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Wie funktioniert Stereotype Threat? Mechanismen, durch die Bildungsleistungen beeinträchtigt werden

Leistungen beeinträchtigen

2.5 Wie funktioniert Stereotype Threat? Mechanismen, durch die Bildungsleistungen beeinträchtigt werden

Um Wege zur Reduzierung der negativen Konsequenzen von Stereotype Threat aufzuzei-gen, muss man die Mechanismen und Prozesse verstehen, durch die Stereotype Threat wirkt, d.h. die Mediatoren8 des Effekts identifizieren. In folgenden Abschnitt werden drei mögliche Mediatoren (Angst, reduzierte Leistungserwartungen und kognitive Interferenz) diskutiert. Jeder Mediator wird dahingehend diskutiert, ob und inwiefern vorliegende empi-rische Daten die Annahme stützen, dass der Mediator zu einer Beeinträchtigung der Leis-tungen von mit Stereotype Threat konfrontierten Personen beiträgt.

Ängste

In ihren ursprünglichen Arbeiten zum Stereotype Threat postulierten Steele und Aronson (1995), dass die Sorge, ein bestehendes Stereotyp zu bestätigen, der ursächliche Mechanis-mus der Stereotype Threat-Effekte sei. Vor dem Hintergrund früherer Arbeiten, die in an-deren Kontexten einen engen Zusammenhang zwischen Ängsten und Leistungsdefiziten nachweisen konnten (vgl. Dembo & Eaton, 1997), ist dies eine nahe liegende Annahme.

Allerdings konnten Steele und Aronson in Experimenten keine entsprechenden Unter-schiede in den diesbezüglichen Befürchtungen ihrer Versuchspersonen nachweisen. Auch

8 In der psychologischen Forschung bezeichnet der Begriff Mediation den Mechanismus, durch den eine Variable auf eine andere Variable wirkt. Im Fall von Stereotype Threat wird somit angenommen, dass der Stereotype Threat selbst auf einen Mediator wirkt, der wiederum seinerseits die Leistungsreduktion be-wirkt.

f Stereotype Threat verursacht Angst und damit geringere Leistungsfähigkeit

in späteren Studien von Aronson et al. (1999) und Stone et al. (1999) zeigten sich keine Un-terschiede in den Ängsten der Versuchspersonen, die die Hypothese stützen könnten.

In einer neueren Studie von Osborne (2001) jedoch berichten afroamerikanische, latein-amerikanische und indianische Teilnehmende unmittelbar nach Durchführung von sechs Tests verschiedener Fähigkeiten (Vokabular, Erinnerungsvermögen etc.) signifikant ausge-prägtere Ängste als weiße UntersuchungsteilnehmerInnen. In dieser Studie wurde auch sta-tistisch eine partielle Mediation des Stereotype

Threat-Effekts (d.h. eine Verringerungen der Testleistungen) durch das Ausmaß der Ängste nachgewiesen. Eindeutige Aussa-gen zu Ursache und Wirkung können jedoch auf der

Datengrundlage der Studie nicht getroffen werden, da die Ängste nach dem Test gemessen wurden und somit auch durch tatsächlich erlebte Schwierigkeiten im Test hervorgerufen worden sein könnten. Weitere Analysen zeigten, dass die Unterschiede im Ausmaß der Ängste auch dann signifikant waren, wenn die Testergebnisse der Versuchspersonen statis-tisch kontrolliert wurden. Dieses Ergebnis wiederum legt nahe, dass das unterschiedliche Ausmaß der Befürchtungen nicht nur durch das Erleben der eigenen Testleistung bzw. ent-sprechender Schwierigkeiten beim Test hervorgerufen wurde. Die Studie stützt somit die Annahme, dass Befürchtungen, Stereotypen über die eigene Gruppe zu bestätigen, zum Abfall von Stereotype Threat-relevanten Testleistungen beitragen.

Basierend auf Forschungsarbeiten, die zeigen, dass Ärger und Angst bezogen auf eine Kon-frontation mit Rassismus bei den Betroffenen auch körperliche Reaktionen (insbesondere erhöhte kardiovaskuläre Reaktivität) hervorrufen, führten Blascovich, Spencer, Quinn und Steele (2001) ein klassisches Stereotype Threat-Experiment durch, in dem zusätzlich der Blutdruck der Versuchspersonen gemessen wurde. Bei afroamerikanischen Teilnehmenden in der Stereotype Threat-Bedingung war ein signifikant höherer Anstieg des Blutdrucks zu verzeichnen als bei allen anderen Versuchspersonen. Der erhöhte Blutdruck bei den Teil-nehmenden hielt auch während einer fünfminütigen Pause nach dem Test und während einer weiteren Aufgabe an. Die Daten dieser Studie belegen, dass Stereotype Threat zu körperlicher Anspannung führt und sind somit konsistent mit der Annahme, dass Ängste eine Ursache für die schlechteren Testleistungen sind.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die empirischen Belege zwar nicht eindeutig sind, aber doch eine Reihe von Ergebnissen vorliegen, die die Hypothese stützen, dass durch Stereotype Threat verursachte Ängste ein Grund für die schlechteren Leistungen un-ter Sun-tereotype Threat-Bedingungen sind. Allerdings sind noch zusätzliche Arbeiten not-wendig, um die Rolle von Ängsten bei Stereotype Threat-Effekten weiter zu erhellen.

Erwartungen hinsichtlich der eigenen Leistung

Auch gesenkte Erwartungen hinsichtlich der eigenen Leistung spielen bei Stereotype Threat-Effekten eine Rolle. Um diese Annahme zu überprüfen, führten Stangor, Carr und Kiang (1998) eine Studie mit weiblichen Versuchspersonen durch. Die Teilnehmerinnen erhielten zu einer Aufgabe manipuliertes Feedback, das in einer Bedingung sehr positiv war und somit das Selbstbewusstsein und die Leistungserwartungen steigern sollte. Im

An-fWer mit negativen Stereotypen konfrontiert ist, steckt sich weniger ehrgeizige Ziele

schluss wurde eine weitere Aufgabe angekündigt, die entweder als Test räumlicher Vorstel-lungsfähigkeit vorgestellt wurde, von der bekannt sei, dass Männer besser abschneiden als Frauen (Stereotype Threat) oder in dem beide Geschlechter üblicherweise gleichermaßen gut seien (Kontrollbedingung). Die Teilnehmerinnen wurden dann gebeten einzuschätzen, wie sie wohl bei der Aufgabe abschneiden würden. Diejenigen Teilnehmerinnen, die nach der ersten Aufgabe positives Feedback erhalten hatten, erwarteten ein signifikant besseres Abschneiden für die zweite Aufgabe als Teilnehmerinnen, die kein positives Feedback er-halten hatten. Dieser Unterschied wurde allerdings nicht in der Stereotype Threat-Bedingung festgestellt. Teilnehmerinnen in der Stereotype Threat-Threat-Bedingung berichteten keine höheren Leistungserwartungen, nachdem sie positives Feedback erhalten hatten (Co-hens d = .55). Diese Befunde legen nahe, dass Stereotype Threat tatsächlich das Selbstver-trauen untergrub und zu niedrigeren Erwartungen bezüglich der eigenen Leistung führte.

Eine weitere Studie wurde von Cadinu und Kollegen (2003) mit in Italien lebenden Afro-amerikanern durchgeführt. Die Teilnehmenden erhielten positive oder negative Informati-onen über die intellektuellen Fähigkeiten ihrer sozialen Gruppe mit niedrigem Status (Schwarze) oder ihrer sozialen Gruppe mit hohem Status (Amerikaner). Im Anschluss wurden die Leistungserwartungen der Teilnehmenden im Hinblick auf einen üblichen Col-lege-Eingangstest erfasst. Der Test selbst wurde im nächsten Schritt von den

Versuchsper-sonen absolviert. Teilnehmende in der Versuchsbedingung, die die Mitgliedschaft in der Kategorie mit niedrigem Status (Schwarze) salient machte und negative Informationen zur intellektuellen Fähigkeit lieferte, hatten besonders niedrige Leistungserwartungen, die wiederum die tatsächlichen Testleistungen sehr gut vorhersagten. Obwohl negative Informationen zur intellektuellen Fähigkeit der Kategorie mit hohem Status (Amerikaner) ebenfalls die tatsächlichen tungen im Test reduzierten, konnten diese Leistungsreduzierungen nicht auf geringere Leis-tungserwartungen zurückgeführt werden. Beide Studien liefern somit Ergebnisse, die nahe legen, dass gesenkte Leistungserwartungen ein Mechanismus sind, durch den Stereotype Threat wirkt, und dass so tatsächliche Leistungen beeinträchtigt werden.

Kognitive Interferenzen

Einer Reihe von Arbeiten liegt die Annahme zugrunde, dass Stereotype Threat sich nachteilig auf die Leistung auswirkt, weil die betroffene Person einen Teil ihrer verfügbaren kognitiven Ressourcen dafür aufwendet, Gedanken über die Möglichkeit, Opfer negativer Stereotypen zu werden, zu verarbeiten und zu unterdrücken. Da die kognitiven Ressourcen beschränkt sind, stehen diese dann in geringerem Ausmaß für die Aufgabenbearbeitung zur Verfügung, was wiederum zu Leistungseinbußen führt. Um diese Annahmen empirisch zu überprüfen, führten Schmader und Johns (2003) Studien durch, in denen die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses unter verschiedenen Bedingungen gemessen wurde (Messung der kognitiven Funktionalität unter Stress, vgl. Klein & Boals, 2001). Die Versuchspersonen waren Frauen (Studie 1) bzw. männliche und weibliche Teilnehmende lateinamerikanischer Herkunft (Studie 2). Wenn den Versuchspersonen gesagt wurde, der Test erfasse eine

nega-fStereotype Threat schränkt die

Leistungsfähigkeit ein, indem weniger geistige Kapazitäten zur Verfügung stehen

tiv stereotypisierte Eigenschaft (Gedächtniskapazität bzw. Intelligenz) schnitten die Ver-suchspersonen in beiden Studien signifikant schlechter ab als die Teilnehmenden in den Kontrollgruppen (Cohens d = 1.66 bzw. .55).

In einer dritten Studie konnten Schmader und Johns (2003) zudem zeigen, dass die Ge-dächtnisleistung auch dann durch Stereotype Threat abfiel, wenn der Test unabhängig von einer spezifischen Stereotype Threat-Manipulation war. An dieser Studie nahmen Studen-tinnen in den USA teil, deren Arbeitsgedächtnis

ge-testet wurde, nachdem ihnen gesagt worden war, dass sie im späteren Verlauf des Experiments noch einen Test zur Feststellung von Mathematikleistungen bei Männern und Frauen (Stereotype Threat) bzw. der

Fähigkeiten von College-Studenten (Kontrollgruppe) absolvieren würden. Die Teilnehme-rinnen in der Stereotype Threat-Bedingung absolvierten im Anschluss den Gedächtnistest mit signifikant schlechteren Ergebnissen als die Teilnehmerinnen in der Kontrollgruppe.

Zudem zeigte sich ein starker Zusammenhang zwischen den Leistungen im Gedächtnistest und den Ergebnissen des späteren Tests, was wiederum die Annahme kognitiver Interfe-renzen als Ursache des Leistungsabfalls nach Stereotype Threat stützt.

2.6 Von welchen Faktoren hängt es ab, ob Stereotype Threat erlebt