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2.3 Diskussion der empirischen Studien

2.3.7 Finanzberichterstattung

Die Finanzberichterstattung bildet den Kern dieses Beitrags und stellt ein bedeutendes Element der Corporate Governance dar. Mangelnde Transparenz oder Glaubwürdigkeit eben dieser

148 Vgl. Gray, Finance & Development 1997 S. 29.

149 Vgl. Burns/Kedia, Journal of Financial Economics 1/2006 S. 47; anders: DeFond/Jiambalvo, The Accounting Review 3/1991 S. 651.

150 Vgl. Graham et al., Journal of Financial Economics 1/2008 S. 44-45.

151 Vgl. Baber et al., Journal of Accounting and Economics 2-3/2013 S. 212.

152 Vgl. Park/Wu, Journal of Business Finance & Accounting 9&10/2009 S. 1131, 1145.

153 Vgl. Cornil, Review of Business and Economics 2/2009 S. 148.

154 Vgl. Chen et al., Contemporary Accounting Research 2/2013 S. 752.

23 beeinträchtigt z.B. die Überwachung des Managements durch die Anteilseigner155. Ein oftmals genannter Grund für fehlerhafte Bilanzierung ist das hohe Niveau an Komplexität156 der Rechnungslegung, besonders im internationalen Bereich157. Bezogen auf die Standardkomplexität gab MicroStrategy, ein US-Softwareanbieter dessen Aktienwert am Tag der Bekanntgabe des Restatements um über 60 % einbrach158, an, dass die Probleme dieser Komplexität geschuldet seien159. Plumlee/Yohn (2010) zeigen jedoch, dass Restatements meist auf interne Unternehmensfehler zurückzuführen sind (57 %) und erst an zweiter Stelle Standardmerkmale verantwortlich gemacht werden können (37 %). Meist werden hier Unklarheiten des Standards (58 %) und Ermessensspielräume bei der Anwendung (37 %) als Ursache genannt. Folglich sollte eine Verbesserung der internen Kontrollen die Anzahl der Restatements mindern160. Peterson (2012) betrachtet in diesem Zusammenhang die Erfassung von Umsatzerlösen und beobachtet, dass je komplexer (Wort- und Methodenanzahl) diese ausfällt, desto eher sind diesen Bereich betreffende Restatements die Folge. Jedoch fallen weitere Konsequenzen (z.B. Eigenkapitalreaktionen) prinzipiell geringer aus161.

Zudem könnten Restatements Verzögerungen bei Veröffentlichungen von weiteren Unternehmensinformationen (z.B. earnings announcements) verursachen und es sei daher sinnvoll, bei weniger relevanten Fehlern eine rückwirkende Korrektur auszulassen162. Zeitlich ausgeprägte Verzögerungen von Veröffentlichungen fallen jedoch eher selten und meist aufgrund von „fraud“-Untersuchungen an. Korrekturen mehrerer Geschäftsjahre oder multiple Sachverhalte umfassende Fehler sowie Restatements mit einer ausgeprägten Anpassung der vergangenen Ergebnisse, erhöhen jedoch den Zeitverzug. Aber gerade geringfügige Restatements verursachen den kleinsten zeitlichen Rückstand und es kommt kaum zu einer Verbesserung der Aktualität der Finanzdaten163. Hirschey et al. (2015) zeigen jedoch, dass gerade Unternehmen, welche nach der Fehlerentstehung zügig diesen mittels Restatements bekannt geben eine größere Glaubwürdigkeit in der Berichterstattung aufweisen164. Wilson

155 Vgl. Larcker/Tayan, Corporate Governance Matters, 2011, S. 28.

156 Komplexität der Standards und der abzubildenden Sachverhalte.

157 Vgl. Erchinger/Melcher, KoR 11/2008 S. 686.

158 Vgl. US-General Accounting Office, Financial Statement Restatements — Trends, Market Impacts, Regulatory Responses, and Remaining Challenges (GAO-03-138) 2002 S. 166.

159 Vgl. Moriarty/Livingston, Financial Executive 5/2001 S. 54.

160 Vgl. Plumlee/Yohn, Accounting Horizons 1/2010 S. 42, 57; siehe auch Kap. 3.3.

161 Vgl. Peterson, Review of Accounting Studies 1/2012 S. 72-74.

162 Zu den Überlegungen, welche Fehler nicht durch ein Restatement korrigiert werden sollten, siehe: Advisory Committee on Improvements to Financial Reporting, Final Report of the Advisory Committee on Improvements to Financial Reporting to the United States Securities and Exchange Commission 2008 S. 76-88.

163 Vgl. Badertscher/Burks, Accounting Horizons 4/2011 S. 609, 620.

164 Vgl. Hirschey et al., Journal of Business Finance & Accounting 7&8/2015 S. 826.

24 (2008) beobachtet mittels einer Analyse des Informationsgehalts des Unternehmensergebnisses (earnings response coefficient) einen entsprechenden Rückgang der Glaubwürdigkeit von Bilanzdaten nach der Fehlerkorrektur, jedoch nur zeitlich begrenzt. Bei besonders kurzen Zeiträumen zwischen der Entdeckung und Bekanntgabe des Fehlers ist die Abnahme der Glaubwürdigkeit auch eher gering165. Investoren schätzen die Ergebnisse direkt nach dem Restatement als weniger verlässlich ein, dies aber nur vorübergehend166, zumal das Management nach dem Restatement durch eine bessere Qualität der Periodenabgrenzung (accruals quality) und weniger reale Bilanzpolitik eine höhere Glaubwürdigkeit der Berichterstattung signalisiert167. Sollte das Unternehmen bereits eine hohe allgemeine Reputation besitzen (gemessen anhand der Liste Fortune’s Most Admired Companies) ist die Wahrscheinlichkeit für ein Restatement geringer und somit weisen diese Unternehmen auch eine höhere Glaubwürdigkeit bei der Berichterstattung auf168.

Restatements werden zusätzlich als aussagekräftiger Indikator für buchmäßige Bilanzpolitik betrachtet, da Falschdarstellungen z.T. auf die bewusste Beeinflussung der Bilanzierung im Sinne des Managements zurückzuführen sind169 und gegenüber anderen Surrogaten (z.B.

abnormal accruals) den Vorteil haben, ein direktes Resultat von Manipulation darzustellen170. Dabei ist zu beachten, dass bei Restatements die legalen Spielräume verlassen wurden, dies bei bilanzpolitischen Maßnahmen aber nicht unbedingt erfolgt171. Ettredge et al. (2010) finden anhand ungewöhnlich hohem Working Capital Hinweise, dass vor der Veröffentlichung fehlerhafter Abschlüsse Bilanzpolitik betrieben wird. Dies wird sowohl mit als auch ohne

„fraud“ beobachtet. Bei Letzterem auf geringerem Niveau. Fehlt die erforderliche positive Unternehmensentwicklung, um die geschönten Unternehmenszahlen zu bestätigen, bleibt meist nur der Verstoß gegen das Regelwerk172. Auch Callen et al. (2008) nutzen Restatements um Jahresabschlusspolitik bzw. -manipulation zu analysieren. Dabei beobachten sie, dass umso ausgeprägter vergangene und zukünftige erwartete Verluste bzw. negative operative Zahlungsströme des Unternehmens sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeiten für eine

165 Vgl. Hirschey et al., Journal of Business Finance & Accounting 7&8/2015 S. 827.

166 Vgl. Wilson, The Accounting Review 2/2008 S. 519.

167 Vgl. Wiedmann/Hendricks, Journal of Business Finance & Accounting 9&10/2013 S. 1095.

168 Vgl. Cao et al., Contemporary Accounting Research 3/2012 S. 956-957.

169 Vgl. Ettredge et al., Journal of Business Finance & Accounting 3&4/2010 S. 333.

170 Vgl. Marquardt/Wiedman, Contemporary Accounting Research 2/2004 S. 465-467; Callen et al., Auditing: A Journal of Practice &Theory 2/2008 S. 2.

171 Lewis, Risk Modeling at the SEC: The Accounting Quality Model, Financial Executives International Committee on Finance and Information Technology 2012, abrufbar unter:

https://www.sec.gov/News/Speech/Detail/

Speech/1365171491988#.UoUDYRCFdek (28.11.2013).

172 Vgl. Ettredge et al., Journal of Business Finance & Accounting 3&4/2010 S. 332, 351.

25 Manipulation der Umsatzerlöse173. Lee et al. (2006) bestimmen mit Hilfe von Restatements Maße für Bilanzpolitik und die Ergebnisqualität und stellen einen positiven Zusammenhang zur Unternehmensperformance fest. Damit bestätigen sie zuvor getätigte modelltheoretische Überlegungen, dass der Aktienmarkt auf Gewinnmeldungen bei Unternehmen mit einer guten Performance deutlicher reagiert und das Management daher den Anreiz hat, das Ergebnis zu hoch auszuweisen. Der relative Anteil des manipulierten Ergebnisses am gesamten Ergebnis wäre aber geringer. Eine höhere Ergebnisqualität wird daher erwartet174. Auch wird beobachtet, dass Bilanzpolitik genutzt wird, um Diskontinuitäten im Ausweis von Gewinnen (z.B.

Vermeidung geringer Verluste) zu erzeugen. Dies führt dann zu Restatments175. Carol/Kent (2012) vermuten dagegen, dass gerade durch die nachträgliche Fehlerkorrektur Bilanzpolitik ermöglicht wird, da Aufwand in vergangene Perioden verschoben werden kann. Einzelne Anreizfaktoren für Abschlusspolitik, wie der Anteil der Managementvergütung in Form von Bargeld-Bonuszahlungen oder eine schlechte Unternehmensperformance erhöhen den korrigierten Betrag des Gewinns je Aktie signifikant und bestätigen so die Überlegung. Für weitere Anreizfaktoren besteht dieser Zusammenhang jedoch nicht176.