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2.2 Methodik

2.2.2 Behandlungsverfahren

2.2.2.1 Genius-Hämodialyse

Das technische Prinzip des Genius-Systems basiert auf den ersten verfügbaren Dialysesystemen überhaupt, den so genannten Tank- oder Batch-Systemen, bei denen die Dialysierflüssigkeit durch Mischen von warmem Wasser und Elektrolyten in einem großen Tank zubereitet und das verbrauchte Dialysat wieder in denselben Tank zurückgeführt wurde.

Diese Systeme waren zwar sehr einfach in der Handhabung, jedoch wenig effizient und bakteriologisch extrem problematisch wegen des ständigen Keimwachstums im Dialysat. Sie wurden deshalb praktisch vollständig durch die so genannten Single-Pass-Systeme abgelöst.

Bei diesen technisch komplizierteren und in der Handhabung aufwendigeren Systemen wird die ständig frisch zubereitete Dialysierflüssigkeit nach dem Durchlaufen des Dialysators verworfen. B.Tersteegen (1939-1995) kombinierte erstmals die Vorteile eines Hämodialysesystems mit geschlossenem Tank und der Effizienz sowie der bakteriologischen Sicherheit eines single-pass-Systems [57]. Auf dem Tersteegen-Equipment basiert das Genius-System, welches ein single-pass batch-Dialysesystem ist und damit die Vorteile beider Systeme vereint. Zudem bieten technische Besonderheiten Vorteile für den Einsatz in der Intensivmedizin. Das auf vier großen Rollen montierte Dialysegerät erlaubt Behandlungen an jedem beliebigen Ort, da das Gerät elektrisch über einen Sicherheitstransformator aus dem 220 Volt Stromnetz versorgt und intern mit 24 Volt betrieben wird. Somit ist es praktisch überall einsetzbar (Abbildung 2-2, ohne Schlauchsystem). In einigen europäischen Ländern wird es zur Behandlung von Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz zur Hämodialysetherapie verwendet [58, 59].

Abbildung 2-2 Genius-Dialysemaschine

Das gesamte Dialysat befindet sich in dem vollständig gefüllten und damit luftfreien Glasbehälter mit einem Fassungsvermögen von 75 Litern, dessen thermische Isolation einen separaten Dialysatheizer überflüssig macht. Entlang der zentralen Achse des Dialysatbehälters befindet sich ein hocheffektiver UV-Strahler, der während der Befüllungs- und Entleerungsphase des Tanks arbeitet und eine sterile Dialysierflüssigkeit gewährleistet.

Während der Dialyse wird frische Dialysierflüssigkeit über ein Verteilerrohr aus dem oberen Teil des Tanks entnommen und nach der Passage durch den Dialysator in den unteren Teil des Tanks geleitet. Aufgrund von Dichte- sowie geringen Temperaturunterschieden kommt es zur Unterschichtung und somit zur scharfen Trennung des gebrauchten Dialysats von der frischen

Dialysierflüssigkeit [57]. Diese exakte Trennung ermöglicht den praktischen Betrieb als single-pass-System. Die doppelseitige Schlauchrollenpumpe fördert im Gegenstrom zum Dialysat das Blut des Patienten durch den Dialysator (Abbildung 2-3). Blut- und Dialysatfluss sind damit abhängig vom verwendeten Schlauchsystem in einem festen Verhältnis von 1:1 oder 2:1 gekoppelt. Auf diese Weise determiniert der Blutfluss die Behandlungsdauer, also die Zeit, in der der Inhalt des 75-Liter-Tanks verbraucht wird. Die Behandlungszeit kann einfach variiert werden durch Veränderung der Blutpumpengeschwindigkeit von 4 Stunden (konventionelle Hämodialyse mit 1:1-Schlauchsystem und Blutfluss von 300 ml/Min) bis zu 12 Stunden („extended daily dialysis“ mit 2:1-Schlauchsystem und Blutfluss von 200 ml/Min). Überdies können Blutfluss und Behandlungsdauer innerhalb einer Behandlungssitzung modifiziert werden. Wegen der Einzelpumpe ist jedoch immer die Anlage eines Doppellumenkatheters notwendig. Das aus fünf Teilen bestehende Schlauchsystem ist komplett flüssigkeitsgefüllt (d.h. luftfrei). Der Luftdetektor ist zwischen der Pumpe und dem Dialysator angeordnet. Außerdem ist das luftleere System deutlich weniger thrombogen und gerinnungsaktivierend, was den Heparinverbrauch vermindert [60].

Wegen der starren Kopplung der flüssigkeitsgefüllten Blut- und Dialysatseite überträgt sich aufgrund der minimalen Compliance jede Druckänderung auf der Blutseite auf den (nicht-invasiv) dialysatseitig gemessenen Systemdruck. Das vollständig geschlossene System erlaubt eine einfache und zuverlässige volumetrische Ultrafiltrationskontrolle mittels Pumpe am Dialysatkreislauf von 20 bis 1000 ml/h. Die aus dem System entzogene Flüssigkeitsmenge wird einfach aus dem Kreislauf des Patienten ausgeglichen (Abbildung 2-3).

Abbildung 2-3 Aufbauschema Genius-Dialysemaschine

Schema einer Genius single-pass Dialysemaschine.

Die gesamte Dialysierflüssigkeit befindet sich in einem 75 Liter fassenden Glastank (12). Aufgrund der thermischen Isolation ist kein separater Erhitzer notwendig. Der zentral lokalisierte UV-Radiator (11) ermöglicht die Verwendung von ultrareiner Dialysierflüssigkeit. Das frische Dialysat wird aus dem oberen Bereich des Tanks entnommen (8) und nach der Passage durch den Dialysator (3) in den unteren Abschnitt des Glasbehälters zurückgeführt (11). Aufgrund von Dichte- und

Temperaturunterschieden verbleibt das gebrauchte Dialysat durch eine scharfe Phasengrenze (9) vom frischen Dialysat getrennt. Diese physikalische Separation macht den praktischen Gebrauch als single-pass System möglich. Eine Doppelschlauchpumpe (1) transportiert sowohl das Patientenblut als auch die Dialysierflüssigkeit in entgegengesetzter Richtung durch den Dialysator (3). Die Flussraten können in festgelegten Verhältnissen zueinander variiert werden. Das abgeschlossene System ist komplett mit Flüssigkeit gefüllt, luftfrei und benötigt daher auch nicht die sonst üblichen Luftfallen. Dennoch beinhaltet das System eine luftfreie venöse Flusskammer (4). Das erlaubt die Platzierung eines Luftdetektors zwischen Blutpumpe und Dialysator (2). Das komplett geschlossene System ermöglicht eine einfache und zuverlässige Ultrafiltrationskontrolle im Bereich von 20 bis 1000 ml/h mittels einer Pumpe (6), da entzogene Flüssigkeit aus dem System direkt durch eine äquivalente Menge aus der Patientenzirkulation zurück bilanziert wird. Das Dialysegerät ist auf Rollen montiert, um ausreichende Mobilität zu gewährleisten.

Zur Herstellung der sterilen Dialysierflüssigkeit wird eine reverse Osmose Anlage benötigt.

Das hiermit präparierte Leitungswasser wird in einem großen Tank, dem so genannten

„Aquator“ aufgefangen. Zum automatisierten Zubereiten der Dialysierflüssigkeit und dem Befüllen des Dialysegerätes dient der „Präparator“. Die auf den einzelnen Patienten zugeschnittene Zusammensetzung der Dialysierflüssigkeit wird vom Arzt verschrieben. Dies ermöglicht eine sehr variable individuelle Zusammensetzung der Dialysierflüssigkeit, wobei ausschließlich Bikarbonat als Puffersubstanz verwendet wird. Während der Füllungsphase des 75-Liter-Tanks wird das Dialysat auf eine Temperatur von 36–40°Celsius erhitzt [61].

Nach Abschluss der Behandlung wird das Dialysegerät an den Präparator zurückgeführt, und das im Behälter befindliche Dialysat wird mit steril filtrierter und über Peressigsäure gewaschener Luft in den Abfluss gedrückt. Anschließend wird das System drei Spül- und Ausdrückphasen unterworfen. Der UV-Strahler ist während der gesamten Prozedur eingeschaltet. Entleerung, Reinigung und Desinfektion laufen am Präparator automatisiert ab.

Da das gesamte Schlauchsystem während der Behandlung nicht geöffnet wird und die eventuell eingedrungenen Mikroorganismen durch den UV-Strahler sicher abgetötet werden, arbeitet Genius praktisch mit steriler Dialysierflüssigkeit.