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Friedensgasse – diakonische Kommunität

Im Dokument DWI-INFO Nr. 30 ISSN 0949-1694 (Seite 45-48)

Eine unkonventionelle christliche Gemeinschaft Nicht weit vom Basler Stadtzentrum und nahe der

französischen Grenze, in einem der vielen Wohn-quartiere, in denen etwas vom Wohlstand der Schweiz zu spüren ist, ohne daß sich die Prosperi-tät aufdringlich zum Ausdruck bringt, finden wir die kleine ruhige Wohnstraße mit dem verheißungs-vollen Namen ’Friedensgasse’. Das Haus ’Friedens-gasse 72’ offenbart erst beim Betreten seine archi-tektonische Großzügigkeit, derer wir gewahr wer-den, während die Frau, die uns geöffnet hat, schnell verschwindet. Sie ist wohl unsicher, wie sie mit den Fremden verfahren soll. Alsbald findet sie aber einen der Leiter des Hauses, der uns durch einen großen Gemeinschaftsraum in den Garten führt.

Zum gemeinsamen Abendessen sind dort im Gar-ten für uns Gäste und für ungefähr 15 Bewohnerin-nen und Bewohner die Tische gedeckt. An diesem Abend haben sich offensichtlich einige der im Hau-se Wohnenden vom gemeinsamen EsHau-sen abgemel-det. Die persönliche Freiheit derer, die auf gewisse Hilfen angewiesen sind, wird sehr ernst genommen.

Eines der Mitglieder der Kommunität, das hier ge-meinsam mit seinem Lebenspartner das Haus leitet, gibt uns während des Abendessens einen ersten Überblick über das Zusammenleben. Im Altbau des zweiteiligen Hauses befinden sich die Gemein-schaftsräume, eine große Küche, ein Büro, die Kapelle und kleine Wohnungen für die Mitarbeiter.

Die 15 zur Zeit betreuten Bewohnerinnen und Be-wohner haben ihre Einzelzimmer vor allem im Neu-bautrakt. Das Haus ist zum Zeitpunkt unseres Be-suches nicht voll belegt, auch wegen der zeitweilig nicht immer erfolgreichen Suche nach Mitarbeitern, die bereit und geeignet sind, das Leben in dieser Hausgemeinschaft zu teilen. Einen tieferen Einblick in die Struktur der Kommunität und der inzwischen vier Hausgemeinschaften, in denen die soziale Arbeit geschieht, erhalten wir dann in den folgenden Stunden, die wir in der schlichten Kapelle, einem

ausgebauten Luftschutzbunker, verbringen. Durch eine Dia-Serie erfahren wir zunächst von den bei-den anderen Häusern in Basel, die selbständige diakonische Gemeinschaften nach dem Muster des Hauses in der Friedensgasse bilden, und von dem in wundervoller Landschaft gelegenen alten Hofgut der Kommunität in der Toscana. Wir sehen Bilder von Festen und besonderen Anlässen der Kom-munität und von alltäglichen Situationen. Es ent-spricht dem Anliegen unserer Gastgeber, daß wir nicht nur Informationen vermittelt bekommen, son-dern auch selbst etwas miterleben von der Atmo-sphäre des gemeinsamen Lebens in der Kommuni-tät. Das Gespräch wird eröffnet durch eine meditati-ve Übung, die uns zum konzentrierten Austausch hilft. Wir stellen Fragen zur Geschichte, zur geistli-chen und organisatorisgeistli-chen Konzeption, zu den Problemen des Alltags sowie zu den Chancen und Perspektiven einer diakonisch qualifizierten Lebens-gemeinschaft. Unser Besuch wird abgeschlossen durch die Abendandacht, die jeden Abend in der Kapelle gefeiert wird. Sie dauert eine knappe halbe Stunde. Neben den Mitgliedern der Kommunität nehmen zuweilen auch einige der betreuten Bewoh-nerinnen und Bewohner daran teil. Die Abendan-dacht ist geprägt durch viel Stille und wird von einer einfachen Liturgie und von Gesängen aus Taizé eingerahmt. Die Ordnung der Andacht sieht eine Schriftlesung, das Lesen von Psalmen und freies Gebet vor. Vieles von dem atmosphärischen Erle-ben bei unserem Besuch läßt sich in einem kurzen Bericht nur schwer wiedergeben. Deshalb soll hier versucht werden, einen kurzen Überblick über die Geschichte, die geistliche Konzeption und die orga-nisatorische Struktur der Gemeinschaft sowie über ihre alltäglichen Lebensvollzüge und ihren Ort in Kirche und Gesellschaft zu geben.

40 Zur Diakonie in Basel, Trossingen, Freiburg und Maulbronn

Zur Geschichte

Anfang der 80er Jahre wuchs bei dem damals noch jungen Paar Catherine und Pièrre Brunner-Dubey, die heute die Leiter der Kommunität sind, der Wunsch, ’gemeinsam und verbindlich den Weg der Nachfolge Christi zu suchen und zu gehen’*. Außer-dem wollten sie ihr Leben so gestalten, daß Raum entsteht, wo sie ’mit benachteiligten Menschen in gemeinschaftlicher Atmosphäre’ leben können.

1982 wurde mit dieser Zielsetzung in einer gemein-sam gemieteten renovationsbedürftigen alten Lie-genschaft eine Wohngemeinschaft gegründet, in der das Gründerpaar mit einem jungen reformierten Theologen und einem schon etwas älteren Mann alsbald mehrere benachteiligte Menschen aufneh-men konnte. Die obdachlosen, suchtkranken und behinderten Menschen lebten für kürzere oder längere Zeit als Mitglieder der Gemeinschaft zu-sammen mit etwa zehn Personen. Die Spiritualität dieser jungen Initiative war stark geprägt durch eine Faszination von Franz von Assisi. 1985 konnte die Kommunität ein ehemals für ein Altenheim ausge-bautes Haus erwerben und dort ihre erste Station einrichten. Der Straßenname wurde zum Pro-gramm: ’Kommunität Friedensgasse’. Dies war der Anlaß dafür, daß die Gründungsmitglieder der Kom-munität in einem öffentlichen Gottesdienst einer reformierten Kirche vor dem reformierten Kirchen-ratspräsidenten und dem katholischen Dekan ein Lebensversprechen ablegten, in dem sie die Bereit-schaft zu einem Leben der Hingabe in der Nachfol-ge Christi in einer verbindlichen Gemeinschaft zum Ausdruck brachten. Die damit entstandene Kom-munität hat von Anfang an eine ökumenische Aus-prägung gehabt – auch über die Grenzen der katho-lischen und der reformierten Kirchen hinaus, da es immer schon Mitglieder gab, die z.B. aus einem freikirchlichen oder aus einem ganz unkirchlichen Umfeld kamen. Die neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Umzug in das große, vom

’Verein Friedensgasse’ erworbene Haus machten einige verbindliche Regelungen im Hinblick auf die Mitgliedschaft in der Kommunität und in bezug auf die Finanzierung nötig. Die Kommunitätsmitglieder und die sonstigen Mitarbeiter erhalten seither ihren Berufen gemäße Gehälter und führen nur einen Teil davon in die Haushaltskasse und in den Solidari-tätsfond ab. Es kamen bald neue Kommunitätsmit-glieder und auch immer mehr Mitbewohnerinnen und Mitbewohner, die in unterschiedlicher Weise Hilfe brauchten, hinzu. Mit den zuständigen Ko-stenträgern – vor allem mit der Invalidenversiche-rung und mit dem Sozialamt der Stadt Basel – konnten feste Kostenregelungen gefunden werden.

Das führte aber nicht dazu, daß nur eine feste Ziel-gruppe in das Gemeinschaftsleben aufgenommen werden konnte. Die diakonische ’Kommunität Frie-densgasse’ war immer offen für Menschen in ganz unterschiedlichen Notsituationen. Sogar Menschen

mit einem geringen Pflegebedarf, wie z.B. ein HIV-infizierter junger Mann, konnten aufgenommen wer-den. In den folgenden Jahren wurden zwei weitere Hausgemeinschaften gegründet, so daß sich die Arbeit auf Standorte in verschiedenen Stadtteilen ausbreitete. 1987 wurde außerdem eine Gassenkü-che für Obdachlose und Drogenabhängige eröffnet, die sich nach einigen Jahren in einem eigenen Verein selbständig machte. 1990 konnte dann ein Landgut in der Toscana erworben werden, in dem ein ’Zentrum für Gemeinschaft und Spiritualität’

entsteht. 1995 wurde die Kommunität neu struktu-riert. Das Ergebnis war eine Verkleinerung auf sechs Kommunitätsmitglieder und die Bildung eines Freundeskreises, zu dem die übrigen in den Häu-sern wohnenden Mitarbeiter und weitere Personen, die in engem Kontakt zur Kommunität stehen, gehö-ren. In einem der Häuser wohnt inzwischen kein Mitglied der kleinen Kommunität mehr. Die Mitarbei-ter dort sind aber durch die diakonisch qualifizierte Spiritualität mit der Kommunität verbunden.

Die Ordensregeln und die geistliche Prägung der Kommunität

Der Weg der kommunitären Gemeinschaft wurde nicht nur durch die Unterstützung von leitenden Persönlichkeiten aus der reformierten und der ka-tholischen Kirche begleitet, sondern auch durch Freunde aus verschiedenen Denominationen. Es bestehen auch Verbindungen zu anderen Kommu-nitäten, insbesondere zu Taizé und zu den Schwe-stern von Grandchamp. Einen wichtigen Einfluß auf den Weg der Gemeinschaft hat in den letzten Jah-ren auch die Leiterin des katholischen St. Kathari-na-Werkes in Basel gehabt, vor allem durch den Austausch über Teilhard de Chardin. Zu den Freun-den, die wegweisende Impulse geben, gehört auch der Franziskanermönch Richard Rohr aus den USA. Da diese Weite in der ökumenischen Aus-richtung nicht so leicht in eine Parochialgemeinde einer Konfession eingebracht werden kann, hat die Kommunität in der Zugehörigkeit zu der ’Offenen Kirche Elisabethen’ ihren kirchlichen Ort gefunden.

Die Menschen, die in schwierigen Lebenssituatio-nen in den Häusern der Kommunität aufgenommen werden, können natürlich in der Kirche ihrer Wahl oder ganz ohne kirchliche Anbindung bleiben. Män-ner und Frauen, die sich im engeren Sinne mit den spirituellen Anliegen der Kommunität verbunden fühlen, können als Freunde oder als verbindliche Kommunitätsmitglieder am Leben der Gemeinschaft teilnehmen, auch wenn sie nicht in Basel wohnen.

Ein Mitglied der Kommunität lebt z.B. auf dem Hof-gut in der Toscana. Für die verbindlichen Mitglieder gibt es eine Abfolge der Zugehörigkeit in der Tradi-tion anderer Ordensgemeinschaften: Kandidatur, Noviziat und Lebensversprechen. Wer verbindlich zur Kommunität gehört, hat sich auch auf einen Stand festgelegt: das Zölibat, die Ehegemeinschaft

oder die Lebensgemeinschaft. Mit der Lebensge-meinschaft tut sich ein besonderer Raum für homo-sexuelle Mitglieder der Kommunität auf. Die Ver-bindlichkeiten der Kommunität äußern sich bisher ganz wesentlich in der verantwortlich gestaltenden Teilnahme an den diakonischen Hausgemeinschaf-ten. Prinzipiell ist es aber auch denkbar, daß Mit-glieder der Kommunität an anderen Orten andere Aufgaben wahrnehmen. Das innere Gepräge erhält die Kommunität durch die gemeinsam geübte Spiri-tualität, die ihren Ausdruck auch in täglichen Zeiten der Andacht findet. An jedem Tag findet in den einzelnen Häusern eine stille Meditation in der Hauskapelle und eine Abendandacht statt. Das Herzensgebet der orthodoxen Kirche und verschie-dene – auch fernöstliche – Traditionen der Medita-tion sowie verschiedene Körperübungen prägen ganz wesentlich das spirituelle Leben der Kommu-nität. Eine kreative von einer kosmischen Christolo-gie ausgehende Spiritualität soll in dem gemein-samen Leben erfahrbar werden. Zu den wöchentli-chen Feiern des Herrenmahls treffen sich Mitglieder aller Hausgemeinschaften in der Kapelle eines Hauses. Dieser Hausgottesdienst wird von einem evangelischen Pfarrer geleitet, der selbst Mitarbei-ter, aber nicht Mitglied in der Kommunität ist. Auch das Gespräch und das Teilen des täglichen Lebens mit jenen Hausbewohnerinnen und -bewohnern, die wegen besonderer Schwierigkeiten Hilfe benötigen, gehören zu der Ausrichtung auf die Erfahrbarkeit Christi in der dialogischen Beziehung und zu dem Verständnis der christlichen Versöhnungsbotschaft.

Die Erwartung der Versöhnung drückt sich in der engen Verbundenheit mit Randgruppen in Kirche und Gesellschaft aus. Es zeigt sich darin ein Ver-ständnis des Leibes Christi, das zu einem Wahr-nehmen der Zusammengehörigkeit mit den Mitge-schöpfen im engeren Lebenskreis und in der Welt-gemeinschaft führt.

Die Struktur der diakonischen Arbeit

Mitarbeiter und Menschen, die wegen Betreuungs-bedarfes in den drei Hausgemeinschaften wohnen, haben nicht nur während bestimmter Dienstzeiten miteinander zu tun. Sie wohnen zusammen in ei-nem Haus, teilen sich die hauswirtschaftliche Arbeit, essen im Regelfall mindestens einmal am Tag zu-sammen, treffen sich einmal pro Woche zu einem

’Hausabend’ und erleben viele Freizeitaktivitäten, Feste und die Hausandachten gemeinsam. (Die Teilnahme an den Andachten ist für die einer gewis-sen Betreuung bedürftigen Personen völlig freiwil-lig.) Für die Mitglieder der Kommunität und für die übrigen Mitarbeiter bedeutet dies, daß ihre diakoni-sche Verantwortung nicht auf einen achtstündigen Arbeitstag begrenzt ist. Es ist aber dafür gesorgt, daß es Rückzugsmöglichkeiten und klar definierte Freizeit nach Absprache gibt. Die ’Arbeitszeit’ ist oft eher durch eine Ruhe und Stabilität vermittelnde

Präsenz geprägt als durch angestrengtes Tun. Die Mitarbeiter erhalten einen für Sozialpädagogen oder Verwaltungsangestellte üblichen Lohn. Die Personen, die Betreuung benötigen, haben einen Pensions- und Betreuungssatz von 2400 Schweizer Franken zu zahlen. Therapeutische Angebote oder die Förderung der beruflichen Integration werden individuell außerhalb der Hausgemeinschaft ge-sucht. Die Kosten für die Leistungen der Wohnbe-treuung werden von den unterschiedlichen Kosten-trägern übernommen. Es gibt zuweilen auch institu-tionenbezogene Förderung aus öffentlicher Hand oder Zuschüsse durch die Kirche. Ein Solidaritäts-fond der Mitglieder der Kommunität kann bei un-klarer Kostenregelung unter Umständen für ein-zelne bedürftige Personen in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus gibt es den ’Verein Frie-densgasse’. Er eröffnet die Möglichkeit der Spen-denfinanzierung bei Vorhaben, die sich wirtschaft-lich nicht selbst tragen. Der Kauf von zwei großen Immobilien in Basel und einem kleinen Landgut in der Toscana in den ersten Jahren nach der Grün-dung der Kommunität deutet darauf hin, daß für die diakonische Kommunität eine recht solide wirt-schaftliche Basis geschaffen worden ist.

Integrative Lebensräume

Die ökonomische Basis scheint fast eine Selbstver-ständlichkeit zu sein. In den mündlichen und schrift-lichen Darstellungen der Kommunität spielt das Geld nur eine marginale Rolle. Die gemeinsame Praxis geistlicher Besinnung steht im Vordergrund.

Über diese spirituelle Identität sind wir intensiver ins Gespräch gekommen als über praktische Fragen der diakonischen Handlungsvollzüge. Wir erlebten eine gewisse Zurückhaltung, über die Hilfsbedürftig-keit einzelner Bewohnerinnen und Bewohner zu reden. Es kann sein, daß der kommunitäre Lebens-raum mit seinen einfachen liturgischen Ordnungen eine gute Basis darstellt, um sehr unterschiedlichen Menschen ein Zuhause zu bieten. Dieser Raum wird weder durch die Bereitstellung von Dienstlei-stungen für Menschen, die vor allem als Hilfsbedürf-tige interessant sind, noch durch Verträge zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern, sondern durch Christen konstituiert, die sich von ihrem Glau-ben veranlaßt auf den Weg gemacht haGlau-ben, um eine schlichte und lebendige Gemeinschaft zu ge-stalten und um mit Menschen ihrer Welt in solidari-scher Verbundenheit zu leben. Nach diesem Ver-ständnis kann die geistliche Ausrichtung im diakoni-schen Handeln nicht als sekundäre Stilfrage er-scheinen. Eher besteht die Gefahr, daß sich prakti-sche diakoniprakti-sche Handlungsvollzüge so selbstver-ständlich ergeben, daß sie kaum mehr der profes-sionellen Reflexion bedürfen. Vielleicht kann es dann vorkommen, daß professionelle Zugänge einer individuellen therapeutischen Förderung zu sehr in den Hintergrund geraten. Für das

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me Leben in einem solchen integrativen Kontext könnte es wichtig sein, dafür zu sorgen, daß aus der professionellen Distanz einer fachlichen Super-vision oder durch eine therapeutische Begleitung immer wieder Impulse zur gezielten Arbeit mit ein-zelnen Klienten gegeben werden. Daß die in schwierigen Lebenssituationen begleiteten Men-schen nicht ständig nur als Klienten gesehen wer-den, trägt sicher zu den besonderen Integrations-angeboten bei, die in den Häusern der ’Kommunität Friedensgasse’ erfahren werden können. Die Mög-lichkeiten der Integration nach innen und nach au-ßen finden gewiß in den spezifischen Bedingungen der einzelnen Bewohnerinnen und Bewohner und in den gesellschaftlichen Gegebenheiten ihre Begren-zung. Aber viele gewohnte Festlegungen der stig-matisierenden Hilfe werden in diesem Modell diako-nischer Gemeinschaft überwunden. In der Schweiz sind offensichtlich sehr flexible Kostenregelungen möglich, Die weniger an beruflichen Qualifikationen als an der inhaltlichen Arbeit orientierte staatliche Unterstützung trägt zum Gelingen von derartigen solidarischen Gemeinschaftsentwürfen sicher ganz wesentlich bei.

Uns liegt die Frage nahe, ob es für die gesell-schaftliche und die kirchliche Förderung besonderer Räume für Experimente gemeinschaftlicher Lebens-kultur in Basel ganz besondere Voraussetzungen gibt, die möglicherweise aus liberalen Traditionen

der Stadtgeschichte erwachsen. Unsere Gastgeber schienen geneigt, diese Tradition nicht ganz un-kritisch zu sehen. Nach ihrer Einschätzung führte diese Liberalität zu einem duldsamen Nebenein-ander verschiedener Gruppierungen, ohne daß dabei das Miteinander im größeren gesellschaftli-chen Kontext besonders gefördert würde. Es ist in diesem Zusammenhang vielleicht kein Zufall, daß die in gewisser Weise exotische ’Kommunität Frie-densgasse’ in den Parochialgemeinden ihres Le-bensfeldes wenig Resonanz findet. Die ’Friedens-gasse’ hat vor allem in der ’offenen Kirche’ den ihr angenehmen kirchlichen Lebensraum gefunden.

Das bunte Spektrum der Experimente und Projekte und die besondere Population der ’offenen Kirche’

wird in einem Sonderbereich gepflegt und geduldet.

Immerhin gelingt zumindest dort die Integration von Randgruppen. In der ’Elisabethenkirche’ werden die Erfahrungen des unkonventionellen gemeinschaftli-chen Lebens beachtet und es gelingt, im erweiter-ten Rahmen eine gegenseitige Lerngemeinschaft von Menschen mit unterschiedlichen Gaben und Begrenzungen zu pflegen. Es drängt sich die Frage auf, wie auch andere gesellschaftliche Kreise in das Beziehungsnetz dieser Lerngemeinschaft noch mehr einbezogen werden können.

* Catherine und Pièrre Brunner-Dubey, Kraftvoll einkehren.

Eckpfeiler für eine Kirche der Zukunft, rex-Verlag Luzern und Stuttgart 1996, 23.

Kai Sagawe

Im Dokument DWI-INFO Nr. 30 ISSN 0949-1694 (Seite 45-48)