Abb. 10: Die linke Gerade zum Kopf aus dem Stand von vorn und von der Seite (nach: ELLWANGER; ELLWANGER, 1998, 52)

1.2) Die Gerade mit der Führungshand zum Kopf in Bewegung: Die Boxer, die die Gerade aus der Bewegung mit der Führungshand schlagen wollen, müssen nachfolgende Bewegungen absolvieren. Durch Abdruck mit dem hinte-ren Fuß wird der vordere Fuß gleichzeitig mit der Führhand etwa 5 bis 20 cm vorwärtsbewegt. Dabei wird der vordere Fuß nach vorn geschoben (schreitend- gleitend) und mit dem Auftreffen des Schlages das Körpergewicht auf die Fuß-sohle des sich streckenden Beines verlagert. Beim Auftreffen der Faust muss die Vorwärtsbewegung fertig sein.

Nachsetzen des hinteren Fußes und das Zurückziehen der Faust in die Aus-gangsposition erfolgen gleichzeitig. Bei geraden Führhänden in Verbindung mit anderen Fortbewegungsrichtungen verhält es sich ähnlich, nur dass der Schlag in Verbindung mit Schrittbewegungen nach links, rechts oder rückwärts ausge-führt wird. (vgl. SONNENBERG, 1989; FIEDLER, 1997)

Die oben unter 1.2) genannte Fertigkeit hilft bei der Instruktion von kombinierten Finten mit den Beinen und Armen (Halber Schritt nach vorne mit kurzem gera-den Schlag, schwacher Schlag, halber Schritt zurück mit kurzem geragera-den Schlag, schwacher Schlag)

Abb. 11: Die linke Gerade zum Kopf mit einem Schritt nach vorn (A), nach hinten (B), nach links (C) und nach rechts (D)

(nach: FIEDLER, 1997, 36)

2) Die geraden Schläge mit der Führungshand zum Oberkörper: Diese Art der Schläge werden nach meiner Studie und meiner Erfahrung weniger ange-wandt als die Schläge zu 1).

2.1) Die Gerade mit der Führungshand zum Oberkörper aus dem Stand:

Dieser Schlag entspricht im Wesentlichen der Geraden mit der Führungshand zum Kopf. Der Unterschied ist hier die Kniebewegung. Man muss den Schlag mit leichtem Beugen im Knie ausführen.

Diese Fertigkeit hilft bei der Instruktion der einfachen Finten mit den Beinen (Abtauchen) und diese Fertigkeit ist wichtig nach diesen Finten, um einen gera-den Schlag zum Oberkörper zu stoßen.

Der oben angeführte Schlag kann sowohl mit der Führungs- und auch der Schlaghand ausgeführt werden. (vgl. FIEDLER, 1997)

Abb. 12: Die linke Gerade zum Oberkörper aus dem Stand

(eigene Darstellung)

2.2) Die Gerade mit der Führungshand zum Oberkörper in Bewegung: Der Bewegungsablauf entspricht im Grundsatz dem der Geraden zum Kopf. Der Unterschied besteht darin, dass der Oberkörper stärker nach vorn geneigt ist und seitlich in Richtung der Schlaghand während der Schlagausführung. Grö-ßere Sportler verbinden die Neigung des Oberkörpers mit leichtem Beugen im Knie des vorderen Beines. Die Deckungshand muss konsequent Kopf und Kör-per sichern. (vgl. SONNENBERG, 1989)

Diese Schläge helfen bei der Anwendung der einfachen Finten mit den Beinen (Abtauchen) und bei der Anwendung der kombinierten Finten mit den Beinen und Armen. Nach dieser Finte kann der Boxer einen geraden Schlag zum O-berkörper ausführen.

Abb. 13: Die Gerade mit der Führungshand zum Oberkörper in Bewegung (nach: FIEDLER, 1997, 38)

3) Die geraden Schläge mit der Schlaghand zum Kopf: Die Schlaghand hat neben ihrer Funktion als Deckungshand bei Schlägen mit der Führungshand vor allem die für den Kampfverlauf entscheidende Aufgabe, Schlagwirkungen zu erzielen. Dabei spielt die richtige taktische Vorbereitung durch Manöver und Finten, das kontrollierte Herausarbeiten günstiger Kampfpositionen und die rich-tige Ausführung des Schlages eine entscheidende Rolle.

3.1) Die Gerade mit der Schlaghand zum Kopf aus dem Stand: Dieser Schlag ist einer der stärksten Schläge, die der Boxer nach dem Vorbereitungs-schlägen anwenden kann. Besonders nach vorhergehendem Einsatz von Fin-ten, kann der Boxer einen Punkt oder sogar einen K- O- Sieg bekommen, da dies ein sehr wirksamer Schlag ist.

Zur Ausführung des Schlages kann der Boxer aus der Boxstellung den Schlag schnurgerade ohne Auftaktbewegung vom Kinn ins Ziel schlagen. Die Bewe-gung fängt mit dem Abdruck des hinteren Beines an und wird durch das nach vorn bringen der Hüfte und Schulter des Schlagarmes gestützt. Das Körperge-wicht wird auf das vordere Bein verlagert, das hintere Bein nach dem Abdruck fast gestreckt und die Ferse, ohne mit dem Fußballen den Bodenkontakt zu ver-lieren, leicht angehoben. Während des Schlages wird die Faust der Führungs-hand zur Deckung leicht geöffnet an das Kinn zurückgeführt. Nach dem Schlag wird sofort wieder die Boxstellung eingenommen. (vgl. FIEDLER, 1974;

STAUFFER, 1993; ELLWANGER; ELLWANGER, 1998)

Abb. 14: Die Gerade mit der Schlaghand zum Kopf im Stand (nach: FIEDLER, 1997, 40)

3.2) Die Gerade mit der Schlaghand zum Kopf in Bewegung: Der Boxer kann diesen Schlag lernen, nachdem er die Gerade mit der Schlaghand im Stand geübt hat, dann wird in der Vorwärtsbewegung der vordere Fuß und die Schlaghand gleichzeitig nach vorn geführt. Beim Auftreffen des Schlages hat der Fuß seine Vorwärtsbewegung beendet und steht fest auf dem Boden. Mit dem Nachstellen des hinteren Fußes wird die Faust auf kürzestem Wege in die Ausgangsstellung zurückgeführt. (vgl. SONNENBERG, 1978; FIEDLER, 1997)

Diesen Schlag kann der Boxer wie eine Finte benutzen, z. B. mit einfachen Fin-ten mit dem Armen (Kurzer gerader Schlag) und mit KombinierFin-ten FinFin-ten mit Beinen und den Armen:

A. Mit halben Schritt nach vorne mit kurzem geraden schwachen Schlag.

B. Mit halben Schritt zurück mit kurzen geraden schwachen Schlag.

Abb. 15: Die Gerade mit der Schlaghand zum Kopf in Bewegung (nach: FIEDLER, 1997, 40)

4) Die geraden Schläge mit der Schlaghand zum Oberkörper: Diese Art der Schläge werden nach meiner Studie und meiner Erfahrung weniger angewandt als die Schläge zu 3).

4.1) Die Gerade mit der Schlaghand zum Oberkörper aus dem Stand: Die-ser Schlag ist wie die rechte Gerade zu dem Kopf. Der Unterschied liegt in der Kniebewegung, der Boxer beugt seine Knie leicht (Abtauchen).

Dieser Schlag kann nach erfolgreicher Finte mit den Beinen (nur Abtauchen) angewandt werden. Ebenso nimmt er eine wichtige Rolle nach kombinierten Finten mit den Armen und Beinen ein, um einen Treffer auf den Oberkörper zu platzieren. Das Erlernen dieses geraden Schlags eignet sich gut als Vorberei-tung auf das Erlernen der erwähnten Finten.

Abb. 16: Die Gerade mit der Schlaghand zum Oberkörper aus dem Stand (eigene Darstellung)

4.2) Die Gerade mit der Schlaghand zum Oberkörper in Bewegung: Der Bewegungsablauf entspricht im Grundsatz dem der Geraden zum Kopf. Der Unterschied besteht darin, dass der Oberkörper stärker nach vorn geneigt ist und sich seitlich in Richtung der Führungshand während der Schlagausführung befindet. (vgl. SONNENBERG, 1993)

Abb. 17: Die Gerade mit der Schlaghand zum Oberkörper in Bewegung ( nach: FIEDLER, 1997, 41)