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2. Zum Terminus „Flächenkreislaufwirtschaft“

2.10 Flächenkreislaufwirtschaft im Stadtumbau

programmen“ zur Verfügbarmachung von Wohn- und Gewerbeflächen flankiert wird, auf ungeklärte planerische Ziele und diffizile Abstimmungsfragen zwischen widerstreitenden Interessen des Naturschutzes, des Wohnungsbaus und der Wirt-schaftsentwicklung stößt.

Altrock kritisiert, dass eine Flächenaktivierung auf die Ziele des Konzepts der wachsenden Stadt hin ausgerichtet ist, worin ein flächenhaushaltspolitischer Widerspruch auszumachen ist81 (Argument: Wachstum kann nicht allein auf bereits erschlossenen Innenbereichsflä-chen stattfinden).

„Kreislauf-Einleitend kann konstatiert werden, dass als wichtigster Akteur bei der Implementation einer Flächenkreislaufwirtschaft der Staat, und zwar in seiner „aktivierenden“ Funktion, unschwer zu identifizieren ist. Anleihen für einen derartigen aktivierenden Staat können derzeit aus dem Stadtumbau Ost-Prozess gewonnen werden. Runkel führt einige der Ele-mente dieses Leitbildes83 auf:

● Verwirklichung der Vorstellungen über ein gesundes, familiengerechtes und viel-fältiges Wohnen innerhalb des gewachsenen Siedlungskörpers und nicht nur auf der grünen Wiese. Der aktivierende Staat soll die Bürger mithin dazu befähigen, Wohneigentum in der Innenstadt zu bilden, was durch genossenschaftliche bzw.

Selbsthilfe-Modelle begleitet und gefördert (d. h. mitfinanziert) werden soll.

Mitwirkung der Bürger an dem Stadtumbau-Prozess, sowohl hinsichtlich Planung als auch dessen Umsetzung; Kernstück des aktivierenden Staats sei die demokrati-sche Planungskultur, sei die Transparenz der Planungsvorgänge.

Prioritätensetzung hinsichtlich der stadtentwicklungspolitischen und unternehmeri-schen Konzepte durch (Stadt umbauende) Kommunen und Einbeziehung der Bür-ger in Planung und Gestaltung der Aufwertungsmaßnahmen84.

Verkehrs- und Bodenrichtwerte geraten unter Druck: Wertermittlung als Flächenmobi-lisierungsinstrument

Zunächst ist das Problem des Wertverfalls, mit dem sich auch die kommunale Planung zu beschäftigen hat, nicht ein auf die ostdeutschen Bundesländer begrenzbares Phänomen;

fähigkeit“ von Bodennutzungsrechten bereits in den 1970er Jahren angestellt und Schlussfolgerungen aus den erkannten Defiziten gezogen worden sind. Siehe dazu Conradi / Dieterich / Hauff, Für ein soziales Boden-recht, Notwendigkeiten und Möglichkeiten, 1972, S. 36.

83 Die entscheidende bodenrechtliche Frage ist die, ob es einem „aktivierenden“, d. h. Flächen mobilisieren-den und reaktivierenmobilisieren-den (öffentlichen) Planungsträger gelingt, die Einwirkungen auf mobilisieren-den Bomobilisieren-denmarkt durch das Setzen von gesellschaftlichen Leitbildern zu optimieren, um insgesamt über eine effektive Flächenres-sourcenbewirtschaftung eine Siedlungsflächenentwicklung im Bestand voranzutreiben. Generell kann in puncto „Leitbilderstellung“ außerdem der Befund gegeben werden, dass bei der Erarbeitung räumlicher Leitbilder zu beachten ist, dass sie auf die verfassungsrechtlichen Festlegungen der Verhältnisordnung Staat-Individuum, Staat-Wirtschaft sowie Staat-Gesellschaft ausgerichtet sind. Die räumlichen Strukturen sind mit dem Marktgeschehen in der Wirtschaft (mithin auch der Immobilienwirtschaft), mit einer offenen Gesell-schaft sowie den verfassungsrechtlichen Vorgaben eines sparsamen Umgangs mit Ressourcen zu verknüpfen.

Vgl. dazu ferner Lendi, Leitbild der räumlichen Entwicklung, in: ARL, Handwörterbuch der Raumordnung, 1995, S. 627.

84 Siehe dazu Runkel, Das Leitbild des „aktivierenden Staates“ im Stadtumbauprozess, in: vhw-Forum Wohneigentum, Heft 4 / 2004, S. 176, 179.

auch in Westdeutschland sind Areale vorhanden, die auf Grund ihrer Infrastruktur bzw.

mangelnden Marktnachfrage keinen durch die §§ 194 ff. BauGB sowie keinen qua WertV darstellbaren Wert (mehr) repräsentieren85. Dies missfällt naturgemäß den Grund-stücks- und Gebäudeeigentümern.

Neue Aufgaben gehen damit für das Arbeitsfeld der Wertermittlung in Stadtumbau- und Rückbaugebieten insbesondere für die örtlichen Gutachterausschüsse einher: Der ökono-mische Wert der Flächen sinkt, in manchen Gemeinden haben die Verkehrswerte – vergli-chen mit dem Jahr 1994/95 – partiell eine Halbierung erfahren, sollten sie überhaupt gu-tachterlich mangels Vergleichsdaten durch die zuständigen Gutachterausschüsse ermittel-bar sein86. Fraglich ist ferner, ob das gesamte Verfahren der Wertermittlung in zurück ge-henden Immobilienmärkten – respektive in teilweise nicht (mehr) existenten – auf verläss-lichen Datensammlungsinformationen beruht. Zu berücksichtigen ist hier, dass der bau-technische „status quo“ eines zu bewertenden Objekts auf Grund mangelnder oder unter-lassener Bauunterhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen ständigen Schwankungen unterworfen ist, was folgerichtig nur eine Einschätzung des Grundstücksmarkts unter den bodenökonomischen Bedingungen der Ungewissheit zulässt.

Grundsatz: „Vom demographischen Wandel zum Wandel auf der Parzelle“ in der Stadt-umnutzung

Auf einem ganz anderen Blatte steht freilich, ob man die aktuellen Flächenunternutzungs-phänomene des Stadtumbaus, über denen die demographische Entwicklung „wie eine dro-hende Zeitbombe“ schwebt87 - einschließlich sich hieraus stellender Fragen nach der An-passung bzw. Weiterentwicklung des BauGB – in Verbindung mit einer umfassend zu se-henden Flächenhaushaltspolitik zu bringen vermag; m. a. W.: Ob der Stadtumbau Ost als

85 Dieses bodenökonomische Phänomen sollte indes einer Wiedernutzungsstrategie nicht im Wege stehen;

vielmehr erscheint eine Weiterentwicklung des Systems der städtebaurechtlichen Wertermittlung durchaus angebracht zu sein. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung unterbreitet den über die Maßen konstruktiven Vorschlag, bei der Ermittlung der Verkehrswerte von Brach- und Recyclingflächen diesen Arealen einen

„Bonus“ einzuräumen, der sich positiv auf die Mobilisierung der in Rede stehenden Flächen auswirken soll;

dazu Rat für Nachhaltige Entwicklung, Mehr Wert für die Fläche: Das „Ziel-30-ha“ für die Nachhaltigkeit in Stadt und Land, 2004, S. 25.

86 Bei fehlenden Kauftransaktionen begeben sich die Gutachterausschüsse in den Bereich der Hypothese, so dass fraglich ist, ob sie überhaupt über die Bodenmärkte noch „gut achten“, denn die von dem Grundstücks-markt abgeleiteten Daten wie Kaufpreise für unbebaute und bebaute Grundstücke, Mieten sowie die Liegen-schaftszinssätze erfahren ihre Ermittlung aus zurückliegenden Kaufzeitpunkten. Vgl. dazu die instruktiven Berechnungsbeispiele bei Schubert, Grundstücksbewertung in Rückbaugebieten, Institut für Städtebau Ber-lin, 2003, S. 5 ff. sowie bei Dieterich / Koch, GuG 2002, S. 344 ff.

87 Vgl. dazu jüngst eindringlich Schmidt-Eichstaedt, Erfolge, Chancen und Defizite des bisherigen Stadtum-bauprozesses, in: vhw Forum Wohneigentum, Heft 4 / 2004, S. 190, 193.

Gegenstrategie zur Eindämmung der Freiraumflächeninanspruchnahme beispielsweise durch attraktivitätssteigernde Maßnahmen des Stadtbildes (Revitalisierung der Innenstädte) tauglich ist.

Auch hier sind erneut Staat und öffentliche wie private Planungsträger aufgerufen, den Flächenumnutzungsprozess zu initiieren: Planerisch, d. h. durch die Erarbeitung geeigneter Planungsgrundlagen und finanziell, d. h. durch die Bereitstellung öffentlicher Fördermittel bzw. – was gegenwärtig diskutiert wird – bei mangelnder Auskömmlichkeit hoheitlicher Städtebauförderungsmittel durch Einbeziehung von Privaten, Vereinen, Stiftungen oder Interessengemeinschaften, die eine Projekt-Kofinanzierung sicherstellen.

Zu untersuchen ist in diesem Kontext die Steuerungsleistung informeller Pläne und deren konkreter, praktischer Rechtswirkungen für den Stadtumbau (etwa Rahmenpläne, integrier-te Stadintegrier-tentwicklungskonzepintegrier-te etc.). Zu klären ist ferner die Frage, ob es sich bei solcherlei Planwerken um eine neue Planungsebene handelt, wer diese Pläne entwickelt etc. (Ak-teursebene, governance)88. Insbesondere vermag der Einsatz jener informellen Planwerke dämpfend auf die Bodenwertentwicklung in Gebieten zu wirken, in denen man Flächen-revitalisierungsmaßnahmen durchführen möchte.

Revitalisierung bzw. (Re-)Zyklierung bedeutet für die Flächenkreislaufwirtschafts-Sondersituation Stadtumbau, dass dieser Prozess die Schaffung neuer, „gewandelter“ Area-le (ParzelArea-len) impliziert, dass er also eine neue Nutzungskette des Kreislaufs beginnen muss89. Das Kardinalproblem bleibt die Ausgestaltung der (Nachfolge-)Nutzung: soll sie dauerhaft (ergo unbestimmt unbefristet) oder temporär erfolgen90?

Als ein hinsichtlich der Bewältigung des Stadtumbaus bzw. auf dem Felde der Stadtpla-nung verstärkt in den Vordergrund spielendes Element ist in jüngster Zeit daher die infor-melle Planung getreten. Eine Flächenkreislaufwirtschaft bewegt sich somit nicht zuletzt in

88 Vgl. dazu nur Reiß-Schmidt, Renaissance „Integrierter Konzepte“ in der Stadtentwicklung? Institut für Städtebau Berlin, 2002, S. 12 ff.

89 Aus diesem Grunde erscheint es sachgerecht zu sein, den Terminus „Stadtumnutzung“ zu verwenden.

90 Angesprochen ist damit das von vielen Gemeinden in Ostdeutschland eingesetzte Instrument der Gestat-tungsvereinbarung, womit im Anschluss an den Rückbau baulich desolater Liegenschaften mit dem Grundei-gentümer eine (temporäre) Nachfolgenutzung vereinbart wird. Als äußerst kritisch ist in diesem Zusammen-hang das Verhältnis zu den anderen zur Verfügung stehenden Flächennutzungssteuerungsinstrumentarien wie dem Satzungsrecht und dem Bebauungsplan zu werten.

der Schnittmenge zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht. Beide Rechtsbereiche wir-ken gewiss gleichermaßen zukunftssteuernd91.

3. Flächenkreislaufwirtschaft vor dem Hintergrund des Art. 14