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Diskussion

5.2 Zeit-Frequenz-Analyse der EEG-Daten der endogenen und exo- exo-genen SABexo-genen SAB

5.2.5 Gamma-Frequenzband

Power-Veränderungen denkbar sind bzw. ob Beta-Oszillationen eventuell speziell durch Scheinbewe-gungen bzw. deren Verarbeitung moduliert werden können.

Ebenso wäre eine zeitliche Eingrenzung einer reversionsassoziierten Beta-Desynchronisation in Ab-grenzung zu Motorik begleitenden Prozessen vorzunehmen.

Arbeitsgedächtnis zu integrieren.

Reduktionen der Gamma-Power wurden sowohl für frühe als auch späte Gamma-Oszillationen bei Reizverarbeitung beobachtet (Başar-Eroğlu et al., 2009; Spencer, Niznikiewicz, Shenton & McCar-ley, 2008). Die Berichte von Veränderungen im Gamma-Frequenzband mit funktionalem Bezug zu kognitiven Leistungen von Schizophreniepatienten sind konsistent, die Ergebnisse zu Ausprägung und Topografie veränderter Gamma-Oszillationen jedoch durchaus vielfältig (Gandal et al., 2012;

Haenschel et al., 2009; Herrmann, 2005; Spencer et al., 2003).

Weitere Untersuchungen berichten, dass Patienten mit vorwiegend vorliegender Positivsymptomatik erhöhte Oszillationen und Patienten mit Negativsymptomatik eine verminderte Gamma-Aktivität aufweisen (Baldeweg, Spence, Hirsch & Gruzelier, 1998; Lee et al., 2003). Daher kommt dem Gamma-Band in der Schizophrenieforschung eine wichtige Rolle zu. Veränderte Modulationen von Gamma-Oszillationen konnten auch bei unmedizierten Patienten sowie Verwandten von schizophren Erkrankten festgestellt werden (Gallinat et al., 2004; Hong, 2004).

In den Zeit-Frequenz-Darstellungen für das Gamma-Frequenzband vorliegender Studie zeigen die Untersuchungsgruppen für beide Untersuchungsbedingungen (Abb. 4.50 & 4.51) eine Zunahme der mittleren Gamma-Power ab 1000 ms bis 600 ms bzw. 400 ms vor dem Knopfdruck anhaltend. Für die exogene SAB ist diese bei den Kontrollen signifikant schwächer ausgeprägt als bei den Patienten und nur auf den unteren Frequenzbereich begrenzt. Über frontalen Regionen findet in der Kontrollgruppe nahezu keine Gamma-Synchronisation statt.

Bei der endogenen SAB findet sich für die Kontrollen im Mittel über posterioren Arealen eine größere Zunahme der Gamma-Power im Vergleich zu den Patienten, welche die maximale Power-Erhöhung über zentralen Arealen aufweisen. Dieses wird statistisch nicht signifikant. Beide Untersuchungs-gruppen zeigen übereinstimmend bei visueller Inspektion der ERSP-Darstellungen der endogenen Bedingung eine über C4 betonte Synchronisation im äquivalenten Zeitfenster. Diese wird für die Kontrollen aufgrund der Bildung der ROIs im Mittel nicht relevant. In der Patientengruppe zeigt sich die Power-Zunahme über C3 und C4. In der Kontrollgruppe fallen im selben Zeitfenster zusätzlich die Power-Zunahmen über P4 und O1 auf. Auf die relative Power-Zunahme folgt für beide Gruppen in beiden Bedingungen eine Desynchronisation des Gamma-Bandes.

Mit Einbezug oben dargestellter Ergebnisse zu Gamma-Oszillationen könnten die gezeigten Synchro-nisation der Gamma-Oszillationen in beiden Untersuchungsgruppen und für beide Untersuchungsbe-dingungen die Prozesse der Merkmalsbindung widerspiegeln. Hier sei darauf hingewiesen, dass Strüber und Herrmann (2002) bei der Untersuchung von Gamma-Oszillationen reversionsgebundene Synchro-nisationen sowohl für die exogene als auch endogene SAB erwarteten. Sie argumentierten damit, dass in beiden Bedingungen Prozesse der Merkmalsbindung bei der Wahrnehmung eines neuen Perzeptes stattfinden würden. Der erwartete reversionsgebundene Anstieg von Gamma-Oszillationen von 40 Hz konnte durch die Untersuchung jedoch nicht bestätigt werden. Die Autoren führten dies auf eine relativ geringe Anzahl von EEG-Datenepochen zurück und vermuteten ebenfalls, dass die Punkte als Stimuli der SAB für einen Effekt im Gamma-Band in Zusammenhang mit Merkmalsbindung zu klein sein könnten.

Die Patienten zeigen hier für die exogene SAB eine statistisch signifikant ausgeprägtere Gamma-Synchronisation. Die Kontrollen weisen diese v. a. fronto-okzipital eher im unteren Frequenzbereich auf, welcher nicht in die statistischen Berechnungen mit einging. Vor allem zentro-parietal sind die

Gamma-Synchronisationen der Kontrollen kürzer andauernd und haben ihre maximale Ausprägung um 500 ms vor Knopfdruck, ebenfalls auf das untere Frequenzspektrum beschränkt. Die lokale Syn-chronisation um 500 ms vor motorischer Reaktion lässt mit Bezug auf die durchschnittliche Rekti-onszeit vermuten, dass diese mit der Merkmalsbindung des Stimulus der exogenen SAB (Änderung der Bewegungsrichtung der Punkte) assoziiert sein könnte.

Wenn die Gamma-Synchronisationen kein neuronales Korrelat des wahrgenommenen Bewegungs-wechsels der Punkte darstellen, könnte die Synchronisation anderenfalls die kognitiven Prozesse wie fokussierte Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis oder auch die kognitive Vorbereitung auf erwartete Stimuli in diesem Zeitbereich widerspiegeln. Die signifikant höhere Power-Zunahme der Patienten könnte hier als kompensatorischer Mechanismus gedeutet werden, um die kognitiven Ressourcen dafür bereit zu stellen. Die geringere Synchronisation in der Kontrollgruppe würde in diesem Fall bedeuten, dass entsprechende Top-down-Mechanismen bei den gesunden Kontrollen weniger bereit gestellt werden müssen. Allerdings wäre für den geschilderten Fall zu erwarten, dass die Probanden, im Speziellen die Patienten, eine frontal betonte Synchronisation aufweisen würden (vgl. Başar-Eroğlu et al., 2007; Mathes et al., 2006; Strüber et al., 2000). In der Patientengruppe fällt eine lateralisierte Power-Zunahme über der linken Hemisphäre zentro-parietal auf.

Davon ausgehend, dass die Power-Zunahmen im Gamma-Band bei der exogenen SAB Prozesse der Merkmalsbindung reflektieren, werden die hier gefundenen Zunahmen spektraler Power im äquiva-lenten Zeitfenster bei der endogenen SAB ebenfalls als neuronales Korrelat kohärenter Objektwahr-nehmung bei Reversion gedeutet.

Die in diesem Kapitel aufgeführten Ergebnisse, welche einen frontalen Gamma-Anstieg durch inter-nale Reversionen während der Verarbeitung der endogenen SAB nahe legen (Başar-Eroğlu, Strüber, Kruse et al., 1996; Mathes et al., 2006; Strüber et al., 2000), können durch die hier erhobenen Daten nicht repliziert werden. Über frontalen Arealen zeigen beide Gruppen lediglich eine kurz andauernde relative Verstärkung frontaler Power zwischen 1000 ms und 900 ms vor Knopfdruck über der linken Hemisphäre. Auch andere Autoren berichten über Verstärkungen der Gamma-Power bei Gestaltbil-dungsprozessen, die nicht primär über frontale Arealen auftreten (Klemm et al., 2000; Müller et al., 2000).

Ebenso berichten einige Studien über eine rechtshemisphärisch betonte Zunahme der reversionsge-bundenen Gamma-Aktivität (Başar-Eroğlu, Strüber, Kruse et al., 1996; Lumer et al., 1998; Sterzer

& Kleinschmidt, 2007). Übereinstimmend damit fanden Ehm et al. (2011) einen rechtshemisphä-risch betonten Anstieg von Gamma-Aktivität ca. 200 ms vor dem Reversionsprozess. Darauf folgte eine posterior betonte Gamma-Desynchronisation. Die Autoren vermuten, dass solch ein Muster von Power-Veränderungen den Charakter einer Voraussage für einen kurz darauf stattfindenden Reversi-onsprozess haben könnten.

Die Befunde vorliegender Untersuchung zeigen für beide Gruppen in den ERSPs der endogenen SAB keine eindeutige rechtshemisphärische Zunahme der Gamma-Power für alle Areale. Jedoch fällt für beide Gruppen in der endogenen Bedingung die eindeutig rechts ausgeprägtere Gamma-Synchronisation über C4 und P4 zwischen 1000 ms bis 800 ms vor Knopfdruck auf.

Mit Hinblick auf die Schlussfolgerung von Ehm et al. (2011) und den in dieser Studie über zentro-parietal gefundenen Gamma-Synchronisation könnten diese auch hier als oszillatorisches Korrelat einer anstehenden Reversion interpretiert werden. Für die Kontrollen ist zumindest für die exogene

SAB solch eine Power-Zunahme nicht zu beobachten. Ehm und Kollegen berichten weiterhin von sich einer direkt anschließende Desynchronisation, welche bei den Probanden dieser Studie ebenso zu beobachten ist, allerdings auch in der exogenen Bedingung.

Darüber hinaus fallen lateralisierte Gamma-Synchronisationen in den Zeit-Frequenz-Darstellungen der nach Stimulus konvertierten Daten für die Patienten auf. Die Zunahme der relativen Gamma-Power im Zeitbereich der Reizdarbietung ist rechtshemisphärisch betont. Bei der exogenen Kontrollbedingung tritt die Power-Erhöhung für alle Regionen jedoch linksseitig stärker auf. Bei den Kontrollen ist ausschließlich bei der endogenen SAB eine lateralisierte oszillatorische Aktivität im frühen Zeitfenster vor dem Reversionsprozess zu beobachten.

Es existieren weitere Studien, die eine lateralisierten oszillatorischen Power-Veränderungen bei Schi-zophreniepatienten fanden. Lee und Kollegen berichten beispielsweise von einer linkshemisphärisch und frontal reduzierten Phasenkohärenz im Vergleich zu gesunden Kontrollen (Lee et al., 2003). Die vorliegenden Untersuchungsbefunde sind vielfältig (Ribolsi, Daskalakis, Siracusano & Koch, 2014).

Für die endogene Bedingung findet sich kein signifikanter Gruppenunterschied hinsichtlich der Power-Modulationen. Allerdings gibt es einen deutlichen Gruppenunterschied hinsichtlich der Topografie der gezeigten Power-Zunahmen. Die Patienten zeigen die maximale Power-Erhöhung zentral, die Kontrollen über parietal sowie über O1. Spencer et al. (2003) fanden dementsprechend in einer Ver-gleichsuntersuchung während der Wahrnehmung von Gestaltstimuli für Kontrollen eine frühe Pha-sensynchronisation über O1 im Gamma-Band, welche die Schizophreniepatienten nicht zeigten. Die Autoren interpretierten dies als Hinweis auf einen effizienteren Prozess der Merkmalsbindung bei Ge-sunden. Die funktionale Beteiligung des Gamma-Bandes an den internalen Reversionen bei endogener SAB in dieser Studie ist jedoch nicht eindeutig.

Auch in weiteren EEG-Untersuchungen wurden keine Gruppenunterschiede zwischen schizophren Erkrankten und gesunden Kontrollen von ereigniskorrelierten Power-Modulationen des Gamma-Fre-quenzbandes bei Gestaltwahrnehmung gefunden (Spencer et al., 2008; Uhlhaas et al., 2006).

Die größere Zunahme der Gamma-Power während der exogenen Bedingung in der Patientengruppe wird bei dieser Untersuchung nicht auf eine vermehrt vorliegende Positivsymptomatik in der Teilneh-mergruppe der Patienten zurück geführt. Wie in diesem Kapitel bereits berichtet, bestand ein hohes Funktionsniveau bei den schizophren Erkrankten. Ebenso ergab die psychopathologische Einschät-zung, einen im Durchschnitt höheren Globalwert der SANS als für die SAPS.

An dieser Stelle sei auf die Studie von Başar-Eroğlu et al. (2011) hingewiesen. Es wurden dort in einer Vergleichsuntersuchung von Schizophreniepatienten und Gesunden akustische Stimuli (akustische Stimulation sowie Oddball-Aufgabe) dargeboten. Die Analyse auf Single-Trial-Ebene ergab für die Patienten bei akustischer Stimulation signifikant erhöhte Gamma-Amplituden fronto-okzipital und bei Zielreizverarbeitung beim Oddball-Paradigma über frontal. Ein Amplitudenanstieg erfolgte im Gegensatz zu den Kontrollen auch bei einfacher Stimulusverarbeitung. Die Autoren interpretierten dies als Hinweis darauf, dass Patienten eine reduzierte aufgabenspezifische Modulation der Gamma-Oszillationen zeigen. Ebenso zogen sie eine Hypersensitivität entsprechender neuronaler Netzwerke zur Erklärung ihrer Ergebnisse in Betracht. Dies wäre im Zusammenhang mit der in dieser Studie gezeigten signifikant stärkeren Power-Zunahme der Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe zu bedenken.