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Forschungsdesign

Im Dokument Grüne Chemie im Chemieunterricht (Seite 19-23)

2.7.1 Allgemeines zur Aktionsforschung

Die Entwicklung der Unterrichtskonzeption zur grünen Chemie basierte auf partizipativer Forschung, speziell partizipativer Aktionsforschung. Die Genese dieses Forschungsansatzes in Bezug zur Unterrichtskonzeption haben wir in Linkwitz und Eilks (2021, Anhang C) ausführlich dargelegt, an dieser Stelle sollen daher nur die grundlegenden theoretischen Hintergründe und die Umsetzung zusammenfassend dargestellt werden.

Es gibt eine Vielzahl von Modellen, die empirische Forschung, Lehrplangestaltung und Unterrichtspraxis im Bildungsbereich integrieren und damit die Zusammenarbeit zwischen Forschern und Praktikern zum Kernstück solcher Forschung machen. Jedes Modell verwendet unterschiedliche Methodologien und enthält unterschiedliche Schwerpunkte. Unter diesen verschiedenen Ansätzen wurde eine große Bandbreite an unterschiedlichen Kollaborationsmodellen aus der Aktionsforschung (Action Research = AR) abgeleitet (Bodner et. al., 1999; Bencze & Hodson, 1999; Feldman, 1996; Parke

& Coble, 1997; Mamlok-Naaman & Eilks, 2012; Ralle & Di Fuccia, 2014). AR steuert den Forschungsprozess direkt auf den Abbau von Defiziten in der sozialen Praxis. Dies schließt die professionelle Entwicklung der Praktiker im Zielfeld ein. AR erfordert, dass die Praktiker aktive Teilnehmer im Forschungs- und Entwicklungsprozess sind. Innerhalb des AR-basierten Modells sind die Hauptziele die Entwicklung, Dokumentation und Implementierung neuer oder verbesserter Curricula und Unterrichtsmaterialien. Ziel ist es, Strategien und Materialien zu entwickeln, die potenziell dazu beitragen können, Defizite abzubauen und gleichzeitig die Unterrichtspraxis in möglichst vielen Lerngruppen zu verbessern.

2.7.2 Allgemeines zur Partizipativen Aktionsforschung

Bei der Entwicklung von Unterrichtskonzepten zur grünen und nachhaltigen Chemie wurde konkret vom Modell der Partizipativen Aktionsforschung (PAR) ausgegangen. Das Ziel dieses

Forschungsmodells ist es, Ergebnisse abzuleiten, die breit anwendbar sind und auf empirischen Beobachtungen von Praktikern basieren. Die Methode zielt auch darauf ab, die Handlungen der beteiligten Praktiker zu verbessern. Für den pädagogischen Bereich bedeutet dies sowohl die Entwicklung von Curricula für reale Situationen in einzelnen Lerngruppen als auch eine entsprechende Ausbildung der beteiligten Lehrer im Rahmen des Forschungsprozesses.

Die übergeordneten Ziele, wie sie in der Mitte von Abbildung 4 angegeben sind, gewichten gleichermaßen die Forschungsinteressen, neue Konzepte zu entwickeln und forschungsbasiertes Wissen in der Unterrichtspraxis anzureichern, aber mit den Mitteln der Aktionsforschung auch die Qualität in der Unterrichtspraxis durch die Forschungsaktivitäten zu verbessern. Im Einzelnen haben wir folgende Ziele des Forschungsprozesses zur grünen Chemie definiert (siehe Abbildung 4):

• Die Entwicklung von Unterrichtsmaterialien (Arbeitsblätter, Informationsblätter, Unterrichtsverläufe) und innovativen Experimenten, die die Lehr- und Lernpraxis verbessern können, sowie die Evaluation und Verbreitung dieser Materialien,

• das Sammeln von empirischen Hinweisen über die Lernwirksamkeit dieser Unterrichtsmaterialien,

• der Abbau von Mängeln und Schwierigkeiten in der konkreten Unterrichtspraxis,

• die Dokumentation der Einstellungen und Erfahrungen als Beispiele für gute Praxis.

Partizipative Aktionsforschung wird im Allgemeinen als ein kooperativer Prozess zwischen Praktikern und externen Personen beschrieben (Mamlok-Naaman & Eilks, 2012; von Unger 2014). Im hier beschriebenen Fall sind dies die praktizierende Lehrkraft im Klassenzimmer, weitere Lehrkräfte, die das Unterrichtskonzept selbst aber nur z. T. erprobt haben und Wissenschaftspädagogen von der Universität. Ziel ist es, einen Konsens innerhalb der Gruppe zu erreichen und sich auf eine gemeinsame Strategie zu einigen. Die endgültige Entscheidung über Veränderungen in der konkreten Praxis bleibt jedoch dem Lehrer überlassen. Die Wissenschaftspädagogen als externe Forscher konzentrieren sich darauf, den Forschungsprozess zu organisieren und zu koordinieren und seine Auswirkungen zu evaluieren. Die Lehrer konzentrieren sich darauf, in Zusammenarbeit mit den begleitenden externen Personen neue Konzepte zu entwickeln, sie in die Praxis umzusetzen und sie gründlich zu testen.

Abbildung 4: Partizipative Aktionsforschung – Schema des Forschungsmodells (aus Eilks & Ralle, 2002)

Jede Art von PAR wird als zyklisch beschrieben. Zu Beginn des Prozesses werden neue Lehransätze entworfen. Sie werden dann implementiert, evaluiert und weiter überarbeitet mit dem Ziel, die Praktiken in den Testgruppen schrittweise zu verbessern. Informationen aus dem wissenschaftlichen Hintergrund, persönliche Erfahrungsberichte der Praktiker und die Intuition und Kreativität der Teilnehmer werden als Ressourcen genutzt und im Gruppendiskussionsformat explizit gemacht. Dies hilft beim Strukturieren, Verbessern, Testen und Evaluieren der entwickelten Praktiken für den Unterricht. Die ersten Entwürfe werden so früh wie möglich umgesetzt und getestet, um zu sehen, ob sie das Potenzial haben, das dokumentierte Problem in der Unterrichtspraxis zu lösen. Die externen Forscher und die aktiven Lehrer planen gemeinsam die Umsetzung der Konzepte. Der gemeinsame Planungsprozess ist wichtig, weil er sicherstellt, dass die Entwürfe sowohl den Forschungshintergrund der Fragestellung als auch die pragmatischen Bedürfnisse der Alltagspraktiker einbeziehen. Das zentrale Ziel jedes PAR-Projekts ist die schrittweise Verbesserung der Praxis innerhalb sich wiederholender Entwicklungszyklen. Jeder Prüfungszyklus wird einzeln analysiert und bewertet und umfasst die Perspektiven aller Beteiligten (Aktionsforschungslehrer, Lehrkräfte und Forscher). Die Unterrichtskonzepte werden in der Schule in engen Entwicklungs- und Testzyklen entwickelt. Aus diesem Grund wurden Evaluationsinstrumente und -strategien gewählt, die für dieses Setting geeignet sind. Sie können während des Forschungsprozesses nach Bedarf angepasst werden und sollten in

jedem Entwicklungszyklus weiter verfeinert werden. Mehrere Methoden sind geeignet, z. B.

standardisierte Fragebögen, Dokumentation von Feedback, Gruppendiskussionen unter den Praktikern oder Stichprobeninterviews mit den Schülerinnen und Schülern. Im Kapitel 4 werde ich konkret erläutern, welche Methoden für mein Aktionsforschungsprojekt verwendet wurden.

Basierend auf den Erfahrungen der Unterrichtspraxis ist es hilfreich, drei Entwicklungsphasen zu definieren. Jede dieser drei Phasen kann aus mehreren Zyklen der Entwicklung, Erprobung, Bewertung und Reflexion bestehen (siehe Abbildung 5). Die erste Phase wird normalerweise in einem kleinen Team von Lehrern durchgeführt, die von dem Hochschullehrer für Naturwissenschaften begleitet werden. In dieser Phase wird das Problem betrachtet, das relevante Hintergrundwissen wird analysiert und erste, vorläufige Konzepte werden entwickelt. Diese Konzepte werden dann in einzelnen Lerngruppen getestet, um zu entscheiden, ob die geplanten Interventionen das Potenzial haben, die Praxis zu verbessern In der zweiten Phase wird ein Team ausgewählt, das aus einer Gruppe von Lehrern besteht. Die Integration von Lehrern, die in der ersten Phase nicht persönlich am Unterricht beteiligt waren, ist sehr wichtig. Ihre Einbeziehung ermöglicht ein unparteiisches Feedback zu den Ergebnissen der ersten Phase. In der zweiten Phase besteht die Arbeit darin, Veränderungen zu planen, sie durchzuführen und die Ergebnisse zu reflektieren. In der dritten Phase besteht die Hauptaufgabe in der Verbreitung der Ergebnisse in die Praxis von Klassen und Schulen über die Entwicklungstätigkeit der PAR-Gruppe hinaus. Eine weitere Anforderung in Phase drei ist es, zu evaluieren, ob die neuen Unterrichtsmethoden und -materialien so gut dokumentiert sind, dass externe Praktiker sie ohne zusätzliche Fortbildungen anwenden können. Dieser Schritt ist wichtig, damit die Ansätze und Materialien nach der Veröffentlichung auch von Lehrern angewendet werden können, die nicht Teil des Entwicklungsprozesses waren. Im hier beschriebenen Fall wurde das PAR-Konzept den Anforderungen und Bedingungen entsprechend verändert und adaptiert und bestand nicht nur aus drei Zyklen, sondern aus mehreren Phasen, die weiter untern näher erläutert werden sollen.

Abbildung 5: Zyklisches Modell der Partizipativen Aktionsforschung (aus Eilks & Ralle, 2002)

3 Implementation von grüner Chemie in der

Einführungsphase der Oberstufe – Konzeption einer

Unterrichtsreihe zu Biokunststoffen nach dem Modell

Partizipativer Aktionsforschung

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