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2.4 Haltbarmachung von Fleisch

2.4.4 Gefrieren von Fleisch

Das Gefrieren von Fleisch ist ein sehr häufig angewendetes und effektives Haltbarma-chungsverfahren. Durch die Absenkung der Temperatur im Fleisch können Reaktio-nen, die üblicherweise schnell zu Verderbniserscheinungen führen würden, verlang-samt oder sogar gestoppt werden (HEINZ 1977). Obwohl das Gefrieren von Fleisch ein sehr altes und zuverlässiges Konservierungsverfahren darstellt, kann es durch un-terschiedliche Faktoren zu Beeinflussungen der Produktqualität kommen (WIRTH 1979). Es können unterschiedliche Gefriersysteme unterschieden werden. Luftgefrier-systeme werden aufgrund ihrer einfachen Anwendbarkeit und der hohen Hygiene am

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häufigsten für das Gefrieren von Fleisch eingesetzt (JAMES 2008). Kontaktgefriersys-teme, wie zum Beispiel Plattenfroster, führen die Wärme über direkten Kontakt zu dem zu gefrierenden Produkt ab und kryogene Gefrierverfahren nutzen Kältemittel wie flüs-sigen Stickstoff oder festes Kohlenstoffdioxid zum Einfrieren (JAMES 2008). Der Un-terschied des Gefrierens zum bloßen Kühlen des Fleisches liegt in der Veränderung des Aggregatzustandes des Wassers im Fleisch von flüssig zu fest, sodass es beim Gefrieren zu einer Bildung von Eiskristallen kommt (NESVADBA 2008). Die Eiskristall-bildung hängt von der Geschwindigkeit des Einfrierprozesses ab (AÑÓN u. CALVELO 1980). AÑÓN und CALVELO (1980) stellten fest, dass die Eiskristallbildung bei sehr schnellen Gefrierzeiten intrazellulär stattfindet, während bei längeren Gefrierzeiten die Eiskristalle extrazellulär gebildet werden. Durch die Eiskristallbildung wird dem Fleisch ein bestimmter Anteil flüssigen Wassers entzogen, dieses steht für diverse Reaktionen nicht mehr zur Verfügung, wodurch es im verbleibenden flüssigen Anteil zu einer Kon-zentration der gelösten Stoffe kommt, die Wasseraktivität im gefrorenen Produkt sinkt und ein Effekt der Konservierung wird erzielt (AÑÓN u. CALVELO 1980; NESVADBA 2008). Die Aufkonzentrierung der nicht-wässrigen Bestandteile führt allerdings zu phy-sikochemischen Veränderungen in der verbleibenden flüssigen Phase des Wassers, wodurch es auch zu einem gegenteiligen Effekt und einer Beschleunigung einiger Re-aktionen kommen kann (FENNEMA 1996; RAHMAN u. VELEZ-RUIZ 2007). Durch den Auftauprozess wird das Wasser aus den Eiskristallen wieder freigesetzt und kann wie-derum mit den Muskelproteinen interagieren (AÑÓN u. CALVELO 1980). Eine Voraus-setzung dafür ist, dass die Muskelzellen nicht zerstört wurden, da eine beschädigte Muskelstruktur das Wasser nicht resorbieren kann und es zu einem Verlust des Was-sers aus dem Fleisch kommt (AÑÓN u. CALVELO 1980). Verletzungen der Muskel-zellen können durch die Eiskristallbildung verursacht werden, da gefrorenes Wasser ein größeres spezifisches Volumen als flüssiges Wasser besitzt und die Eiskristalle somit mehr Raum einnehmen (FENNEMA 1996; NESVADBA 2008). Die häufig zu be-obachtenden Wasserverluste bei aufgetautem Fleisch können auch mit einer Denatu-rierung myofibrillärer Proteine während der Gefrierlagerung zusammenhängen, die ebenfalls eine Schädigung der Muskelzellen hervorrufen, sodass das Wasserbin-dungsvermögen des Fleisches sinkt (RAHMAN u. VELEZ-RUIZ 2007).

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Es ist bekannt, dass das mikrobielle Wachstum durch Erreichen von Gefriertempera-turen gehemmt werden kann (HEINZ 1977; RAHMAN u. VELEZ-RUIZ 2007), was zu einer Verlängerung der Haltbarkeit führt. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Mikro-organismen auf gleiche Weise kälteempfindlich sind. Pathogene, gesundheitsgefähr-dende Bakterien zeigen bei Temperaturen unter 5°C oft kein bis vereinzelt geringgra-diges Wachstum, sodass gefrorenes Fleisch keine Gefahr für Lebensmittelintoxikatio-nen darstellt (WIRTH 1979). Einige Verderbniserreger zeigen hingegen bei Tempera-turen unterhalb von 0°C noch Wachstum, sodass der mikrobielle Verderb mit Erreichen des Gefrierpunktes nicht sofort sistiert (WIRTH 1979). Ab einer Temperatur von -12°C findet allerdings kein mikrobielles Wachstum der Verderbniserreger mehr statt, sodass ab dieser Temperatur der mikrobielle Verderb aufgehalten wird (WIRTH 1979;

RAHMAN u. VELEZ-RUIZ 2007). Auch chemische Reaktionen wie Proteolyse oder Lipolyse durch fleischeigene Enzyme oder Oxidationsvorgänge finden bei Gefriertem-peraturen im Vergleich zu Raum- oder KühltemGefriertem-peraturen in einem verringerten Aus-maß statt (HEINZ 1977; NESVADBA 2008). Im Gegensatz zum mikrobiologischen Wachstum, werden die enzymatischen Reaktionen bei Temperaturen von -12°C je-doch nicht vollständig unterdrückt, was sowohl für fleischeigene Enzyme, als auch für Enzyme gilt, die durch pathogene Erreger vor Erreichen des Gefrierpunktes gebildet wurden (WIRTH 1979; RAHMAN u. VELEZ-RUIZ 2007). Zusätzlich kommt es zu einer Ansammlung oxidationskatalysierender Stoffe in der verbleibenden flüssigen Phase des gefrorenen Fleisches, die zu Lipidoxidationen führen können (RAHMAN u. VELEZ-RUIZ 2007). Es kann zu Abweichungen in Geruch und Geschmack des Fleisches kom-men, die als ranzig wahrgenommen werden (HANSEN et al. 2004). Um diese Verän-derungen des Fleisches während der Gefrierlagerung zu umgehen, wird eine Lager-temperatur von -40°C empfohlen, da ab dieser Temperatur lediglich der in der Musku-latur gebundene Wasseranteil flüssig zu bleiben scheint (FENNEMA 1996; LEYGONIE et al. 2012a).

Das Lebensmittelrecht wird sowohl auf europäischer Ebene als auch national geregelt.

Die allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des europäischen Lebensmittel-rechts sind in der Verordnung (VO) (EG) Nr. 178/2002 geregelt. In der VO (EG) Nr.

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853/2004 werden die spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ur-sprungs geregelt, die vom Lebensmittelunternehmer einzuhalten sind, während sie nicht für die Lagerung, Verarbeitung und Handhabung im privaten Haushalt gelten. In Anhang 1, unter den Begriffsbestimmungen, Punkt 1.10. der VO (EG) Nr. 853/2004 wird „frisches Fleisch“ als Fleisch definiert, das zur Haltbarmachung nur gekühlt, ge-froren oder schnellgege-froren wurde, einschließlich Fleisch, das vakuumverpackt oder in kontrollierter Atmosphäre umhüllt gelagert wurde. Somit wird gefrorenes Fleisch als

„frisches Fleisch“ angesehen. In der VO (EU) Nr. 1169/2011, die auch als Lebensmit-telinformationsverordnung bezeichnet wird, sind in Anhang III Lebensmittel aufgeführt, die einer zusätzlichen Kennzeichnung bedürfen. Darunter fallen unter Punkt 6.1 auch eingefrorenes Fleisch, eingefrorene Fleischzubereitungen und eingefrorene unverar-beitete Fischereierzeugnisse, für die das Datum des Einfrierens zwingend als Informa-tion angegeben werden muss, bei mehrmaligem Einfrieren und Auftauen, muss das erstmalige Einfrierdatum angegeben werden. Auch die nationale Verordnung über tief-gefrorene Lebensmittel (TLMV) gibt in §1 Abs. 1, Nr. 2 an, dass tieftief-gefrorene Lebens-mittel mit einem Hinweis auf ihren gefrorenen Zustand versehen werden müssen, be-vor sie in den Verkehr gebracht werden. Die Bezeichnung eines Lebensmittels, wel-ches tiefgefroren wurde und im aufgetauten Zustand verkauft werden soll, muss um den Hinweis „aufgetaut“ ergänzt werden, damit der Verbraucher nicht irre geführt wird (VO (EU) Nr. 1169/2011, Anhang VI, Teil A, Punkt 2.). Fleisch, das eingefroren werden soll, muss unverzüglich, ohne ungerechtfertigte Verzögerung dem Einfrierprozess zu-geführt werden, wobei vor dem Einfrieren eine eventuelle Reifungszeit des Fleisches berücksichtigt werden darf (VO (EG) Nr. 853/2004, Kapitel VII, Nr. 4.). Die nationale TLMV definiert tiefgefrorene Lebensmittel in §1 Abs. 1, Nr. 1 als Lebensmittel, die ei-nem geeigneten Gefrierprozess unterzogen worden sind und deren Temperatur an jedem Punkt des Lebensmittels mindestens -18°C beträgt. Die Temperatur von -18°C muss bis zu dem Zeitpunkt der Abgabe an den Verbraucher an jeder Stelle des Pro-duktes aufrechterhalten werden (TLMV §2 Abs. 4). In §2 Abs. 2 der TLMV ist festge-legt, dass zum Tiefgefrieren von Lebensmitteln keine anderen Gefriermittel als Luft, Stickstoff und Kohlenstoffdioxid mit dem Lebensmittel in Kontakt treten dürfen.

20 2.5 Modified atmosphere packaging (MAP)

Eine Lebensmittelverpackung wird heutzutage nicht mehr nur als bloße Umhüllung des Produktes angesehen, sie gewinnt immer mehr an Bedeutung, da sie im Hinblick auf die Aufrechterhaltung einer guten Produktqualität und das Erzielen einer verlängerten Haltbarkeit positive Auswirkungen hat (ZAKRYS et al. 2009). Für die Verpackung von Fleisch werden in der Regel Kunststoffmaterialien verwendet, die eine Produktbegut-achtung vor dem Kauf durch den Verbraucher zulassen (RENERRE u. LABADIE 1993). Der Verbraucher berücksichtigt in diesem Zusammenhang das Aussehen und die Farbe des Fleisches als wichtigstes Kriterium für seine Kaufentscheidung (REN-ERRE u. LABADIE 1993), da er diese Aspekte durch die Verpackung hindurch beur-teilen kann. Zwei Aspekte spielen eine vorrangige Rolle im Hinblick auf die begrenzte Lagerfähigkeit von Fleisch, zum einen eine Farbveränderung mit fortschreitender La-gerdauer von einer kirschroten hin zu einer bräunlichen Farbe, die zu einer verringer-ten Verbraucherakzeptanz führen kann und zum anderen das mikrobielle Wachstum, welches den wichtigsten Faktor für eine verkürzte Haltbarkeit von Fleisch darstellt (THODEN VAN VELZEN u. LINNEMANN 2008). „Modified atmosphere packaging“, kurz “MAP”, wird hierzulande auch als „Verpackung unter Schutzgasatmosphäre“ be-zeichnet. Es beschreibt eine Verpackungsform für Lebensmittel, bei der das, das Le-bensmittel umgebende Gasgemisch nach den speziellen Produktbedürfnissen ausge-tauscht und modifiziert wird (MCMILLIN 2008). Nachdem das Gasgemisch in der Ver-packung ausgetauscht wurde, muss diese mit gasundurchlässigen Folien verschweißt werden, um einen Gasaustausch mit der Umgebungsluft weitestgehend zu verhindern (GORRIS u. PEPPELENBOS 2007; MCMILLIN 2008). Etwa die Hälfte aller Frisch-fleisch-Verpackungen im Handel sind Schutzgasverpackungen (THODEN VAN VEL-ZEN u. LINNEMANN 2008). Am häufigsten werden Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid und Stickstoff in verschiedenen Zusammensetzungen für die Schutzgasatmosphäre ver-wendet (RENERRE u. LABADIE 1993; ZAKRYS et al. 2009). Enthält das Schutzgas mehr als 50% Sauerstoff, kann die typische rote Farbe des Oxymyoglobins während der Lagerung für längere Zeit aufrechterhalten werden, was das Produkt dadurch at-traktiver für den Verbraucher macht (RENERRE 1990), sodass hohe Sauerstoffgeh-alte für eine stabile Farberscheinung des Fleisches verantwortlich sind (RENERRE u.

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LABADIE 1993). Hohe Sauerstoffgehalte in der Atmosphäre können aber auch zu ei-ner höheren Lipidoxidation des Fleisches führen und das Wachstum der aeroben Mik-roorganismen fördern, was die Haltbarkeit des Fleisches wiederum verringern kann (RENERRE 1990; O’GRADY et al. 1998). CLARK u. LENTZ (1972) stellten fest, dass eine Kohlenstoffdioxidkonzentration von 15% in der Atmosphäre der Fleischverpa-ckung das mikrobielle Wachstum soweit hemmte, dass die Haltbarkeit von Rindfleisch merklich verlängert werden konnte, es dabei aber zu einem negativen Effekt auf die Fleischfarbe kam. Um die positiven Effekte beider Gase zu nutzen, wurden kombi-nierte Zusammensetzungen etabliert, die einerseits eine hohe mikrobielle Sicherheit und andererseits eine stabile Farberscheinung des Fleisches gewährleisten können (EILERT 2005). Die weltweit am häufigsten eingesetzte Gaskombination besteht typi-scherweise aus 80% Sauerstoff und 20% Kohlenstoffdioxid (EILERT 2005; BELCHER 2006), wobei auch häufig eine Gaszusammensetzung mit 60% bis 70% Sauerstoff und 25% bis 35% Kohlenstoffdioxid für die Verpackung von Schweinefleisch genutzt wird (THODEN VAN VELZEN u. LINNEMANN 2008). Gase, die vor, nach oder gleichzeitig mit dem Lebensmittel in ein Behältnis abgefüllt werden, werden als „Packgase“ be-zeichnet und gelten als Lebensmittelzusatzstoffe (VO (EG) Nr. 1333/2008, Anhang I, Punkt 20.). In der VO (EG) Nr. 1333/2008, Anhang II, Teil B, Punkt 3 werden Kohlen-dioxid (E 290) und Sauerstoff (E 948) als Zusatzstoffe ohne Höchstmenge definiert.

Das bedeutet, dass Fleisch bei einer Verpackung in MAP mit Zusatzstoffen in Berüh-rung kommt. Gemäß der VO (EU) Nr. 1169/2011, Anhang III, Punkt 1.1. muss die Kennzeichnung von Lebensmitteln, deren Haltbarkeit unter Einsatz von Packgasen verlängert wurde, die zusätzliche Angabe „unter Schutzatmosphäre verpackt“ enthal-ten, was somit auch für Fleisch in MAP gilt.

22 2.6 Rohwurst

2.6.1 Definition „Rohwurst“ und ihre Herstellung

Gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004 Anhang 1, Absatz 7.1 werden „Fleischerzeugnisse“

als verarbeitete Erzeugnisse bezeichnet, die aus der Verarbeitung von Fleisch ent-standen sind und bei einem Schnitt durch den Kern auf der Anschnittfläche keine Merk-male von frischem Fleisch mehr erkennen lassen. Wurstwaren sind bestimmte Flei-scherzeugnisse, die sowohl aus zerkleinertem Fleisch als auch aus einem Anteil Fett-gewebe hergestellt werden, welches vermengt und anschließend in der Regel in Hül-len oder Behältnisse abgefüllt wird (Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse, Ab-schnitt I, Punkt 2.2). Bei „Rohwurst“, handelt es sich um ein Fleischerzeugnis, herge-stellt aus rohen Ausgangsmaterialien, das in einer Vielzahl der Fälle vom Verbraucher roh verzehrt wird (Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse, Abschnitt I, Punkt 2.21). Unterschieden werden können streichfähige, sowie nach einer zusätzlichen Rei-feperiode durch Abtrocknungsvorgänge schnittfest gewordene Rohwürste (Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse, Abschnitt I, Punkt 2.21). Bei den schnittfesten Rohwürsten tritt während der Reifeperiode Muskeleiweiß an die Oberfläche und ver-bindet die Fleisch- und Fettgewebeteilchen miteinander, sodass ein festes Produkt entsteht (Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse, Abschnitt II, Punkt 2.211). Roh-würste werden in der Regel einer Umrötung unterzogen, d.h. sie werden mit Nitrit oder Nitrat behandelt, luftgetrocknet oder geräuchert und erhalten durch ihre Herstellung einen Zustand, in dem sie ungekühlt bei über 10°C lagerfähig sind (Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse, Abschnitt I Punkt 2.21).

Die Herstellung der Rohwurst zielt darauf ab, durch die Kombination verschiedener Haltbarmachungsverfahren ein sicheres und haltbares Produkt zu erlangen. Das als Rohstoff dienende frische Fleisch ist aufgrund seines hohen aw-Wertes und des pH-Wertes besonders anfällig für Verderbnisvorgänge und mikrobiologisches Wachstum (WIRTH et al., 1975). Das mikrobiologische Wachstum kann durch technologische Verfahren beeinflusst werden, die als Hürden fungieren und die Verderbnisprozesse in einem gewissen Maße aufhalten können (LEISTNER u. GORRIS 1995; JOSUPEIT

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2006). Während der Rohwurstherstellung laufen verschiedene physikalische, chemi-sche und mikrobiologichemi-sche Reaktionen ab, die aw-Wert- und pH-Wert-reduzierende Ef-fekte erzielen, welche unter anderem im Zusammenhang mit dem Zusatz von Zucker, Pökelstoffen und Starterkulturen sowie einer Kontrolle der Temperatur und relativen Luftfeuchtigkeit während einer anschließenden Reifung stehen (WIRTH et al. 1975;

KLETTNER u. RÖDEL 1978; JOSUPEIT 2006).

2.6.2 Temperatur und Luftfeuchtigkeit

Bei der Herstellung der Rohwurst wird zerkleinertes Fleisch mit zerkleinertem Fettge-webe in einem Kutter vermengt. Unter Hinzugabe von Zucker, Nitritpökelsalz, Gewür-zen und Starterkulturen entsteht die Rohwurstmasse. Die Rohwurstmasse wird an-schließend in der Regel in Wursthüllen abgefüllt und danach bei einer schnittfesten Rohwurst einer Reifung unterzogen, die üblicherweise in Reifekammern stattfindet, in denen Temperatur und Luftfeuchtigkeit gesteuert werden können. Das Ziel der Reifung ist es, aus den leicht verderblichen, frischen Rohstoffen ein sicheres, haltbares Produkt herzustellen. Zu Beginn der Reifung sollte die Temperatur nicht über 26°C betragen, da bei höheren Temperaturen das Risiko des mikrobiellen Wachstums erhöht sein könnte, im weiteren Verlauf wird sie kontinuierlich auf ca. 15°C verringert (KLETTNER u. RÖDEL 1978). Die Höhe der Wasseraktivität eines Lebensmittels beeinflusst die Geschwindigkeit von enzymkatalysierten Reaktionen sowie die Anfälligkeit für mikro-biologisches Wachstum (FENNEMA 1996). Bei Lebensmitteln mit geringen bis mittle-ren aw-Werten von 0,75 bis 0,85 laufen die meisten Reaktionen nur noch mit verrin-gerter Geschwindigkeit ab (FENNEMA 1996). Frisches Fleisch besitzt einen sehr ho-hen aw-Wert von ca. 0,95 bis 1,00 (KLETTNER u. RÖDEL 1978; FENNEMA 1996).

Eine Reduzierung des aw-Wertes im Verlauf der Reifung kann durch eine Verringerung der umgebenden relativen Luftfeuchtigkeit erzielt werden (KLETTNER u. RÖDEL 1978). Der Wasserentzug aus der Rohwurst kann dabei nur ablaufen, wenn ein Parti-aldampfdruckgefälle zwischen der Produktfeuchtigkeit und der relativen Luftfeuchtig-keit in der Reifekammer besteht, sodass die einzustellende relative LuftfeuchtigLuftfeuchtig-keit an den aw-Wert der Rohstoffe angepasst sein muss (WIRTH et al. 1975; KLETTNER u.

RÖDEL 1978). Eine darauffolgende Abgabe des Wassers in Form von Wasserdampf

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an der Oberfläche der Rohwurst führt zu einer Abtrocknung des Produktes mit Verrin-gerung der Wasseraktivität, wobei für eine gleichmäßige Abtrocknung auch die gere-gelte Luftbewegung wichtig ist (WIRTH et al. 1975).

2.6.3 Starterkulturen

Als Starterkulturen werden bestimmte Mikroorganismen bezeichnet, die für die Fer-mentation von Lebensmitteln eingesetzt werden (FOERST u. SANTIVARANGKNA 2015). Sie besitzen bestimmte Eigenschaften, die dazu führen, dass im Laufe des Fer-mentationsprozesses ein sicheres Lebensmittel entsteht (FOERST u. SANTIVARAN-GKNA 2015). Milchsäure-produzierende Bakterien, wie Laktobazillen und Pediokok-ken (HAMMES et al. 1990; HAMMES u. HERTEL 1998), stellen die am häufigsten genutzten Mikroorganismen im Fermentationsprozess dar (HUTKINS 2006, S. 74).

Milchsäurebakterien verstoffwechseln Kohlenhydrate, zum Beispiel in Form von Zu-cker, und bilden dabei Milchsäure (FLAHAUT u. DE VOS 2015; LARANJO et al. 2019).

Die Milchsäure sammelt sich in der Rohmasse des Produktes an und führt zu einer Ansäuerung mit daraus resultierendem Abfall des pH-Wertes (PÉREZ-ALVAREZ et al.

1999). Durch den Einsatz von Starterkulturen kann der pH-Wert-Abfall in Rohwürsten während der Reifeperiode beschleunigt werden und zu einem insgesamt niedrigeren End-pH-Wert führen (KLETTNER u. RÖDEL 1978), was auf die beschriebene Reak-tion der Milchsäurebakterien zurückzuführen ist. Die Milchsäurebakterien tragen durch die pH-Wert-Absenkung zu einer Hemmung des Wachstums der pathogenen Mikroor-ganismen bei und konkurrieren gleichzeitig mit der Begleitflora um die Nährstoffe im Produkt, was auch dadurch bedingt ist, dass sich die Starterkulturbakterien bei den pH-Werten in der Rohwurst besser vermehren können als andere Mikroorganismen in dem Produkt, sodass es dadurch zu einer Verminderung der unerwünschten Keimflora kommen kann (WIRTH et al. 1975; WANG et al. 2013; LARANJO et al. 2019). Zusätz-lich tragen die Milchsäurebakterien zur Bildung des Aromas bei (LEROY et al. 2006;

WANG et al. 2013). Eine weitere wichtige Gruppe der Starterkulturen wird von den Staphylokokken gebildet. Die koagulase-negativen Staphylokokken spielen eine große Rolle im Ablauf des Umrötungsprozesses, da sie Nitratreduktasen bilden (LARANJO

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et al. 2017; LARANJO et al. 2019). Des Weiteren kann ihr Einsatz zu einer Verringe-rung der Oxidationsprozesse im Produkt führen, da durch die von den Staphylokokken gebildete Katalase eine größere Oxidationsstabilität im Produkt bedingt ist (LARANJO et al. 2017).

2.6.4 Pökeln/Umrötung

Nitrit- und Nitratsalze können für das Pökeln eines Fleischerzeugnisses verwendet werden (HONIKEL 2008). Durch das Hinzufügen eines Pökelsalzes in die Rohwurst-masse während des Herstellungsprozesses, wird eine stabilere Farbe des Endproduk-tes hervorgerufen und die Haltbarkeit verbessert (WIRTH 1986). Das Nitrit wird zu Stickoxid (NO) reduziert, welches an das zweiwertige Eisenatom des Myoglobinmole-küls bindet, wodurch Nitrosomyoglobin (NO-Myoglobin) gebildet wird (POTTHAST 1987; HONIKEL 2008). Diese Reaktion führt dazu, dass die Farbe des Fleisches von der purpurroten Farbe des Myoglobins zu einer leuchtend roten Farbe des NO-Myo-globins wechselt (POTTHAST 1987). Die durch das Pökeln erzeugte Farbe wird als stabil bezeichnet, da die Farbe im Gegensatz zum ungepökelten Fleisch durch Erhit-zung nicht beeinflusst wird, die gepökelte Ware somit auch nach dem Erhitzen eine rote Farbe aufweist, während nicht gepökelte Produkte gräulich-braun werden (POTT-HAST 1987; HONIKEL 2008). Dieses Phänomen steht in Verbindung mit der Oxidation des Eisenatoms des Myoglobinmoleküls. Bei NO-Myoglobin behält das Eisenatom den zweiwertigen Zustand auch bei Erhitzung und wird nicht oxidiert, während es bei un-gepökelten Waren zu einer Oxidation des zweiwertigen Eisenatoms kommt (POTT-HAST 1987, HONIKEL 2008). Nach der Oxidation liegt ein dreiwertiges Eisenatom im Myoglobinmolekül vor, es ist Metmyoglobin entstanden, wodurch die gräulich-braune Farbe des ungepökelten Fleisches nach der Erhitzung bedingt wird (POTTHAST 1987;

HONIKEL 2008). Die Farbumwandlung durch die Nitrit-Myoglobin-Reaktion ist pH-Wert-abhängig, schon bei geringen pH-Wert-Abfällen um 0,2 pH-Einheiten läuft die Reaktion beschleunigt ab (SOFOS 1981). Außerdem können verschiedene Mikroor-ganismen die Umrötungsreaktion vorantreiben, indem sie Nitratreduktasen produzie-ren, die die Reduktion von Nitrat zu Nitrit katalysieren (LARANJO et al. 2017; LAR-ANJO et al. 2019). Für eine schnelle Umrötung und eine bessere Farbstabilität können

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zudem sogenannte Pökelhilfsstoffe, wie Ascorbinsäure bzw. Ascorbat, verwendet wer-den (WIRTH 1986). Ascorbinsäure kann Nitrat effektiv zu NO reduzieren, sodass durch die erhöhte Menge NO ein größerer Myoglobinanteil zum farbstabilen NO-Myoglobin reagieren kann, während das veränderte Redoxpotenzial zusätzlich hemmend auf die Metmyoglobinbildung wirkt (WIRTH 1986). Zudem kann der Einsatz von Ascorbin-säure oder Ascorbat die Produktion von Nitrosaminen, gesundheitsschädlichen Reak-tionsprodukten, die aus der Reaktion von Aminen mit Nitrit unter Hitzeeinwirkung ent-stehen können, verringern (HONIKEL 2008). Eine weitere wichtige Wirkungsweise des Nitrits ist die Fähigkeit mikrobiologisches Wachstum, zum Beispiel von Clostridium bo-tulinum, zu hemmen (BENEDICT 1980; SOFOS 1981). Die Hemmung des mikrobio-logischen Wachstums ist stark Wert-abhängig und stellt sich bei niedrigerem pH-Wert effektiver dar, was darauf zurückgeführt werden könnte, dass in saurem Millieu auch ein gewisser Anteil salpetriger Säure vorliegt (BENEDICT 1980; SOFOS 1981).

Da Nitrit eine hoch toxische Substanz darstellt, muss der Einsatz kontrolliert stattfinden (HONIKEL 2008). Nitrite und Nitrate sind als Zusatzstoffe in der Verordnung (EG) Nr.

1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe aufgeführt, in der auch die zulässigen Höchstmengen für verschiedene Produkte definiert werden. In der gleichen Verord-nung ist auch festgelegt, dass, wenn Nitrite mit „für Lebensmittel“ gekennzeichnet sind, diese nur als Mischung mit Kochsalz oder einem Kochsalzersatz verkauft werden dür-fen (VO (EG) Nr. 1333/2008, Anhang II, Teil A, Abschnitt 2, Punkt 7.).

27 3 Material und Methoden

3.1 Versuchsaufbau

Die Studie besteht aus zwei separaten Versuchsteilen. In beiden Versuchsteilen wurde die Auswirkung einer Gefrierlagerung von Schweinefleisch über unterschiedliche La-gerungszeiträume bei zwei verschiedenen Gefrierlagerungstemperaturen auf ver-schiedene Fleischqualitätsparameter untersucht.

Der erste Versuchsteil (Lagerungsversuch) bestand aus zwei Untersuchungsabschnit-ten. Im ersten Abschnitt wurde der Einfluss der Gefrierlagerungsdauer und -temperatur auf verschiedene Fleischqualitätsparameter der Schnitzel direkt nach dem Auftauen bestimmt, ohne dass das Fleisch einer weiteren Kühllagerung unterzogen wurde. Im zweiten Abschnitt wurden Schnitzel nach dem Auftauen unter Schutzgasatmosphäre verpackt, in einem Kühlschrank gelagert und an den Tagen 1, 7 und 14 auf verschie-dene Fleischqualitätsparameter untersucht.

Im zweiten Versuchsteil (Verarbeitungsversuch) wurde Schweinefleisch nach der Ge-frierlagerung für bestimmte Zeitdauern und bei bestimmten Gefriertemperaturen nach

Im zweiten Versuchsteil (Verarbeitungsversuch) wurde Schweinefleisch nach der Ge-frierlagerung für bestimmte Zeitdauern und bei bestimmten Gefriertemperaturen nach